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Full text of "Die Frage nach der geschichtlichen Entwickelung des Farbensinnes: Nebst zwei ..."

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S)ie l^age 



nad^ ber 



^tf^i^tti^tn ^niwi&ttvLn% 



t>t9 



ßaxbtnfinnt^. 



S5on 



Dr. «Jlnton JKartq^ 

a. 0. ^rofeffot bet $l^ilofopl^ie an bet (. f. Uni))erflt&t |U Sieviioioit. 



I. Ucbcr bie begriffe ©cttigfcit unb Sntenfität bcr ®cftd^t«em^flnbimgcn. 

II. lieber l^efäl^igung unb iBered^tigung ber $cefie jur 6d^Ubenmg toon garben 
unb formen. 



» — •« 



2)ru(f unb ^erUg tocn (Sari ®eroIb*9 @ol(in* 

1879. 






/ 



/<^ ÜNTVE 




^ Otto Ott 



^ic üorliegcnbc 5lrbcit prflft bic ®rünbe, tocld^c ftd^ für unb 
gegen bte Slnnal^me einer (Snttoidelung be9 ^arbenfinne^ bei SDtenfd^en 
unb Silieren üorbringen loffen» 

üDie Unterfud^ung ift ©ad^e be« Slrd^äologen unb ^f^d^ologen. 
(Sin dntereff e ffat nat&xix6) auc^ ber ^l^^fiologe baran ; nur fann er 
gur ©tunbe (aud^ nad^ ber (Sntbedung be^ ©el^rotl^) aU f^atur^ 
forfd^er, burd^ d^emifd^e ober pl^^filalifd^e Unterfud^ung, nod^ toenig 
für fie tl^un* Um über Sntpfinbungen ttwa^ ©id^cre« ju erfennen ift 
man nod^ übertoiegenb an pf^d^ologifd^e ^eobad^tungen unb 6^^ 
perimente getoiefen* SBir ^l^Uofo^l^en l^aben aber in ben ©renjfragen 
ber ^^^fiologie unb $ft|d^oIogie nod^ fo SSiele^ Don ber pf^d^ologifd^en 
©eite gu tl^un übrig gelaffen, ba§ oft unfere Slad^barn fid^ genötl^igt 
fallen, pf^ologifd^e arbeit ju t^un. Sn biefem ©inne l^aben benn 
aud^ mit unferer ^age Dpl^tl^almologen toie äJ^agnu^ fid^ befd^äftigt. 

Sa^ ba^ 93er^aitnig ber ^f^d^ologie unb Slrd^aologie gu i^r 
betrifft, fo fÄnt ba^ größere 3Äa§ ber ©d^toierigfeiten auf ba« erft^ 
genannte ©ebiet« (S^ lam toeniger barauf an, neue ard^äologifd^e Da^ 
ten gu fammeln, aU bereite gefammelte« ober toenigften^ nal^eliegenbe« 
SRaterial rid^tig gu beuten» 3Sornel^mIid^ in biefer Stu^Icgung gelten 
bie SWeinungen au^einanber unb bie (Sntfd^eibung ift ©ad^e ber ?f^^ 
(^ologie, tl^eitocife aud^ ber Steft^etif» üDie eingel^enbfte Sead^tung er^* 
Iieifd^ten bie begüglid^en (Srfd^einungen in ber ©prad^^ unb Siteratur« 
gefd^id^te ber alten 3SöIfer, unb id^ glaube bei SBürbigung unb SSt^ 
urt^eüung berfelben nid^t« SBefenttid^e« überfeinen gu l^aben* Om ®n* 
gelnen »erben JJad^mfinner SÄand^e^ naiver beterminiren unb reid^Iid^er 



IV 



belegen fonnett. 33ei bctt Öemerfungeit übet bte ^jrofatfc^e ober ted^ntfd^e 
IJarbenbejetd^nunfl ber 2Kten im SSergleid^ mit berjeniflcn ber 3Äobemen 
l^obe id) mid^ an bie ÜJiad^*§ering'fd^e ßfaffification ber (Jorben ge= 
fialten , bie iä) für bie rid^tige anfeile, äßer anbcre ©runbfarbcn fta^ 
tuirt, wirb aber bod^ ben allgemeinen Orunbfä^en beiftimmen fonnen, 
bie id) fiber bie ibealen Slnforberungen an bie ted^nifd^e Scjeid^nung 
nnb über bie ©df)äfeung be« SDia^e« oon Oenauigfeit, ba« Mit nnb 
ÜJioberne barin erreid^t, an^gefprodf)en l^abe, — 35ie Setege au^ ben 
Slaffifern ^abe id^ nnr ba, xoo e^ mir befonber^ mid^tig fd^ien, mit 
genanen Stngaten über ben Ort, bem fie entnommen finb, oerfel^en. 
3^d^ tl^at bie^, nm mand^eri Stfer nid^t bnrä) Ueber(aftnng be^ Zt)ct^ 
mit 3<J^I^i^ ^^^ 2lnmerlnngen ju ermfibien. 

Sä) l^abe (p. 40 f.) eingel^enber bei ben ©efe^en ber (SnttoidEe^ 
tnng be« Urt^eite unb ®iefflt(W für ©tttneöini^alte oerweift, weil bie 
SJerwed^^Inng biefer SSorgiange "rttit äcnbernngicn ber Sntpfinbnng in 
nnferer fjrage eine gro^e 9toflc \pklt Sm aingenblidE bebanrc idfi nm 
fo meniger auf biefen ^wXtt befonberen 9iadf)btndf gelegt jn l^aben, 
al^ id^ au^ einem mir eben jugefommenen 3Sortrag oon @» ^ädfet 
„Uekr Urfprnng nnb (Sntiütrfetung ber ©innegwerljcuge'' (gehalten 
am 25. 3Rärg 1878 im totffenfdfiaftli^en ßlnb in SBien, gtbtndft in: 
„Oefammelte populäre SSortrSge ttu$ bem ©ebiete ber Sutwidfelnng«-- 
(e^re^' oon (S. §5dtet, H. §eft, ©onn 1879) erfe^e, bttß aud^ biefer 
berühmte gorfdf)er <5mpfinbnng, Urtl^cli nnb ©efü^t nid^t aü^eimtnber- 
pit unb baburdf) gu oerfe^lten ©c^tüffcn für bie ^^t^fiotogie unb dnU 
widEelung^gefd^id^te geffil^rt wirb, 

Sr fd^ftegt nämtid^ (p, 152) au« ber J^atfad^e, bag wir un« 
l^eute mit SSerftanbniß an ben Harmonien einer Seet^oüen'fdden ©t)m^ 
pl^onic ergoßen, wäl^renb unfcrc barftarife^en ©tammettern äl^ntid^ wie 
bte l^entigen Silben in ber rtjt^mifd^en SBieber^oIung teö einfa^en 
Xwt^ einer SCrommel ober pfeife il^ren p^ften mufi!alifdf)en ®enu§ 
fanben, fofort, ba^ ber feinere S3au Itrtferer ©^necte l^eute ein anberer 
fei ate bei unfcren wilben Öorfal^ren unb bag oermut^Iici^ aud^ ba* 
f)8rtab^rintl^ ber gegenwättigen 9laturoöIfer fid^ t)ott bem unfrigen 
unterfÄ^be* 



Slt^ttttft folgert er p. 163 borau^, baj3 wir lt%t „bte feineren 
??ürbenf(f|oni^ctttn ber Statur ungfcid^ ftJ^ärfer cmpflnben o(« nnfere 
aSorfü^ren im aWittelafter" (toä« fi^ tiWfefefottbere itt ber fpfiten fint* 
njitfefung ber 8anbfd^aft«malerei an^fpret^e), bd| fid^ feitl^er ond^ ,,bie 
feineren 3^<^f^itfoi^Jnen ber 5rte|^ant, toelt^e I^BI^eren garbenfinn »er* 
ntittettt" nntgebUbet l^aben. SlKein in beiben fjäöen l^at blo« ein t^ort^^ 
fdfrttt be« ®cffi^U (nnb Urt^eite) ühjWeifel^aft ftattgel^obt, ber fid^ 
bei glcid^Ieibenber ©mpfinbung, tinb fo anti ol^ne baß btt peripl^e^ 
rifd^en Drgane be« SReröenf^ftem« äenbernngen erlitten, öottjiel^en 
fonnte, aÄnfifalif^ei^ ®e^ör , fo »ie feine« Urt^eif nnb ®effi^f fflr 
fjarben finb nid^t „eine qnalitotio ^ol^ere" ^Jnnction be« äuge« unb 
Dl^re« im ©egenfafe gur ©el^f^arfe unb jum toeittragenben ©el^ör, 
loa« i^nen §ödet al« „quantitatio ftärfere Seiftung'' entgegenfefet. 
SBeber befielet ber SSorjug be« garbenlunbigen barin, bag er mel)r 
Qualitäten empfänbe at« ber 8aie, nod^ ift für ba« fc^arfe ©e^en 
u, bgl. bie Unter jd^eibung ber Quafttäten irreCeoant. — 3SgI. über 
ba« le^te p. 16 f. 

2Bic ^ädfel felbft (p. 152) angibt, burd^Iäuft ba« muftfalif^e 
®e^6r unferer Äinber in wenigen 3a^ren nod^ benfetben ©tufengang 
ber Sntn)ide(ung , meldten bie S^onaft^etif in ber Sutturgefd^id^te oon 
ber SBilbenmnfil bi« jum 3utunft«concert bnrd^tanfen mußte; man 
wirb e« aber fel^r wenig wal^rfd^einfid^ finben, baß bamit and^ eine 
Umtoanblung ber Smpfinbung unb be« ©el^orfab^intl^« oerbunben 
fei. ®« ift jn wünfd^en, baß gad^männer bie Sinnesorgane ber Äinber 
unb Silben anatomifd^ erforf^en nnb mit benen be« erwad^fenen Suf^ 
turmenfd^en oergleidien mod^ten. ©o lange aber nid^t, ettoa im B^fam- 
men^ang mit biefer p^tifiologifd^en Unterfud^nng ober fonfttoie, eoibent 
erliefen ift, baß jener aft^etifd^en Snttoidfetung eine äenbernng ber 
ßmpfinbung mit ju ©runbe liegt, muffen toir glauben, baß fie in 
nid^t« älnberem befte^t, a(« worin fie jum guten Sl^eil für feben 
galt befielen wirb, in einer Umbilbung be« ©efü^te (unb Urt^eil«). 
©iefe ift eine befannte, tfiglid^ ju beobac^tenbe S^l^atfad^e, beren ®e^ 
fe^e wir im SBefentlid^ften lennen. ©ie erfldrt, fo oiel i^ fel^e, atte 
Srfc^einnngen, unb wir finb barum nid^t bered^tigt unbefannte firfifte 
unb ®efe^e l^erbeigumfen. 



VI 



üDoron, ha% »ic mon finben »irb, bo« formcüc SRcfuItot meiner 
3(rbett ein negattDe^ ift, mirb man fid^ nid^t flogen, fiann ioä) and) 
bie ^txjiioxnna eineö 3rrtl^umd, namentlich toenn er, toie in unferem 
^aUe, beliebt getoorben ift unb mand^e Slrbeit^froft in falfd^e Salinen 
lenlt, i^ren Sertl^ ^aben* @^ brad^te aber bie ^elämf)fung bed 
irrigen mand^erlei pf^ologifd^ nnb Sftl^etifd^e !Detai(nnterfnd^ungen 
mit fid^, nnb ba mar meinerfeitd toenigften^ SBiQe nnb .9(bfid^t Dor^ 
^anben and^ pofitiD jum Slnfbau ber SBiffenfd^aft ein Steinet bei^ 
}utragen. 



ßjernotoi^, im 3uni 1879. 



f8tvi^tigimien. 



@. 4, 3* 5 u* 4 to. u. fe^e flatt: eine golge batoon ,,ibentifd^ bamit''. 

@. 7, 3. 4 to. u. fcfte flatt : ifl c« ,,f otttc c« fem". 

@. 8, 3- 11 ^* 0* fc^c fi<(^« ifi offenbar ^/fonte confequent ni(i^t9 anbete« Be« 

beuten"» 
@. 13, 3, 10 ö. u. fe^e e) flatt 3. 

@, 15, 3. 7 u. 6 ». u, fe^e fiatt: »iette^t geftnöt ,,«tetteid^t aud^ ö«^möt". 
@. 18, 3. 16 to. u. fe^e fiatt : D«car «ßef ^el u. f , to. „5Cfy. SBai^/ 3lnt^roJ)otogie 

ber 9lattttt)öHer". 
@. 20, 3. 3 t). u. fe^e: ^. SDWltter (2)ic ©eftud^tung ber ©lumen burd^ 3nfecten 

1873. $gl. ^oufe im ßcdmcd L p. 270). 
@. 32,. 3* 4 *>• M. fe^e: irgenbtoie |)ro|)ortionaL 
@. 35, 3« 1 t). u fe^e: (Sd ifl Dietteid^t (lod Sunbt'«. 
@. 40, 3. 7 ». 0. fe^e h ftatt 1. 
@- 47, 3. 7 to. fe^e II. fiatt 2. 
@. 53, 3. 7 ». u. fe^e 3. a) flatt 1. 
@. 55, 3. 1 ». 0. fe^e b) flatt 2. 
@. 63, 3« 3 to. 0. fe^e I an bm SInfang ber ^tiU. 
@. 70, 3. 16 b. 0» fe^e n, 1. flatt I. 
©. 73, 3. 7 to. u. fe^e 2 flatt H. 



4»» 



i l tt f e i t u it g. 



^n einem ißortrag „Ueber ben ?5örbenfinn ber Urgeit unb feine 
ßntttjid einng ", gefprod^en an^ ber SSerfammlung beutft^er Staturf orfd^er 
in granffurt a. 3». am 24, September 1867^), i)at 8, (Seiger 
fic^ bie ?5rage geftetit, ob nid^t — tt)ie fo üiele^ Slnbere — and) ia^ 
menfc^Iidje Sm^jfinben unb in^befonbcre bie (5arbentt)o()rneI)mung eine 
®efdf)idf)te ^abe. 35ie i^rage fei eine pafäop^ijfiologifc^e, ober nid|t au^ 
geologifd^en gunben, fonbern an^ ben unüeftlid^en JReften ber ®eifte^^ 
gefd^id^te, au^ i^ren 3lb(agerungen unb 35erfteinerungen in ©prad^e 
unb giteratur gu entfdfieiben, @oIdf)er ©toff Hege reidf)Iid^ öor unb beffen 
©urd^mufterung jeige, bag atterbingö in unferem Sluge öor ^a^rtaufen- 
ben nid^t oße^ ebenfo verlaufen fei »ie ^eute. 35iefmel^r feien ©d^warj 
xmb 9iott) einmal bie eingigen SinbrüdEe gettjefen, für bie e^ empfanglid^ 
tt)ar unb t)on ba ab ^abe fid^ ber gefc^idf)tfidf)e ^ortfd^ritt bem ©c^ema 
be^ i?arbenfpectrum entfpred^enb fortbemegt, fo bag bie ßmpfinbUc^* 
feit für Drange früher a(^ für ®e(b entftanb, ®etb feinerfeit« öor 
®rfin gefe^en ttjurbe u. f. tt). 

®iefe 9lu«fü^rungen ©eiger'ö fanben bamal« um fo me^r St^eil^ 
na^me, a(« furg guüor in einer ©i^ung ber p^t)fifc^en unb p^^fioto* 



(Srfd^ienen in ben „Vorträgen jnr ©ntiuirfetung^gefci^tc^te ber SWenfci^* 
§cit'^ Stuttgart 1871. 

Senn 3Äagnu« (2)ie gefd^id^tüti^c @nttt)itfe(ung bc6 garBcnfinne« 1877, 
p. 46) ©laufen toerbicnte, fo tüärc nid^t ?. ©cigcr, fonbern ber gried^ifd^c ^l^Uofop?^ 
^JlnajragoraS ber erfic gclüefen, ber an eine @nth)tdfe(ung bc§ garBenfmne« gkuBtc. 
3Wagnu^ Beruft fid^ bafür auf beffen tluSf^rud; : Ilglv ds dnoTtgi^rivai xavxa 
navTcov ofiov sovtcov ovdl XQOir] ^vdriXoq ^v ovdsiivrj jc. (Mullach Fragm. 
philos. graec. L p. 248.) Mein c« ift ja ^tcr ntd^t toon einer fnBjcctitoen Un* 
mögtid^feit, garben gu crfennen, bie ^tht, fonbern toon einer o!Jjcctii?en , barin 
njurjelnb, bag im (5^ao8 aüe Ouafitäten bnrc^einanbcrgemengt toarcn. 



2 (Smleitung. 

gifd^en ©cctton, mld)cx er ttid^t betgcnjo^ttt fjattc, bic SScrmutl^ung 
au^gcfprod^cn toorben toax, bag baö garbenem^fittbuttg^öermogcn auf 
bcm SBcge einer aümättgen ©tfferenjiruttg gu fetner iefetgen ^einl^eit 
gelangt fei, Sie SSermutl^ung fnüpfte fid^ an bie Seigre, baß baö ^arben^ 
fefjen auf ntel^reren relattt) unabpngtgen "ißroceffen im neröofen 3lpparate 
be^ ©efid^t^finne^ beruhe unb alle organifirten ©ebilbe unb i^re i?unc* 
tionen burd^ Sntnjidclung gu ©taube gefontmen feien, 

2Ber ben erften ©anb beö ©eiger'fd^en SÖnä)t^ : Urfpruug unb ünU 
»idelung ber meufd^lid^en ©prad^e unb 3Seruunft (Stuttgart 1868), ber 
eben bamal^ unter ber treffe njar, fennt, njirb nid^t gipeifeln, baß tDol^t 
audi (Seiger auf bie ^rage, ob bie ©inneönja^rnel^mung eine ®efd|id^te 
l^abe, burd^ ben allgemeinen (5ntn)idfelung§gebanfcn geführt irorben ift. 

®od^ famcn auffällige SrfdEieinungen in ber ®t\ä)i6)k ber ©prad^e 
unb ßiteratur biefer 3Sermut^ung \m ungerufen entgegen, 

©d^on im Salute 1858 l^atte SB, S, ©labftone in feinen auf 
ben jonifd^en Snfeln aufgeführten Studies on Homer and the Ho- 
meric Age CvoL III sect. IV p. 457 ff) einen 2lbfd(|nitt „über 
^omer'ö 3luffaffung unb ©ebraudd ber i^arben" beröffentlid^t, njorin 
er gu begrünben fud)te, baß bei biefem ©id^ter bie SBa^rnel^mung ber 
ipri^matifd^en i^arben mangelhaft unb unl&eftimmt geipefen fei, inbem 
er biefelben garbenauöbrüde gur öegeid^nung t)on färben gebraud^c, 
meldte nad^ unferer Sluffaffung njefentlid^ t)erfd)ieben finb unb um== 
gefe^rt ein unb baöfelbe Dbject unter funbamental berfd^iebene ^arben^ 
epitl^eta [teile, §)omer, fd^ließt er, l^abe vermöge einer Jallgemeinen 
^arbenblinbl^eit an ben Sid^teinbrücfen ,,nid^t i^re Qualität, fonbern 
nur i^re Quantität'' bemerft, 

©eiger fannte biefen Sluffafe bon ©labftone, Sr l^atte aber tüol^t 
fd^on bamalö unabl^ängig babon analoge, nur umfaffenbere ÜDaten 
gefammelt, auf toelc^e l^in er baö Organ für ^^arbeniüafirnel^ntung 
xd6)t bloö bei §omer, fonbern mit bemfelben 9?ed^t bei bielen anberen 
©örriftfteHern beö ^[ttert^um«, ja bei ber gefammten 3Äenfd&l)ett 
biö bor gipei Qal^rtaufenben al^ mangelhaft entipidfelt begeid^nen gu 
muffen glaubt, 

®iefe üDaten finb auögugöipeife im obeneripä^nten SSortrag, au^^ 
fül^rlidEi aber in bem 1872 au§ bemSla^laffe beö SSerfaffer^ l^erau^* 



©cfd^id^tc bcr gragc» 3 

gegebenen gttjeiten öattbc bcö SBcrfe^ ,,Urfpntngutib (StitiPtdefung ber 
menfdittd^cn ©prad^c unb 3Sernunft" mttgct^citt. 

©onjo^t ©fabftone'ö afö ®eiger'^ 3lufftcßungcn fatibeti S3etfalt, 
■aber auä) SBtberfprud^. ®o »eit fie §omer betreffen, irurben fte öon 
poü claffifd^en ^fjtfologen, Dom einen fürjtidi, öom anberen fd^on öor 
geraumer 3^^^^ ^^^^^ Unterfud^nng unteriporfen. 

mit ©labftone befd^äftigt fid^ 21. ©(^ufter in einem Slrtifet 
t)er Beitfd^rift für ba« ®^mnafiatoefen üon aÄüfeeö 1861, I. ö., 
©. 712 ff. gr fud^t §omer unb fein S^dtalUx t)on bem SSorwurf 
jeber garbenbtinb^eit gu reinigen unb bie (Sigentpntlid^Ieiten im l^o* 
merifd^en ©ebraud^ ber ^arbenjeid^nungen (mit S3erufung auf SSifd^er'« 
2left^etif) au« einem „epifcffen ©tifgefefee" ju erftären. 

@ttt)a«anberö SB. 3orban, ber in einer ,,9lot)cöe ju^omeroö" 
in ben 3al^rbüd|ern für claffifd^e ^l^itologie öon 31. gfedfeifen, 3a^r== 
gang 1876, p. 161 ff. ©eiger'ö Sinttjdnbc gegen bie t^cirbenem^finb^ 
lid^Ieit ^omer'« prüft. Sr fommt ju bem 9?efuttate, ba^ man bie 
Drganifation jum SSIaufefjen bem 2luge be« ^oeten unb feiner ^nU 
genoffen nid^t abfpred(|en bürfe, bag bagegen bie SE^eorie ber aKmöIigen 
<5ntn)idfetung beö Scirbenfel^enö in ber l^omerifdEien ©prad^e fofern eine 
Seftätigung finbe, alö berfelben „®rfin nod^ ungefonbert mit ®elb 
unb ©raubraun üerfd^tt)imme". 

§. ©teintl^af enbft^ l^at in ber britten Sluögabe feine« „Ur^ 
fprung ber ©pradie im B^tfammen^ang mit ben festen fragen aüe« 
Sßiffen« 1877", ujo er ®eiger'« 2lnfd^auungen über SnttoidEefung ber 
menfc^tid^en ©pra^e unb 3Sernunft im üDetail mittl^eilt unb befpridjt, 
aud^ beffen Se^re üon ber Sntfte^ung be« Scirbenfinne« eriüäl^nt unb 
fie in aßen ST^ilen üerujorfen, inbem er t^eil« üDaten, tl^eif« 
©d^lüffe, auf meldte fie fidEi ftüfet, al« unrid^tig — ja fd^Iieglid^ ben 
flanjen ®ebanfen al« togifd^ unmöglidö bargutl^un fud^t (p. 201 ff.). 
^ S^njmifd^en fanb gleid^ujol^l bie angegriffene ^^potl^efe abermat« 
«inen begeifterten SSertreter in bem "iß^^fiofogen §. 9Äagnu«, ber fie 
/ in gujei rafd^ aufeinanberfotgenben ©d^riften ^) t^eitoeife mit neuen 



*) 2)ie gefd&ic^tUd^e (Sntn?i(fe(ung be8 garBenfinncö, Sei^)gig 1877. 
3)ie @nttt)t(felung bc^ garBcnjinne^» IX. $eft ber cr|len fRcil^c ^)^i?jtologt- 
fd^ct 2C6]^anbtungen, l^etauögcgeBen i)on 2Ö. ^rei^cr. 3ena 1877. 

1* 



4 ©cgcnträrtigcr 

Slrgumenten öert^ctbigtc , i^r anä) eine beftimmtere S'affung gab utib- 
fie pl^^fiotogtfd^ ju erMaren fud^te '). 

3lnd^ nad^ il^m Ijat e^ in ber ntenfcl)fi^en Snttüidelung^gefd^id^te eine 
^eriobe gegeben, in metdier bie 5yie^^ant an bent fie treffenben IHd^t* 
ftral^I nur beffen Ouantitat ober Ontenfitat, aber nodi nid^t beffetf 
Qualität gu entpfinben öermod^te. !©a§ 35ermogen ju festerer ^unc* 
tion ttjurbe entipidett burd^ ben 9?eij, ttjeld^en bie 8id(|tintenfitöt fort* 
bauernb auf bie fenfitiöen Organe ausübte, ®ie an febenbiger Sraft 
rcid^en Farben brandeten eine fürjere, bie öon geringerer Snergie einr 
längere 3^it ^^ fi<^ ^^^ 5We^^aut aU fpecififd^en ©inbrudf benterHi^ 
ju ntad^en. ®er Sntttjidefungögang be§ garbenfinne^ ift barunt bon- 
$Rot^ beginnenb unb „genau an bie aKmätige ?id(|tabfd^n)ad(|ung ber 
©pectralfarben fidi f)a(tenb", burd^ ®e(b unb ®rfln gu S3Iau unb 3Siotett 
borgefd^ritten''). 

On biefer neuen ©arfteßung unb 93egrünbung ermarb fid^ bit 
SntttjidEelungöl^^pot^efe auf '^ Sleue greunbe, njie benn 3. ©• ©üntl^er 
in einem SSortrag auf ber 50, 33erfammlung beutfd^er 5WaturforfdE|er 
unb Slerjte i^rer fef)r beifäüig ermähnte unb ben ©rünben bon äWagnu^ 
einen ttjeiteren f)ingufügen gu lönnen glaubte •"'). 

®od^ aud^ ber SQBiberfprud^ lieg ni^t auf fid^ luarten. S. Srauf e 
unb ®, 3ager erl^oben* fotd^en in beut bon il^nen l^erauögegebenen 
,,So^nto^, B^itfdEirift für ein{}eit(id(|e SBettanfd^auung auf ®runb ber 
enttt)idfetung§te^re" (I. 3a^rg., 3. §eft p, 264 ff., 5. §eft p. 428 ff. 
unb 6. ^eft p. 486 ff.). 

Slüein trofe ber fel^r beaditen^mertl^en 3lrguntente, bie öon biefer 
©eite unb namentlid^ öon S'raufe gegen bie ^tjpotl^efe borgebrad^t 



*) (Sine fotd^e (Srflärung \)attt ctgentlid^ au6) ©cigcrfd^on tocnigflenö an« 
gebeutet, inbem er (Urf^)rung unb @nttt)i(fe(ung 2c. II. p. 357) ba8 ]pätz 3luf treten 
ber (SnH)finbung ba« ^ioktt bamit in änjanmienl^ang Bringt, bag baö iBi(3^t biefer 
garfcc bie geringjle 3ntenjität l^aBe, JvoBei er freilid^ meint, e§ fei bie« eine golge 
batoon, bag feine Sßettcn bie fürgeflc ©d^mingungöbauer l^aBen. 

^) S^gl. 2)ie gefd^. (Sntn?. p. 55, 47, 42. 

^ 3^gt. <ivL(5} $. ©attlef« 8ef:|)rcd^ung ber grUgercn ©d^rift toon SÄagnu« in. 
ber Jenaer Siteraturjcitung 1877, 'üflx* 32. 



<Stanb bcr gragc» 5 

tourbcn, jal^It biefc aud^ l^eute nod^, inöbefonbere unter ^^if otogen, 
bod^ onä) in anbeten Greifen ja^treic^e Stnpnger^), 

©tabftonc öertl^eibigt fie burd^ eine neue ©d^rift über bie 
l^omerifd^cn garbenbejeidEinungen (®er ^^arbenfinn. 3Äit befonberer 
^erüdtfid^tigung ber garbenfenntnig be^ §omer, Sre^Iau 1878) unb 
fül^rt aud^ an, ein griinblicffer Senner be^ ^ebräifd^en l^abe il^nt ber* 
fid^ert, baö atte SEeftament tiefeVe ä^ntid^e SSeweife wie ^omer für bie 
bamaüge ntanget^ofte Sarbenentpfinbung (a. a. O. p. 6), 

D, SBeife t^eilt in ben Seitragen jur Sunbe ber inbogerma* 
nifdfien ©prägen öon 21, ©e^jenberger (II. öanb 1878, p. 273 ffO 
eine auöfül^rlic^e Unterfud^ung über bie Sarbenbegeid^nungen biefe« 
©prad^ftamme^ mit, bereu SRefuItat, mie er glaubt, bie SEl^eorie öon 
aJiagnu^ öotüommen beftätige. 

35ag fo ber ©treit nod^ fortbauert, liegt, mie mir fdbeint, nic^t etwa 
blo« am ögnoriren ber ©egenargumente, fonbern aud^ baran, bag immer 
nod^ 2^l^atfad^eu gegen 2:i)atfad^en ju fte^en fd^einen, in »el^em gatfe man 
ja ftet^ je m6) bem inbiöibueüen ^orijont ben einen baö waö für, ben 
anberen maö gegen bie ftrittige 2lnnal^me f^Jrid^t, l^öl^er anfd^tagen unb 
bemgemd^ Partei nehmen fielet. üDie ®egner ber SutwidEelungö^^potl^efe 
l^aben gewid^tige !Daten gegen fie öorgebrad^t, aber öietfeid^t gu wenig 
üKü^e barauf berwenbet, bie (5rfd(|einungen in ber ©prad^* unb Siteratur^^ 
gefd(|id^te, bie man für fie anfül^rt, in anberer Sßeife oöHig befriebi* 
geub gu erflären. S3Benn id^, gteid^faü« auf bem abtel^nenben ©taub*' 
^un!t fte^enb, aU "^^ilofop^ einen umfaffenberen SSerfuc^ in biefer 5Ricf|* 
tung unternommen fjabe, fo tl^at id^ e§, weit id^ mi6) batb übergeugte, bag 
in biefen ©rengfragen ber ^^itofogie unb "ißf^d^otogie bie ©d^wierig«» 
feiten gro^tentl^eifö auf ©eite ber tefeteren liegen, ©e« et^mologifd^en 
unb titerarif^en 3Äateria(^ Uegt, ®anl ber ^[rbeit ber "iß^ilofogen, 
€in genügenbeö SIÄa^ gefammett oor, ® ^anbett fid^ um bie J)eutunö 
t)e^fetbcn unb biefe mug bie "^f^d^ologie (t^eilweife aud^ bie Sleftl^etif) 
an bie §anb geben. 

3d^ l^abe jebod^ mit ber Unterfud^ung beö ©prad^gebraud^ö ber 
^Iten eine !urge "^Prüfung aud^ ber übrigen nennen^wertl^en ©rfinbe für 

') iBgl. 5. SB. (S. 2)rc]^civ 2)ic Äunft in i^rer 33e3tc^ung jur «PJ^d^obgic 
unb gfJatumiffenfd^aft. SBerUn 1878. 



6 Sintl^eilung. 

unb gegen garbenblinbl^ett üerbmiben, t^eifö um üoßftanbig gu fein^ 
t^eitö aber ttjeit xi) aud^ in bte[en anbeten "ißunften bei 3Äan^em, n)aö 
bereit« gefagt tüorben ift, größere Älar^eit unb Sd^ärfe für nüfetic^ 
^iett unb bei Slnberent fanb, baß eö t)on ijreunben unb J^einben ber 
^t)poti}t\c afö au^gemad^t Eingenommen iporben ift, tt)äl^renb e« nid^t 
at« fotdie« gelten !ann unb njeiterreid^enbe (Sonfequenjen baju auf^ 
forbern bieö ju betonen. 

3d^ fteüe Doran bie 2lrgumente gegen bie fttittige Se^re. 

®ie finb, njie aud^ ba«, toa^ man für fie t)orgebrad(|t fjat, öon 
boppetter Statur. @« gibt ja gipei SBege, um über bie pft)d^ifdE|e ober 
p^tjfifd^e Drganifation frül^erer (Generationen ttroa^ ju erfahren: bie 
birecte Sluffpürung öon begügttd^en ^iftorif d)en Säten — unb Srnjfigutjgen, 
njef^e au« bem, ma« l^eute in unferem Organi«mu« gcf^ie^t, ba« für 
frühere S^dtm SQBa^rfd^einlidie ju bebuciren fud^en. Sod^ muffen fid^ 
bie au« beiben Oueöen fließenben Slngeid^en ftet« gegenfeitig gur 
Drientirung unb SJerification bie §anb bieten, ©er 3[ntEropoIoge, ber 
tebigttd^ au« ber tenntniß ber ©efefee unb ^äfte, bie ^eute in un^ 
ferem Drgani«mu« toirffam finb, beffen SSergangen^eit conftruiren 
tüoBte, müßte mand^e« Statt biefer ®efd^id)te, um e« nid|t mit öagen 
SScrmutl^ungen gu füllen, teer taffen, unb iper entgegen otjuc biefe 
Senntniß bto« l^iftorifd^e unb patäontotogif^e Säten fammette, bem 
ttjären fie ein SudEi in unte«barer ©d^rift. 



1. %f^dt. 

Sitltgung litt Itmtlit g t g t n liir Jliintl|int tuitt fntioiiiidung 

ki iii{nfi|U(|tn JFttiinuinpftnittns. 



§^ jprccfien berarttge ©rütibe t^ett^ gegen bie Slrt berSnt* 

lütdetung, njefd^e ®eiger unb 3D?agnu^ annej^mctt; fijdU 
gegen jebe (Snttt)icfetung .— ttjentgftenö beim OJienfdien. 

1. 1. On erftcr Se^iel^ung ntuj3 ooi* 2lttem ein 3Bort gefprodien 
werben über bie älnnal^me, baß ba^ ntenfcl)(id^e äluge anfänglid^ nur 
Unterf^iebe ber Sid^tintenfität ober, xok \xd) 3Äagnuö and) auöbrüdEt, 
nur bie OuantitSt nicl)t bie Ouatitat ber öidjtftral^ten wahrgenommen 
fiab^ '). 

SBenn biefen Slu^brflden ber ©inn beigefegt rvxxb, ben ein 
ef acter unb ber älnatogie 3U anberen ©inne^gebieten. gemäßer ©pradf)* 
gebrauch bamit üerbinben muß, fo fd^Iießt bie gebadete 3lnna^me etnjaö 
t)on- born fjerein Unmögtid^eö in fid^. 

3Benn nämtid^ bie Slnafogie ju anberen ©attungen öon Sm^ 
pfinbungen — eine Slnatogie, bie fid^ weiterfiin auf alte anberen Sfaffen 
öon pf^d^ifd^en ^l^änomenen erftredtt — irgenb ein ©etoic^t ^at, fo 
^eißt ,,3ntenfität einer ßid^terfd^einung" ba^Jenige SWoment an bem 
©efic^töeinbrudfe, miä)t^ bem taut ober feife eine« empfunbenen SEoneö 
unb tociter^in aud^ ber ^eftigfeit ober 8ebenbig!eit eine^ 8uft^ ober 
Unluftgefül^tö unb ber ^eftigfeit ober 3wöerfid^t eine^ Urt^eit« analog 
ift, Unb nt^t« anbere« al^ biefeö äfioment ber Sic^tempfinbung ift eö, 
loa« man aud^ „SBa^rnel^mung ber Sid^tintenfität" nennt. Sn biejer 
atebeweife njirb ja ba^ SBort 8i^t uneigentlid^ gebraudEit, öon ben 



*) 2)ie gcfd^. @ntn)« p. 47. 



8 Oh imaU Uo^t 

Slet^emcUen, atfo t)on bem, toa^ man at^ bie Urfad^e be^ im etgent^^ 
(id^en ©inne ,,8td^t'' genannten (Smpfinbungöin^alte^ betrad^tet. 3Son 
ber ©röpe ber feitltd^en Sln^beugnng ber 2letf)ertDeüen benft man fid) 
bie Ontenfität ber 8idE|terfd)einung , bon i^rer ®auer ober Sänge bie 
Qualität be^ empfunbenen Sinbrud^ abljängig unb nennt barum 
metapl^orifd^ bie 2lmpUtübe ber Slet^ermetten oft „Sid^tftärfe'^ „iiii)t-- 
intenfität ober ^Quantität'' nnb il^re Sänge „Qualität ober garbe" 
(rotl^e, grüne ©tral^ten u- bgt,)* üDementfpred^enb rebet man benn aud^ 
t)on „ Sßa^rnefimung ber Sid^tintenfität ober Döciüation^amplitübe'' 
unb t)on „SQBal^rnel^mung ber ^arbe ober Döciüation^bauer'' unb Iefe> 
tere^ ift offenbar nid^t^ anbere^ a(^ bie Qualität, erftere^ nic^t^ aU 
bie Sntenfität ber Sid^terfdEieinung ober Smpfinbung. 

SBenn aber bem fo ift, fo poftutirt SRagnu^, inbem er unfer 
2luge anfängtid^ bto^ Sntenfitäten mal^rne^men tä^t, ettoaö . Unmög^^ 
üäjc^. @^ ift unmögtid^, baß toir eine ®efidE|tö^ ober irgenb eine anbere 
2lrt öon Smpfinbung ptten, ml6)c b(o§ eine öntenfität unb nid^t 
audf) eine Qualität gum 3nl^aft l^ätte, ©o toenig e« moglid^ ift, bap 
tt)ir eine @rfd&einung l^aben, bie btoö quatitatit) beftimmt (SBeiß, diotij — 
l^o^er, tiefer 2on u. bgt.) n)äre, aber ttjeber ftärfer, no6) fd^tt)ä^er, 
nodEi gteidf) ftarl n)ie eine anbere, ebenfott)enig fönnen tt)ir ettt)a« bor- 
ftetten, \m^ bloö ftqr! ober fdEjioad^v aber !ein quaütatiö beftimmte^ 
(SRotf), ®rün — fjo^er, tiefer STon) toäre. Qualität unb 3ntenfität finb 
untrennbar in jeber Smpfinbung unb "iß^antafieborftetlung gegeben, 9Bir 
fönnen fie burd^ Slbftraction aU Zi)dk in einem concreten SSorfteüung^* 
in^afte crfennen, aber nie öon einanber töfen unb unabfjängig bon 
einanber öorfteüen. Unb baß biefe. Untrennbarfeit nid^t etttja bf o^ golge 
einer langen ©emofjnl^eit ift, beibe gufammen oorjufteßen , geigt 
ber Umftanb, baß in bem SKaße aK bie ^ntenfität einer Srfddeinung 
ficf) ber 5Wuü näfjert, aucfi it)re Qualität un^ entfc^ioinbet, !iDaburd^ 
gibt fid^ bie erfte at^ ein 3Jioment gu erfennen, weldfie^ bie SSorftellung, 
xooxxn un^ eine Qualität erfd^eint, loefentlid^ mitconftituirt unb al^ 
foldie^ ift fie - not^ttjenbig für fid^ allein nidE|t öorftellbar, 

SBären 3ntenfität unb Qualität felbftänbige 2Sorftellungen , bie 
gwar in ber 9?egel oerbunben aber ftrenge genommen audj getrennt 
erfa^vbar loören, fo müßte e^ auc^ leichter fein, bie 3ntenfitaten ber* 



^a\}xnti)nmx\Q bcr IHc^tintcnfttät? 9 

fdiiebencr garbenem^finbungen ju öergleicfiett. 3eber aber töetg ober 
fann erfahren, n)tc uttfid^er bteö tft uttb bie Unfic^erl^eit murjelt nur 
. in ber unlösbaren 33 er f dornet jung öon ^axbt unb öntenfität '). 

®ett)ig tft ber fogenannte SmpirtemuS im dttä)t^ toenn er öiefc 
SSorfteüungen, bie man gemeinhin für aus einheitlicher Ouelte fließenb 
^ält, in eine SSie(f)eit berbunbener 3Sorfteßungen auflöft, bie t^eits 
üerfdiiebenen gteicfijeitigen Erregungen ber (Sinnesorgane , ti)dU ber 
mit ber ßmpfinbung jufammemDirfenben Erinnerung entftammen ^), 
aber es ttjare ein öerfe^rteS Sjtrem biefeS anat^tifdien ©trebenS, njenn 



*) SBenn tt)ir gmei (Sm:|)finbung§ Inhalte tocrgteid^cn foKen, fud^en vo'ix jebcn 
toon i^ncn ton allem 5(nbcren, voomit er jufammengcgcBcn ifl, mögltd^ft aüju* 
Ibfcn, unb njo bieö nidjjt mögüd^ ift, tcenigften« attc concomitirenben Unter* 
fd^iebe gu tilgen. 

^m öoßfcmmcnften gelingt uns baS bei ©rbßcn, bie irir aufeinanberlegen 
fönnen. 3)enn bamit ift ber qualitative unb örtUd^e Unterfd^icb, foi^eit biefer nid^t 
mit ber @rö§e gufammenl^ängt, eliminirt. 

SBc xoxx ben örtlid^en nit^t auSf daliegen fönnen, fud^en iüir ir>enigften« ben 
quaUtatiijen gu entfernen. 2öir mad^en jwei %läcbtn, bie mir in Söegug auf il^re 
®röge dergleichen fotten ol^ne fie aufeinanbcrbringen ju !i5nnen, gteid^farBig. 

2Ö0 aud^ bieg nid^t erlaubt ift, ba fmb tt)ir, trie jeber iveig, ^äufc^ungen 
ouSgefe^t, gegen bie aud^ lange Ucbung nur uniMjHfommen fd^ü^t. 

@o gel^t e8 un§ au8 bemfelben ©runbe aud^ Bei ben Drtgem^)finbungen 
ijerfd^iebener @inne, bie mir nid^t öon ben mittoorgefteKten Dualitäten abliefen 
fönnen. 2)ic ©d^mierigfeit ber SJergleid^ung ift l^ier fo groß, baß befanntlid^ SÖland^c 
bcm 2;aftfinn eine urf^rünglid^e SSa^rnelfimung toon Orten gugej^rod^en, M allen 
anberen ©innen fie geleugnet ]f>aben. Unb Rubere, meldte fie aud^ bem @efid^t«finn 
toinbicirten, o^Unbttn menigften«, bie Orte, meld;e ber S^aftfinn unb (Sefid^töfinn 
toorftellen, feien nid^t glcid^artig, fonbern bie einen blo6 ein ^nalogon ber an= 
bereu. Sßären fie nid^t ^ier unb bort mit ben Oualitäten i)on S^^atur unb un« 
trennbar tocrfd^moljen , fönnten mir fie ifoliren unb fo toergleid^en, fo märe ein 
Streit, mie ber le^tgenannte, leidet gu entfdbeiben. 

(gtmaS ganj ?lnaloge« gilt toon Dualität unb 3ntenfität. 

^) @d^on Slriftotele« betonte: 2Jian fel^e eigentlid^ nid^t „ben @o6n be« 
2)iare§", fonbern etmaS Seißeö u. bgl. ; ha^ erfte fei blo8 ein ala^rixov %ara 
Gvpißsßrjyiog — (De anim. II., 6, §. 4, p. 418, a, 20.) (Sr ift fo, im 3Jergleid^ 
gum extremen S'iatitoiSmu« beS gemeinen ©^rad^gebraud^g, ber erfte (5m:|)irift gu 
nennen. 



10 



SSerttjed^Slung toon 



man, ofjnc auf bie funbamcntat öerfditebene SBetje ju achten, tDte 25or* 
fteflung^tn^atte öerbunben feinfönncn, icbe SSerbinbung alö eine nic^t 
. ur jprüngüdie unb für bic Statur ber önl^atte gleic^giltigc betrachtete, 
2Kan !öme confequetiteriüetfe baju, audf) bei ber Srfc^inung be^ SRot^eti 
ober ©rütieti nod^ t)on imi „trennbaren Smpfinbung^öorgängen" gu 
fpred^en: ber Sntpfinbung bon Sarbe im Slßgemeinen unb ber beö 
SRot^en ober ®rünen, unb SÄagnu« fd^eint tüirfttc^ einmal geneigt gu 
beuten, baß bie 3Äenfd^en, nad^bem fie bie 3^it tt)o blo^ „bieOuan* 
titat beö Sid^tftra^fö empfunben tt)urbe", f)inter fic^ Ratten, boc^ no^ 
eine geittang b(o^ eine ,,unbeftimmte SSorfteltung be^ farbigen über* 
i^aupt" empfingen *) — eine SWeinung, bie ftrenge üerftanben, lool^t 
5yiiemanben für fid^ gettjinnen bürfte. !I)od^ toxU iä), obj'd^on äÄagnuö 
fonft ftetö nur oon ben Seiftungen ber S^etjl^aut unb t)on nic^t^ Slnberem 
fpred^en toxti, gerne annel^men, bag ^ier feine SBorte toofjl nid^t ftrenge 
ju beuten finb. 2lufmerffam gemad^t, n^ürbe er getoig jugcben, ba§ 
er l^ier bie Smpfinbung mit einer J^unction beö ©ebäc^tniffe« unb 
Urtfjeil^ üermengt. 

Slttein aud^ ber Sel^auptung, baö menfd^Iid^e Singe l^abe einft 
btoö „Unterfd^iebe ber Sic^tintenfität" empfunben, fd^eint eine SSer* 
ttjecff^tung gu ©runbe gu liegen, 

SKagnu^ nennt p. 43 Jenen primitiven B^tf^^inb unter 2lnberem 
aud^ einen fotd^en, loo bie 2^^atigfeit ber 5Wefe^aut nur barauf be* 
fd^ränft tt)ar, bie öerfd^iebenen ®rabe öon §etl unb üDunfel gu unter=^ 
fd^eiben. (9SgL anö) p. 47 unb öl.) ®anad^ ift e^ offenbar feine 
2lnfidE|t , ba^ toir urfprüngtid^ oon ben teud^tenben unb beleuditeten 
©egenftanben blo^ bie Smpfinbungen t)on ©eig, ©d(|tt)arg unb ®rau 
erhielten, unb e^ ift nur einer öegriffööernjirrung gugufd^reiben, loenn 
er bie^ „Unterfcffiebe ber 8idE|tftarfe", „ ©a^rnel^mung ber D^ciüation^* 
amplitübe" u, bgt. nennt, Siner ©egriff^öertoirrung ; benn ®rau, 
SBei^/ ©d^ttjarg ober .^ett unb 2)unfet finb qualitative Unterfd^iebe, 
nid^t 3ntenfitat«grabe, §etl bebeutet SSerttjanbtf^aft mit SQSeig, ©unfet 
SSerttjanbtfc^aft mit ®d)tt)arg, SBir fd^reiben fie audEi ben im engeren 



') %, a, D. p, 48, 



3ntenfität unb ©ctltöfcit 1 1 

©inne farbigen Stnpfinbungen gu, aber [ie faßen nic{)t mit ber i^nen 
eigentümlichen 3ntenfitat, bem 3lnatogon ber Xonftarfe, gufammen, 

35a SJiagna^ mit biefer SSerroed^^lung nid^t^ ttjeniger a{^ aHein 
ftel^t^), tt)ir il^r bietmel^r in liefen anberen gead^teten njtffenfdiaftficfien 
SBerlen begegnen, fo ^abe id^ i^r in einem 2lnf|ang eine befonbere Sr=^ 
orterung gettjibmet. §ier fei jnm S3en)eife nnfererSel^anptnng, baß §eüig* 
feit (SBeißlid^feit, 3Sertt)anbtfc{)aft mit SBeiß) nid(|t mit ber Qntenfität ber 
©efid^t^empfinbnngen jnfammenjuiperfen ift, nnr Sine« ermähnt, 3)ie 
Sonfcqnenj biefer Slnfd^auung njöre offenbar, \i^^ reine SBeigaföeine 
abfotnt ftärffte (Smpfinbung, ba« reine ©cfimarj atö einen Shtttpunft 
ber 3ntenfität, alfo a(« SDlangel jeber ßm^finbung, jene« at« ein 
älnatogon eine« abfoint tauten, biefe« at« ©egenftücf eine« abfotut 
teifen S^one«, b. ^. be« äÄanget« ber S^onempfinbung ju betrauten, 
Slßcin nid^t« fonnte unrid^tiger fein, ©dfinjarj ober ©unfef ift eine 
Smpfinbung, fo gut ujie SBeig ober ^eü unb fann wie bicfe« in gar 
öerfd^iebenen Sntenfitaten auftreten. 

OÄagnuö mußte alfo nid^t t)on einem B^^ft^nb be« Sluge« fpred^en, 
lüo bto« Sntenfitäten, fonbern ujo bto« ^eüigfeitögrabe empfunbcn 
tourben^), unb ujal^renb ba« Srfte etwa« fd^Ied^tnjeg UnmSglid^eö in^ 
öolöirt, ift gegen ba« 3^^ite öom logifd^en ©tanbpunft nid}t« ein* 
juwenben. (5« ift öon öornl^erein fel^r gut ein Singe benfbar, ba« bloö 
öerfd^iebene ®rabe bon ^eüigfeit ujal^rnimmt, b. % toenn ein abfofuteö 
©d^toarg unb SBeig aud^ il^m, wie un«, nic^t öorlommt, ein Singe, 
ba« überaß nur oerfd^iebene ©tufen öon ®rau fie^t. 

3a ! fofd(|e totale garbenblinbfjeit fd^eint t^atfSd^tidi, obmo^t fe^r 
feiten, gefunben ju werben. Sleltere Slutoren, unter Slnberen SBitfon 



, ") %yx^ fein ©egncr ^aufe (togl. .Äo«mo« L, p. 272) unb öicie Slnbcrc 
mad^cn fie. 

^) Sfiatürüd^ ift c8 aud^ unrid^tig auSgcbrüdt, tocnn er fagt: bic Slctl^cilDclIcn 
l^attcn bama(8 bcm 3(ugc 16toö burd^ i^re D«ciI](ation8am:|)litübe, nod^ nid^t burd^ 
tl^rc SBeEenlängc tnt^)onirt 2)cnn trer fagt bcnn, bag bic (Sm^)finbung toon SBeig 
unb ®rau Bio« burd^ bie ^Im^ütübe nid^t and^ burd^ \ivt !?änge ber 3let]^ertt)ctlen 
Bebtngttt>erbe? 2)iefe i|l Bei jenen (Snt:|)finbun gen fo gut Juie BeiSRotl^ ober ®rün 
toirffant. ^vcc baö ifl rid^tig, baß toiete Söellentängen Söeig ober ®rau erzeugen 
fiJnnen. 



12 06 (Sntunrfchmg 

(Researches on Colour Blindness, Edinburgh 1855) fpred^en ba* 
öon. t^reiUd) ift man mi)t fidler, ba§ bic 3*aüe cj-act genug untere 
fud^t iporben finb, unb e^ ift, tn^befonbcre njenn über 2(d^romatop|ie 
bei Sinbern bevicfitet toirb, ®efal}v, bap man einen äJianget ber 5yiefe* 
l^aut mit einem 9)iangef be^ Seurt^eilung^öermögen^ öern^ed^fette, 
Slttein mir n)irb bon ganj urt]^ei{^fS{)iger ©eite aud^ über einen 
galt gänjlid^er Unem^finbfid^feit für färben berid^tet, ber eine er^ 
ttjad^fene unb gebilbete ^erfon betraf, ©iefelbe begriff nie, wa^ 
Slnbere mit ben öerfd^iebenen garbennamen bejeid^nen tooUtm unb 
fpottete njol^t getegentlid^ über bie für fie ööüig finntofen !Diftinctionen 
unb Sleugerungen bon greube ober Sfel. 

2. 3ft fo gegen bie 33ermutf|ung , ha^ b'a« menfdjti^e Sluge in 
einer feljr frühen B^it bfo^ Unterfd^iebe ber §)eKig!eit empfunben ^abe, 
t)on üornl^erein nidfit^ ein juirenben , fo gilt bagcgen nid^t baö ®teid^e 
bon ber Slnnal^me, ba^ fidi ba^ SBal^rnel^mung^üermogen für bie 
©pectratfarben il^rer Orbnung im ©pectrum t)on 9?ot^ nad^ 
SSiotett folgenb entmidfelt Ijabe. 

a) 93e!anntUd^ fommt unter ben Srfc^einungcn partieüer ?5arben* 
bttnb^eit, bie einjetnen 3nbit)ibucn Don ©eburt anl^aftet, ber SJJianget 
ber (gmpfinbüc^feit für 9?ot^ (begleitet oon Unempfinbtid^!eit für ®rün) 
am l^äufigften öor. 3lud^ bn Sltrop^ie be^ ©e^nerocn fd^lPtnbet bie 
SRot^empfinbung juerft. S^ ift aber nid^t wa^rfd^einlic^ , baß biefe 
ga{)igfeit, bie am (eic^teften unb l^äufigften oerfagt, in bem ur[prüng* 
(i^ total farbenbtinben Sluge juerft aufgetreten fei ^). 

b) 3m fefben ©inne fprid^t bie S^l^atfad^e, baß bie peripl^erifd^en 
öejirfe ber 5Wefe^aut, außer einem attgemetnen äWinberempfinben, in^* 
bcfonbere $Rotf)' (unb ®rünO bfinbl^eit geigen^). 

c) 6^er af^ bie Slnna^me, ba^ rot^e ©übe be^ ©pectrunt' fei 
unferem Singe juerft aU \ol6)t^ fid^tbar gett)orbcn, ließe fic^ bie ^ören, 



') 3)a6 l^at aud^ Äraufc bcmerft a. a. D., p» 274, 

') S5gl. unter 3lnberen Sanbolt Bei 5C. (Sfiobin: Uebcr bie llblE^ängigfcit ber 
garbenem^)finbungcn öon ber Üüd^tftärfe» (Sammlung ^)]^^ftologifd^er 9l(j^anbtungen 
öon SB. ^rei^er, I. 9iei^e, 7. ^eft, p. 6. 



: 



tag bie (SntlPidEefung öon bcr 9JJitte an^ wad) beibcn Seiten öor fiel) 
gegangen fei. ®inb mir bocf) für bie nftvavot^en unb ultraöiofetten 
@traf){en nod^ aKe btinb. 

d) Sind) gotgenbeö !önnte einer für biefe §t))3otf|efe gettenb 
machen. ®eftü^t baranf, bag bem Unterfc^ieb ber ®d^tt)ingnng^baner 
ber Sid^ttoetten nnterfd^iebUdie JJarbeneinpfinbnngen cntfprec^en, in äf)n* 
(id^er SBeife ipie ber üerfd^iebenen ®efcf)tt)inbig!eit ber ü^ontretten tt)ed^* 
fetnbe STonl^o^en , f)at man be!anntli(^ ') ba« Sint^eitnngöprincip ber 
ntufifattf^en 2:on{eiter and^ anf bie ©c^toingnng^ftufen ber ßid^tmetten 
angen^enbet. !Dabei ergibt fid^, bag an ben beiben ©renjen be^ ©jpec* 
trnm bie garbe fid^ innerl^atb mehrerer ^a(ber S^onftufen nid^t merftic^ 
änbert, in ber 2Äitte bagegen bie fel^r mannigfaltigen Uebergang^farben 
beö ®elb in ®mn atte in bie ©reite eine^ f)alben Jonc^ jnfammen^ 
gebrangt finb. (^elm^offe a. a. D.) 

aJian mug fonad^ jngefte^en, bajs ba« Singe bei ben ®trat)(en 
mittlerer ©efd^ipinbigfeit anf bie Slenbernng ber ®d^tt)ingnng^baner am 
empfinblid^ften rcagirt nnb and^ biefe ßrfd^einnng fprid^t offenbar öiet 
e^er bafür, baß ber ^arbenfinn fid^ öon ber 3Ritte a(^ öon einem 
(gnbe be^ ©pectrnm anö enttt)idfett l)abe. 

35od| müßte biefe ^^pot^efe, loenn id^ fie im Ueb'rigen rühmen 
foüte, mit bem in Uebereinftimmnng fein, iüa§ fid^ über bie 3ol^t nnb 
Statur ber ®rnnbt)ermögen , loobnrd) alle Qnatitätöem^jfinbnngen be^^ 
©cfid&t^finne« in ©tanbe fommen, afö ba^ SRid^tige ergibt. 

3. S^ ift ein fd^ipettuiegenber SWanget, baß bie^ and^ t)on ber 
^^otfiefe ®eiger'ö nid^t gilt, 

®rnnbt)ermögen finb anf jebem ©inne^gebiete fo öiefe anju* 
nel^men a(^ e^ ®runbc(affen empfnnbener Qnalitäten gibt, unb foldfie 
finb auf bem ®ebiete bci^ ®efid^t^ : 3Beiß, ©c^ioarj, $Rot^, ®rün, ®e(b, 
Stau. 9lüe t)or!ommenbcn nnb mogtid^en (Jctrbenerfd^einungen fteßen 
fid^ bem unbefangenen 33etrac^ter al^ äßifd^ungen biefer fed^^ ßtemente 
bar, wäl^renb fie felbft einfad^ finb nnb leinerfei 3«f<itnmenfe<jnng 
mel^r erfennen (äffen. 



*) SBgl. .^elm^oItJ, ^^J^öftologifd^e D^tif, p. 237. 



14 2)ie ttja^ren ©runbcm^finbungcn. 

S^ gereid^t biefer ßlafftfication jum günftigen "ißräiubtj, ba^ fie 
jucrft tion einem aud^'tm triffenfd^aftfic^en ©enfen gefd^ulten 3)?a{er, 
ßeonarbo baSSinci*), aufgeftetft toovben ift. Oft bod^, ioo eö 
fid^ unt JJarbenerfcfieinungen an unb für fid^, ntd^t nm il^re p^tj* 
ftfatifdEien nnb p^^fiofogifrfien Urfad^en ^anbclt, ba^ Urtl)eit bon 
garbenfunbigen in bent ©innc, tote t^ gute SÄater finb, öor Slltem 
gu pren, 

3n neuerer 3^^* ^^6en erft @. aJiad^^), bann (Sto. ^ering^) 
bie genannten jec^^ Oualitäten für ©runbempfinbungen erHärt, unb 
bcr lefetere ^at fie in glüdflid^er SBeife feinen Unterfud^ungen über baö 
©tjftem üon p^^fiologifd^en 3Seränberungen im ©e^organ, bur(^ toetd^e 
baö ©ijftem unferer Sarbenempfinbungen gu ©tanbe fommt, gu 
®runbe getegt, 

!J)te Jl^eorie toirb aud^ burd) bie Srfd^einungen partieller garben^ 
btinb^eit beftätigt unb biefe geigen nod) toeiter^in, baß baö SSermögen 
gur JRotl^^ unb ©rünempfinbung einerfeit^ unb gur ®elb* unb S3(au* 
empfinbung anberfeit^ in einem befonberen Slb^ngigfeit^öerpttniffe 
gu einanber [teilen, berart, bag jene f^ä^igfeiten ftet^ paartoeife feilten 
unb auftreten. 

2luf einen 3iifoinmen^ang gtoifc^en ben genannten (Smpfinbungö^ 
ipaaren, cbenfo toie gtoifd^en SBeig unb ©d^toarg, toeifen ja aud^ bie 
fogenannten Sontrafterfd^einungen l^in. gering i)at auf ®runb biefer 
Slngeicf^n angenommen, ba§ paartoeife bie pl^tjfiofogifd^en ^roceffe, 
toobur^ bie Smpfinbungen öon SSBeig unb ©d^marg. twn dioti) unb ®rün, 
unb enbttd^ öon ®elb unb ©(au gu ©taube fommen, fid^ berl^atten 
tt)ie Sonfumtion unb Söiebcraufbau berfefben fenfitiben ©ubftang, !Die 
SBeigempfinbung- g. 33. entfprid^t bem SSerbraud^, bie ©d^margempfin* 
bung ber Sr^otung. So ift alfo nad^ gering fo, aU ob bie nerööfe 
©ubftang be^ ®efid^t^finneö ein ®emifc^ breier d^emifc^ öerf^iebener 



*) Trattato della Pittura, Paris 1651, 

') ei^ungöBcrid^te ber Siener Slfabemie, 52. «anb, n. ^6t^., p. 321. 

^) ä^^ ^el^re toom Sid^trmn, VI. Tliit\)tiimQ, in bcn ©ifeung^Berid^ten ber 
Sßlcner ^fabemie, 70. ^anb, IIL 3l6t^., p. 169 ff. 



« 

©ubftanjen märe, bereu jebe (ipenigftenö innerhalb getuiffer ©renjen) 
unabfiangtg t)on ber anberen ju ajfimtfiren unb ju biffintiliren öermag^), 

©inb aber biefe Sltifd^auungen über bie ^a'i){ unb gegeufeitige 
Slbl^augigfett ^) ber "ißroceffe im uerööfeu ©efjapparat, worauf unfer 



*) 3)arau8 crflärcn fit^ bic (Srfd^cinungcn bcö Scntraflc« in ungezwungen* 
per Söeife. 

3ßenn man eimrenbct, trarum ba« fogcnannte ru^enbc 3tugc Bio« @(^tt)arj 
fel^e unb nid^t aixä) je ein ®lteb ber ^ujei anbercn ^aarc toon Ctualitätcn, fo 
anttDortct gering, baß in biefem 3u|lanb atte OuaUtäten ent^)funben tt)erben, aber 
Seig unb ©d^iüarj fo überwiegen, baß nur il^re SKifd^ung, ®rau, Bemerft, bic er« 
l^cBüc^ fd;U)äd^cren SScimijdbungen ber üBrigcn Dualitäten üBerfel^en werben, 

ged^ner Ifiat (3n @arf;en ber ^\i)ä}opW^t, 1877, p. 132) ben (Sinwanb er* 
^oBen, warum benn, wä^renb SBeiß unb ©d^warj fid^ ju ®rau mijt^en, bie gWci 
anberen $aare ftd^ nirf;t au^ burd^ SJiifd^ung p einer rotljigrüncn unb gelBBlauen 
(Sm^finbung ergangen. %\}at\M)lxci) nämlid^ werben fÄotl^ unb ®rün einerfeitö unb 
(&elB unb ^tau anberfeitö nie gleid^geitig in einer garBenem^)finbung Bemerft, fon« 
bern wo ©trauten jener SÖeUcnlangen :|)aarweife jufammenwirfen , l^aBen wir bie 
Sm^finbung l>on SÖeig. 3)iefe (Srfd^einung l^at gering aUerbingö einftweUen nid^t 
erKärt, b. 1^. nid^t auf allgemeinere unb einfad^ere 2;i(iatfad^en jurüdfgefiH>rt (Sr 
muß bic Befonbere ^Innal^me mad^cn, bag baQ ©onncnlic^t fowol^l ©tral^Ien ent* 
\)ait, bie biffimilirenb al8 fold^e, bie affimiürenb bie rotljigrüne unb BlaugclBe @uB* 
flang ijcränbern, wä^renb auf bie fd^warjwcige atle (Strahlen birect B(o8 biffimili* 
renb wirfen. 3n golge beffen fönnen ftd^ unter bem (Sinffuffe be6 oBjectitocn iüid^tc« 
wol^I ®c(B unb S3(au antagoniftifd^ aufl^cBcn unb cBenfo fftotl^ unb @rün, aber nie 
SBeig unb ©d^warg. Sißeig wirb immer üBcrwiegen. 

2)a«J BleiBt eine Som:|)Ucation in ber ^ering'fd^en ^l^eoric unb al8 fold^e 
eine Uni)oU!ommen]^eit. 2)od^ tl^ut fie, wie mir fd^eint, ber SBa^rfd^cinlid^feit htx^ 
felBcn nur geringen unb iebenfaU« feinen entfd^eibenben ©intrag, ba ja gar nid^t 
au6gemad^t ift, oB e« nid^t in 3ufunft möglid^ ip für jene ijcrfd^icbcnartige SBirf* 
famfeit ber ©onnenftral^lcn auf bie BlaugcIBc unb rotlfigrüne ©uBfiang einerfeit« 
unb bie fd^warjweigc anberfeit« ein Sßarum gu finben , ba« mit allen anberen 
Wefenttid^en Sögen be« ^ering'fd^en ©ebanfen« im (Sinffang flelj^t» SSictteid^t ge* 
lingt c«, wie gering Bemerft, einmal Befonbere 33ebingungen l^ergufletten , unter 
benen wir ^Äotl^grün feigen unb fönnen wir bann Sid^t barüBer gewiimen, 
Warum e« in anberen gätten nid^t gefd^ielfit. 

') SBaren bie Sitten grünBIinb, o^jne jugleid^ rotl^Blinb ju fein, bann mugte 
il^nen ÜJiand^e« ben (Sinbrudf toon Söeiß ober ®rau mad^en, toa^ wir rotl^ feigen, 
unb ÜÄand^e« mußten fie rotl^ Wal^rnel^men, toa^ un« weiß ober aud^ grün erfd^eint. 



16 ©cgeu ©nüricfcluiiiß über^ait^^t — 

garbenempfinben beruht, ricf)tig, fo fielet bte Hxt, \m fid) naä) ©eiger 
ber Sörbenfinn entmidclt l^abcn foß, mit uttferer iet^tgen Dtgonifation 
im SBiberfprud^. @ö ift ja m^ biefer ni(^t mftgtitf), bag man Drange üor 
®elb, ja au(^ nidit, baß man ®e(b öor 33(au unb 9tot^ üor ®rün fal), 

IL 2lber aurf) bagcgen, bag überhaupt bei unseren menfd^Iiclien 
SSorfa^ren eine (gntmidefung be« garbenfinneö ftattge^abt f)abt, f^jrecfien 
gett)i(^tige J^atfacfien ber ©egenmart. Sä) meine ben Umftanb, baß 
^eute atte 3Kenfd^enracen unb bie berfd^iebenften 2^^iergefd^Ie(^ter 5ar^ 
ben je^en. 

®ie ')ii)at\aä)t fte^t außer B^^^M* 

1. 33orab bejügtid^ ber unciöilifirten äKenfc^enracen. 
5(ßgemetn ftimmen bie ®erid^te über fie barin jufammen, baß i^r 
Singe t)ie( fcfiärfer fel)e, ai^ ba^ nnfrige, (äiner meiner S5efannten, 
ber bie ©iouj ober iCafota (befannttic^ ber jaf)treicf)[te unter ben nod^ 
ejiftirenben 3nbianerftammen 9^orbamerif a'^) befudit ^at, fd^reibt mir 
in biefer 93ejief|ung : „3^re ©eintraft übertrifft bie meine, obtüo^t iä) 
fogenannte gute 3lugen l^abe, an Scharfe unb STragnjeite bebeutenb/' 
®arrt)in erja^tt (9lbftammung be^ 9J?enfd}en, p. 102, 2lnmer!ung 
29): „Sä) l^abe reid^Iid^ ®elegenl^eit gel)abt, bag außerorbentlidie @e^* 
vermögen ber ^euerlanber ^u beobad^ten." 2le^nli(^ beriditet ^aüaö 
über bie SJiongoten in ben Sbenen SlorbafieneJ (cittrt bei Darmin 

a. a. D.)* ®iefe B^wg^iff«^ fi^&c« fi^ l^äufen, 

Sä) fann aber, obfd^on 3Kagnu^ unb ®(abftonc e^ nid^t gelten 
laffen motten unb Traufe i^nen l^ierin '3itä)t gibt, nid)t um^in, barin 
einen fd^ä^baren ^xnmx^ auf bie ?^arbenempfinblid^!eit jener SSöHer 
ju erblicfen. 

2Bir nennen ben jenigen fd^ärferen ®efid^t^, bem ber 33Ii(I in bie 
Slußentoelt beutlid^ere ginbrucfe ber mannigfad^ üertl^eilten Oualitaten 



Senn man, trie eö g. 33. mit \!ommer«i Sri?tf>rcjf o^ ßflingt, Bei ^etrad^tung einer 
grünen ^anbfci^aft bie grünen ©tral^Ien abblenbct, fo erfd^eint fie ginnoberrot^. 
@o mußte ftd^ atfo {tok anä} Traufe a. a. D. p. 274 Bemerft l^at) ben Eliten bie 
?anbf(^aft barfteßen, ti^enn fie grünblinb njaren. ^el^nlidöe« begegnete, mcnn fie 
Blau* unb nid^t gugleid^ gelbblinb njaren. ®eiger unb 5IRagnu« finb aber iveit 
entfernt, berglcicä^cn au« ber alten !?iteratur nacbgen?iefen gn E;aben. 



ttjenigften« Beim SÄcufci^cn. 17 

Dcrfc^afft. Daburt^ ift er in ben ©tanb ijcfc^t leichter unb fit^crcr 
bic ©cgenftänbc gu beurtl^eifcn, fei eö, inbem bie Qualität fefbft auf 
®runb frfil^erer Srfal^rungen bie 5Watur beö Dbiecte« erfeunen tagt, 
fei e^, iubem fic mittelbar burt^ bie Srfenntnig üon ©eftatt, ®ro§c 
u. bgL borouf fü^rt. Denn natflrfit^ l^ängt ouc^ bie Srfeuutniß biefer 
Sigeuf^often üom ft^arfen ©e^en bcr Quafitfiten ab, Slöeö ©el^en 
üon ßontouren beruht ouf bcr SBal^rne^mung üon Quatitfitöuuter»» 
f(]^iebeu. Oft e« ja bod^ ein ©rengenfel^en, unb mon fielet bie®rengen 
in bem 3Äog beuttic^, ote baö 53cgrenjenbe fräftig berfd^icben ift. 

SDlan fann beö fd^arfen Sßlxd^ ermangeln enttt)eber in ^Jotge 
bcf onberer äußerer Umftfinbe, aW : fc^toad^e Beleuchtung unb S^tein^eit 
ber ©egenftfinbe, ober in ?5oIge eine« Drganfe^ter« , toie Stumpfheit 
ber 5Wefe^aut ober Unüoöfommenl^eit ber Sfccomobation. 3n aüen 
Rotten aber beruht ber 3Äanget jute^t barin, bog bie Quolitäten, bie 
man empfinbet, meniger fraftig afö fonft üerft^ieben finb unb borum 
(eic^ter üertoet^feft merben. 

©anj in benfelben ?5aü ober fommt berjenige, toeli^er eine ge*= 
ringere ^ai){ üon QuoIitSten toal^rnimmt, a(« mir tl^un, j. 35. nur 
bie öerfc^icbenen §ettigfeit«ftufen üon ®rou. S)enn biefe finb Ja biet 
ä^ntit^er unb borum üiet tei^ter ju »ertoec^fetn, afö fo toeit ab* 
(icgenbe Differenzen mie 9totl^, ®rün unb ©tau. !DiefeIben ®egenftänbe, 
bie fic^ un« burd^ biete teic^t mcrfti^e Unterfc^iebe fenntti^ mod^en, 
crfc^einen i^m atfo in einem biet gteic^fSrmigcren unb fc^merer gu 
unterft^eibenben ®etoanbe. SBenn borum oud^ auögcma^t ift, bafj bei 
ben 2Bi(ben in Sotge beftänbiger Ucbung bie 2lccomobation bottfommener 
ift, at« bei un«, fo ift bod^ burd^ bie obigen B^wfl^iff^ überbie« rec^t 
tool^rfd^eintid^ gemad^t, bog fie eine gteid^e 3^^^ ^on Quatitfiten 
loal^rnel^mcn mie mir. SWur menn fie un« in biefer ©ejiel^ung eben* 
burtig unb gugtei^ in ber erftgenannten übertegen finb, begreift fid^, 
bog i^r Singe baö unfrige im ßrfennen ber Sontouren fo entft^ieben, 
at« e« ber Sott ift, gu übertreffen bermag. 

3Bir l^aben aber nod^ beftimmtere 3^ii9«iffc fö'^ ^i^ iJarben* 
cmpfinbtic^feit ber toitben JRacen. 

3Son ben berft^icbenften Stämmen in atten S^l^eitcn ber Srbe 
crujä^nen bie SReifenben, bog fie grogeSuft an teb^aften ^Jorben 



18 garbenuntcrf (Reibung 

finbctt- ®ie tötototrcn unb bemalen t^re §aut in atlen ?5arben, ft^mücfen 
ben Sbpf mit bunten gebern, finb ftetö bereit gefärbte ©lafer u. bgl. 
öon ben Europäern um I|o^e greife einjutaufd^en, verfertigen ttjo^t 
auc^, unb oft nit^t o^ne ®t\6)mad, bunte ©efled^te, Sef abarbeiten 
u* bgl. SSon ben ©iouj ober 5Da!ota berichtet mir ber obenernjä^nte 
Slugenjeuge: „$Rot^ unb Stau finb ifire Sieblingöfarben. ©ie bemalen 
i^r ©efid^t juerft mit einer ©runbirung, meifl fupferrotf), mand^maf 
gelb, grün, blau, jumeiten bie redite ober linfe, obere ober untere 
©efid^t^plfte mit öerfd^iebenen färben. 2luf biefem ©runbe »erben 
bann öerfdiiebenf arbige ©tridie unb 3^iä)nungen aufgetragen *). 35ie 
^aarfd^eitet auf bem Sopfe ift immer rotl^ gefärbt, befonber« bei ben 
grauen, ©ie madien fd^one gted^t* unb 53efafearbeiten auf 2:ud^ ober 
8eber für tieiber, Jabaffacfe, a»efferfd)eiben 2). ®Ianjenbei8 3Äetaa, 
oline Mdfi^t auf ben SBert^, getbeö am tiebften, tragen fie aU 2lrm^ 
unb Dlirringe, §al§gefd^meibe u. bgl. 2luf bem Äopfe prangen fiebern 
unb ber Slnjug ber §öuptUnge ift pufig reic^Iid^ unb gefdimadDott 
mit perlen* berjiert.'' Ueber anbere unciöilifirte SSöIfer fe^e man 
ä^nlid^e SSerid^te in ben guöerlägigften ©d^riften jur SSöHerfunbe, 
g. 33. bei ®. Älemm, TOgemetne Sulturgefd^idjte ber aJienfd^^eit; 
©. 3. Subbod , 5Die üorgefd^iditUc^e 3eit ; £)^cax ^Jefd^el, SSöHerfunbe 

u. f. tt). 

2lud^ bie ©prägen ber SBilben geugen für i^re garben^ 
empfinblid^feit. Ueber bie 5Dafota t^eilt mir mein S3erid^terftatter mit, 
baß fie f otgenbe 5Wamen für ©efid^töquafitäten ^aben : 

ska weiß ober farblos. 

san „ ,, „ 

sa (fpr. fd|a) rot^ ober feuerfarb. 

luta fc^artadj. 

stan öiotett. 



*) SBgL anö) @oct^e, garbcnlcl^re, bibactifd^er Zi^til, §. 835; ©amin, 
^fcfiauiuiung IL 260. („9^egcr, cBcnfo tote SBilbe m öicrcn Slfictlcu ber Seit matcn 
il^rc ©cfic^ter mit 'Stoii), SBIau, Sßeiß ober ©d^toarj in toerfd^icbcncn Sctd^nungcn an/') 

«) %r. l^ieju @. @empcr , ber @tir in ben tcd^nifd^en unb tcftonifd^cn 
Äilnflcn. 



bei bcn lüilbcn SWcufc^enraccn. 19 

to blau, grfin. 
zi (fptr. fi) . gelb, 
sapa fdjtoarj. 
hota (fpr. ä)ota) grau, 
sota *) raüd^ig. 
hdeskarka flecfig. 

„©ie uttterfd)cibcn 35Iau unb ®rün, obfd^onfic bto« 
ein SBort für bcibcö f)aben. hota, grau, tft au(]^ bcr 9iamc 
für 2Ifd|e, Sapa, tüenn sapa {\i)apa) gefprod^cn, f)cigt fd^mu^tg, sa 
(ft^a) tft audi glül^cnb. 

Die ©falgifpradie, bic auf ber SBeftfcite beö gelfengebirge^ bon 
ben ^enbö b'Dreitte^, S^aubike«, Äoetenaij, SE^te« plaM (^Jlat^cabö), 
5Wcjpercö«, ßocur« b'2ltene, Salifpefö, ©pofane^, ^cloufeö gefprod^cn 
toirb, enthält folgenbe SWamcn für i?arbcn: 

Äammunuffugio, 3Beiß. 

^enne^oog, 9iot^. 

Samfofuffofg, ©d^tüarj. 

Äammaffufiu, ®etb. 

Saftegtoljittufl), ®rün.'' 
Ueber bie i^arbenbejeidinungen anberer luilber ©tämme fe^c man 
einjetne !Daten in D. "ißefdief'g SSofferfunbe unb in fpecieöm 5Reife== 
toerfen* Süir fommen fpäter auf einige jurüd. 

2. 2Ba§ bie SEfjiere betrifft, fo ift öorab ber ©riDö^nung nid^t 
unmxtij, bag and) unter i^nen mand^e burd^ ungeiDöfinliä) ft^arfeö 
®eficf|t auöge3eic^net finb unb eö gilt ijkx berfelbe 3Baf)rfc^einIid^* 
feitöfd^fug n)ie oben. 

3tDeiten« mag man fidi erinnern, ba§ Xi)itxt burd) geioiffe ^Jarben 
in l^oliem ®rab unangenehm berührt werben. S)er ©tier, bcr 
Butter gerat^en beim Slnblid eine^ Iroftigen diotff in 3But^. 2lui5 Beug-- 
niffen, bie ®. Säger (im «o«mo« L, p. 489 ff.) jufammengeftettt 
^at, fd^eint f)ert)orjugeI|en, ba^ bie Sperlinge eine befonbcre 2lntit)at^ie 
gegen bie gelbe garbe f)abcn. Derfelbe befannte 3ooIoge l^at nac^ bem 



*) 2)atoon fommt SWinefota. @« ti?ar bev S^ame be« gluße« (mini l^cißt 
Saffcr), ber ben (Staat SWinefota burd^flicßt. 

2* 



20 garbettem:^finb(id^!eit bcr Z^itxt. 

aSorgangc öon SBaöacc barauf ^ingctoicfcn (a. a, O. p. 486), bag: 
öidc X^tcrc, tt)cf(^c giftig finb ober burd^ einen fd^arfen, ftinfenben 
©toff ober burd^ ©tad^eln fid^ öert^eibigen, gugleic^ ftec^enbe iSaxbm, 
tok ®elb neben ©d^toarj, JRot^getb n. f, to. befi^en unb fie il^rcn 
^einben f^on bon SBettem entgegenhalten, T)a^ ertt)äl^nte ßotorit fd^eint 
biefe (öieöeic^t nid^t bfo« in golge öon äffociationen, fonbern birect^ 
toa^ aber ^ier jn entfc^eiben nid^t nöt^ig ifl) objnfc^redten. 

3lnberfeit^ toerben burd^ mancherlei ^Jarben SE^iere jum ®enu^ 
oon fjrüc^ten, 53Iüt^ent]^etfen n, bgf. angelodtt, ÜDie beerenfreffenbcti 
SSoget gelten melir anf rot^e, blone nnb fd^toarje Seeren aU anf getbt 
unb toeige, aud^ »enn biefe füger finb, 3«in ^ifd^fange bertoenbet man 
mit aSort^eil fiöber oon beftimmter (g. », rotier) ^Jarbe — on^ ttjo^l 
ein rot^e^ SEuc^toppd^en ^). Sluö bem ©efaöen ber 3^nfecten an.bea 
(Farben erftfirt 5Darn)in bie *ißra^t ber S9tütf)en im ©egenfafe jur be^ 
fc^eibenen ?5arbe beö Sauber, ©ie toäre ein Slufpufe ol^ne jeben pf^t)^ 
fiologifd^en SBert^, toenn fie nic^t bie ^nfecten gnm «efnd^e antodfte 
unb fo bie Äreujbefruc^tung beforberte. SSerfd^iebene 3^nfectenartcir 
jeigen babei eine ©gmpatl^ie für oerfd^iebene ^Jarben unb fud^en bc^^ 
ijaxxüd) bie S3Iumen il^rer Sieblingöfarben auf, aud^ loenn fie oon ocr*^ 
ft^iebener ®efta(t finb«), 

3a^Ireid^e Srfc^einungen machen ben unjnjeibeutigften Sinbrutf 
a(^ ob bieäBeibc^en in ber äuötefe ber SWannc^en (jutoeitcn'. 
auc^ umgefe^rt) burd^ bereu fd^öne ^Jarben beftimmt toürben* 
unb manche 2lrten, in«befonbere SSögel unb ©d^metterfinge (SEagfaltcr), 
fc^einen babei fogar angenehme J^arbenjufammenftedungen. ju 
fc^äfeen. 3SieIfad^ tritt baö fc^öne garbeuHeib nur jur ^aarung^geit 
auf unb baö eine ®efd|Ie^t benimmt fid^ fo, alö ob e« feinen ©c^mntf 
(äl^nlic^ ttjie bie ©timmmittef) oor bem anberen entfalten looöte, 3)ar* 
»in (Slbftammung be« SKenfc^en II, unb Sntftel^ung ber Slrten) fü^rt 
fprec^enbe SSeifpiefe bafür an. 



') W' Säger im Äo«mo8 L, 491 ff. 

^) @o l^at $. SWüßcr (öefrud^tung bcr ^ftattgcn) au«brüdflid^ Beobad^tct. 
t^gr. üBcr ben ganjcn ^unft an(Sf @. 3. SuBBod, öiumcn unb Snfcctcn in i^xa 
Sßßcd^fcIBejiel^nng, bcutf^ toon ^affotc. SScrtin 1877. 



(S(^Iu§ öom ©tanb^unft bcr 2)c8ccnbcn3t^coric. 21 

SnbKc^ btcncn'bic ?5arbcn bcn J^icrcn ntannigf ad^ alö SUiittct 
fi(i^ gu berge tt. ©tt grünet SE^ier g. ö* p(t \xä) in ®ra« unb 
Saub auf unb entgel^t baburd^ bem SSIidEc feinet JRauberö, @äf)e btefer 
tlo^ §ettigfeit^ftufen, fo böte ber grüne ©tanbort feinem £)pfer feinen 
SSorgug Dor öielen anberen» 

2lße biefe grfd^einungen, ttjoöon »ir nur bie toefentlic^ften Staffen 
angebeutet l^aben, finb unbegreiflid^, tocnn bie 2^^iere farbenbfinb finb. 
3Bir muffen barum ben öerfd^iebenften unb aud^ niebrigftef)enben Sf äffen, 
toie j. SS. ben ©d^metterlingen , einen fe^r entmidelten i^arbenftnn 
jufc^reiben. 

SBenn aber f)eute alle SKenfd^enftomme unb bie meiften SE^ier* 
claffen farbenempfinblic^ finb, bann ift — mag man fid^ auf ben 
©tanbpunft ber S)e^cenbenjl^eorie ober auf ben i^rer 
©egncr ftetten — in|ebem?5aöe e^ unglaubfid^, baj3 ber©anger ber 
3Iia^ unb feine B^tgenoffen grün* unb bfaublinb »aren. 

a) 2luf bem erften ©tanbpunft^) gilt ba^ Sofung^mort: 
^le^nlid^feit ber Drganifation beutet auf ©n^eit be^ Urfprungö unb 
man »irb alfo fd^fie^en, ba^ bie garbenempfinblid^feit, too immer fie 
^d^ l^eute finbet, bei ben 3nfecten »ie beim SRenfd^en, üon bemfelben 
gemcinf amen, alfo fe^r frül^en Ur jeuger ererbt ift« ^arbenbf inbl^eit ber 
atteit SSöIfer mu^ bann entweber aW eine Srfc^einung üon 2ltat)iömu« 
ober a(ö eine 33erfümmerung burd^ SBirfung üeranberter Sebenö- 
bebingungen bctrad^tet werben. 

Slttein beibe Slnnal^men ftatuiren Uner^orte^. (Sin o^nlid^er j^aU 
t)on Sltabiömu«, wie e« bie Slinb^cit ber alten 33ölfer ipore, wenn 
fic fie üon ben- nieberften SE^ierdaffcn ererbt fjätten, ift fonft nirgenb^ 
6eo6ad|tet worben. Unb für SSerfümmerung beöSlugeö (aßt fic^ in ber 3eit, 
tDo fie ftattge^abt l^aben fottte, gar fein glaubfid^er ®runb angeben. @^ 
ift lüol^I benfbar, bap bem SWenfd^en irgenbeinmat eine SSoöfommen* 
l^eit eineö Smpfinbung^öermögen^ verloren gel^e, aber nic^t in einem 
3uftanb ber Uncultur unb rol^natürttd^er 8eben^meife *) , fonbern in 



») ^\)n vertreten Traufe unb Säger im Äo«mo8 I. 
^) @« utilgtc bcnn burd^ bcfonberc Umftänbe ein anbete« (Sinnesorgan 
^ertjorragcnb cnthjitfelt ttjorben Jein unb rcid^ftc^en @rfa^ für ba« tocrfümmernbe 



22 <ScifiIug tooui @tanb:|3Un!t Sutoicr'8. 

^olgc bat)on, baß mit bent ©tetgeti ber ßiötüfation bic ©d^Srfc bcr 
©tnnc mel^r unb tne^r i^rc 53ebeutung im tampf um bic (Sjiftcnj 
öcrliert, ober ba§ unnatürlidic Sebcn^mcife birect eine 9Jerberbnig be^ 
Organa fierbeiffi^rt. Unter ©eiger'ö SSorauöfe^ungen aber ^atte ia 
bielmel^r umgefel^rt ber SWenfd^ in feinem rol^eften t^ierä^nttd^en ^n^ 
ftanb baö SSermogen ba^u öerloren, um e^ bann in ben ^^afen ber 
fortfc^reitenben Siöififotion toieber ju gewinnen. 

b) 2(öein aud^ für ben 9l|n^änger Suöier'ö unb8inn6'3 
ift e^ mä) bem Obigen fc^njer gfaublid^, baß ber primitive SWenfd^ 
unb t^eitoeife gar noc^ bie 3^i^9^ttoffen ber SSeben unb ^omerö 
be« i?arbentt)a^rnel^mung^Dermögen6 ermangelten^ — So ift ein $Rai* 
fonnement , beffen traft er anerfennt , ha^ in je me^r Sw^ fic^ 
gttjei Organismen gfeid^en , bon Dorn^erein befto größere SBal^rid^ein* 
lid^feit beftel^t, baß fie audi nodi trgenb einen »eiteren ^nQ, ben 
tt)ir nur beim einen birect beobad)ten !önnen, gemein ^aben »erben, 
and) ttjcnn tüir fein SlbpngigfcitöDcrpftniß jtt)ifd)en ben befannten 
Uebereinfttmmungen unb bcr gu erfd^Iießcnbcn fennen. @S gibt 
neben ben Saufalgefe^en über bie Soncomitanj ber Sigenfd^aften 
organifdjcr Oebilbe auc^ ^empirifc^e« Stuf fie ftü^t man fic^ I|ier, unb 
nne bic aBa^rfd^einlid^feit foft^er ©efefee ber ©emißfjcit fid^. in'ig Un-^ 
begrcnjte naivem fann, fo fonn es audi ein barauf geftüfetcr ©d^tuß, 
@r nfi^ert fid^ i^r aber in unferem ^alte um fo me^r , Je ja^trcidfier 
unb tiefcrgrcifcnb iene Uebercinftimmungen finb , auf ®runb bereu 
wir bas 33or]^anbcnfcin üon nic^t birect beobad^teten erfd^Ueßen, mei( 
im fefben 3Äaße bie SBal^rfdieinlid^feit junimmt, \>a^ unter il^nen aud^ 



gdeifict l^aBcn. Mein bcr Wltn]ä) ijl, toit gelegentlich ©cigcr felBft, Keffer aBer 
Säger l^ertoorgel^oben l^at, l^ertoorragcnb ® efid^tstl^ier. @r l^at, im (Segenfa^j 
gu ben langfd^nau^igen ^unbcn unb SBieberfäuern, in golge ber Äürje feine« 
©efid^tsjd^äbet« einen fc^toac^ enttoidfelten ©erud^fmn unb erfefet il^n aud^ nid^t, 
tcit bie Äa^en, burd^ ein fdjiärfere« @el^i5r. (Sr ijl auf ba« Slugc angetoiefen vmh 
inbent biefe« fid^ bie groge Seite be« $origont6 erttjarb, hjeldbe mit ber aufrechten 
<Steßung öerBunben ift, l^at e« ftd^erüd^ nid)t bie ebenfo notl^toenbige garBenem^finb* 
lid^feit :|)rei§gegeBen. 2)er SJienfd^ aU Omnitoore Brandete biefe fo gut toic bie 
Beeren» unb infectenfreffenben 3$bgel unb ba« jagcnbe unb fifd^enbe SiauBtl^ier, 
um feine Sf^al^rung ju fiuben. (Säger a. a. O. p. 494.) 



9tcflc öon aWalcreicn in ©ricd^cnlanb. 23 

b i e Umftänbe fic^ finben , »oüon bic gu crf^ttcgcttbcn ©gcnfd^aftcn 
not^iDcnbigc unb barunt rcgcfmSgigc ijolgcn finb. Da nun bic SBÜbcn 
Slfrifa'ö, Slmerifa'^ unb 5JieufeeIanb^ , ja fcgor bic mciftcti 3:i^icr* 
gefc^Icd^ter bie garbcnttjal^rncl^mung mit un« tl^cilcn, ift c^ in l^o^cm 
Wta^t unttjal^rf^cinfic^, baß fic bcn un« in jcber anbeten ^infid^t üict 
öernjanbteren ©riechen, Zubern u. f. ttj. gcmangeft l^abe. 



B. Jltflttiiiettte iißoxif^tt ^aint. 

S6) f)abc ^ier nur bic fid|crften unb unjwcibcutigften B^wgniffe 
gegen bie behauptete ^Jarbenblinbl^eit ber alten SSöIfer im 3luge. Sn 
manchen Sanbern finb un« auö bcn ftrittigen dpoditn JReftc öon 
ü)?a(crcien geblieben (fo namentlich in Italien, ©rict^enlanb, 
äegtjpten), über ha^ i^arbentoefen anberer ^aben toir iDcnigftcn^ un^ 
jmeibeutige ©crid^tc. Deftcr finbet fid^ beiberfei öor unb ift bann 
5U öerbinben. 

3nbcn gricc^ifc^cn Säubern (®ried^enlanb, ©icilien, Unter* 
ita(ien) gel^oren gu bcn alteften S)enfma(cm, an benen attc ®runb* 
färben jur 3)ecoration öcriDcnbet öorfommen, bic S^rümmer ber Iem^)ct 
}u üJJetapont, ©clinunt, Siegina, Sorint^, Sltl^en u- ä., ttjoöon manche mit 
Seftimmt^eit in'« fünfte unb jmar na^c an bie ®renjc be« fed^^ten Oal^r- 
^unbertö ^inaufreid^en*). SWant^c ©auglieber (j. ©. am Sltl^cnctempct 
3u 2legina) finb mit grünen ©tattern bemalt. ©lau bilbcte gc* 
toö^nlic^ ben §intergmnb für bic SRettef«: auc^ toar eö ate ©cdcn* 
fd^mud (jutt)ei(en in ©erbinbung mit golbcnen ober gelben ©ternen) 
beliebt, ^aft an allen Stempeln ©riec^enfanb« unb ©icifienö toaren 
auc^ bic 2:rigfijp^en blau, ganj fo toie e« SSitrud (de arch. IV., 
cap. 2, §. 2) öon bcn atteften to^fanifc^cn ^oljtcmpdn berichtet. 



*) SSgL ^gtcr, flntifc ^ol^d^romic. 3n: ÄIcinc (Schriften unb ©tubicn 
lux ^nPgcfc^ic^tc. ©crfclbc, ©efc^id^tc ber Saufunji L ©cmper, ber <Btil I. 
Siegmann, S)ie Wlaltxti ber ^ften in i^rer ^ntoenbung unb Sei^nif. SBagner, 
^eric^t über bic äginctifd^cn ©ilbtocrfc. 2lu3 bcm fec^ften Sal^rl^unbcrt {DL 60) 
^aUn tt?ir ^afen mit rotten, Braunen unb öiolcttcn gigurcn. %(. St, D. 
TlUtr, ^anbbuti^ ber "ävä^Mo^k ber Äunp, ©rc«rau 1848, p. 53. 



24 gunbc in Stalictt. 

!Drc^cr (bic Sunft in tljrer Sejic^ung jur ^ißf^c^ologtc unb Siatur* 
»iffcnfc^aft p. 79) ipcnbct ein, aM biefcr SScmenbung bc^ SSlan folge 
nid^t, bag bie ©riedien e§ ol^ 39 tau, fo »ie n)ir, cmpfanben. 3(J) 
meine boc^. ©id^er folgt jebenfattö, ba§ i^r Slugc bon ber Slugentoelt 
ein analoge^ ©tjftem öon OualitSt^empfinbungen erhielt »ie tt)ii\ 
©edte fic^ xi)X ©Ijftem nid^t mit bem unfrigen, faf)en fie j. S* me^ 
niger Farben, fo mußten fie bei ber SBa^t ber Pigmente folc^e öer=^ 
iDec^feln, bie n)ir auöeinanber^alten, Unb baö mürbe fid^ an biefen 
2:empeIbecorotionen gtoor weniger bur^ 3Serftöge gegen bie 9?atur=^ 
toaf)xijüt, aber burd^ SSerfe^ung ber Siegeln funbgeben, bie n)ir auf 
®runb unferer Sarbenempfinbungen für omamentale Steinzeit unb 
Harmonie beö garbenauftrag« unb für ^orm ober "ißro^^ 
Portion ber farbigen gelber aufftetten. Srfennt man bod^ aud^ 
bie garbenblinb^eit eine^ ©d^neiberö, ber einen rotfjen Sappen auf 
eine grüne §pfe nä^t. SBar aber baö ©ijftem ber i^arbenempfinbungen 
bei ben ©ried^en bem unfrigen analog, bann brfingt bie alte Iieilfam 
ffeptifc^e Sieget beö Dccam (entia non sunt multiplicanda praeter 
necessitatem) 3U ber Slnnal^me, bag e§ furjnjeg biefetben ßmpfin^ 
bungen ujaren, bie toir Iiaben. SBem baö nid^t genügt, ber fann mit 
bemfetben di^ä)t öon iebem Siebenmenfd^en bejttjeifeln, ob biefer nid|t 
am Snbe ftatt SRotf), ®e(b, ®rfin, S3fau cttoa^ anbcre^ fe^e, looöon 
er, ber 3^^if^fw^^/ ^^^^^ SSorftettung Iiabe unb \va^ biefen Oualitäten 
nid^t gleid^artig, fonbern blo« anatog fei. 

3n bem nidfitgried^ifd^en Stafien finb bie äfteften B^uö^n 
gegen jebe Slrt ber ijarbenblinbf)eit bie etru^fifd^en SBanbgemäfbe 
in ben ©rabfammern gu 23ulci, SSeji, larquinii unb Saere, worunter 
etweld^e mit Seftimmtl^eit bem fed^öten Oa^rl^unbert oor S^riftu« an^ 
gehören. 2luf i^nen finb aße ©runbfarben unb mand^ertei SWüancen 
rein unb lebhaft unb mit öiet Siüdffic^t auf ^armonifd^e SBirfung 
t)ertreten *). 

2lu§ ber Äaiferjeit (namentlich öon Sluguftu^ big auf bie 
Stntonine) finb un^ befanntfic^ oiele SBanbgemätbe unb SÖlofaifen, in 



') Söicgmaun a. a. O. p. 114. Äugler, Slntifc ^ol^c^romic p. 318 ff. ^irt, 
©cjd^id^tc ber bitbcnben Äüiijlc bei ben Otiten p. 93. 



3c^(ug auf frülficrc ^tittn. 25 . 

9tom unb anbeten italienifc^en ©tabten, am jal^Ireid^ftcn in ben au^^ 
gegrabenen campantfd^en ©täbten §erculanum, Pompeji unb ©tabiac 
ermatten, Sitte ©runbfarben unb eine reiciie SKenge öon Sifiancen finb 
barauf vertreten ^) unb mit i^ncn in öegug auf 5Waturnad|a^mung 
jutoeitcn Sffecte erjielt, bie einen funftlerift^en SBert^ beanfprud^cn. @o 
g. SS. in bem aWofait ber Sltejanberfd^fad^t unb bem ®ema(be, ha^ 
bie §oci^jeit Sllejanber^ mit SRojane barguftetten fd^eint. äßo feine 
S^iaturtrcue angeftrebt ift, ba finb bie Farben mit tiefem unb fei^ 
nem ®inn für Harmonie auf J^eppid^njirfung berechnet. SRafael 3Äeng^, 
©oetl^e unb 5lnbere finb barum entgüdt über ben gfansenben unb er* 
freulid^en Sinbrud berfelben*). 

3)urc^ biefe ^unbe wirb aber nid^t b(oö bie Äaifergeit bon jeber 
garbenblinb^eit freigefprod^en, fonbern auc^ mel frül^ere Sa^r^unberte, 
inöbefonbere iDcnn tt)ir bie gebaditen JRefte jufammen^atten mit ben 
'Slad)vxdjttn, bie tt)ir über bie frühere SSfütl^e ber 3ÄaIerei befi^en bon 
Scannern, tpetd^e jugleid^ äBerfe Jener großen gried^ifd)en üJJeifter unb 
bie unö nodi Dorficgenben fpäteren 2lrbeit«n öor Singen l^atten. ©ie 
belüun'bern nämlidi an jenen ®emä(ben ber ölütl^ejeit, befonber^ an 
einzelnen öon S^utcx^ (SErauben), *ißarr^afioö (fci)tt)ifeenber Krieger), 
Slpeüeö (Venus anadyomene, in fo öielen Spigrammen bedungen) ^), 
^aufiaö (Stumenftüde, »orin er mit ber feträußefled^terin ®I^cera 



') Sß^l auger bcu (S:^ecialn)cr!cu etti?a Ä. D. SUlüttcr, ^anbburf; bei* %X' 
d^äologtc ber tunft p. 245 ff., $irt, ©efd^id^te tc, mthtx, ^uftgcfd^id^te be8 3öter= 
tl^umS. — 9Jian ^t aud^ garBenmateriaücn in 2^i5:^fcn unter ben Siuincn ber 
33äbcr bee 2^itu« unb in bem ausgegrabenen ©aufe eine« gavBenl^änbler« ju 
^om|)ej[i entbedt unb mit ben auf ben ©emälbcn toertoenbeten öergftd^en. 3)en 
Bejüglic^en Unterfud^ungen äufolgc Befagen bie Sitten je eine ganje 9Jeil^c öon 
?5igmenten für 9Jotl5>f ®elB, Orange, S3Iau, @rün, S3raun, $ur:^ur, utel^r al3 bie 
großen italienifd^en Ätinflter gur 3eit ber SBieberl^erfteßung ber SUlalerei öertcen* 
beten. ^gL @tiegli^, Slrd^äologifd^e Unterl^altungen Sflx, XII, UeBer bie SD^aler* 
farBcn ber ^(ten p. 156 ff. 

^) ©oetlfje fd^reibt ilj^ncn (Äunft unb ^((tertl^um, 1. §eft) „einen jauBerifd^en 
Slcis" ju, Jlc geiväl^ren „eine SBottufl für ba« ^uge, totiä)t bie neueren Äunji:|)robucte 
ijtelfad^ cnt6e(;ven" ac. 

') «gl. 3aco6'8 ©ried^ifd^e S3tumcnlefe. I., iWr. 48. 



26 SWalcrcicn im alten "ä^c^t^ptm ; 

tüctteifcrtc), (Sup^ranor (ßoforit ber §aarc bcr 3uno) fpccictt au(^ bic 
9laturtreuc unb ®d|onf)eit ber ^JSrbung. !J)a toir nun in ben erhaltenen 
©tüden, bie junt guten Zijdi ben ©c^mud bürgerttd^er Käufer einfad^er 
Sanbftabtd^en au«mad)ten, t^etfö f)anbtt)erf«* nid^t Äünftferarbeit, t^etlö 
iebenfatt^ SBerfe einer SSerfafl^jeit, über bereu fünftferifd^e Dl^nmad^t 
eben jene öeric^terftotter ber Sfagen öott finb, öor un^ l^aben, fo muffen 
tt)ir nadi 3ll(em baö So(orit ber ®emä(be be^ Slpetteö, ^aufia^ u. f« to. 
an 9laturtreue bod^ minbeftenö bem Seften gleid^ftellen, toa^ bie JRefte 
auö ber Äaifergeit aufweifen. Unb menu baö, bann ift e« über bic 
aWa^en unttjal^rfdieinfid^, baß bie 3^itgenoffen f)onter'« für ®rün unb 
S3(au nod^ bfinb gemefen feien. 3ft e§ ja boc^ ungfaubüd^, baß im 
Saufe öon einem ÜDu^enb ©enerationen bie 5We^^aut fic^ fo umgebilbet 
ijabe, baß banac^ ein 3^«ji^ ««^ Slpetteö auftreten tonnten, bereu 
2ßerfe nad^ bem Obigen offenbar feine ©pur Don ijarbenbfinb^eit 
me^r aufliefen. !I)ieö beftätigt benn auc^ ein Südf auf anbere Sauber, 
wo un« auö ber ^omerifc^en unb nod^ früherer ^dt Ueberrefte don 
materifd^er iCecoration geblieben finb. 

SBer benft ^ier nic^t öorab an 2legt)pten, beffen erl^altene 
SBanbmafereien nac^ioeiöbar bi^ öor bie ^txt ber britten I)ijnoftie 
(nad^ gepfiu^ 3338—3124 o. ^v.) 5urfidfreid^en. !Die frü^eften wie 
bie fpäteften finb in benfelben ^?arbeu auögefüfjrt, öorne^mlid^ in 
9Beiß, ©d^toarj, $Rot^, ^ett- unb !Dunfe(bfau, ®elb, ®rün unb 
Sraun. iCie Pigmente würben offenbar ftet^ nac^ trabitionetten 35or* 
fc^riften mit großer (Sorgfalt unb feiner Unterfd^eibungögabe ju* 
bereitet unb finb mit bewunbernöwert^er 9?ein^eit aufgetragen. — 
3n ben ^iftorifd^en ©emätben (nidfit in ber §ierog(t)p^enmaIerei) 
ift beim focafen garbenauftrag SRüdffic^t auf bie 9^atur genommen» 
S)ie Slätter ber Säume unb ©trauc^er, baö ®raö u. f. w. finb 
ftet« grün; baö Saffer be^ 9'iil^ unb oft auc^ be^ ajteere^ blau, 
bod| lefetere^ auc^ einigemal grfinlidfi; ©ta^fgerät^e blau; Äupfer* 
gerät^e rot^; ber Söwe gelb; JRinber rot^, braun, weiß unb fd^edfig. 
33ei ag^ptifd^en ÜKannern bejeit^net ein braunfi^e« JRotl^ ba^ SWadfte; 
ba^ Sotorit ber i?rauen ift me()r getblid^, entfpredienb ber garteren 
§aut. Sluc^ bie Hautfarbe ber fremben SRacen, Sieger, Slfiaten, 
Europäer, ift d^arafteriftif^ wiebergegeben» Den Suropäer fenngeic^nen 



in Slff^rtcn unb SSab^tou. 27 

auc^ blaue Slugcn unb blonbc §aare. (S^ finbct fid^ toeitcr and) bcr 
Effect tüciger burt^fdieincnbcr Octüänbcr bcrüdfid^tigt, inbcnt bic ^aut 
einer 5Wegerinn burt^ baöfe(be btaugrau, bte eincö (rotbraunen) 
Sleg^pter« gelbgebrod^en erfd^eint u. f^ to. S3ei ben ©ottergeftalten 
ift baö ßotortt oft beutttd^ f^mbofifd^. ®o finb bie 9iilg5tter unb 
finepl^, ber 3Be(tgeift ober ®ott beö reinen Slet^erö, btau bargen 
fteat ^. 

2lud^ unter ben S^rümntern ber af jtjrijd^en ^omg^burgen ju 
9limrub unb ^{?orfabab l^at man JRefte farbiger SSemafung gefunben 
auf ben 9tefief tafeln , »etd^e, l^iftortfc^e ©cenen barftettenb, etnft bie 
unteren Xijdk ber ^a(aftn)onbe fc^mücften, Slud^ finb ©tücfe ber 
Silber in farbig g(afirten"3i^9^fi^ erhalten, ttjeld^e bie oberen 2^^ei(e 
jierten^), 3Ba^ bie erften betrifft, fo fomnten öon ^?arben befonberö 
häufig 9fot^, S3(au, SBeiß unb ©d^njarg, bod^ au^ gunjeifen @e(b 
unb ein garte« ®rün öor« 2luf ben gfafirten S^t^^^n finb C^ettgefb, 
©raun, $Rot^, Drange, ein luftige« ©lau unb eigent^umttd^e« ®rün 
dertreten. 3Bo nidit 5Waturtt)af|r^eit angeftrebt ift, fpridit bte ^arnto*^ 
nifd^e Haftung ber Sarben (ögf, barüber ©emper, ©er (Stil I., 352) 
gegen jebe tJarbenbiinb^eit* 

Jief in bie attbab^Ionifd^e ober d^afbäifc^e 3^it fjinein (nad^ 
9iatt)finfon'« (Sntgifferung ber «eiünfc^riften in'« 3a^|r 2230 t). ^x.) 



*) ©crabc Jo teurbe au^ bei ben 3nbcrn, Krischnas (bcr (Sc^toarjBIauc), bcr: 
^erf onifictrte Stetiger unb Narajan b, i. bcr auf ben SBaffcm Jic^ Bctccgcnbc mit 
bkucm Äörpcr aBgcbilbct. ^gl. ül&cr Slcg^ptcn: 3. Slofcßini, I Monumenti deir 
Egitto e della Nubia. Pisa, 1832, ober iöbttigcr, ^Ird^äologte bcr 9Walcrci p. 25 ff. 
— ^ad) allem Obigen ifi faum mcl^r nbtl^ig ju ermähnen, bag TOnutoli ba« 
Snncrc bcr grogcn ^^ramibc gu ©aqqära (bic gu ben ältcftcn .SWonumentcn gc* 
\)M) mit ©lajuren in blauer, grüner, fd^tcarger, rotl^er unb Purpurfarbe bebedft 
fanb, unb ha^ überljjaupt bic Slcg^ptcr fti^on in einer Seit, im 3Serg(ei(^ mit tt>et* 
d)tx bic (Kultur bcr ©ried^cn öon gejteni gu fein fd^eint, eö aud^ tocrflanben, Sßer!e 
au« gebrannter @rbe mit fd^bncn ©c^mclgfarbcn, poUrten @tein mit burd^fidjitigcn 
^ailfarbcn gu übergtcl^cn, auf TlttaU gu malen unb buntfarbige ®Ia«f(ü6e gu 
bereiten. «gL barüber ©emper, ber @til L 411, 424 ff. n. 147, 167, 190. 

«) The Monuments of Niniveh by H. Layard, London 1849. @empcr, 
2)er @tir, I., 360 ff. lieber a. a. O. p. 90 ff. 



28 ^^öwc eberftcinc 

reicht bcr Jcmpcl t)on SÄugl^ctr (baö Ur ß^atbacorum bcr SöiM), unter 
bcffcn SRutnen man blau cmattttrtc S^^onftüdc gcfunbcn ^at. Unb eben* 
fatt^ ein d^atbaifc^e« SBerf fd^etnen »enigften^ bie ©runbntauern eine^ 
ZtmptU ber fieben ©ppren gu Söxx^ 5ßimrub gu fein, ber [ieben ©tod* 
iperfe l^atte, 3n feinen SErümmern ijat man ja^treic^e 9tefte bon farbig 
glafirten ^itQtin gefunben, »orauö Siawlinfon entnimmt, ba^ |ebe ber 
fieben 2^eraffen je einer ber fieben ©pl^ären geweift ttjar unb eine 
bem entfpred^enbe ©fofurfarbe befeffen l^abe unb ba^ bemnod^ ctwo bie 
oberfte gofben (®onne), bie folgenbe fifberf arbig (SWonb), bie nac^ften 
rot^ (SÄar«), blau (a^ercur), gelb (Jupiter) , toeig (aSenu^) unb 
f^marg (©aturn) getoefen feien *), 

3Son einem ä^nlid^en S3autt)erf im babt)Ionifc^en ©efd^mad au^ 
fpäterer 3eit erga^ft un^ §erobot (1. 98). Die Surg be« iDejofe^ gu @ h 
b a t a n a (um 715 b. ß^r.) n)ar nad^ biefem ©efd^tddtöfc^reiber teraffenweife 
mit fieben Siingmauern befeftigt, fo bag immer ein Äreiö ben anberen 
um bie §o^e ber S^inntn überragte unb biefe »aren in ber Steigen* 
folge t)on au^en nac^ innen ttjei^, fd^warg, rot^, bfau {xväveoi), 
fanbarad^farben {ettoa orange), enbfid^ fifbern unb golben (mit ©über 
unb ®ofb befd^fagen\ 

©egügfidfi Qnbienö fei nur ertt)ä()nt, ba§ ei8 fc^on feit bem 
gel^nten Qal^rl^unbert o. ß^r. ßbetfteine unb ^albebetfteine, barunter 
auc^ grüne, b i o ( e 1 1 e (Hmet^ijft) unb b f a u e nad^ SBeften 
fanbte. Sefanntü^ gierten bie Söraeliten feit 3D?ofe« ben ©ruftfd^ilb 
be« §o]^en))riefter^ mit ßbelfteinen unb betrad^teten fie überhaupt atö 
ben ^od^ften ©d^mudf'). ©d^on im erften öud^ bef tonige (10, 11) 
aber ift Snbien aU ii)x borne^mfteö 3SaterIanb genannt, ©egenftanb 
be^ leb^afteften §anbeW aM Snbien mar ber bunfelblaue lapis 
lazuli (t)on ben alten Snbern Vaydürya, in ber Sibel, bei 2:^eo* 
t)I|raft u. 21. ©ap^ir genannt), ber nod^ l^eute bort (g. 39. im Sanbe ber 
©apiren) in ^öd^fter ©d^önl^eit gefunben n)irb. Unb bei i^m ift be* 



') SJgr. fRalüIinfon'« Vortrag barüBcr, gcl^altcn öor ber apatifd^cn ©cfctt* 
fd^aft gu ©ouiBat? — bcm ^auptinl^alte nad} toicbcrgcgcBen in bcr 5tug«l&urgcr 
^ßg- 3tg. toon 1866, SBeilagc 164. 

') S5gl. g. SBä^r, ©^mbolif be« mofaifd^en (Siiltu« I., 107. 



im alten 3nbien. 29 

fonbcr« f(ar, baß er feilten großen Slu^m nur ber fc^onen ^arbe t>tx^ 
banfen fonnte, ba er, wie ouc^ Äroufe ^eröor^ebt (a. a. D. p. 271), 
unburc^fi^tig, o^ne ^Jarbenfptel unb o^ne bemerfen^tpert^c §arte unb 
©d^njere ift^ 35aß bie Sitten bei ben* bon i^nen gefd^ä^ten Steinen 
fiberl^au^jt fe^r auf bie ^arbe ad^teten, ge^t auc^ barau« ^eröor, baß 
fie me()rere btaue ©teine (außer beut lapis lazuli auc^ ben b(auen 
^Jlußfpat^) ©apl^ir unb mehrere grüne (grüne 5(ußfpat()e, SKalac^it, 
ämajonenftein, ^rafem, S^rijfopra^) ©maragb nannten *). 

!J)en Safurftein brad^ten bie 3nber beutlic^ mit ber (Jarbe be« 
§intmeW in SSerbinbung. 2Bie bei ben 2leg^ptem S3fau mit ein-- 
gefaeten ©ternen ein Pufiger Dedfenfc^mudf ber 2^empe(^atlcn war'), 
fo (iebte man in 3nbien in berfefben 93ern)enbung fap^irnen ®runb 
mit ®o(b unb bunten ©teinen aufgelegt, ^ai) Sofebroofe (Trans- 
actions of the R* Asiatic Society L, p. 103, citirt bei ©eigcr 
Urfpr* IL, p. 344) leiteten inbif^e ^^ilofop^en bie 0arbe beö ffaren 
^immet^ „üon ber fübfid^en ©pi^e be^ großen ©ergeö ©unieru ^er, 
ber au^ ©ai3^ir befte^t". Unb für ben |)imme( be« fübüd^en 3lfien^ 
ift in ber 2^^at ba^ tiefe 3nbigob(au beö genannten §albebe(fteinö 
ein äutreffenber SSergleic^; benn je reiner in jenen ©egenben ber §im=^ 
met ift, befto bunfter ift er, fo baß er tief fc^toargbtau erfc^eint — 
ut quasi in nigricantem abyssum introspiciamus fagt ber Drien- 
tafift «raun^. 

3n S^ina nennt (wie Oeiger fetbft anfufjrt) fc^on ba^ ^eilige 
Suc^ (Schu-king), loefd^e^ im fiebenten 3a^r^unbert b. ß^r, abbrid^t, 
unter ben ^robucten be^ Sanbeö fünf ©orten t)on Srbfarben: 3Beiß, 
©c^warj, 9iot^, ®e(b unb Sdim. 

^ad) aöem SSorau^gel^enben wirb man gefpannt fein bie ®rünbe 
gu ^ren, bie jur annähme einer ^^pot^efe geführt ^aben, bie öon 
Dorntierein wenig wa^rfd^einfid^ ift unb gegen bie auc^ fo unjweibeutige 
^iftorifc^e I^atfad^en fpred^en. 

Ätugc, $anbbu(i^ ber @ber|icinfunbe, p, 314 ff. 

*) S)a« Silb eine« folc^cn Stcnt^clbati^c« tcurbc auc^ al« ^ierogl^^lSjc für 
„$intm€l" öcrttjcnbct. 

3) ^gL auä) mtttx, ^rbhinbc öon Slficn (@. 700). %u(Sf SWofc« fc^cint 
ben §intmel al9 ®t\t>öibt au« fo^lS^irncn Siegeln gefügt tsorauficßcn. ^gt, II. SWofc« 
24, 10. 



II. f 9df. 

fiitnfud|i!ng kt ^ipmmit^ Ht für Inttoiiiielniis lits |ttlirnpnnts 

jitgttmettfe. 



^a^ man öon bicfcm ©tanbpunftc vorbringt, fprid^t, wie mir 

■fd^eint, tljetlö jtpar für einen Slnfang be« JJarbcnempfinben^ 
Ae.i trgenbtt)e(d^cn frül^en Urjeugern be^ SÖlenfd^cn, aber 
nid^t bei i^m felbft, t^eifö n)eber ffir ba« noc^ baö anbere. 
1. So tpurbe frül^er getegentfid^ erwähnt, ba^ l^eute unter ben 
SWenfc^cn berfdiiebenartigc gatte Don garbenbtinb^eit üorfommen, ©et* 
ten ift ©(augelbbtinbl^cit unb totale Unempfinbfid^feit für körben; 
bagegen tritt jiemlidi l^öuflg 9totögrfinbIinb^eit auf unb ift crbtic^. 
3a iebe^ Singe ift in feinen perip^erifd^en Sl^eilen mit bem jufe^t* 
genannten äJiangel behaftet 0» ©priest nun aud^ ein 2^^eil biefer 



') 3)a3cgcn ifl e« nid^t toa^v, tag bic mciflen Wltn^tn für ba§ äußcrfic 
oBere @nbc bc« <Bptctv\im Uinh Jeicn unb nur einige Betoorjugte 3nbiinl5uen e§ 
feigen, tt>oran ©üntl^cr (in einer 9ftcbe auf ber 50, i)fiaturforfd^ertoerfamni(ung) 
beutUd^ ben letzten @d^ritt ber toon (Seiger angenommenen @nttoidfelung öor jtd^ 
gu l^aBen glaubt. Unter gciüöl^nlid^en Umftdnbcn irerbcn jene uftratoioictten <Stral^(en 
'oon 9iicmanben Bemerft. Söerben aBer bic übrigen 2;i^eile be8 @:^ectrum forg* 
fältig aBgeBIenbet, fo jtnb fic jebem ?(uge olfine ©c^tcierigfeit fit^tbar unb erfc^einen 
Bei geringer ^ntenfität inbigoBfau, Bei größerer Bläuftd^ ttjeißgrau (latocnbelgrau). 
(S« toer^ält fx6) bamit nid^t anber« aU mit ben ultrarotl^en ©tral^len. ^ud& fie 
finb für gettjöl^nlic^ unftd^tBar. Söirb aBer ber üBrige X^di be§ (S^ectrum burd^ 
geeignete S^Qrrid^tungen toofiftänbig entfernt, fo toirb ein i^^eit jener ^txa^kn für 
ieben ftd^tBar (ber nid^t rotl^iblinbift), ein anbcrer S^l^eil BleiBt für attc klugen 
«nttja^me](>mBar unb ift Bio« burd^ feine Söörmen?irfungen Befannt. 



2Itaöi8mu8 unb gurücfgeBliebcne @ntmi(!elung. 31 

Srfd^cinungen gegen bfe fpeciette Slnna^me öon ©eiger, bag JRotl) 
juerft gefef)en tüurbe, fo reben fie, fd^etnt e«, bod^ inögefammt ber 
§tjpotI|eje baö äBort, ba^ überhaupt bie garbennja^rne^tnung beim 
3Renfd^en eine ©efc^it^te ^abe, S)enn [ie erflären \i6) bann mit großer 
Seid^tigfeit t^eit^ al^ ©tabien gnrflcfgebtiebener (Sntmidetung (perip^c:^ 
rifd^e SRot^grünblinb^eit) , t^eit« alö Satte don SltaDi^mu« (partiette 
unb totale garbenb(inbl)eit ber gangen 9le^^aut bei einzelnen 3n* 
biöibuen) . 

Slttein toa^ öorab bie gulefetgenannten 33orfommntffe betrifft, fo 
finb fie gwar teiditer an^ ber Snttpidefnngöl^^pDtfiefe aU ol^ne fie gu 
erMären, aber bod^ nid^t eingig ober aud^ nur unenblid^ leidster au^ 
i^r aU au^ jeber anberen Slnnal^me unb liefern barum für fie feinen 
ftringenten SSetoeiö. Sin atten organifirten ©ebilben treten gelegentlid^ 
Slttomalien unb SSarietäten auf, tooburdi fie ba(b quantttatit) , balb 
quatitatio bon if)ren unmittelbaren (ärgeugern abtocit^en unb bie 
»ir nic^t at« gotte t)on 2ltat)i^mu^ begreifen lönnen. @in fefjr 
na^eliegenbe^ SSeifpiel ift baö Sluftreten eine^ fecfiften ?5inger^ an ber 
menfd^lid^en §anb, toa^ and) toit bie 9tot^grünblinb^eit crblid^ ift, 
liefen Slbänberungen finb auc^ bie genannten, bei eingelncn 3nbi* 
üibuen auftretmben, gätte öon garbenblinb^eit gugure^nen, njenn 
enttoeber überhaupt feine ©nttoicfelung ftattge^abt ^ätte, ober felbft 
bann, wenn fie fid^ bei fef)r frühen tf|ierifd|en 3Sorfa^ren ber 2)ien^ 
jdien bottgogen l^at , ba e^ fd^njer glaubtid^ ift, bafe ein einzelner 3ug 
tt)ie Siot^grünblinb^eit fic^ auö ber §anb ber gemeinfamen Urgeuger 
ber 3nfecten unb beö 2Wenfd^en an eingelne 3nbiDibuen ber le^tge* 
nannten ©pecie^ bererbe. 

(ättoa^ anbereö gilt begügtid^ ber SSefdiaffen^eit ber 5Wefe^aut* 
peripl^erie. ©ie mag ein Ueberblcibfel ber SntiüidEelung auö fe^r früher 
3eitfein. Slber eben an^ fe^r früher 3^it unb e« gmingt nic^tö gu 
ber Slnna^me, ha^ bie centralen SWe^^autftetten jene^ ©tabium, auf 
»eld^em bie peri'pl)erifc^en fteljen geblieben finb, erft tt)al)renb ber ®e* 
fdjid^te ber menf(^lid)en ©pecieö überholt ^aben. 

2, Sine längere Srttjägung er^eifc^t eö, toenn man auf Gräfte 
^intoeift, njeldie, »ie beute nodi, fo aud^ früher t^atig fein unb bann 
not^ttjenbig eine ßntmidfelung ber ©inne^öermogen unb fpeciett ber 



32 (Siittindelung ber Organe burc^ Sln^affung, 

g^orbcnetnpfinbttc^fctt jur i^otgc l^obcn mußten, au« bcr [ic^ i^rc gegen* 
ipfirtigc S5oflfontnten^eit erMärt. 

@« ift, fagt man, ber Slad^toei« geliefert, bag alle formen be« 
t^terif^en Drgani^mu« einer fortfcl^ritt(icl^en, ben üon außen auf fic 
cinwirfenben ©nflüffen fi^ anpaffenben Sntnjicfetung ober Um* 
bitbung fä^ig finb." '). 

„S'ebe« Organ n^irb burd^ ®ebraud^ in feiner Seiftung^fä^ig* 
feit erl^ö^t unb ujef entließ ernjeiterf' ^) : 

a) ©0 unterliegen bie üKu^fetgefd^meibigfeit (®tabftone), 

b) ber ®inn für SBo^tgerflcl^e , ba« mufifatifd^e ®e^5r (®eigcr) 
einer »eitgel^enbcn (Sntttjicfetung burd^ Uebung« T)a« ©e^ücrmögen 
be« Sinbe« entfaltet fid^ erft unter ber (Sinttjirfung be« gierte«, 
guerft für bie tic^tftSrferen, bann aud^ für bie ti^tfd^mäd^ctcn 
Sarben ^), unb banad^ ift e« gong n^a^rfd^eintid^ , baß aud^ beim 
©efc^ted^te ber f^arbenfinn fid^ unter bem Sinfluffe be« öic^treije«, 
oon ben an lebenbiger Sraft reid^en Farben ju benienigen öon 
geringerer Sic^tintenfität fortfc^reitenb, ent»idfett ^abe (3Äagnu«) *), 

Snbcm n)ir un« an bie 'ißrüfung biefer Berufungen ma^cn, 
bringen njir un« öor 2(ßem in (Srinnerung, baß n^enn, n^ie e« l^ier 



') 3Ragnuö, 2)ic (gnt». 3cna, p. 3. 

') 2)crfcr6c, ®t'\dfiä)tü6)t (gnthj. itxpm, p. 50. «gl. 2)rcl^cr a. a. O. p- 83, 
©eigcr, Urfprung I., p. 87. 

') „^aä) ben Untcrfuci^ungcn toon Suignct (Ann. d'Oculist. tom. LXVI., 
p. 17) cntttjidett fici^ ba« ©c^i)cnnbgcn be« Äinbc« gaiij attmätig; in ben crfien 
Sod^en Be^ränft [i(b bie (gm^fänglici^feit bcr S^ic^^aut auf centrale 5tfftik, um 
bann aud^ auf bie ^eri:|)^erif(i^cn SBejirfe bcrfclbcn fni^ auöjube^nen unb im fünf» 
ten ober fed^ften aJionat erft ju ber befinitiDen gorm be« ©eftci^töfelbe« ju gelan* 
gen. %tf^nüäft S3eobaci^tungen l^abc x(if über ba« garbenfel^en Keiner tinber ge* 
mad^t; ^ält man il^nen greße Ud^treid^e garBentbne, ettwa 9iot^ Dor, fo fijiren fie 
biefe(ßen at«6alb, njäl^rcnb fte bagegen bie lid^tfd^töäc^eren, fotöie bie fogenannten 
unbeftimmten garben ijoßflanbig ignoriren." aJiagnu« a. a. D. p. 49, 3tnmerf. 

*) Unter „gid^tintenfität" öerfle^t ^ier SÄagnu« offenbar nici^t, hjie frül^er, 
^cüigfeit, fonbern ba« ^^Vfif^tifci^e SWoment, bem man in ber Unbutation«^V^ot]^efe 
bie (gm^finbung«ftärfe proportional benft, nämlid^ bie ©rbße be« feitUd^cn ^u«* 
fd^Iag« ber SJet^erhJcttcn ober wie er e« ja auSbrüdtid^ nennt: bie lebenbige 
Äraft ber Sletl^erfd^tmngungen. 2)iefe ift beim f^ectralen 9iot^ am größten, bie 
§eEigfeit bagegen im @elb. 



Ocnerette 3ln:^affun9. 33 

gefd^c^cn x% »on Stinjoffung bcr Organismen an bic fingeren (ginPffe 
nnb Don aSerüoflfontmnung ber Organe bnrd^ ®thranä) gcfrrod^en 
njirb, betbeS ni^t ööBig gufammcnfättt. 3Äan fann ja in boppeftem 
©inne öon 9lnpoffung fpret^en: änpaffnng be« DrganiSmn« ober 
eines Drgans an geioiffe ^nnctionen bnrdb birectc SBirfnng beS 
©ebrand^S nnb 9lnpaffnng burd^ gnfaflige SSariation nnb natürlid^e 
Slnstefe. 

Das erfte mag man inbiüibnette, baS jioeite generelle 
änpaffnng nennen. 

3)ie generelle fann man, gfanbe i^, mit gutem ®runb für (gnt* 
»idetung bes tjarbenfe^ens bei unferen S5orfa^ren anrufen. üKamtig^ 
fad^e, 3um großen S^l^eit nod^ unerforfd^te Urfad^en erzeugen SSariationen 
an ben organifd^en ©ebitben. aSor Slßem ift bas ®efefe ber 25ererbung 
fein fefteS, fonbern erfeibet mand^ertei SluSna^men. Die 5Wac^fommen 
geigen inbiüibuette Stbnjei^ungen öon il^ren Srgeugern unb biefe n^erben, 
»aS' befonberS n^id^g ift, fel^r conftant auf bie folgenben ©efc^ted^ter 
öererbt. ®o traten öießeid^t aud^, »a^renb gn irgenb einer frühen 
3eit bie meiften SBefen nur ^ettigfeitsunterfc^iebe nja^rnal^men, beim 
einen ober anberen 3nbit)ibuum jufäüig Slbtoeic^ungen in ber Sefc^affen* 
t)eit beS SlugeS auf, in J^otge bercn eS eine ^ftrbe fa^. (3d^ nenne ju* 
fäßig alte 5lb5nbcrungen, bie enttoeber burc^ bie eben ernjä^nte ungfeid^e 
aSererbung ober, toenn im Saufe beS inbiüibuettcn SebenS, njenigftenS 
ni(f|t burd^ JBirfung beS ©efjcnS felbft, fonbern burd^ Sorre* 
lation gu anbertocitigen Slbänberungen u. bgl. entftanbcn.) J)ur^ biefe 
ongeborne ober ernjorbene Slnomatie mar nac^ unferen frfil^ercn (Srörte* 
rungen baS betreffenbe SBefen jur (Srl^attung beS DafeinS gfinftigcr auS^* 
gerüftet als feine 9?it)nten. 2Bcm bie ©egenftanbe nic^t btoS Untcrfd^icbe 
öon §ett unb Dunfef, fonbern eine reichere SCafel öon Differenjen geigen 
ber befifet ja um fo mel^r SRittet fie als öerfd^ieben auSeinanbcrgul^attcn 
ober in i^rer Obentität n^ieberguerfennen. ©ein Urt^cif toirb raf^er 
unb fieserer fein unb aud^ rafc^eres unb flügereS §anbefn ermogtid^en. 
3eber gortfd^ritt nad^ ber ©eite beS garbenem^jfinbens mußte atfo 
gufe^t im Sam^jfe um bie Sfifteng allein baS gelb behaupten. Slber 
freitid^ fonnte fofd^e Slnpaffung fid^ nur auf einer Sntn)idfe(ungSftufe 

Tlaxttf, Carlen finn. 3 



34 SJcröoüfommnung ber Organe burc^ tnbittibuctic ^n:|)affung 

bcö gcbeftö unfcrcr SSorfa^ren öoüjtel^cn, IDO eben ntcrffid^e 5>luancen 
bcr ©innc^fc^ärfe t)on entfd)ctbcnb^r SÖid^tigfcit für bte Srl^attung ber 
Sjiftenj njaren. derart ift bie Sntftel^imgöaett bcr ^omerifdjen ©efänge 
nnb öcbifd^cn ßteber nid)t, unb fo föunen ©ctger unb SWagnu^ bicfcn 
§ebcl bc^ J^ortfdiritte^ für x\)xt ^t^potfiefe ntd^t anrufen. SBofif aber 
bietet er eine gtaublid^e Srffärung für @nttDi(ie(ung beö garbenfinne^ 
bei irgenbnjeldien frühen tf|ierifd)en Urjeugern be^ aWenfiJien. 

2lnber^ fd^eint mir bejügfid^ ber 3SerDoßfommnung beö Singet 
burd) birecte SBirfung be^ ®ebraud)e^ ober inbiöibuelle 
2ln))affung. 

3(f| bin tüeit entfernt, ju leugnen, bag eö fotd)e 2ln^)af[ung, 
unb gtüar aud) auf beut ®ebiete ber nerDöfen ßentral* unb ^)eri^)^eri* 
fd)en Organe gebe. SSiefe S^^atfacf)en fpredfjen bafür. SSorab mag man 
3. 35. bei ben Sinnesorganen unb fo audf) beim 9luge in einem äl)nticf)en 
©inne baöon fpredien, xoxt fid) unfer Drgani^mui^ in nörblidien Rotten 
an Säfte, in ben tropifdien an ©arme gcmö^nt. 2Bie in biefem t^aüe 
SSeränberungen in ber §aut unb anberen organifdien Steifen t)or fid^ 
ge{)en, moburd^ biefe gegen fjol^e ober niebrige Jtem^eraturgrabe ab^ 
geftum^)ft »erben, fo mag j. S. audf) in Sofge öon bauernbem ftär^ 
lerem 8id)treij bie 9tetina eine Umbilbung crfafjren, nermöge bereu 
fie allmäftg SReijftärfen erträgt , bie fie früfier nid}t ertrug. 9lur 
toeig \6) freilid) nid^t,..ob bieS fdf)Iedf)ttt)eg alö eine größere 95oß* 
!ommenI)eit be^ 2[uge^ gu betradfjten ift, um fo weniger, ba ftärfcre 
Steijung aud^ offenbare 33erberbni§ unb 3^^Pö^'ii^9 '^^^ @el)!raft l^er* 
beifü{)ren fann. 2ltlein ofjue B^^if^f »erben bie Sinnesorgane, ebenfo 
xoxt bie SKusfeln, burd^ ben ©ebraudf) aud) älufgaben ange^)agt, bie 
fd){ed^tn)eg I)ö{|ere ju nennen finb ; fie »erben Ieiftungöfäl)iger, twlfforn- 
mener, toä^renb fie entgegen birect in golge t)on S^id^tgebraud^ 3U 
oerfümmern fdieinen^). 



') SJiand^mal frciUd^ fann man ben rubimcntären Bi^P^^i? unb ba« S5er* 
fd^trinben ungebraud^ter unb nu^lofer Organe aud^ burd^ natürttd^e ^u6)txoQ^\ 
crflären. 2)iej[enigen 3nbbibuen tocrben fidb el^er crl^altcn, Bei benen ba« „2Öad^8* 
tl^um utbglic^ft öfonomifd^", b. J^. auf brauchbare Organe befd^ränft ift. 



ober birecte Söirfung bed ©cBraud^«. 35 

Damm ernannt (gntftc^ung bcr älrten, p. 161): „@^ ift be* 
fannt, ba^ Zt)itxt au^ bcn öcrfd^iebenftcn ßlaffen, njcld^c bic ^ö^tcn 
tn Samten unb Scntud^ btxoo\)mn, btinb fittb. 3c^ fc^reibe bic 
©(tttbf)ctt auf 9tecf)nung be« 5Wid^tgebraucf|^, 33ei einer ber blinben 
ST^ierarten nanttid), bei ber §6f|(enratte (Neotama), tooöon ^rof, 
©iömann eine fjafbe englifd^e SUieite »eit einmdrt« öom Eingänge unb 
mitl^in nocfi nid^t gänjticl) im f)intergrunbe jttjei gefangen ^atte, maren 
bie Hugen gro§ unb gtänjenb unb erlangten, toie mir ©ißmann mit^ 
getl^eift, nacfibem fie einen 3Konat lang allmätig öerftärftem 8id)t au^- 
flefe^t ttjorben, ein unflareö SBafime^mung^Dermögen für ©egenftSnbe/' 
^iel^er gehören aud) bie obenertt)aI)nten Seobadfjtungen ßuignet'ö am 
Singe öon 9^eugebornen. @^ ift n)of|( benfbar, ba§ bie nerööfe ©üb- 
ftanj im 9(uge be^ neugebornen Sinbe^ ber 2lnregung burd^ ba^ 8id)t 
bebarf, um in ben 3iiftö«^ normaler Smpfinblicf|!eit ju gefangen, 
unb bag bie ^)eripf|erifcf|en J^eile ber iWefe^aut länger biefer Slnregung 
bebfirfen, toie fie benn aud^ immer eine größere ©tum^pf^eit betüa^ren» 

2lber anberfeitö ttjerben bie Organe burd^ ®ebrau^ aud^ abgenü^t 
(S!inber ^aben bie beften Slugen) unb, vorauf e^ unö f)ier namenttid^ 
Ättfommt, eö ift fein lyall beobad^tet, tt)o burrf) feine birecte 2Bir!ung 
auf motorifd^em ober fenfitiöem ®ebiete ein fpecififd^ neue^ 9Ser^ 
mögen, toie e6 39tauem^)finben gegenüber SRot^empfinben ift, getoon* 
nert toorben tt)äre. 35a biefer 'ißunft nid^t btoö für bie öortiegenbe, 
fonbern für öiele ä^ntidfje fragen öon ^principicßer SBid^tigleit ift, fo 
lüolten mir ba^ @cf)einbarfte, toaö unfere Oegner bafür oorgebracfit 
J^aben, burd^gef)en*). 



') 9li(^t IE>ic]^er, tt)cnn id^ red;t tjcvftcl^c, ttjttt 335. Sunbt bic i>on tl^nt 
t^l^^fiol. ^{^c^o(., p» 352) Betonten Scobad^tungen gered^net tt)iffen, au^ bcnen er 
fd^Uegt, ha^ bie ©uüftanj unferer neri>öfett Central* unb ^cri^^crifd^en Organe 
Don ^iatur jid^ ju ben öerfd^iebenen 9leijformcn ober Gattungen 'con (Sinne«* 
cnH)finbungen inbifferent i?cr]^alte, aber hmti) öftere (Sinhjirfung einer Beflimmten 
^leigform bie 2)i8:|)ojition gctrinne fortan jebe 'äxt i>on 9fi.ei3nng in ber biefer gorm 
entf^red^cnben Oualität gu Beanttrorten, unb tooBei er l^in^ufügt, burd^ fold^e ^n* 
Raffung fönne aud; irgcnbttjo im S^l^ierreid^c ba« l^eutige @e^en unb §ören au8 
nteberen «SinncSfunctionen l^ertoorcjegangen fein. (S« ift ja banad^ öielmel^r S35unbt*3 

3* 



36 ^ntftcljicn burd^ iitbitotbucüe 5(n^affung neue Vermögen 

a) ®inb alfo md^t öorab bic nol^cßcgenbcn Erfahrungen über 
bie ernjorbenen (Sefd^tcflid^fetten unferer ^anb, unferer ©ttmm^ unb 
©prac^orgone u. f. tt). beuttic^e ©etfptele ber Sntftel^ung neuer 3Ser* 
mögen burc^ Uebung? 



SWcinung, baß urf))rüngüd^ aßc ncrtoöfc ©uBftanj für atte OualitätScm^finbungcu 
cut^fängltci^ fei, faß« nur bic geeigneten Üieije gu il^r gelangen. Sfliemal« entfielt 
bann ein neue« ^cmibgcn; nur ttjerben burd^ bauembc (Sinttjirhing beftimmter 
Sleiäfomten beftimmte ncrtobfc ^roi>injcn biefen auSfd^licßlici^ angesagt 

3(3^ tritt aber, obfd^on e« nid^t ftrengc ^iel^cr gel^ört, bcmerfcn, bag mir 
felbp biefc Strt ber 2ln^affung burd^ ©ebraud^ »enig|ien« burd^ bic öon SBunbt 
angeführten ©rünbc nid^t erttjicfcn fd^eint. S)cr ertt)ä^nte gead^tetc ^fi^d^ologc bc* 
ruft fid^ nämlid^ bafür auf bie Xi}ai^a<i)t, „baß bic gunction ber einzelnen ©inne«^ 
Organe ttjäl^renb einer getriffen S^xt hux6) bic il^nen abäquaten*) 9leije untcrl^alten 
fein muß, ttjcnn bic cigcntl^ümlid^c gorm ber (gm^finbung aud^ nad^ bcm ^erlufl 
be« @inne«organ« fortbeficl^en fott." „Stinb* unb 2^aubgc6orncn mangelt abfotut 
bie ?id^t='_ unb ÄIangcmi)finbung , obgleid^ bie ©inncönertocn unb i^re centralen 
Snbigungen toottfommen auögebitbet fein fönncn, ba Sttro^Jl^ic ber Sficröenclemcnte 
in golgc i)on gunction^mangel crft im ))oftfbtalcn ?cben ftd^ cinftettt unb c« an 
einer (Srregung ber centralen (Slcmentc burd^ bic gctobl^nüd^cn. 
gormen automatifd^cr centraler Steigung nid^t fcl^tt. 3n ber SS^at er* 
ba(tcn fid^ bei toottfiänbig ©rblinbctcn unb Rauben Diele Sa^re l^inburd^ bieSid^t* 
unb ^(angeui^jfinbung in ber gorm »on 2^räumen, ^attucinationen unb (grinnc»= 
rungSbiibem. Slber SBebingung l^iegu ifl immer, bag eine gcnjtffe ^tit l^inburd^ 
baS ^cri:|)^crifd^c (Sinnesorgan functionirt l^abc" (a. a. £>. p. 352). 

Slttcin ba jeber qualitativ anberen (Sm^finbung eine anberc Sici^form ent* 
f^rid^t, fo müßte, totnn Söunbt 9lcd^t l^ättc, jcbe @))ecie« von Oualitätcn erfi 
em^funben (burd^ (Sinttjirtung eine« ))eri))l^erifd{icn 9ieige« crgcugt) tt)orben fein, el^c jxe 
in ber ^l^antafic auftreten f önnte, mit anberen Sorten : bic 2ln^affung müßte für jebe 
@:|3ccie8, nid^t etttja Uo§ für bie ©attung im Sittgemeinen geforbert fein, unb eine 
fold^c 9'iot]^tt)cnbigfeit beftcl^t tl^atfäd^lid^ nid^t. 2öir fbnncu un« Z'6iit ^bantafircn, 
bic wir nie gcl^brt ^aben. 3Jian fann 3emanben, bcm eine getriffe Xonart nod^ 
nid^t i>orgcfommen ifi, tocranlaffen, ein il^m befannte« Siebd^cn in biefcrX^onart'ju 
fmgcn, tocnn man c« in i^r anftimmt. 2)ic Söne pnb qualitativ anbcr« al8 attc,. 
treidle er je gehört l^t, unb ba er, um fic ju fingen, ftc crfl ^b^ntafiren muß, fo 
bat er eine ffttif)t von ^l^antajtevorflcttungcn, bcnen nie eine gleid^artige (gm^ 
^flnbung cntf^rod^cn l^at. (S« ifl attcrbtng« tval^r, baß aud^ ^ier bie ^l^antafte ni^t 
vbttig originett, vielmebr von ber Analogie geleitet ifi, n)e«l^alb fid^ bcnn aud^ g. ^. 

*) 3)a« l^cißt tvol^l: aböquat ben äußeren ^orrid^tungen gur Slufnal^me 
ber 9lcigc. 



auf motorifci^em @c6ietc? 37 

Sä) meine im ©egent^cit, gerate ^ier fei rec^t hmttid) gu ma* 
i^eti, ttjie ba« SWeue nur in ber Sfotirung unb öeränberten Sombina* 
tton geiüiffer cfementarcr ^äfjigfeiten liegt, bie öon oüem 2lnfang ge=^ 
geben [inb* 

SBenn mir ^errfd^aft über unfere ©lieber erl^often foüen, muß 
un^ öon SWatur enttoeber eine innere pf^d^ifd^e ober eine äußere pf^d^o^ 
<)^^fif^e üßad^t gegeben fein. Sntnjeber muffen tüir fo organifirt fein, 
baß bie 8uft an einer öorgeftellten ©etoegung fie oI)ne meiter^ erjeugt 
ober e^ finb an getoiffe SSorftettungen unb ©efü^Ie, bie fid^ ni^t auf 
©etoegungen begießen, öon 5Watur SlÄu^fetcontractionen gefnftpft, unb 
e^ liegt in unferer 2Äa^t, jene pf^cf|ifc^en Bwftänbe unb baburc^ mittet* 
bar biefe ein* für attemaf bamit t^erbunbenen Setoegungen ^erbeiju* 
fül^ren. 

SBetd^e ber artige elementare JJä^ig feiten ber Slu^fül^rung irgenb 
einer beftimmten com^jficirten S3ett)egung ju ®runbe liegen, ift fd^ioer 
ju conftatiren. 

3>ebcnfaü^ bürftc oft ber an ^xotittx @tette genannte 35organg fiattl^aBen. 
3)cnn, baß tcxx eine gettjiffe Tla^t übtx unfere SJorflettungen l^aben, ift bcfannt, 
unb inbem töir btcfc »ad^rufen fbnncn, fmb mx aud^ 9Reifler üBer bie (grtoerfung 
ber an fic gcfnil|)ften @efü^(e. Unter bcu ©cfül^len aber gibt e« manci^c, bie 
toon Statur 3Äu«fc(contractionen mit jt^ bringen. '3!ftan benfe g. 8. an bie 
Unluft, töeld^e bem Ruften ju ©runbe liegt ober an ba« (Sefü^l, toetdje« un«, 



auf betn ©ebietc ber garben, wo e8 feine @cala gibt, ntd^t« S)crartige« finbet* 
Mein — unb ba8 fül^rt un« auf ben Äern ber @ad^e — ber Umjlanb, ha^ in 
ber ^l^antafic ober burd^ fogenannte „centrale 9Jeijung" iiur fold^e SSorftettun* 
gen, bie früher burd^ einen äußeren 9leij ertoecft mürben unb i^nen ä^nUd^c 
(analoge) erjeugt »erben fbnnen, muß un8 belel^ren, bag ber gange Vorgang 
nid^t ben 9iamen einer „Steigung" toerbient. (Sr ergibt fid^ baburd^ ^klmt^x aU 
ein gatt ber ©etöb^nung, toic fd^on ?triflote(e« erfannt l^at*), be^ @efe^e«, ba« 
auf aßen ©ebieten bed |>fi^d^ifd^en liebend fo umfaffenb n)irtfam ifl, baßburd^ 
Uebung eine« ^cte« ein glcid^er unb äl^nlid^er erleid^tert loirb. 
2)ie \ptcitUt gornt ber (Srteid^terung ifi l^ier barin gu fud^en, bag eine anbere 
^orflettung genügt, bie einmal *erfal^rene ober eine äl&nlid^e gu erioecfen. @ibt 
eö aber feine centrale Steigung, bann fpred^en aud^ bie t)on SBimbt erirä^nten 
$:^atfod^en nidfjt für bie i)on il^m geje^rte 2ln:|)affung. 
*) De memor. et remin. cap. 2. 



38 (Sntftef;en hnxä) üibtöibuette 31n:|5affung 

tiac^bem mir einige 3^^* ^^^ SCtl^em untcrbrücft i}ahm, fe^r bcutlidfi gtrtngt 
bemf^6en trieber freie« (S^iel ju (äffen unb äl^nlitä^e 53eif|jiek. 3»nbent »ir 
fold^e ©efü^le ober S^^eile berfelben, auf bie e« antommt, burd^ bie guge* 
l^örigen ^crfteHungen trieber ertrecfen, treten anä) jene äy^uSfelactionen ober 
S^^eile berfelben trieber auf. 3IIIein aud^ ron ben erftgenqnnten 9Ked^ani8men 
nti3gen etliche angeboren fein, greilid^ nid^t jcbe SBetregung fann unmittelbar burd^ 
ba« Verlangen nad^ i^ir ergeugt trerben. 3)effen n^irb fid^ ber ungefdbidte S^änger 
ober (Slarierf:|5ieler mit (^d^mcrgen betrugt. 3lllein in getriffen gällen mag bod^ 
bie iOuft an einer 9J^u«!e(action, in«befonbere, n^enn jte fidf) audt> auf ba« mit il^r tjer* 
bunbene 9Jlu«!e(gefü]^( bejiel^t, biefelbe unmittelbar l^ertjorrufen. S3ei S3etregungen, 
bie uns geläufig ftnb, gefd^iel^t cö ja, bag bie biege lebhafte ^orftellung t5on il^nen, 
inöbefonbere ha^ (ebenbige (Srinnerung«bi(b ber mit ilfinen tjerfnü^ftcn Tln^UU 
em^pnbung, bie SBirflic^feit nad^ jid^ jiel^t, trenn nid^t ber SBiUe, alfo eine cnt* 
gegengefe^jte lüuft, bem au^brüdUd^ entgegentrirft. 

3ebenfatt^, ob un^ nun Slnfagcn ber einen ober anbercn Slrt ober 
beibertci angeboren finb, berul)t ba^ Sriernen öon ©ewegungcn ntd|t 
auf einer ©etoinnung funbantentat neuer SSermögen, fonbern auf einer 
Decompofition unb ßompofition, öfotirung unb neuen ßombination ber 
öon Statur gegebenen Sfcmcnte, Unb bie ®efd)i(iltd)!ett baju beruht auf 
bem treuen ©ehalten unb rafcfien JReprobuctren öon ®efüf|Ien unb 
SSorftettungen, »etd^eö enttoeber SSorftettungen öon Setoegungen finb 
ober anbere, bie ®efü^(e »ad^rufen, an miä)c ein ^iaturmed^ant^mu^ 
SDlu^felactionen etn*^ fftr attental geinflpft ^at. ®arau^ aber, bag bte 
8etrf|ttgfeit gett)ünf(i)te ©etoegungen ol^ne unnot^ige ober ftorenbe 9Rit* . 
bemcgungen au^juffi^ren öom S3el^a(ten unb (Erinnern abfangt, er* 
ttart fid^ jur ®enügc, bap fie mit Aufgebot öon B^it unb SJiü^e er* 
ttjorben »erben muJ3 unb e« fdiliegtid^ bem Sinen beffer, bem älnbern 
fci^ted^tcr gelingt. 3Bir toerben auf bie Slu^bilbung be^ ®cbac^tniffe^ 
fofort jurüdfommen. 

b) auf einer 25ert)otttommnung bcö ®ebäc^tniffeö berul^t namttd^ 
jum J^eit aucf), toa^ man Sluöbilbung bc« mufi!alifdf)en ®e^ör^ nennt 
unb toa^ ®etgcr af^ 2(naIogon für bie Snttoidefung beö t^arbenfinnc^ 
angerufen i)at 3ujn anbern Zijtii ift eö eine SScrfeinerung be^ ®e* 
fü^te für Jone. 2lber in feiner SBcifc ^aben »ir cö babei mit einer 
(Srtoerbung neuer Sm^pfinbungöüermögen gu tf)un« 

ÜDerjenige, ber mufifatifc^eö ®cl^or bcfi^t, unterfc^eibct fid^ öon 
bem, bei »etc^em e^ unentmideft ift, nic^t baburd^, baß er bie Stone 



neue fenfitttoc 3Jcrmögcn? 39 

in anbcrer SBeifc cnnjfonbc, mt man tDo^t angenommen l^at, fonbern 
babur^, ba^ biefetben @mpfinbung«tn^alte öon tf|m eine anbere Se^ 
urtl^ettung erfahren nnb i^m anbere ®efüt)(c ertoerfen. ©er Un* 
mufifattfd^e t)crnje^felt SEont|ol^en, bie ber mufifattfd^ (änttüidelte al^ 
ücrfd^teben erlennt unb umgefel^rt bemerlt ber öe^tere oft bie Sbentität 
unb Slej^nlid^teit üon Sntertjaöen, »o fie bem ßrften entgel^t. J)em einen 
fnüpfen fic^ an 2^onfo(gen unb 3ufammenKänge lebfjafte 8uft* ünb 
Unluftgefüt((e ') ; beim Slnberen finb fie toeniger auögefprod^en unb euer* 
gifd^. Sin Slnalogon be^ mufifdtifc^en ®el)ör6 unb feiner üerfdjieben-- 
grabigen 2(u^bitbung gibt e^ auf aßen ©inne^gebieten. 35a begegnen un6 
bie S)iff erenjen beö „©inneö für SBo^tgeruci^", toorauf fic^ ®eiger auc^ be^* 
rufen I)at, für SBo^lgefdimacf lu f. ». älber überall ^anbett e^ fid^ nic^t um 
bie ßmpfinbung, fonbern um bie Seurtljeilung, bie fie erfahrt unb bie ®e^ 
ffl^Ie, bie fie ertoedt. ®eiger, SKagnu^, ®tabftone u. 21. toerfen atte^ bie^ 
jufammen. 5lucf| SBilfon (Researches on Colour Blindness) öertoec^* 
feit Sm))finben unb 39eurt^eilen, unb gar oft ift eö bei ber ?Jrage, ob ba 
ober bort garbenblinb^eit vorliege, gefd^e^en. ©elbft !Dartt)in befennt in 
feiner „S3iograp^ifd)en ©fijje eine^ Meinen Äinbe«'' (Äoöm., I« 5. §eft, 
p. 376)": „9Baf|renb \d) forgfam bie geiftige @nttt)idetung meiner Keinen 
Äinber verfolgte, toar iä) erftaunt, bei jweien ober, toie iä) gfaube, bei 
breien, balb nacf)bem fie in ba^ 2ltter gefommen waren, in toelc^em fie 
bie Dramen aller gewofinlid^en Dinge tougten, ju beobachten, bag fie oöttig 
unffifiig erfc^ienen, ben färben coforirter ©tit^e bie richtigen 5Wamen 
beijufcgcn, obgleid^ ic^ njieberl^oft »erfud^te, fie biefelben ju teuren« S^ 
erinnere mic^ beftimmt, erffärt ju ^aben, ba§ fie far* 
benbfinb feien; aber bieö ernjieö fic^ nat^trägtid^ ai^ eine grunb* 
(ofe Befürchtung. 5lfö id^ biefe S^atfad^e einer anberen 'ißerfon mit* 
t^eilte, ergä{)Ite biefelbe, baJ3 fie einen jiemtid^ ä^nlic^en Satt beob^ 
ächtet ^abe.'' 



') 9^cnnt man biefe (angeBornc ober erhJorSene) ©efüölöanlage „@inn", 
fo t^iit man ^tö)t „@inn für §armonie" unb „für SJietobie" augeinaiibcrjul^alten. 
3)iefc(6en Älänge erzeugen ein anbere« ©efül^f, ttjenn fte nad^etnanber a(§ ttjenn 
|te 3ufammen gel^ört mcrben. 2öie ba« S5orftettung«^^änomen, fo ifl au6) bie baran 
gcfnü^ftc ?ufl ober Unluft eine anbere. 



40 Untcrfdjicibung öon (gnt^finbung unb ^curt Teilung. 

S33ir tüottcn bic SWot^mcnbigfcit bcr Unterfd^cibung »on aSorftct* 
fung 0, SScurtl^citung unb ©cfü^t^iucrt^ cinc^ ©innc^tn^alte« unb btc 
Slrt ber SScröoüfommnung ber bcibcn testeten eingcl^cnber beleuchten. 
5Dicfe (Erörterung tt)irb nic^t blo^ baju bienen, ®eiger'^ obige öe* 
rufung gu entfräften, [onbern un^ aud^ für bte Söfung bcr öon i^m 
unb SInbern beigebrad^ten l^iftortfc^en Strgumente ben SBeg bahnen. 

1. S33tr fagen alfo öorab: SSon ber Sntpfinbung ntüffe bie ©e- 
urtl^eilung ber entpfunbenen Sn^alte unterf trieben merben, unb oft 
toirb bie ©eujanbt^eit in ber le^teren ,,Sötbenfinn", „S^onfinn" u« f. xo. 
genonnt. ©urd^ bie (ämpflnbung ift un^ eine Si^terfc^einung, ein S^on 
u. bg(. gegenwärtig. Sin neueö 'iß^änonten tritt aber ouf, »enn »ir 
biefe (grfd^einung beuten ober claffificiren , fie mit anberen gteid^jeiti* 
gen ober früher erfahrenen Smpfinbung^inl^alten t)ergleid^en. 

®ie Srfd^einung felbft ift not^roenbig ftetö eine nad^ Qualität 
unb Sntenfitat burc^au^ beftimntte. dagegen fontmen unfere oerglei* 
d^enben öeftimmungen barüber, toeil mir Jene üKomente nid|t öon ein- 
anber unb öon ber 9taumöorfteßung abIBfcn fonnen, pufig genug 
nic^t über ein Ungeföfir ^inau^. 

6^ gefd^ie^t, bag roxi ungleid^e aber fid^ nafjefte^enbe (gntpfin* 
bungen einanber gteirfifefeen , bei (Farben nidfjt anber^ ate g. 33. Jbei 
5Diengen, too mir 100 aneinanber gereifte (Srbfen unb 101 nic^t gu 
unterfd^eiben uermögen, obfd^on bie ©rfd^einung im einen gälte eine 
onbere ift atö im anberen. Umgefel^rt tojiren mir benfelben empfunbe» 
neu Sn^alt t)erfd)ieben, je narf|bem un^ gerabe beffere ober fd§(ec^tere 
töüttel gur ©djäfeung geboten finb; bei Ouafitaten nid^t anber^ 
at^ bei ©rögen, mo mir g. 35. eine ginie mit eingegeic^neten fünften 



für länger tialtcn a(^ eine gteid^fange, bie nic^t fot^e Unterbred^un^ 
gen geigt. 



'} ^^ gcbrau(3^c ba^ 3Bovt SJorftcttung ol^nc ©cifa^ at8 gcmeinfamc 33e* 
geiÄnung für (Sm^jfinbung unb ^^»antaficöorftcttung. 



Urthci(«6i(bmig bnxä) ©cwb^nung» 41 

^od) ttxoa^ Slnbcrcö muß l^eröorgcl^oben »erben, tt)o« ben Un* 
terfd^ieb jmifd^en (Smpfinbung mtb S3eurt^eUung f(ar ma^t. Oft gef)! 
unfer Urtl^eif nid^t eigentttd^ auf ba^ Smpfunbene fetbft, fonbern auf 
eine anbete baburt^ f^mbolifirte ©rft^etnung. 3nbem ic^ jefet bei mei* 
ner Sampe fd^reibe, urtl^eite ic^, üor mir liege ein ttjeige^ Sdlatt ^apm. 
5Die (Srfc^einung ift eine ganj anbere, getbfid^e, unb fobafb man mic^ 
baran erinnert, bemerfe id^ e^ auc^. Slßein für gemo^ntic^ ift meine 
Slufmerffamfeit gar nid^t auf biefen (ämjjfinbung^in^alt gerirf|tet; e^ 
unterfdiiebt fic^ i^m fogteid^ etttja^ Slnbereö, »ofür er mir bloö aU 
3eid^cn bient. JDiefe« Stnbere beute id) au^ i^m. 

©otDO^I biefen SSeurt^eilen ber ©egenftänbe au6 ^d^tn aU baö 
rid^tige Slaffificiren jeber @rfd)einung an unb für fid^ ift nun aber 
feineötoeg^ mit ber Sm^)ftnbung fofort ermögüd)t. 

2ßa^ tjorab ba^ erftere betrifft, fo ift fo einfeud^tenb , bag e^ 
gelernt toerben muß, baß öießeic^t Sfianc^er glaubt, e^ feien baju öer- 
ftanbige ©c^tüffe (tt)enigften^ ,,unbett)ußte'0 not^ig. ®a« ift nun 
aßerbing^ nic^t ber ^aü. S« bebarf baju nid)t attgemeiner (Sin* 
fid^ten fonbern bto^ concreter Srfal^rungen. 3)ian toeig, baß bie 
©efefee ber ®e»ol^nl^eit auc^ auf bem ©ebiete beö Urt^eifö gelten^). 
|)at man etma^ öfter, ja auc^ nur einmal fo ober fo befunben, fo 
ift man geneigt, ba^fetbe unter ä^nlid^en Umftänben toieber ju er* 
n)arten. Sluf biefer üKad^t ber ®ett)ol^nI)eit beruht bie t^ierifrfie Srfa^* 
rung, bie ßrmartung beö "ißferbe^ beö ©ariuö, an einer beftimmten 
©teile gutter ju befommen u. bgl. ßin fotd^eö getool^n^eit^maßige^ 
S:^un ift e^ aud^, »enn ic^ jefet, ber 3Serfd^ieben^eit ber Umftänbe 
9ied|Ttung tragenb, ba^ oorfiegenbe Rapier o^ne toeiter^ einer toeißen 
(grfdieinung gleic^fefee. ÜDie (grttjerbung biefer ©etoo^n^eit fefet aber 
Dorau^, baß x6) früher ba^ Statt bei Sampenbeteud^tung eine befonbere 
garbung annehmen unb bei bereu SBegfatt ftet^ ba^ frühere 3lu^fe^en 
mieber gewinnen fa^. Sd) braucfie ^dt unb Srfa^rung. 

Diefeö ©ammeln öon Erfahrungen über bie SRobification ber @r* 
fd^einungen beim SBec^fet ber Umftänbe fe^t aber überbicö bereit« jene an* 



') ^fl(. Brentano, ^f^d^otogic öom ciitt)irtfd^en @tattb:|)unftc, L, p. 143. 



42 ällitttjirfung bcr (Srinnerung beim Urtl^eif über ^SinneSinft a(te. 

berc 2[rt bcr S5curtf|et(ung öorau^, bie t)on icber (Sr fd^etnung, fei fie ä^i^^n 
ober Slngegeigte^, erfcnnt, toa^ fie an unb für fic^ ift *) unb bie rid^tige 
Hebung btefe^ ©efd^äfte^ beruht tiitiU ebenfaß^ auf Uebung, t^eil^ auf 
angebornen Slnlagcn, bie mit beut Sm^pfinbung^öermögen nic^t notl^* 
toenbig jufantmengegeben ftnb. 

SSeim Slaffificiren ift immer (ärinnerung im ©spiele, ©elbft im 
gfinftigften JJaKe, »enn mir öou einer in ber @m^)finbung gegebenen 
5*arbe ju fagen [)aben, ob fie einer anbcren ebenfaß^ mirflid^ öortie* 
genben gfeid^ fei ober nidfjt, mirb e^ nic^t ol^ne Sei^itfe beö ©ebad^t* 
niffe^ abgelten ^). 5Denn mau ge^t, inbem man t^ergfeic^t, megen ber 
Unbeutlid^feit be^ inbirecten ©e^euig öon ber einen jur anberen ber oor* 
tiegenben @rfcf)einungen über, fie abmed^fefnb fijirenb unb fo ift un6 
beim Urt^eile ftet^ eine^ ber fragticfien (^lieber blo^ in einer Srin* 



®cuau genommen fc^t eigentlid^ anä} umgefe^rt biefeö Urtl^eit iüieber bie 
gertigfcit öorauö, (Srfd^etnungcn au^ anberen (Srf d^cinungen , bie i^rc ^njeid^en 
jtnb, jn fd;ä^en unb man fönnte ernftüd^ glauben |td^ Dor einem 3^^^^^ JU 
befinben. SÖie h?ir im 2^ejtc gleiti^ erörtern n?erben, gefd^ie^t nämlid^ jebe« (5Iaffi= 
ficiren mit ^eil^ilfe tjon (Srinnerung«bi(bern» 3n ber (Erinnerung erfd^eint aber 
jeber ©egenflanb (j. ^, ein 2)onner) treniger intenjti> M in ber ©m^finbung unb 
ttjir muffen au« öfteren Srfal^rungen über biefe 3ntcnfität«abnol^mc 3(n§a(t«^unfte 
bafür gctüinnen, mic »eit bie geringere lüebl^aftigfeit beS in ber ^^antafie (5r* 
fd^eincnbcn auf 9led^nung biefe« Umflanbe« ju fe^en x% bag e« un« nid^t in bcr 
(Sm^finbung, fonbern in einem ^l^antajiebilb ijorfd^n^ebt 5Kit anberen SBorten: 
%u(^ ^ier mug ba« unmittelbar gegebene ^^änomen un« S^it^cn eine« anberen 
ttjcrbcn, ba« un« nid^t gegenttjärtig ifi unb ba« njir an« bem gegcnivUrtigen 
fd^ä^cn. 2)od^ ifl bie ^erttjidfelung feine unlö^Iid^c. Slud^ fd^on ein untooHfommcne« 
Urtl^eil über bie (Srfd^einungcn an unb für fid^, toit e« ber Ungeübteftc treffen 
fann, crmöglid^t bie (Sammlung irgcnbttjeld^er, ttjcnn aud^ imöoEfommcner, @r« 
fal^rungen über il^rc SBegicl^ungen. 2)iefc führen bann il^rerfeit« ^u einer befferen 
?öfung ber erjien 3(ufgabc unb fönnen nun burd^ Üiüdfnjirfung jene« gortfd;ritte« 
felbfi »iebcr auf eine i>otIfomm euere @tufe gebrad^t ttjcrbcn u. f. f. 

') SBei glcid^geitig em|jfunbcnen 2^önen ift nod^ beutlid^er, bag n^ir fie nid^t 
ol^ne §i(fc öon (Srinncrungen öergleid^en tonnen. @ie finb ia für unfer ^txou%U 
fein junäd^fi nur (Sin Zon unb n?ir fommen jur Srfcnntnig ber (Stemcntc be« 
Oemifd^e« nur, inbem tuir fic gefonbert erfal^r^n unb bann burd^ bie gcmifd^tc 
(Sm^finbung baran erinnert hjcrben. ^g(. barüber (Stum:|)f „Ueber ben ^f^d^otogi* 
fd^en Urf^rung ber 9iaumtoorjtettung", p. 132, 



@efc^c bcr (Srinncruitg^tl^ätigfeit 43 

nerung^öorftcKung gcgcnmärtig. 1)0^ ift e^ ein moglirfift frifd^cö wnb 
borum treuem SSilb, unb be^iDcgen fud^t man biefcn gaH ftct^ ^crbct== 
juffil^rcn, tüo e^ auf genaue Stafftfication anlomntt. *2Bie man bei 
bcr Staffification öon Jonen jur ©timmgabef greift , fo ^o(t man 
bei ber Seurt^eifung Don Serben SWufter ^erbei, bie ben Sippen un^ 
ferer Slaffificationen mögtid^ft naf|e fommen, 5Die Slftronomen j« Sd. 
(äffen, »enn fie bie S^rbe eine^ ©terne^ jn beurtl)ei(en ^aben, öor 
bem i^cvnxoijxc rot^e, getbe, bfauc unb anberc eteftrtfc^e gunfen über* 
f}3ringen *). Ungünftiger finb wir gefteßt, menn toir eine garbe mit 
einem au^ er^eblicfi früfierer ^nt i)tv im ®ebäd)tnig aufbeiralirten 
S^puö ju t)ergteicf)en ^aben, beffen ©rinnerung^oorfteßung mit ber 
jeitlid^en ^rifc^c auc^ bie Sebenbigfeit eingebüßt f|at. 3mmer a(fo 
toirb, tt)te man fief|t, berjemge am beften JJarben beurt^eiten, ber 
bie treueften ©cbäd^tnipilber öon i^nen in größter SKenge U\vai)xt. 
Sem biefe fcfitoanfen unb üerfc^toimmen ober ganj öerfagen, bcr 
ift aKer 9Sertt)cd§^tung unb Unficfier^eit preisgegeben. @r mirb baS 
3bentifci^e nicf|t njicbercrfennen unb fe^r S3erfd|iebenartigeö für gfeid^ 
Rotten, »eit in ber Srinnerung bie unterfcfieibenben 3^9^ au^gefaf* 
ten finb. 

SReic^c ^a\)i unb Sebenbigfeit ber Srinncrungöüorfteüungen aber 
pngen öon ber 3)iannigfalrig!eit ber erfafjrenen Smpfinbungen , öon 
i^rer jeittic^n d^i\ä)t, öfteren 3ßieberf|oIung unb bem 3ntereffe an 
i^nen ab. 

2)te grogc i8e6eutfam!ctt bc« (eisten i0?omcntc8 Bebarf einer 6efonberen 
8etommg. 

@« ijl eine gchJiJl^nliti^e Ueberjeugung , ba$ ein ©inncöinl^alt eine um fo 
lebenbigcrc unb fidlerer erreid^Bare (Srinnerung gurüdfkffe, je mel^r wir auf i^n auf* 
merffam ober concentrirt ttjaren. Slttein !cin 5lufmerfen o^ne i^ufl, Segierbe ober 
SÖiöe unb eben biefe ©efülSitc ftiften, inbem fxe auf eine ^orftettung gerid^tet fmb, 
ba8 ®utc für il^re (Srinnerung unb baburd^ für i^re SBenrt^eilung, n?a« man ber 
^ufmcr!famfeit 3ufd(>reibt. 



') 53ei genauer ^ergteid&nng ergiH fid^ bann, bag eine 9J^cnge ©tcrne gell», 
totl^, orange unb Befonber« tjielc 6(äuli(3(i fmb, bie ber oberfIäd^Ii(3^e 53etrad^tcr 
ül« toeig ta^rirt. 



44 ^efonbcrc SBid^tigfeit M 3ntcrcffc« an ©mncötnl^aUcn 

^or Slttcm toirb ba« 3ntcrcffe an einer ©m^finbung unfe^lfcar baju fü^» 
Ten, bag ba« ^^antaftcBUb, loelci^e« pd^ unmittelbar an fic affoctirt unb un« 
i^ren Snl^alt at« cÜentoergangen öorl^ätt, eine bcträci^tüd^erc 2)auer gctoinnt '). 
Mein nid^t bto« burd^ längeren SBejlanb, f onbern aud^ burd^ grbgerc?cbcnbtg!ctt 
ober 3nten|xtät hjirb biefe ^l^antapetl^ötigfeit auöge;iei(^net fein, menn pd^ 3ntercffc 
an fie fnü^ft^). SBeibeS fann für bie ^Jeurtl^etlung öon Söid^tigfcit löerben. ©aben 
tüir itüti gegentöärtige garbenerfd^cinungen gu Dcrgteid^en, fo ge^en töir, toit 
bemerft, »on einer gur anbcren über. 3c länger aber ba« unmittelbar affocürtc 
^l^antaficbilb bauert, totidft^ töir toon ber eben crfal^renen (Sm))finbung jur anbercn 
mitbringen, befio el^er fann ed gefd^el^en, baß e« {elbft bie S3ergleid^ung ermögltd^t 
unb hjir fein nad^träglid^ erneuerte« ®ebäd^tnigbilb baju bebürfen. Unb bie ©d^ä^ung 
töirb gugleid^ um fo fidlerer fein, je lebenbiger bie erhjä^nte (SrinnerungStl^ä* 
tigfeit ifl. S)ic tntenjtöerc S^orftcttung tfl jlct« beflimmter ober tt)eniger>erfd^tt)om* 
men, als bie fd^hjäd^ere, b. 1^. fic entl^ält eine reid^erc güßc öon ä^gen unb jeber 
tritt bcutlid^er ^crtoor. 3n bemfelben SWaßc ttjirb fic aber leidster gu beuten ober 
gu claffificiren fein. 

2ll8 eine ättjette Gattung toon gäßen unterfd^ieben toir oben bie, tt)o toir 
«ine @m^finbung mit einem au« bem ©ebäd^tnig gu emeuemben Z\fpu9 ju i)er* 
ßleid^en baben. $ier l^ängt bie Üiafd^l^cit unb ©id^er^eit bc« Urt^eil« baDon ab, 
iaß jene« ©cbäd^tnigbilb rafc^ unb beutlid^ ermedft ttjerbe. 5(ber aud^ barauf mirb 
in l^ol^cm SJioße öon (Sinflug fein, ob bie ju re^robucirenbc SJorfiefiung frül^cr 
t)on befonbcrem 3ntercffe begleitet hjar ober nid^t, unb gtuar finb biefelben golgcn 
be« cr^ö^ten 3ntcreffc« l^ier toie Sorbin »irffam, nämlid^: längerer ©eflaub unb 
^riJgere 3ntcnfxtät. (S« ijl ein @efe^, toorauf fd^on 3lriflotele« Jingehjiefen l^at '), bag 
eine S^orflettung nm f o leidbter unb lebenbiger erneuert ti^irb, je lebenbiger fxe früher 
aufgetreten iji. Slbcr aud^ ber längere SBefianb bringt S^ortl^cil. (Srmöglid^t er e« ja 
t)od^, bag bie ^orpcßimg |xd^ mit mehreren ?lnberen burd^ einSBanb ber (Sontiguität 
tjerfnü^fe. 3n je weiterem Umfange aber bie« ber gatt ijl, befio leidster unb fidlerer 



*) 3d^ meine, ttjic man jie^t, nid^t etttja ba« S^ad^bilb, ba« ja ju ben 
<Sm^finbungen gu red^nen ifl, f onbern eine (SrinnerungStl^ätigfeit, meldte 
t)en em^funbenen 3nl^alt geitlid^ mobificirt erfd^einen lägt. SBir erhielten feine 
S5orfteKung ^on 3cit, 9iu^c unb ^etoegung, SBcftanb unb SJeränberung, toenn fid^ 
nid^t fold^e ^^antafiebilber an bie (Sm:|)finbungen (unb @ebäd^tnigi)orfleÄungcn) 
anfd^löffen. @ie f))innen fid^ aber um fo längere ^tit fort, je lebenbigere« 3n* 
tereffc an fie gefnü^ft ift. 

') «gl. Slrifiotele« Eth. X., cap. 5, p. 1175, a. 30 ff., über bie Sirfung 
^er gu einem ^ct gugc^brigen !Oujl {pUsCu iqdovii) auf biefen. 

^) De memor. et remin. cap. 2. 



für il^rc (grimicruug. 45 

tft fic für bic (Srütncnmg crrcid^bar. @o ift ba§ Sntcreffc auäf ein germent beö- 
Oebäci^tntffc« im engeren @inn unb bie« fo fcl^r, bag 3Jorftettungen, 
benen eö fe^It, hjenn anci) nod^ fo oft tt)icber](>o(t , gen)b^n(i(^ fd^on fur^ nad^ 
i^rem 5tuftreten nntöieberbringltd^ ijergeffen fmb. 

5Darau« ift nun leidet ju entnehmen, ba^ toxv mit 9?crf|t bc* 
^Qupteten , eine ejacte S3curtl)cilung t)on färben , klönen u. f, »* 
muffe ti)dU crtt)orben tocrben, tljctfö rul^c fic auf angeborncn 33or* 
jflgcn, btc ntd^t notfitoenbig mit bem (ämpfinbung^ücrmögen jufammen 
gegeben feien. 

®ie groge SSebeutung beö Sntereffe^ für bie Erinnerung moc^t 
e^ mir fel)r glaublich, bag bie angeborene Slntagc ju fd)arfer S3e== 
urtljeitung gewiffer ©inne^in^atte, »etd^e einzelne Snbioibuen t)or an* 
bcren au^jcid^net, öorneI)mIicf| barin tüurjett, baß fid) i^nen t)on 5Watur 
lebhaftere 8uft* (unb Unluft*) ®efü^fe an jene SSorftellungen Inü^jfen. 
Unb eine fold^e SSerfd^ieben^eit ber ©efü^I^antage lann fel)r tt)o^I trotj 
©leid^artigleit ber Smpfinbungen befte^en. 

Srmorben aber »irb ha^ Urtl^eit einmal fd^on, fofern ber eben 
ertoö^nte angeborene ©efd^mad an ben SSorfteßungen einer meitgel^enben 
(Snttoicfclung unterliegt unb überbie^ ein inbirecte^ 3ntereffe an i^nen 
au«gebitbet »erben lann *) ; bann aber, fofern, toie oben bemerlt tourbe, 
ein reid^e^ unb treuem ©eböd^tnig nidfjt b(o« oon bem Sntereffe ab= 
f)angt, toeld^eö im einjelnen gaße eine erfafjrene SSorfteßung begleitet, 
fonbern anä) oon ber SRannigf attigleit , jeitfid^en 5rifrf|e unb öfteren 
2ÖieberI)oIung fold^er Erfahrungen. 



*) SSenn tt)ir einen ^orfteKungöinl^alt gu ctaff ificiren tr> unfeinen, 
neljimen njir inbirect au(3^ 3ntereffe an i^m fetbft 2öir merfcn ouf i^n (tt>itt= 
fürlici^c 3lnfmerffamfeit), h?ci( tt)ir i^n Bcmerfen ober beuten troKen. 9'Jun ift jtrar 
|el6fiberftönbli(^, baß ber 6(oge Sunfd^ eine gctt)iffe ^orflettung flar ju (»efi^cn, 
i^r bie mangeinbe SBeftimmtlSieit nitä^t fofort gibt. 3)a3 Sntereffe erpl^t bie 3n* 
tcnfitat unb 2)eut(i(i^feit atter 35orfteIi[ung«e(emcnte, mit tt>tld)tn e« toerBunben ifi ; 
aber an bie mangeinben Büge im (ücfenISiaften unb i)erft^tt)ommenen S3i(bc eine§ 
©cgenftanbeö fann e« natürlid^ nid^t gelnü:|)ft fein, ttjcil fte erft gefud^t trerben. 
^ber bie mittfürlid^e 3lufmerffam!eit ttjirb oft baju führen, bie @m:|5finbung 
aU tt)ieber]^oIen. 2)abei h?irb biefe fetbft ober jebenfaß« ba§ unmittelbar affociirte 
^iSjantafiebilb länger baueni unb intenfiter fein. 3n golge batöon f'önnen bann 
aud^ bie gefud^ten 3^9^ i"^ S3cn?u6t|ein treten. 



46 @(^(u6: Dft njerbcn Unterfd^iebc nicrfüd^er o^m gvbgcv ju tuerbeu. 

^aä) bicfcn ßrSrtcrungen toevbcn mir nun nid)t me^r im B^^if^t 
fein, ba% tva^ ®arh)in berid^tet unb man t)ic(fad) beobadjten fann ^), 
ba^ namfid) Sinber im SlUer, tt)o fie bie ?iamen aßer geh)ö^nfid)cn 
©ingc tpiffen, borgc^altene Farben mä)t ju benennen im ©tanbc finb, 
nid^t einem aWangel ber 9?e^{)ant, fonbern einer Unöotltommen^eit beö 
Urtf|ei{^ unb ber Erinnerung jujufdfjreiben ift. @^ ift ja aud^ feine 
afijugeringe Slufgabe für ba^ ®ebadf)tnig be^ Äinbe^, für mancherlei 
JJarben ben ridfjtigen 9?amen anzugeben, b. ij. fie toieberjuerfennen. 
SSBenn man unö einen S^on auf bem Staöier ober ber SSioIine angäbe 
unb verlangte, mir follen i^n bejeidjnen, mürben bie SUieiften in 35er* 
Iegenf)eit fein. 5yiur fo(rf|e, bie fid^ burd^ ftarfe^ natiirtid^e^ Sntereffe 
an STönen augjeidinen unb fid^ Diel mit i^nen befdjäftigt l^aben, 
merben bie ridfjtige 9(nttDort ju geben im ©tanbe fein^). 35ei iJcir* 
ben ift e^ fofern meniger fd^mer, af^ man für gemo{|nfid) eine 
geringere 3^^I unterfdfjiebUd^er SC^pen- burcfi Spanien au^einanber^^ 
if&it ©obalb man aud^ ^ier ^infirfjtfid^ be^ S3emer!en^ öon Unter- 
fdjieben unb beö S3ef)a(ten^ ber jugel^örigen S^amen 3Inforberungen an 
un^ ftcßt, bie über baö lange unb fidler erlernte 5Dia6 fjinauöge^en, 
fo benehmen mir un^ nid^t anber^ afö baö Äinb. Seigrer ber Dptif 
fann man ffagen Igoren, bag bie ©tubirenben fid) üielfad^ für ©eur^ 
t^eifung unb Benennung öon i5örbenenH)finbungen fo ungefd)i(ft jeigen, 
bag man geneigt fein fönnte, an eine Slnomalie ber 5yie^^aut ju benfen. 
3lef|nlidf)eö gilt öom 5Diaferfdf)üfer, (Sr bemerft erft eine SRenge Untere 
fdfjiebe beö ßolorit^ im Originale unb ber ßopie nict)t, and) fotd^e, 
bie bem 5Dieifter ganj auffööig finb. ®^)äter fd^ärft fid^ fein SSM; 
nicf)t inbem bie Unterfdfjiebe in ber ßmpfinbung gröjser 
mürben, fonbern inbem fie merffidier merben, meil ba^ 
injmifd)en öerooßfommnete ®ebäd)tni^ eine ejactere aSergfeidjung er* 
möglidfjt. 3Beit Stntage unb SSorübung bei biefem ®efdE)äfte faum bei 
jmei 3)ienfcf)en gleid^ finb, fe^en mir aud), ba§ ftreng genommen faum 



*) ^gl. aud(> JBagaru«, Mtn ber (Seele, 2. 5(uf(agc, II,, p. 109, ^nmerf» 
') 2)a8 ^erl^äftniß eine« 2^ott8 ju einem anberen, ben man un« aud^ 

angibt, n>erben njir eljjer Uitid^mn fi5nncn. 3)ie n^enigen muri!anfd& i>ern)enbBarcn 

3ntertatte ^ben tt?iv un§ eben i>iel leidster gemerft 



(Sm^finbung unb @cfü^L 47 

jiöei 3nbimbuen eine öorftegenbe garbenerjdieinung je öBöig gleidi 
fd^ä^en. !J)te ©(fjä^ung med^fett tüte ba^ fogenannte Slugenmag, bie 
Slajirung ber Orö^cn. 3m ®<)ectrum gibt ber Sine bie ©renjen etne^ 
garbentoneiS gemeinigtid^ anber^ an ai^ ein 'Slnberer, unb felbft tüd|'' 
tige aWater, bie ba^felbe Original copiren, feigen tt)ir ba^ ßotorit 
beöfetben etwaö üerfd^ieben auffaffen. 

2. 3nbem man öon ,,garbenfinn", „2:on[inn" u. f. tt). fprid^t, l^ot 
man oft tt)eber Smpfinbung nod) S3eurtl^eitung, fonbern bie [ie begtei^ 
tenben @ e f ü 1^ t e ober öietmel^r bie angeborene ober ertt)orbene Slntage 
baju int Sluge. 

©aß bie Smpfinbung einer Sflvbe unb ba^ fie begteitenbe Oefü^I 
ju trennen finb, bebarf ttjol^I feine« auöfu^rtid^en öemeife«. Seibe geigen 
ja gatt3 üerjd^iebene ©egenfS^e. S)ie ©mpfinbung: rotl^, blau, grfin 
u. f. tr.; ba« ©efü^t: 8uft unb ©d^merji Slud^ fann baö Oefü^t, 
ä^nlid^ mie bie ©eurt^eifuttg, ttjedjfetn, tt)ä^renb bie Smpfinbung bie* 
felbe bleibt. Sine getoiffe g'arbe fann nadE) ober neben einer anberen 
gejel)en gang angenehm fein, mit einer britten oerbunben unfer ®efüf|( 
beteibigen. Sle^ntid^ berfefbe STon, Je nad^bem er mit biefem ober 
jenem eine SSerbinbung eingebt ^). 3lttein e« gefd^te^t aud^, ba§ bie- 
fetbett SSerbinbungen t)on garben ober Slönen ba« eine 3nbtt)ibuuut 
angette^m, ba« anbere fcfjmerjlid^ berühren« häufig ^aben oerfd^ie* 
bene ^erfonen eine öerfdjiebene !J)iöpofition ju ®efäf|ten, einen biffe* 
reuten Oefd^madf. 2ludE) änbert fid£| ber (Sefd^madf bei bemfelben 3n=^ 
bioibitum unb e« gibt, fo öerftanben, eitte Umbitbuug be« ©in- 
nc« für Farben, STöne u. f. \v, 2)a« Sinb jeigt ©efatfen an 
Stangen unb Ätangfotgen, bie ben mufifatifd^ ®ebitbeten beteibigen 
unb bie er be^l^alb bi^^armonifd^ unb unmetobifd^ nennt, unb fo 
finb e« aud^ nid^t biefetben ^arbenjufammenfteKungen ober färben ^ 
folgen, bie bem ^inbe unb bem materifd^ ®ebi(beten gefallen ^). 



^) ^gt. «reutano, ^f^d^ologic L, 200. 

») ^ä} betrad^te biefc gmei ^Jeüj^enöon gätten at« toijßig analog. S)enn mag 
fx6) and^ bcjüglid? ber klänge, meldte ein geläuterter ©efdbmacf in 3JieIobic unb 
2lccorb toerBunbcn ju prcn Uebt, Ijjerau^ftctten, baß fie [x^ baburd^ tor anberen 
für ein geBilbete« (S^efülj)! ni^t gufammen^affenDen auSjeidbnen, bag fie eine n^ol^I 



48 UmbUbung be« ©efül^I« 

gttüa^ ^tijniiäfc^ ]ä)mt auf oQcn ©ebicten bc« finnlti^cn ®c* 
fül^I^ ju gelten, ttnber finb anfänfllid^ gegen äJiißgerüd^c unem^ 
<)finbltd^ ^) unb 5Darn)tn fagt in fetner btogra|3t|ifc^en ©ftjge eine« 
«einen Äinbe« (fto^mo« I, p. 376): ,,(5« fd^ien mir tijtmal^ , aW 
»enn ber®ef(^macf«finn, tt)enigften« bei meinen eigenen Sinbem, 
afö fie nod| fe^r jung »aren, öon bemjienigen erwadifener ^erfonen 
öerfd^ieben ge^efen fei. ÜDieö geigte fid) baburc^, bag fie SR^abarber mit 
etwa« S^ndn unb äßild^, toetd^e« für un« eine abfc^eutid^, efeterregenbe 



abgcmeffcne 3^^^ nnb "äxt toon Dbcrtbnen gemein ifabtn, toä(irenb Bei ben ^ar* 
monifd^cn garBcu nid^tö bergletd^en Befannt ifl, fo Befiehlt bod^, toit mir fd^eint, 
aud^ unfcrc 2uft an einer ^^etg ober einwit anberen V^rmonifd^en Sntertoatt nid^t 
in ber greube an biefer mit Uebereinflimmung gepaarten S5erfd(>iebenl^eit ber Dbcr* 
töne wnb bie Onat ber 2)i8tiarmonie nidj^t in ber Ünlufi an ber UnüBerfid^tIidb«= 
feit (bem 3Jiange( ber (Sinl^eit in ber 3JiannigfaJägfcit) jener Älangt^ieile. (Sttoa« 
2)crartigeö fd^eint SÖwnbt ju glauBen, ber barum bie Sufl an ber mufifaKfd^en 
Harmonie ju ben eigenttid^ äft(ietifd^en ©efül^len red^nel, n)a8 ton ber Snfl an 
garbentocrbinbungen nid^t gelte (a. a. D. p. 692, togl. 371). SBenn id^ tedfet toer* 
fletic, neigt aud^ ^tlm\)olii einer fotd^en 2(uffaffung gu. (Sgl. S^onera^finbungen 
p. 676.) Söäre fie aber rid^tig, fo mügtcn toir, um bie Harmonie gu fü^ilen, bie 
Dbcrtöne einzeln Bemcrfen, toäl^rcnb biefi erfa^irungögemäg nid^t nötl^ig ifl. 2^au»= 
fenbe füllen ben iffioljjlflang einer 2^crg oljjnc Dbertbne gu crfennen. (@« bebarf 
aud) faum ber 8cmcr!ung, bag felBfl für ben, njcrd^er in gotge einer fritifd^en 
Unterfud^ung atte ^artiattöne unterfd^eibet , baö 3 lif^i^'" anfallen einzelner 
Obertöne — toorin jene äfi^etifd^c (Sinl^eit in ber SJieI(ieit beftel^en fott — nid^t 
in bcrfelben SBeife~@cgenfianb ber @rfa^mng fein fonn, toie ttma bie ©leid^^eit jtoeier 
gormen, bie ftd^ im ^aumt lüieberl^olcn. 2)enn Untere« ftnbgmei ©inbrürfc, 
bie in einem 3wgc übereinftimmcnb bcfuubcn njcrben ; bagegcn toerben giDci X'6nt toon 
berfelben ^ÖlS^e unb unnnterfd^ieblid^ in ber Klangfarbe ai^ (Sin ^^on cm^jfimbcn.) 
@o, gkubc id^, ift bie Suft an einem l^armonifd^en Sntcrtoatt fo gut infHnctiV), njic 
bie an einer garbenjufammcnflcttung. ^armonifd^ l^eißt in beiben gaffen für unfcr 
Setöugtfein gunäd^fl btoö „angenehm", dagegen h)äre e« toerfel^rt gtoifd^en mufifa* 
lifd^cr Harmonie unb gefäffigcn garbenaccorben unb jrtjifd^en SWelobie unb ange* 
ne(imcr garbenfolge nod^ weitere 3(naIogicn gu fud^en, ba ben garben baö Slnatogon 
ber S^onl^öl^e fe^ilt. ig« ^at ja feinen vjerflänbtid^en @inn toon einer gangen unb 
l^alben garbe gu rebcn. 

') S5gl. aud^ bie forgfättig gearbeitete unb reid^l^altige @tubie T.Les trois 
premiferes annees de Tenfant, par Bemard Perez. Paris 1878, p.14: Les 
enfants paraissent en general, et assez longtemps, insensibles aux bonnes 
comme aux manvaises odenrs". 



burd^ @rfal(irung unb ©etoöl^nuttg. 49 

aJitfd^ung ift, nid^t jurficftotcfcn unb cbcnfo in i^rcr fonbcrbaren 3Sor* 
' ticbe für bic f aucrftcn unb §crbftcn grfld^tc , toxt g. S, unreife Bta^ 
d^Ibecren unb §otjäpfet." 

SBic gel^t bicfe ©efd^madf^Snberung öor fid^? 

35ie treibcnbc ^aft berfclbcn ift, glaube id^, Srfol^rungunb 
®e»5^uung. S)aö Siub tiebt, um toieber beim ©eif<)iet ber (Farben 
ju bleiben, moglic^ft ' lebenbige Srfd^einungen, in^befonbere ein feurige« 
SRotfi, ®etb, bie ftarfen ßontrafte (burd^ Sontraft toirb bie ßebenbig* 
feit er^o^t), ©tan? u. f. ».*). 

aüein bie ftorfen Erregungen, bie burd^ biefe Sinbrfldfe ergeugt 
»erben, finb feiten reine Suftgefül^Ie, fonbern SWifd^ungen , unb bie 
beigemif^te Unluft »irb un« me^r unb me^r merflic^, je öfter nur 
(gm<)finbungen gel^abt l^aben, »etd^e reinere Suftgefül^Ie erwedtten. ®a« 
fommt einmal ba^er, bag im Sontroft mit 8uft atte« Unangenel^me 
bitterer em|3funben wirb. Dann aber eripSd^ft au« öfterem @rfa§ren 
reiner 8uft eine öerftSrfte 5Weigung ju il^rem ©egenftanbe. Die 9Rad^t 
ber ©cwol^n^eit ^errfd^t aud^ auf bem Oebiete ber ©effi^te. @ie fann 
gtroa« luftbringenb mad^en, toa^ un« urfprflnglid& gtcid^gtttig war*). 
Um fo me^r ift gu erwarten, bag fie eine inftinctioe 8uft öer* 
ftärfen fönne, Unb in ber Xf)ai gefc^ie^t e«, bag Wir an @twa« burc^ 
öfteren ®enug be^fetben ein erl^ö^tc« (Srgö^en finben. Die Siebe bafür 
unb bie 8(bneigung für ba« ©egentl^eit nimmt gu^). 



') ^icr^cr gcl^brcn bic oben angcfül^rtcn ©cmerfungen öon SWagimö ü6er 
bic ^Cufmcrffamfcit ber Keinen ^nbcr auf (cBl^afte garBcn, tüaö üBrigcnö fcl^r 
befannt ift. 'äuäf 2)arh)in crtoä^nt in ber bereits angebogenen @Kgge: „2)ic fingen 
bcS Knaben l^eftctcn ft(^ fd^on mit bcm nennten Xa^t anf ein Brennenbcö Sid^t 
unb Bis gum 46. Za^t fd^icn nidj^tö SlnbereS fte in glcid^cr Söcife ju feffeln. 2lm 
49. Xa^t h)nrbe aber feine 3[ufmerffamfcit bnrd^ eine (cbl^aft gefärbte 2^robbct 
gctoedt." S5gL and^ S5. ^Perej, o. a. O. p, 9. 

*) 2öaS öfter in ^erbinbnng mit cttoos 5(nberem Oegenftanb unfereS ^t^ 
gel^rcns ober nnferer ?ufl n)ar, toirb uns fd^fteßlid^ au(^ für |td^ attein lieb unb 
angenehm. S)aS l^at befonberS 3. «Stuart TOtt (Utilitarianism chap. 4.) betont. 

^) ®ic abjhtm^fenbe Sirfung, bie man oft ber ©elool^nl^eit gufd^reibt, loirb 
fälfd^lid^ auf il^re Üied^nung gebraci^t. (SS f^tefen anbere ©efefee mit, n>ie baS, bag 
Sfieul^eit unb SBed^fet gefättt («gl 3(riftotcIe« Eth. X. cap. 4, p. 1175 a. 6.), 
©nformigfeit unb Slrmutl^ ber «orftettnngen mißfällt u. bgt., unb biefe tragen 

SRattt;. ^attenjtnn. 4 



50 ©Übung unb ^crbitbung 

®o fomntt cö, bag auf bcm ©ebtete ber Farben tüte ber Xmc 
unb ber übrigen Qualitäten, menn un« öfter (ginbrfid c geboten njorben 
finb, miä)t reine guftgefül^te ernjeden, anbere, bie un^ früher ange* 
ne^nt tt)aren, nun ba^ Oeffil^I nid^t mel^r bef riebigen, fonbern burd^ 
bie beigemifd&te Un(uft läftig toerb.en. 9Ran verlangt öoöfommen reine 
unb l^arntonifd^e Älänge, forgfattiger genjäl^tte- Sarbenöerbinbungen, 
jarter gemifd^te ©ejdimad^quatitaten u. f, nj. 

333ir nennen bie^ eine 3Serfeinerung oberöitbung be^ ©e^* 
fd^madte^ unb mit SRed^t. J)enn ^ier, tt)0 e« fid^ blo^ um inftincttöe 
8uft l^anbelt, lann bie oberfte JRegel ber Sleftl^etif ober beö guten ®e* 
fd^madfö nur bie fein: ba§ man bie reinere ber toeniger reinen t)or=* 
giel^e, SSerfd^iebene 3fnbiöibuen (3Sötfer unb Briten) bleiben l^ierin na* 
tflrlid^ auf einer fel^r öerfdiiebenen ©tufe ftefjen, je nad) SDiaggabc ber 
gemad^ten ©rfal^rungen unb ber angeborenen Sebenbigleit ber®efül^(e. 

SBie eine 3Serbefferung, fo !ann ber Oefd^madE burd^ ®en)öl^nung 
aud^ eine SSerfd^ted^terung erfal^ren unb ©eifpiete bafür finb nal^e* 
liegenb. Umgibt man unö öon frul^e an unb bauernb mit üDiffonanjen 
unb üDi^^atmonien , fo mxitn toix fdjtie^tid) auf Harmonien feinen 
SBert^ mtljx legen. 

3Ran f önnte ^ier einmenben : Def tere^ Unluftem)}finben an STönen, 
garben u, f. to. muffe nad^ ben ©efefeen ber ®moi)ni)tit bie Slbnei^ 
gung gegen fie gerabe fo t)erf d^ärf en , toit bie 8uft an anberen burd^ 
öftere ©efriebigung erp^t toerbe. 

IBarauf ift gu antworten, ba§, fomeit bie SBirffamtcit ber ®e* 
tt)ö^nung nidftt burcf) ben (Sinflug anbermeitiger Äräfte parat^firt tt)irb, 
bie^ aüerbing^ ber gaK ift. Defterer ©d^merj an etttjaö toixtt an unb 
für ficf) auf einen ftärleren, l^abitueüen SBiberwiüen gegen ba^ i?einb* 
lid^c l^in. Docf) oerl^inbern getoöl^nlid^ mannigfad^e frembe ©efefee, ba§ 
tl^atfädtitid) eine größere Untuft baran gefunben toerbe. 

i^ür'« (Srfte ffi^rt Unluft an einer SSorfteßung un^ bagu , bie 
Slufmerffamfeit baöon abjulenlen. 3Bir treffen 25eranftaltung, ba§ unfer 



bie @d^ulb an bem tl^ciltüeifen (grlbfd^cn be« Vergnügen« an gctoiffen @rfd^ei* 
nungcn Bei il^rcm »tebcr^ottcn 3Cuftretcn. 2)cr (angc anl^altcnbc %on ift ein anbere« 
S5orfleßimg8:|)]^änomen al« ber furj bauembe. 2)ent cntf^rid^t an6f eine SIcnbcrung 
bc8 ©efü^I«. 



bc« ©cfül^Iö. 51 

3ntercffc gteid^jctttg and) öon 8(nbcrem in 2lnf<)rud^ genommen »erbe, 
©et^eitte 3lufmerffamfeit ift \d)to&d)tx unb mit ber Sebcnbigfeit bcr 
unfuftbringcnben SSorfteßung finit aud^ bie ©tärfe be^ ©d^merjgefül^fö* 
S^ fann fogar eine glfidtid^e ®ctool|n^eit folc^er Slbipenbung bcr 2luf* 
merffamfeit entfielen, gerner fd^merjt, toie frfil^er betont wnrbe, Un* 
angene^me^ mel^r, mnn e« im Sontraft gn 8uft auftritt; ÜDiö^r* 
monie nad) Harmonie, (Sntbel^rung nad) ®enu^* gäüt biefe^ 3Äoment 
lüeg, fo ift ber Unluft ein cm<)finbltd^er ©tadlet benommen. 

^oä) ba« äßid^tigfte njirb fein, gu bebenten, ba§ e^ fid^ in ben 
Satten, öon bcnen tt)ir ^ier fjjred^en, feiten um reine Unluftgefül^te l^an*' 
bdt SSiel Pufiger finb 8uft unb Untuft gemifd^t. S« ift aber nad^ 
ben ©efe^en ber ©etool^nl^eit nur gu ernjarten, ba§ Sntbe^rung bc^ 
©Uten un« mit bem 3ÄitteImägigen befrcunbe, inbem fie un« baju 
bringt, biefe^ öfter gu genießen. üRan fann fo oon ©tufe gu ©tufe 
tiefer geführt »erben unb fd^tießüd^- fraft beö ©efefee^ , baß ba^ ®e* 
tool^nte unö lieb »irb, ba noc^ 8uft finben, »o beim unoerborbenen 
©efd^madE bie Untuft todt überwiegt. 

SBenn, toie ajiagnu^ (p. 54) anfül^rt unb gu ©unften feiner 
§i)^)ot^efe auffegt, bie 5Worbtanber „unbebingt bie gemäßigten garben^^ 
tone beöorgugen ", »al^renb bie Senjol^ner be^ ©üben^ „eine gang ent* 
fc^iebene SSorliebe für lebl^afte (Farben ^oben", fo ift bad au« bem 
Sinfluß ber ©etDol^nl^eit auf ben ©efd^madt gu erftSren. 

üDod^ ift e« nidjt in bem Umfange, toie 2ßagnu« glaubt, »al^r. 
Slud^ im ^yiorben ift bie greube an lebhaften färben nid^t erftorben. 
5iid^t blo« ber ©panier unb 5Wea<)oIitaner liebt eine bunte ©djärpe 
u. bgt. ; aud^ ber fd^ttjeigerifd^e Sletpter trägt gern gum »eißen §emb 
eine f^artadjrotl^e SSBefte unb fammtfcf|tt)arge §ofe, 9?i^t blo« ienfeitö 
bcr 5l(pen unb in ©übamerifa finbet man buntgebedtte unb bematte 
^Qufcr; aud) 3)io«fau, Himatifcf} ni^t eben o^nlid^ bem Sanbe, »o 
ein fanfter SBinb t)om blauen ^immcl me^t, geigt biefe bunte ^rad^t. 
J)agegen fann man mit ®oet^e l^croor^ebcn, baß ber ®tang bc« ^im* 
tnet« unb bcr grbe im ©üben c« mit fi^ bringt, baß bort auc^ ein 
flcbitbctcr ®efd^madE (eb^aftc ?5arben für bie Äleibcr unb ben 
©ci^mudt bcr Söo^nung gu »äl^Icn oermag. „Unter einem 'rcd|t l^eitern 
unb blauen §immet ift nid^tö bunt; benn nid^t« öcrmag ben ®fang 

4* 



52 3«fammcnfaffung. 

bcr ®onnc unb tl^rcti SBibcrfd^cin im 3Äccrc ^u übcrftral^ten. ®te 
tebl^aftcfte fjavbe ft)irb burt^ baö allgemeine ßid^t gebSmpft" u. f. ö).^). 
@benfo ft)ctft ©oet^e mit JRei^t barauf ^itt, bag bie ©etbeittDaaren, 
»etd^e bie Italiener leidsten Äauf« ^aben fönnen, i^re Sleigung ju 
tebl^aften ??arben begilnftigen. Deutfdie fielet man Diet in ©lau gelten, 
toixi e^ eine bauer^afte garbe be^ Xnd)t^ ift^). ©d^toarg fann jeber 
5lbfaß gefärbt »erben. 

Unb tt)ie bei ber Steibung, fo l^aben au^ beim äußeren ^Jarben* 
fd^mud ber SBol^nung ted^nifd^c Sequemlid^feiten unb SSortl^eitc (Sinflu^: 
unb fo fommen Unter fd^iebe ber SBitterung unb be« Ätima'^ in ©etrad^t. 



Slu^ ben öorau^ge^enben Unterfud^ungen l^at man mol^t bie 
Ueberjeugung gefd^opft, bag Slße^, tt)a^ ®eiger, SWagnu« u. Sl. bafilr 
vorbringen, bag burd^ birecte SEBirfung be^ ©ebraudfie^ ber 
Sinnesorgane neue SSermogen in i^nen enttoidfett n)ürben, biefe S3c* 
l^auptung in feiner Slrt betoeift. 

§5rt man älfo fül^ne Slnnal^men, tou bie öon 3D?agnu6 ober 
bon ©reifer ^): ,,!J)aS 8id^t fefbft toar eS, totlä^t^ fid^ an ben feiner 
SBirfung gugfinglidien S^l^eilcn be« Organismus guerft ^igmcntfledt, 
bann 8infe, bann 3?ert), fd^Iieglid^ ©tfibd^en unb ^&\>^6)m fierauS* 
meißelte" unb Slel^ntid^eS, fo muß man fie einfttt)eiten ba^ingefteöt fein 
laffen. @S njäre bei ber S3efd^ränft^eit unferer (Srfal^rungcn öoreiUg, 
gu bel^aupten, eS fei unmögticfi, baß baS 8id^t Je unter befonbcren 
Umftfinben aus unempfinbtid^er , organifirter 3D?aterie pl^onoffopifc^e 
unb burd^ njeitere d^emifd^e Umnjanbtungen audf) dfiromatoffopifd^e er^ 
jcuge, aber bis ^eute ift aucf) bie SfWöglidfifeit beffen nod^ tiid^t er^ 
»iefen, ®ie ift ja in biefem unb S^nlidfien gäßen nur aus ber SßBtrf^ 
lid^teit gu erfd^Iießen (baß man aus 3tnnober Ouedtfilber unb ©diwefel 
getoinnen fann, ergibt fid^ bloS aus ber tl^atf 5 d^tid^en Belegung 
beS Körpers in biefe (SIemente); njir fanben aber feine entfprcd^enbe 
2^^atfadf|e ober aud^ nur ein Slnatogon einer fotd^en. 



') 3taacn. 3fteijc. ^ca^el, 29. ajjai. ^gl. garBcnlcl^rc §. 836. 
«) garBcnlcl^rc §. 836 wnb 837. 
2) ^. a. O. p. 83. 



SBicrfarfecnmatcrei» 53 

SBcnn bcm aber fo ift, barm tft c^ nid^t gered^tfcrttgt, Derarti* 
»gc^ für frfl^crc ^titm, fei eö beim ^JJienfcfien ober bei irgenb »etc^m 
frül^en Urgeuger bc^fetben, and) nur l^ljpot^etifd^ anjune^men, toeif bie 
eingeführten Ärfifte unb ®efe^e nid^t blo«, »ie ftd^ ou^ bem ©efagten 
ergibt, unbcfannt unb erfunben finb, fonbern auc^ für ben, ber ^ieöon 
abfielt, nid^t einmal ben SSortl^eil ^aben, bie Sl^atfad^e be^ ©e^en^ 
in ein geringere« teteologifd^e« ©unfel ju l^üllen, al« toenn 
getoiffen ©ubftanjen öon aßem 2lnfang bie ijai^igfeit, Sid^t unb ??arben 
3U empfinben, at« urfprünglid^e Sigenfd^aft gugefc^rieben toxx\>. 

(5ö toirb gefragt, mie eö fommt, bag bie SReröenfubftang im 
Sluge unb ®e^irn einerfeit« unb bie 8(etl^ertt)eüen anberfeit« einatt* 
ber fo angeipa^t finb, ba^, n)enn jene öon biefen leiben, ein gänjfid^ 
neue« 'ißPnomen, bie 3Sorfteßung öon 2Bei^, 9ioti), ®rün u. \, m. auf^^ 
tritt Slntwortet man barauf: bie 3letl^ern)eüen Ratten bie Sraft, 
in ber organifirten äJiaterie bie gäl^igfeit ber 8i(i^tem)}finbung an^^ 
jubilben, fo ftatuirt man bamit eine nicf|t minber tefeotogifdie SSer* 
•anftaltUTig. S)a« IBunfet ift nid|t befeitigt, fonbern bto« gurüd* 
geft^oben. 



©ott^e toerben, »ie einleituttg«n)eife bemerft tourbe, öornel^mlii^ 
au« ber ©prad^e unb Literatur ber alten SSöHer angeführt; bot^ baut 
man aud^ auf einzelne Srfdieinungen in ber ®efd^idE)te ber SÄaterei 
unb bc« farbigen ©t^mudte« unb wir werfen juerft einen ©tidt auf 
bie Slrgumente au« ber ®e[c^id^te ber äJialerei. 

1. äßagnu«^) unb 2[nbere berufen fid^ auf bie 5Wadf|rid)t be« ^iu 
niu« (Hist. nat. XXXV, cap. 7, 50), bag bie berühmten grie^i^ 
fd^en 2Jia(er 2lpeße«, gcf|ion, äJiefant^u« unb S'itcoma^u« nur mit 
t)ier garben gematt l^ätten, nomtic^ mit äBeig, ©ditoarj, dioti} unb 
ber od^erartigen garbe Sttticum, unb fcf|Iiegen barau« , bag ©tau mit 
©d^warj ibentificirt worben fei. 



*) 2(. a. O. p. 14, a^l Sßeifc a. a. D. p. 288. 



54 Prüfung bcr Slrgumcntc 

ßtccro, bcr hierin ein xuöcriäffigcrer S3ertd|terftattcr ift , nennt at^ 
SSertreter jener ^jrimttiöen ÜÄalerei : ^oIt)gnot, S^micx^ nnb SEtmant^e« ^) 
unb bte Slad^rid^t ift überaß fidler fo ju öerfte^en, baß nnter ben öier 
fjorbcn öier §an|3tmateriale gemeint finb, njeld^e t^eifö fetbft natfir* 
lid^e SSarietoten l^atten, tl^eifö bnrdi il^re 3Äifd^ung nene SEone ^eröorbrad^* 
ten^). !Da^ au« ©eintrebern bereitete ©t^warj, »etd^e« öon "ißoltignot 
gebrandet »urbe , fpieft in'« Onbigo unb burcf) SIÄifd^ung mit SBeiß 
fonnte man ein angenel^me« ©raubtau gewinnen; burcf) ^injuffigung 
Don ®e(b auc^ ®rfln, 

äBenn »ir nid|t an folcfie 2Wif(^ungen beuten^ »ie ptte *^o(^gnot 
auf einem feiner ©emätbe in ber Sefd^e ber Änibier -ju 35et<)l^i (bic 
SBorbereitung jur Slbfa^rt ber ©ried^en öon S^roja barfteüenb) ba« 
3Äeer malen lönnen; toie fein B^^genoffe äKicon im JC^efeu^tem^jet 
ju Sltl^en ben SÄ^tl^u« öon Sl^efeu«, ber einen in bie Siefe be« S0ieere« 
geworfenen ©iegefring toieber ^craufl^ott^)? 

iJreilicfi mußte ba« 6o(orit, ba« bie alten 3Kater burcf) jene 
aWifd^ungen erreichten, befcfieiben, Ja ^erb unb eintönig erfd^einen im 
SSergteid^ ju bem 9ieid|tl^um bffi^cnber unb glängenber ^Jarben, bie 
f<)ater mel^r unb me^r gur SSernjenbung famen. Unb $(iniu« fommt 
e« an ber angefül^rten ®teüe gerabe barauf an, ben ©egenfa^ ^er* 
borjul^eben jn)ifd^en ber Sinfad^^cit ber SJiittel, toomit bie Sfinftter 
ber claffifd^en ^cxt il^re an ftrenger ©d^ön^eit reidien SBerfe au«fü^rten, 
unb ber barbarifd^en 2lrt, »ie man ju feiner ^At mä) bfü^enben 
tJarben l^af^te unb fie gur ^erfteüung geifttofen Suntwerfe« , wie er 
meint, öergeubete*). 



*) Brutus 18, 70. 

^) @o faffen pc t. O. mMtx, ^anbBud^ bcr ^xä)Mo^it p. 449; 2öieg= 
mann, 2)ic Wlolttti bcr bitten p. 210; ©ticgli^, 3trd^äoIogifd^c Untcrl^altungcn 
p. 153 ff. u. %. 

») S)a6 man ftd^ bic ^nft bcr garbcnmifd^ung bei ben oltcn gricd^ifd^cn 
WlaUxn mö)t ju unöoßfommcn bcnfcn barf, jcigcn auä) @tcttcn hd 5laftotcIc6, 
g. S.: De sensu et sensib. cap, 3, 440 a 6 ff. SD^ctcoroI. III., cap. 2, 372 a,5. 
%L auci) ©itn^r. (£omm. in Slrifl. ^^^f. I. f. 34 a. @m|)cbocr. carm. 134 ff., 
bei MnUaä) h, p. 4. 

*) (Siccro töitt [fcincrfeitö (Brutus 18) ben flufcntocifcn gortfd^rttt jcbcr 
^nji am ^eif:|3icl bcr 9Roterci ittufhiren , too man gucrft an^ nur im SBcfcnt* 



au« bcr ®t\ö)i6)tt bcr ÜÄalcrei. 55 

2. ®rö§crcö ®mid)t tcgt äÄagnu« borauf, bag bie „tid^rtraftt* 
gen f^arbcn", SRot^ unb ®ctb, im röntifd^cn unb griec^ifc^en 3l(tcrt{)umc 
^eröorrogenbc rcügiSfc unb f^mbolifd^c ©cbeutung genoffen pttcn, 
»a^rcnb im SSertauf ber d^riftfid^en B^ti^^c^nung bie ^eilige unb fcft* 
lid^e 59ebeutung berfetben aßmalig öoßftänbig gefd^unben fei, ja „ber 
gegent^eitigen äiuffaffung ^ta^ gemocht'' l^abe. 35a« beute barauf ^in, 
ba§ in ber erftgenannten ^dt ba« Sm^)finbung«öermögen für bie Ü6)U 
fräftigen i^arben entmeber aüein öor^anben ober bodi ber Smpfang* 
lid^feit für bie {id^tfd^toöd^eren nod^ er^eblid^ übeirlegen »ar*). 

®ciger finbet ein S^cidftn öon Slaubtinbl^eit (3Sertt)ed|dIung öon 
39(au unb ©d^roarj) barin, ba& S3Iou in bcr alten S^it JCrauerfarbe »ar, 
»ie man e« u.^3l. noc^ an ben ©ebräuc^en ber dirifttic^en Sirene fetie'^). 

2Diefe' Berufungen fönnte man nun ftreng genommen einfai^ 
barum at« unfrSftig abmeifen, weil fie im beften (?aHe junäi^ft b(o« 
für 35erfd|ieben^eit be« garben^efü^C« in atter unb moberner ^nt 
fprec^en unb njir oben gefe^en ^aben, baß bie ©efül^te fid^ bei gtcicf}* 
bteibenber Smpfinbung änbern fonnen. 

Dod^ ift c« nidfjt ol^ne 3ntereffe ju bemcrfen, bag in SBa^r^eit 
aud& nid^t eine fo toefentttd^e Umtt)anbtung ber ®efü^(e öor fid^ ge* 
gangen ift, atö mannad^ bem Dbigen glauben fottte, 

3Dlan fann öorab au« jeber auöfüJ^rfid^en Slrdjaologie erfel^en, 
bag im 2l{tertl^um nid^t, wie SWagnu« behauptet, bto« 9?ot^ unb ®elb 
^eiligen unb feiertti^en S^arafter gel^abt l^atten, fonbern auc^ bie übri* 
gen ©runbfarbcn f^mboüfd^ öertt)enbet toorben finb, jebe il^rem eigen* 
t^ümtid^en ®efü^(«d^arafter (ober i^rer S3ejic^ung ju gewiffen 5Watur* 
gegenftänben) entfprecfjenb. 

äßagnu« betont in^befonbere , baß in frül)er 3^it bie ®ötter* 
bitber rot^ angemalt toorben feien* 



ttd^cn (bcr 3cici^nung), crjl f^äter in SIttem (aud) im (Solorit) ^oßf ommcnl^cit an« 
gcjtrcbt unb crrcid^t tiabc (at in Aötlone, Nicomacho, Protogene, Apelle jam 
perfecta sunt omnia). 

») ^. a. D. p. 14, 15, 19, i)gl. ©labpone a. a. D. p. 11. 

^) Urf^rung :c., U., p. 390. 



56 Oh Slnä^atl^ic ber aWobcmcn 

!Da^ erjagten in bcr 2:f)at öerfc^tebene ©d^riftfteßcr. S^ ift aber 
bemerfenötüert^, bag^aufonia« (ögt.II,2,6; VII, 26, 11 unb VIII, 
39, 6) e0 öorne^mtid^ öon bcn ©tatucn unb ©d^ntfebUbcrn be« S)to^ 
n^fo«, §ermc^, "ißan, atfo ben ©ottl^citcn ber jeugenbcn 5Watur!raft 
unb beö btfi^enben, freubtgen Sebcn^ berid^tet. I)a^ ftimmt bamit, ba§ 
aud| bei ben3nbern unb Hebräern 9tot]^ bie garbe beö Seben« unb 
ber 8eben«freube toax ^) unb e^ crf (ärt fid^ barau« , bo^ bicfe Srf d^ei^ 
nung ben einfad^en 5Waturftnn am »armfien unb freubigften amnut^et. 
©ie ift baö naturlid^e ©l)mboI ber efftatifd^en greube, unb »ic fie 
^eute noc^ im Äinbermäl^rd^en (9Jot]^fä|3pd^en u. bgl.) eine 9ioüe fpielt, 
ift »0^1 benfbar , ba§ bie aSöHer in i^rer tinb^eit fie aögemttn an 
ben ©ebilben il^rer retigiöfen !Bic^tung fe^en »oöten, bereu Sefte fie 
in fröl^Iid^er Sluögetaffentieit begingen. 

©afür, bag bie mobernen (Sulturöölfer eine 2lntipatl^ie gegen bie 
,,tid^t!räftigen" unb eine größere SSorüebe für. bie „ttcf|tfcf|tt)ad^n" 
Sarben l^ätten, ttjeig 3Kagnu^ btü^ eine S3emer!ung öon Stoalb al^ 
Seleg angufül^ren. !DerfeIbe fagt namlic^ (bie iJatbenbewegung I, h 
p. 60)': ,,5Die Slnfid^t über ®elb muß fi^ im Saufe ber 3eit unb mit 
bem SBed^fel bcr teitenben Sufturöölfer oerfc^oben l^aben. Die Steigung 
ber 9iömer für ba^ ®etb muß gu groß getoefen fein, ate baß fie eö 
l^ätten bem gefürcf|teten unb t)erl)aßten 5Weibe jufd^reiben fönnen; bie 
©^mpatl^ie für ba^ ®etb bei un« muß fo gering fein, baß »ir lein 
S3ebenfen tragen, e^ gur Seibfarbe be^ SWeibe^ gu erflären". 

Slßein n)er bemerlt nid^t, baß e« nur burd^ eine große Unge== 
nauigfeit unferer Söeife ber ^örbenbejeid^nung gefd^ie^t, baß ber fon* 
nige ®(anj be^ ®oIbe^, bie garbe be^ ©afran unb mand^er fd^önen 
©tume — ßrfc^einungen mlä)c aud) unö lieb unb erfreulid^ finb — 
benfetben 9iamen tragen mie biejenige, miä)t tt)ir mit ber 35orfteüung 
be^ SReibe^ affociirt l^aben, 2)iefe ift ja ein fd^mufeiger ^arbenton. 



•) 3n bcr inbifd^en ^rimurti war bcr jcugcnbcn, fd^affcnbcn ©ottl^cit bie 
rotlfic garbc eigen. 

9^ad^ @en. 38, 28 banb bie iffiel^muttcr bemieuigen bcr ä^ittingc, bcr ju* 
erfl in'ö lOebcn treten toottte, einen (Soccuöfabcn um bie ^anb gnm ätx(iftn M 
frill^crcn Gebens, ^äl^r, e^mboli! I., p. 334. 



gegen ®e(b? 57 

grünßdi, fal^I-*), her ©cfid^t^farbc bcffcn 5f)ntt(f), bcn bic ©dicetfuc^t 
öerje{)rt unb cbenfo tDibcrlid^ njtc btefc")* » 

©oct^e ^at ((Farbenlehre §. 7G6 ff.) biefe öerfi^tebene SBtrfung öer^ 
ft^iebener S'iuancen be0 ®elb nac^brüdticfi ^eröorge^oben. 

„S)a6 reine ®etb, fagt er, befifet eine l^eitere fanft reijcnbe 
©genfd^aft; [tarier ®etb onf gtängenber ©eibe, j. «. auf ättaö, t^ut 
eine pxa6)tiit unb eble Söirfung • . ,^)®e{b ntac^t burd^au^ einen toarmen, 

bel^agtid^en Sinbrud u. f. ft) SBenn man burd^ ein gefbe^ ®(a« eine 

8anbf(^aft anfielt, »irb ba^ Singe erfreut, ia^ §erj auögebel^nt, ba^ 
®tmM) erweitert; eine unmittelbare Söarme fc^eint un^ anju^e^en". 

„SBenn nun biefe garbe in i^rer Steinzeit unb ^eöem B^^Pöube 
angetiel^m unb erfreulid^ ift, in i^rer ganjen Äraft aber ettoa^ §eitere^ 
unb ßbleö l^at, fo ift fie bagegen äugerft empfinbtid^ unb mad^t eine 
fel^r unangenel^me Söirfung, njenn fie befd^mufet . . . tt)irb. ®o Ijat 
bie Sarbe be^ ©d^lpefel«, bic in'ö ®rüne faßt, etwa« Unangenel)me« . . . 
J)urd^ eine geringe unb unmerMic^e Semegung tt)irb ber fc^öne @in* 
brud be« fjeuer« unb ®otbeö in bie (Smpflnbung be« Sotl^igen Der* 
toanbclt unb bie ^arbe ber ß^re unb Sonne jur ^Jarbc ber ©c^anbe, 
be« 2lbf d^eueö unb üRipel^agen« umgefe^rt'' u. \. to. Unb tt)a^renb 
fo ein 51Äoberner bie burd^au« f^mpat^ifd^e SBirfung be« reinen ®etb 
^jreift, fe^en wir entgegen einen Sitten, §oraj, ben fd^mufeigen 5Wuancen 
ber ^arbe benfelben unerfreutid^en (Sl^arafter jumeffen, tok toxx eö aucfi 
tl^un* ®ie fonnte ber genannte ©id^tcr fonft öon luteus pallor 
fprec^en (Epod. 10, 16)? (gr meinte eben aud^ nidfjt benfelben Jon, 

tt)ie SStrgil in ber ©teile: aurora roseis fulgebat lutea bigis. 

SÖcnn man unter „lid^tfd^njad^cn" garbcn bic getöbtctcn unb unauSgc* 
\pvo6)tntn tocrfie^it, bann fann man Ättcrbing« i)on ber mobcrncn SÖelt mit ge* 
toiffcn S3cf darauf ungen fagen, fic Betorguge biefcIBcn tor bcn lid^tflarfen. 

^ieÄeid^t fd^njebtcn biefe 2:ii>atfad^en 3Jiaguuö mit öor. 2)ic ftäbtifc^e gebil* 
bete S3ei)blfcrung, inöbcfonberc im mittleren unb nbrblid^en (guro!|3a, KeBt in Ä(ei= 



*) 2Bir fagen auä) „blaff er 9'ieib", toic bie 9lbmer lividus unb munb* 
artUc^ felbft ,,grün öor 9Zeib". 

^) @6 mag fein, bag aud^ bad fted^enbe ®eIB fo mand^er giftiger ^l^iere 
bcn Slbfd^eu an biefen S^önen vjcrmel^rt unb baju Beigetragen l^at, ba§ bie garbc 
bem „giftigen 9'leibe" jugebad^t toirb. 

^) 3n a^'ma barf nur ber Äaifer gelbe @cibcnrobcn tragen. 



58 3n toct^em @tnnc unb tt>axnm 

bung, 9Rö6e(n unb ©d^mudE bcr Söänbc in cttocld^cm ©cgenfa^ ju früherem ®e^ 
fd^macfe gcbrod^cne unb unfd^eiuBare garben. 9Kan l^brt bötum oft bie Älagc 
erl^cben, baß i^ir ©cfü^I für ben fmnKd^cn Sinbrucf aß^nfe^ir abgeftorBcn fei. 

^un ift mol^I bcnfbqr, ba§ bei ©cbilbctcn pi allen St^ittn, unb ba bie 
mobenie ©itbung meljjri alö frühere auf bie 3nner(id^feit gerid^tct ip, bei ben l^cu* 
tigcn ntel^v at^ cli>ebent, ' mit beut toad^fenbcn 9leic3^t^ium be« inneren Gebens bie 
Snft an ber unmittelbaren ©inncnerfd^cinung tttoa^ gurilcftritt, totil fid^ an bie 
affociirten ^^orftettungen })'6f)txi grcuben fnü^fen. 

Mein ein tobttig feinblid^cS ^erl^ältnig befte^)t Ja gtoifd^en bem inftinctitoeu 
SBol^tgefaffen an ben (Srfd^einungen unb bem ftreng äft^etifd^en @enu§e burd^auS^ 
nid^t. (S6 flarft im ©cgent^ieil oft eine inftinctitoe ?uft bie äfl^etifd^e, njie anäf 
eine Unlüft fie ftört, unb mu§ barum ber ^ünftler auf: inftincti^e« ©efatten unb 
SJligfatten an ben ^orftettungen toei^lid^ 9iüdfid^t nel^men. Unb fo fann id^ benn 
aud^ nid^t finben, bag tl^atfäd^Iid^ unfere !?uft an garbcn fo fel^r, toie man gfauBt;. 
i)crfümmert fei. 9'Jid^t Ho« fofd^e, bie fclber biefe Äfage erl^eben, fmb getobl^nlid^ 
©emeife für ba« ©egent^ieit "), fonbern faft alle ©ebilbeten geigen aud^ l^eutc nod6 
große« SÖol^IgcfaKen, ja (Sntgüdfen, an ©rfd^einungen toie ein Sll^englü^en, @on*= 
nenauf* unb Untergang unb gn^ar an ber i^id^terjd^einung felbft. 

S(ud^ am ©emätbe, too ^llle« aufeinanber Bered^nct ift, lieben. tt)ir 
Icbl^aftc garben, unb bie« fülfirt un« auf ben ^ern ber @ad^c. S)ie ftar!cn garben, 
am meiften reine ober nalj^egu reine ©runbfarben, »erben leidet bi«^armonifd^ ; 
ba« relatit} garblofe, bie ungefättigten unb unentfd^iebenen S^inancen erforbern eine 
weniger große Sorgfalt ber 3"fömmenorbnung um nid^t unangenehm pi berül^ren. 
So k^tcre nirf;t in unferer SJiad^t ftcl^t, meiben loir barum bie Icbl^aften Stinten. 

Sir tibren ja loo^il aud^ eine fd^öne menfd^Ud^e @timme an unb für fidb 
lieber fingen a(« \pxtd)tn, Slttein toenn im @a(on aß« burd^inanber fangen^ 
Jüürbe, »a« für fid^ allein fd^ön ift, in Serbinbung mit Slnberem bi«]&armonifd^, unb 
barum toünfd^cn tt>ir, ol^ne eigentlich mclobicnfeinblid^ gu fein, eine toeniger melo* 
bifd^e 2(rt ber Sleußerung bei ben (Sinjetnen. Slel^nlid^ ge^t e« un«, loie mir fd^eint, 
mit bem farbigen ^6)mnd ber Kleiber, SD^bbel unb Sänbe. 

Sir toasten garben, bie mbglid^ft ju jeber Umgebung, über bie n?ir nid^t 
$err fmb, |3affen. ^n^ biefe getbbteten „äRobefarben'' ftnb ja nid^t o^nc atte 
5lnmutl^ unb um loa« tt)ir burd^ ftc njeniger leb^iaft erregt n)erbcn, um, ba« ift 
au6) bie ©efal^r geringer, bag fte in ben gatt fommen un« eine bebeutenbe Unlufl 
gu bereiten'). 



*) 3. SB. ©oettie. 3Wan fclS^c fein @ntjüdcn {„inm S^ärrifd^toerbcn'O über bie 
garbcn ber itatienifd&cn Sanbfd^aft, ba« himmelblau, ba« ©lau be« §0icere«, ben 
2)uft bcr gemcn u. f. »., bie materifd^e Äleibung ber 9'iea^)oUtaner. (Italien. 
SÄeife, 9eom 18. 5luguft, 24. «Roöember. ^taptl, 29. 3Wai u. i?.) 

') S3ei ber ^leibung fommt nod^ i^inju, ha^ neben lebl^aften garben bcr* 
felben bie garbe bc« ©eftd^te« aU^n unfd^einbar n)ürbe unb gurüdträte. grauen 



Bctoorjugcn »ir fd^toad^c garben? 59 

@ö ift aber nid^t unbenfbar, ha^ bic mobernen Sulturtoblfcr l^ierin fein* 
fü^Iigcr gcttjorbcn fxnb, aU t9 frü^iere toaxtiu ig« f^jred^cn bebuctitoc SBctrad^* 
hingen i?on einigem ©crtjid^te bafür, bie id^ njenigftenfi für ttjertl^ i^alte ton ^aö)» 
funbigen geprüft gn tterben, 

3öir fül^rten frül^er bie Verfeinerung bc« ©efü^Iö für beliebige @inne3* 
in^altc auf eine größere 9icigung gu reinen Suftgefü^Ien ber betreffenben 3[rt unb 
(gm^finblid^feit für Untuft gurüdf unb erfannten biefc al6 eine golge ton (Srfalfirung 
unb OelDöl^nung. 3e reid^er unb umfaffcnber aber bie (Srfal^rung ifl, bcflo mel^r 
be6 ©Uten unb SBeffcren hjirb bem (Sinne begegnen unb ein befio getoö^Iterer 
©efd^ntad toxxh bie golge fein. Unb fo ifi ftd^er gu crtoorten, ba§ im ®ro§cn unb 
©anjcn mit bem gortfd^reiten ber (Suttur jcbe 2lrt toon finntidbem ©efülj)! (@inn 
für S33c^>lgefd^ma(f, SBo^lgerud^ u. f. to.) ftd^ verfeinere. %m mcifien gilt e« fidler 
toom ®efü^I für garben unb 2:i5ne, baS in fo ausgiebigem 3Jiage S8unbe«genoffe 
bc« l^ö^eren, auf Slffociotionen beru^enben, SBo^Igefatten« an; S^orftettungen pi 
»erben vermag. 

@« mag freilid^ bei einzelnen 3nbitoibuen, ja auä} bei gangen Golfern ge* 
fd^eben, ha^ il^r ©efd^madf burd^ bie Söcfonber^eit il^rer ^rfaljjrung unb ©eivöl^nung 
verbittet h?irb — ^ier mel^r, bort tvenigcr, ^lier in biefer, bort in einer anberen 
SRid^tung; aber be^nen toir unfere 33eobad^tung über bie ©efammt^eit ber Sul- 
turvölfer unb große Bcit^äumc au«, fo ift gu ern^arten, baß in einer fotd^en 
SD^enfd^enmenge, ber eine genügenbe 3)^annigfaltig!eit von (Srfa^irungen vorliegt, 
guerft bie von 9'Jatur am beften bagu aufigcrüfteten Snbivibuen, f^dter aud^ anbere 
unb immer mehrere, (Srfaljjrungen von reinerer !?ufl mad^en at9 fte biöl^er fannten 
unb ba« ungetrübte SBo^Igefaßen fann, burd^ genügenbe ©enjö^inung unterftü^jt, 
im ?a«fe ber 3cit nid^t anberö al« über ba« unreine obpegen. 

3n ber SWuftf ^^aben ivir fo einen [entfdbiebenen gortfd^ritt über ben ®e* 
fd^maci Jvo^it atter frül^eren ^titm ^inau« Qtmaä^t Unb toie auö ben (Srfa(irun* 
gen ber Sajirtaufenbe eine im ©roßen unb ©angen immer vottfommenere äRelobi! 
unb ^armcnif *) l^ervorgegangen ifi, fo ivürbe e« mid^ nid^t ivunbern, n>enn wir 
aud^ in SBegug auf garben') burd^ fortfd^reitenbe (Srfal^rung, feinfül^Iigcr für baö 



toö^Ien fd^on unter ben „3Wobefarben" je nad^ bem 2tu«fe]^en ili>re« ©eftd^te« 
anbere unb anbere, unb um in einer glängenben Umgebung fid^ geltenb gu mad^en, 
muffen fie gur ©d^minfe greifen. SD^iänner tieben e« in il^rer tieibung nid^t auf* 
gufaüen unb toie ^otje fagt, „fid^ in ber 9Wenge gu verlieren". 2)em fommt ber 
uniforme fd^toarge, braune ober graue 3lngug gu ^ilfe, 

*) 2)iefe ift befanntUd^ au« ber erften tiervorgegangen. 2)ie (Srfal^rungen 
über Sufl unb Unluft ertvedenbe $:onfoIgen ivaren ja nalSieliegenber unb teid^ter 
gu mad^en al« bic über 3ufammen!(änge. 

^) (S« ift nur in 3(bgug gu bringen, baß bei garben mel^r aU bei 2:bnen 
S^iatumad^a^imung in ^etrad^t fommt unb neben ben über ba« ©efallen an garben 



60 ^f<»w "ni> Violett 

©untc unb S)i«l^annonHd^c gctoorben tüärcn. Söir fmb bann nici^t uncm^jfinbUd^er 
für btc 2u% aber em^finblid^cr für bic Unluft gctüorbcn unb f dalagen barum 
mand^e (Srfd^einwngcn toon gcmifd^tcm (Sl^araftcr au9, lüä^rcnb grü^jcrc unb totcl* 
Ux(S)t im ©ro^en unb ©anjcn atte grüneren toon bcr Beigemtfc^tcn Unluft töenigcr 
aU töir gcftört iburbcn. 

@^ erübrigt nod^ ein Söort ju jagen auf ®etger'« Semerlung, 
ba§ 33 tau neben ©d|h)arg bei ben alten SS6(fern SCrauer färbe n)ar. 

©trenge genommen njar e^, n)enigften« bei ©ried^en unb 9iömern, 
ni^t «lau, forjbern 3SioIett (audi mf)i ©unfefgrfin) '). SRit bunfel* 
öiotenfarbenen Sänien umtoanb man bie ©rabftelen. 9lud^ d^riftlic^e 
ßutte l^aben SSiolett, nid^t ©lau, al^ Srauerfarbe beibel^atten*). 

aWogcn aber auc^ beibe Sarben einft biefen Sl^arafter gehabt 
l^aben, jiebenfaü^ begrunbet ba^ leinen Oegenfa^ jmift^en antüer unb 
moberner ©efö^tetoeife. !Denn autf) für unfere ßmipfinbung ncl^men, 
n)ie JRot^ unb ®e(b an ber frcubig erregenben SBSirfung be« Std^teö, 
fo SSiotett, IBunfetgrün unb !J)unfe(btau in etma« an bem freubtofen, 
l^erabftimmenbcn Sl^aroher be^ 2)untct^ Xi)tiL 

3. SRouj^j fagt urni SSioIett: !Da« 2luge !ann nid^t lange auf 
i^m öertoeifen; e^ ftimmt jur Iraner, ©oet^e nennt ba^ bunfelbtaue 
aJieer in Palermo „ernftl^aft, jubringUd^" (Italien. 9?etfe, Palermo, 
3. 2lprit), fprid^t in feinem ®ebid)t „bie Sibeße" t)on einem „traurig 
bunWen Stau'' unb fagt in feiner Farbenlehre (§. 782 unb 784): 
Sdlam^ ®ta^ jeigt unö bie ©egenftanbe in traurigem 8id^t. . . Stau 
gibt unö ein ®efü^I öon Staik u. f. \ü. S3ei ben S^inefen f^mbo* 
tifirt Stau benn aucf) l^eute nod^ bie Iraner, Unb icf) finbe eö aud^ 



an unb für pd^ geltcnbcn ©cfe^cn toom Äünftfcr Ijerüdfid^tigt ttjcrbcn muß. '^ud^ 
\pitltn Der 9flatur bcr @efid^t«cm|)finbungcn gemäg garbenfolgen eine geringere 
9ioßc ai^ Harmonien toon gteid^geitigen (Srfd^einungen. 

') S)te fc^iüarggrünc S^^reffe unb bic $inie »aren ^i(b ber Strauer. S5gL 
2len. IL, 713; ^Un, XVI., 10. 

*) 2)aö blaue t(eib ber a^aria h?ar nie 2:rauerf (cib , toie ©ciger angibt, 
fonbern f^mboUfirtc ftet« bic ^immel«!önigin. S$gl. m\}x, @^mboUf L 

^) 2)ie garben. (Sin ^erfud^ über 2:ed^ni! alter unb neuer SWalerei 1824. 
p. 5 unb 6. 



a(« S^rauerfarbc* 61 

begreiflich, bag l^in unb wteber ein aSoH barauf öcrfaßen tft unter 
bcn Farben, bie gur ÜKetanc^oCie ftimmcn, ntd|t einjig ©d^njarj, bie 
büfterftc unb troftfofcfte ßrfd^cinung, fonbcrn neben tl^r aud^ 3JioIctt, 
Dunfetbfau u. bgt. jum S^rauerfdimud ju Dertoenben. 

Da^ §erbeijie^cn atter biefer Srfd^einungen Don @eite be« 
2:rauernben berul^t auf bem ®efc^e, bag gteid^jeitige Untuftgcfü^te, 
bie öon einer ein^ettlid^en äufmerffamfeit umfagt »erben (wie and) 
unter ber gfeid^en S3ebingung jufammenauftretenbe Suftgef fi^te) , fic^ 
gegenfcitig berftdrfen, toaf)vmh 8uft unb Unluft, jugfeid^ auftretenb, fic^ 
ftorcn. Um biefe« Bi^f^mmen^ang^ ber ©efü^te Witten entfernt, tt)cr 
einem ©dornet je fidft Eingeben Witt, ba^ fiufterwedenbe {2id)t, freubige 
(Farben, l^ette SfSnge u. f« ».) unb fuc^t, um fein ©efü^I ju nähren, 
pofittöe Unfuft (Dunfef, bumpfe tlänge) *)♦ ffifi^renb aber ber to^e 
9'laturmenf d^ , wenig wa^Ierifd^, feinen ©innen ieglid^e^ 8eib gufügt 
({Raufen ber ^aare, ©d^fagen ber ©ruft, ^nniexqt^ü% Sammergef^rei 
ber Äfageweiber u. bgl,), fud^t bie fortfc^reitenbe ßuttur bie gur Unter:^ 
ftüfeung ber fd^merjfii^en ©timmung paffenbffen ÜKittel, unb fofi^e finb, 
wo e^ fid^ um einen ebten unb bered^tigten ©dimerg ^anbeft, nid^t bie 
t)otti0 freubtofen unb wiberwärtigen Srf (Meinungen, fonbern fotAe, bie 
ein au« ?uft unb Untuft gemifdite« ©efü^I erwedtcn. IBie ©etrübniß 
um etwa«, wa« unferen ©d^merg oerbient, ift ja fefbft feine reine 
Unluft, fonbern wie jebe eble ®emflt]^«bewegung öon einer gewiffen 
©efriebigung begleitet, Sntfpredfienb wo^ft benn g, S. bie Trauer* 
mufif atterbing« JConfStte unb 9i^t§men, bie gu ©c^wermutl^ ftimmen 
(fei e« burd^ äel^nlid^feit mit bem fd^werfättigen 3wg ber trüben @c^ 
banfen, fei e« burd^ SSlel^nlidifeit mit natürlichen Sleugerungen be« 
©d^merge«, fei e«, weit fie birect Unfuft erwedfen, wie !J)iÖl^armonien 
unb bumpfe Klangfarben), aber überatt nid^t fofdfie«, toa^ rein miß^ 
ffittig wäre, ni^t öerle^enbe 9i^tf)men unb SConfatte, fonbern fotd^e, 
bie birect ober inbirect gemifd£|te ©timmungen ergeugen, nid^t ft^reienbe 
®i«l^armonien, fonbern mangelhafte Harmonien wie ba« äWott unb 
ebenfo Äfangfarben öon gwiefpältiger Sßirfung, 



*) @d^on ba« Id^moIIenbc tinb trcifl, um nid^t au8 ber Stimmung gc* 
Brad^t gu ttjerbcn, Siebfofungcn unb ©efdi^cnfc gurüd. 



62 Prüfung bcr Slrgumcnte 

J)aöfc(bc ©trebcn ^at jur 2Öa^( bc^ farbigen S^rauerfc^mude« 
geführt. 3Kan fud^t Sid^tcrft^cinungcn, bic eine burc^ Untuft gcbämpfte 
8uft cmcdctt toie SBiotett, Snbigo, 8i(a^). 

®ag bte mobcrncn europätfc^en Sutturüötfer biefc Serben ntd^t 
üte JCraucrfc^mud öcmcnbcn, crllort ftd^ iiool^I barou«, baß fic, iiotc 
iioir oben criioa^ntcn, auö mc^rfac^cn ©rfinbcn übcrl^anpt eine große 
^ingejogenl^eit in ben Farben an Äleibnng unb Sol^nung lieben. 



2. 2luf bem ®ebiete ber alten Siteratnr urib ©prad^egtanbt 
man nic^t bloö öereinäefte Slnbeutnngen ber Sntiioideinng be^ tjorben* 
finne^ ju treffen, fonbem t^ren ganjen 3SerIauf beuttic^ iioiebergefpie* 
ge(t jn fe^en, nnb e« ru^t barum ein befonbere^ ®mxd)t baranf, baß 
tüir btefe Srfd^einungen, bie üor anberen auf bte §l)pot^efe ber ^ar* 
benbfinb^eit geführt ^aben, obne fie erKSren. SD? an toitt befonber^ 
beutüc^ in ber ®efd|id^te ber inbogermanifj^en ©prad^en jene Snt* 
tt)i(ie(ung auögefprod^en finben unb am einge^enbften ^at e^ SBeife, 
bie t)ön ®eiger, SWagnu^ unb Slnberen gebotenen 5Daten jufammen* 
faffenb unb bereic^ernb, barjut^un gefud^t. 

„S^ (äffen fid^, fagt er (a. a. D. p. 273), in ben inbogerma* 
nifc^en ©prad^en am frü^eften SluöbrüdEe nad^toeifen . . . für 8id^t unb 
5DunfeI, SBeiß unb ©d^toarj. . . . 33on ben ^^arben... mürbe guerft 
Dtot^.;. wahrgenommen.'' Später „famen aßmafig bie oerfd^iebenen 
Dlüancen be^felben bi^ jum ®e(b ^inju, bann ®e(b fetbft, nod^ fpäter 
erfolgte bie Äenntniß ber grüngelben unb grünen ^arbe ; am fpateften 
aber ift bie ©efanntfd^aft ber 3nbogermanen mit bem au^gefprod^enen 
Stau unb beffen ©diattirungen bi« jum SSiotetten nac^ioeiöbar'^ @o 



*) äJian fd^reiBt ilfinen ben (S^araftcr mc(and^onfdf)cn @rnftc«, fanftcr @d{)tücr» 
mut^, unrulfitgcr ©c^nfud^t ju. [^qL SBunbt, a. a. O. p. 441; ®oet^e §. 777, 
789.) @« Üegt bic8, toit beim SD'iotta'ccorb unb getüiffcn Klangfarben, fid^erlid^ 
baran, ba§ ftc toon einem mit Untufl gemifd^ten SÖo^Igefaßcn begleitet ftnb. SBir 
finben bicfe 9)'itfd^ung ä^nlid^ bcm ,/fü6en 2eib" fcl^nenbcr Wltlan6foiit, in ba8 
un« gctt)tffe Lebenslagen toerfenfen, unb geben um ber ^el^nUdfjfcit toißen ben ^a* 
men biefer com^Iicirteren ^f\?d^ifd^en äuflänbe aud^ jenen einfaci^ercn jinnlid^en 
tSefü^ren. 



au« bcr alten Literatur unb ®^rad^entt»i(felung. 63 

fennt j. 35. niijt bM ber 9?igt)eba unb Slocfta, fonbern auc^ §omcr 
fein ®rün unb (iioic aud^ bie Sßibd) fein 33(qu ^). 

§tcr ift nun öorob ju bemerfen, baß eine in ber ©ejeic^* 
nung ber ??arben ftattge^abte Sntnoid e(ung, attgemein 
gcfprocfien, nid^t« für urf|)rüng(id^e ^arbenblinb^cit 
beiücift. 

gflr'^ Srfte laffen Ja unfere früheren Erörterungen erwarten, 
baß, mic bei febem Onbiüibuum, fo auc^ beim @efcf|Iec^te, eine ®nt* 
tüicfelung be« ©eurtl^eitungööermögenö ftatt^atte. ®em 
tinbe a^nli(^ h)irb ber Urmenfc^ an Dielen g^rbenerfd^einungen bie 
Unterfd^iebc nid^t bemerft ^abcn unb ba ba« ßlaffificiren 9Sor(äufer 
be« ©ettennen« ift, jog bie aümälige Slu^bttbung be« Urt^eife auc^ 
einen bfo^ fcf|ritttt)eifen ®ang in ber ©Übung ber Segeicfinungen nad^ fic^. 

3tt>eiten« muß aber ^eröorge^oben merben, baß überbie« ba« 
ttnterfd^eiben ber ßmpfinbungen nod^ nit^t not^tpenbig ein unterfd^ieb* 
fif^e« S3ejeid|nen berfelben mit ficfi brad^te unb ba« benennen fein 
tioKig juüertaffiger Orabmeffer be« Staffificiren« ift. 
®ie Sprache ift nid^t au« einem 33eftreben entftanben, ba« einfame 
3)enfen burd^ ein paraßefe« ©l)ftem üon finnüj^en 3^i^^n ju fl)m* 
botifiren. S« gibt feinen fofc^en Irieb im 2Äen)d|en. ^m ©^jradjbit«' 
bung führte b(o« ba« SSerfangen nad^ SJlittl^eilung, unb barum tt)ur* 
ben auc^ bie 2Iu«brudE«mitteI nur fo toeit ein genauer 3lbbrudt ber 
©cbanfen, a(« e« ber ^md ber 23erftänbigung unumgänglich er^eifd^te. 

Um bie« beftätigt ju finben benfc man ^ier junäd^ft an bie 
tnetajj^orifd^e unb metonljmifd^e 3Sertt)enbung üon ©e*» 
jeidfinungen, öon ber oft gejagt ttjorbcn ift, fie fei eine Sßot^toen* 
Mgfeit be« fprad^Iid^en 2lu«brudte«^). ©ie ift e« in ber 2:^at h)enig=* 
ften« für ein fofd^e« 2lu«brudt«mitte(, ba«, wie bie 3So(f«fprad|e, o^ne 
SSerabrebung entftanben ift. 5Wie ^at man ein üöttig »ittfürtit^e« ^ti6)m 
burj^ au«brüdt(id|e Uebereinfunft in feine 35ebeutung eingefefet ; immer 
öerbanfte e« entiioeber feiner natürtid^en ®efta(t ober ber il^m bereit« 



') 5501. aud^ (Seiger, Urf))rung II., p. 250 ff.; 55orträge p. 46 ff.; 3«agnu«, 
©efd^id^tUd^e ©nttvicfelung, p. 19 ff. 

») SSgl. 5. 33. m. ©ottfd^att, ^oetif p. 155. 



64 mt\}v^ad}t ©rünbc 

affocürten SScbcutung bic SBal^t jur Scjcit^nung irgcnb eine« @eflen*= 
ftanbc«. Dabei fonnte e« aber niijt au^btetbeit, baß man, »ie e« nod^ 
ba« Ätnb in untfaffenber SBeife t^ut, ofiowfia Ttgog k'v unb xar 
ävaXoyiav btlbete, b» ^» ein SBort gelegentttj^ ffir einen 3n^a(t an* 
iioenbete, ber mit bem frül^er baburc^ bejeid^neten nid^t ibenttf(^, fon^ 
bern b(o3 bnrc^ irgenb ein nalürUc^eö Sanb ber Sbeenaffociation der* 
fnüpft mar. 3Äan unterfc^ieb beibe Oegenftonbe noo^t, aber l^offte nat^ 
Slnalogie jn früheren ä^nlid^en Erfahrungen, baß ber bereit« belannte 
9?ame be« einen, ben $örer im befonberen 3wfttmmenl^ang ber Um* 
ftfinbe aud^ auf ben ©ebanlen an ben anberen bringen »erbe. @o 
fam e«, baß j. SS, für ^oti) unb ©(^on, ober ffir 33(onb unb ©anft 
ober ffir S5Iume.unb gatbe in irgenb einer ©prad^e ba«felbe SÖort 
bient^). ®d^on barum barf man natfirO^ bie 3^^! ^^^ öerfd^iebenen 
f^jrad^tid^n ©ejeidjuungen (in^befonbere toenn man einjetne SBort* 
gattungen wie ©ubftantiüa , Slbjectiöa u. bgt. außer bem 3iif<iinmen* 
l^ang ber 9?ebe unb aller fibrigen Umftanbe betraj^tet) nid^t fd^Iec^t* 
weg af« ^ö^emeffer ffir bie 3^^! ^^^ unterfd^iebenen ®eban!en anfe^en. 

T>od) ettoa« Slnbere« fommt ^in^u, »a«, in«befonbere ^infid&tlic^ 
ber ^arbenbejeid^nungen, nod^ tt)id|tiger ift 3(^ meine ben Umftanb, 
baß man Oualitäten, obfd^on man fie unterfd^ieb, mit bemfetben 5Wamen 
nennen mod^te, »eil ber Unterfd^ieb ju geringfügig erfc^icn 
um eigen« angemer!t gu werben. 

©enauigfeit ift unbequem unb wo fie entbe^rtid^ ift, gebrauefit 
man gerne öage Sejeid^nungen , bie l^öc^ften« etwa« ju wenig, nicf|t 
leidet JU üie( fagen unb barum nid^t in jebem ??a(( angftfid^ abgewogen 
werben mfiffen. 3Kan mad^t abfid^t(i(^ fotd^e unbeftimmte' 333enbungen, 
nid|t b(o« bamit fie ber Unwiffen^eit gu §i(fe fommen, wo unfer Ur* 
tl^eil nid^t über ein Ungefähr ^inau«!ommt, fonbern aud^ bamit fie ber 
^equemlid^feit be« 3lu«brudt« 9Sorfd^ub leiften, wo ba« SSerftänbniß 
feine größere ©enauigfeit verlangt. Umfome^r unterfaßt man e« — öor 



') Sludö tüir Braud^cn oft garBennamcn äquiöof, tüo bie attgcmein 6c* 
fannten Umjlönbe ben 3JJangcI be« 2fu0brud« ergangen. 2öir nennen hk bunfel* 
öioJette §\?acint]^c im ©egenja^j jnr rotl^en unb njeigen „fd^njatj", »ic Zf)to^^xa^ 
baS violette 55eitd^cn fislav nennt im Unterjdfjieb öon ber ?eto!oj[e (Xsvtiov) unb 
bem gelben ?adf (x^dxeoi'). Sir fagen ©d^twargBrob u. bgl. 



für (Sntnjtdelung bcr garBcnScgcid^nungcn» 65 

SMem in nid^t tec^nifd^cn Sreifen ^) — für jcbcn Untcrfd^icb, bcn man bt^ 
merft, einen befonberen 5Wamen gn bilben. jDer popnlaxt ©^racfigebranciö 
bejetc^net oft, fe^r wenig ängftlid^, aüe STone üon ber ®renge beö (Srün 
bi^ an'^ obere Snbe beö ©pectrnm fnrgweg aU SSian, nennt Dronge 
ge(b n. l w. (Sr bejeidjnet biefelbe i?arbe bafb alö ®rau, batb a(^ 
SSian (ntand^e SBoIfen, Saoenbel u. bgl.) nnb ertaubt fid) anbere 
aönlit^e grei^eiten, fo oft ber betreffenbe Stn^brncf genügt um bie Sr* 
fc^etnung, bie man im Singe f)at, fo weit gu lennjeid^nen, atö e^ ber 
3toe(f ber SWitt^eilung gerabe er^etfd|t. 

5luf niebrigen ßutturftufen ift ba« Sntercffe an genauer ©e* 
jetd^nung nod^ geringer» ®ie $)afota unterfd^eiben ®rün unb Stau, 
nennen e^ aber nic^t oerfdjieben, unb ebenfo ift c« .t)ießeicf|t eine bCogc 
Ungenauigfeit be« Sluöbrudf«, wenn (wie ©eiger a. a. SD, IL,, p. 315 
anfül^rt) in ben finnifd|tatarifd)en ©prad^en für ®rün unb ©lau bie* 
felbe S9egeid|hung bient unb nad| ©djWeinfurtf} ^) bie nubifd^en 3Äo^^ 
Icmin in 2lfrifa für ®rau unb ®rün nur baö SBort achdär unb für 
S3Iau unb ©c^warj jufammen ben 9'iamen äsrak l^aben^). 



*) Tlakv, %äxhtx n, f. ttj. ^abzn natürltd^ mcl^r untcrfd^icblid^c ©cgcid^* 
nungen, ho6f aud) bei Söcitem mä)t für alle ^üanctn, bie fic tt>af)xnti)mtn, SÖßo 
eine SRotl^ eintritt, rufen fie bie bcterminirenbe Äraft bc« Sufantmcnlfiangö bcr 
9iebe unb anberer Untjlänbe ju $ilfe, fo h)ic frül^er auä) öon bcr 35oI!«f^rad^e 
crtoäl^nt tourbc. 

') 3m ^erjen «Kfrifa^S, 2tipm 1^74, SBb. II, p. 175 citirt Bei Äraufe, 
Äo0mo8 I., p. 272. 

•) a^an fann ^ier unb fo nod^ in anberen gäßen ftreilen, oB eine ^er:* 
fd^toommcnl^cit bc0 SCuöbrucf^ ober eine ^equiöocation toorUcgc. Unö fommt nur 
btirauf an, ba§ man im Singcmeinen brcierlei auSeinanbcr^alte : 

1. ©cBraud^ be«fcI6en iRamenö für gtücl @m|)finbungcn, g. 33. 8Iau unb 35ioIctt, 
\otxi man il^ren Unterfd^ieb enttoeber üBer^au:|3t ober im StugcnSUtf nid^t Sc* 
merft (55ertt)ec^elung ber ^orjiettungcn) ; 

2. tt?eil man vertraut, ha^ anbere Umftänbc crKären, ttjcld^e toon Beiben man 
meint (fd^arfe 5lequii)oca); 

3. weil e« auf SlngaBc be8 Unterfd^iebe« nid^t an!ommt (^erfd^trommen^eit beö 
2lu«brucf8 au« Scqucmlid^feit). 

3m ©injelnen mag oft fd^tuer fein ju fagen, h)o bo8 eine ober anbere an== 
fängt. 3(Ber e« fd^cint mir unleugBar, baß aud^ ba« sub 3 (genannte flatt l^at, 
ba§ man nömtid^ guttJcilcn ©cgenftänbe, bie man untcrfd^cibet, mit einem 9?amen 

SWart^. fjatbenfinn. 5 



66 ©ntoanb au« bcr Bcfonbcrcn Söeife ber C^nttoidelung. 

dtxoa^ Se^TiHd^c^ mod^tc an6) bei unfcren SSorfa^ren in früher 
3ett ftattliabcn unb fo bemeift a(fo au« ntel^rfad^em ©runbc Snttoide^: 
tung bcr iJarbcnbcjei^nungcn allgemein gef^)rod^en nitfft« fflr Snt^ 
»idelung beö ßmpfinbmigööermögen^* 

3lnberö, toenn eine befonberc Seife ber Sntnoicf elung ftd^ 
geigte, bie nid^t au^ urf^^rünglid^er SWangel^aftigfeit be« Unterfd^eibung^* 
öermogen^ ober beö 3ntereffe« für ejaftc öegcid^nung erWärt »erben 
lönnte. @o((^e Srfd^einungen fü^rt man aber in ber 2^^at an, 

ÜDie iJarben foßcn Ja, iioie toir ft^on prten, in ber Sieil^en* 
folge Dom unteren jum oberen Snbe be« ©pectrum il^re 
5Ramen erhalten l^aben. .5Da^ lönnen loir aM ben öon un^ gettenb ge* 
mad^ten Urf ad|en nid^t crKären* ©piegelt fic^ in ber Sntmidtetung ber ©e* 
jeidinungen bie 2lu^bi(bung be« Urt^eilö für tJarben unb be^ Sntereffe« 
an i^rer Benennung, fo eri^ietten t)ie(mel^r juerft bie mcr!tid^ften unb 
^)raftifd^ toiditigften $)iffercngen ifire SWamcn, 

Unb t)ieöeic^t nod^ beben!tid|er ift, ba§ loir au^ unferen SSorauö* 
fefeungen aud^ nid^t begreifen fönnen, bag bie (Sntipidfelung bcr tJarbcn* 
bejcic^nungen fo fpät öor fid| ging, wie au^ ben ©prac^benlmälem 
^eröor^ugel^en fd^eint, SBir 1^ orten {a, ba§ nad^ ®cigcr unb Sln^ 
beren toeber bie SSibet nod^ §omer eine ©ejeid^nung für 53tau ge* 
fannt ^atte. 3m ©ried^ifc^cn foß biefe, foiioie ber 9?ame für ®rün, 
erft in ber ^tit jiioifdien ^omer unb Slriftotelc^ attmätig gewonnen 
toorben fein, wS^renb im Sateinifd^en eine a^nlic^e Snttoicfetung me^ 
nigften« bei SStau noc^ fpäter öor fid^ gegangen noare. @« tagt fid^ 
aber nid^t benfen, ba§ nod^ §omer auö 3D?angeI an Urtl^ctl ©lau 
fd^tcd^tweg mit S)unfel (au^ biefer Sebeutung fott bie erfte fo fpat fic^ 
entwidfett l^aben) üernoej^felte, »äfirenb fd^on ©emocrit erfannt l^at, 
bag e^ ungäl^tige ^arben^9^üancen gibt: aitsiga dh alvai ra ^gdf^ccxa 

, . . xata tag fii^stg . . . ov^iv yag onoiov aceöd'aL ^cctsqov 



nennt, tocid&cm fein allen gemeinfamer fd^arfcr S3cgriff ju ©runbe liegt, toeil 
man il^ren Untcrfci^icb ber Angabe nidf)t tocrt^ erad^tet. 2)a8 reci^ne iä} gur S5er* 
{c^ttjommen^cit be« SCu^brude«; unb c8 gibt alfo eine fold^c, bie tl^rcu ®nmb 
nid^t in einem aWangel beS Urt^eilö, fonbern be« 3ntcrcffc8 an genauerer S3egeid^* 
nung \}at 



Äraufe'8 (grflärung ber Wdtm (gnttoicferung. 67 

^axBQp (bei 2:i^eopl^raft Fragm. I, 13.78^). Sbcnfo ift unglaublid^, 
bag bontol« 5ßtcmanb ein ©cbürfniß cmpfunbcn l^abcit foötc, jene betbat 
ßrfd^eiitungen fprat^üd^ gu ft^ctbeit, lüenn ntatt baitebeit fielet, ba^ 3. SS. 
bie 3KaIaien, obfd^on fie tiit^t emitial eineit Slameit fflr beit aßgenteiiteit 
Segriff ber garbe lennett, bod^ mol^I uttterfdjiebene Sejeid^nuitgeit für 
SBeiß, dioti), ®rütt, »lau befifeett. 3lucl^ ba« öerbient ertpfi^ttung, ba§, 
lüie aRagttu« ntit eiitigeni JRec^t gegett ^roufc gcltenb gemad^t ^at^), 
^ottter eilte betrfic^tücl^e Slnjol^I unterfd|icblid&er ©ejeidjnuitgett für 
®Ianj, ©d^itnmer unb bie 5lbftufungett t)ott $eß uttb J)uttlel Der*» 
toenbet. garbeitnamen »areit aber im geiDö^ttlid^en ®ebrau(^e miitbeften« 
fo ttufebar »ie biefe unb barunt in ber 35otIöfpra(^e laum bürftiger 
öertrcten. 

Äraufe gkuBt, ha9 ©ebürftiig nad^ iÄamen für bie eingelnen garBcn fei 
crfl bringenb gctöorben, nad^bcm ber gürBer fein Slmt Begonnen l^atte'*). ^Rotl^, 
meint er, fanb guerfl einen iRamcn, toeil man, toie ^Uniu« (IIb. XXXin. cap. 7. 
117.) berid^tet, juerfl rotl^ malte unb färBte, toa9 jum Xi^til feinen ®runb barin 
gcl^oBt l^aBen möge, baß ftd^ bie rotl^en unb gcIBen garBfloffe in Spieren, grüd^ten, 
SBtumcn unb garBl^blgern toon felBji barBieten, toäl^renb bie grünen unb Blauen 
in ber @rbe gefuc^t tocrben muffen u. f. to. ^ier feien offenBar (S^rac^c unb 
gärBcrei fclBanber gegangen. Unb fo bürfe man fid^ aud^ nid^t tounbem, Sag 
j. ©. in ber @|)rad^e ber alten 5tegJ?^tcr (unb toiettcidfjt aud^ ber 2lffJ?rer) bie garBen* 
fcala ^öottfiänbiger angetroffen toerbe al8 Bei $omcr, ba fte eine au^geBitbeterc 
garBented^ni! Befagcn % 

Mein e« ift mir nid^t tt)a]^rfd^einlid&, bag bie (Srfinbungen in ber g&rBerei 
unb ^igmentergcugung für bie :|)rimitit)jlen garBenBejeid^nungen, ttjogu 
id^ and^ fold^e tvie ®rün, ^ku im Unterfd^ieb t)on <Sd^toar} red^ne, bie 8ebeutung 



*) Mullach, Fragm. Philos. graec. I., p. 365. 

') Äo8mo8 L, p. 427, 

') Äomuö a. a. O- p. 272. 

") ^a6) «Prof. 2)ümid&en l^at nämlid^, »ic Äraufe p. 430 anfü^ ba« mu 
äg^|)tifd^e jtd^er folgcnbe garBenBegeid^nungengcl^aBt: hat, ^ctt, »eig; kern, bunfel, 
fd^tt)arg ; toscher, rotl^ ; maresch (ermatten im Äo:|)tif d^en mersch, morsch^, flavus, 
rabicundus; tehen, ein l^cEe« ®clB; nat, grün, (biefe« SBort Bebeutet gugleid^ 
„f^)roffen" unb „fräftig fein"); mafek, ein anbcre« ®rün, juglcid^ ber SRame be« 
©maragb unb eine« bem @maragb äl^nlid^en @la«fl[u6e«; chesteb, Blau, eigent» 
1x6} bie gärBung be« Lapis lazuli; mib, ®olb unb golbfarBig; hat nub, @i(Ber 
unb ftlBerfarBig. 

5* 



68 ^^^ garBctt jtnb frül^cr öegcid^nungcn gu crtrartcn 

i^attcn, mi^t Äraufc il^ncn jufdfjreiBt *). gilt fold^c ©iffercngcn befonbcre ^amm 
in Bilbcn, fonntc ein Sntcreffc cntficl^cn, cl^c man entf^reti^cnbc ^tgmcntc pt tt-- 
geugen gelernt l^attc. SD'ian fiJnntc tooraB geltcnb ntad^en, bag eben hiz Suft an 
bem garbeneinbrucf, bie gur @rgeugung unb ^crlDenbung toon garBftoffcn fül^rtc, 
aud^ fd^on toorl^er bagu toeranlaffen fonnte, öon i^m, unb namentlid^ ben (Srfd^ei* 
nungen, bie bem ftnbftd^en <Stnn tor anbcren gcfaßeit, alfo öon "Stoti^ unb @etT6, gu 
f:|)red^cn. 2)od& »ifi id^ barauf fein ©etoid^t legen. 

8ebcutenber \% hai auc^ ^raftifd^c 3ntercffen imab^ängig toon ben gort* 
fd^ritten ber S^ed^nif bagu füfiren mußten, frül^c garBcn gu benennen. Äroufe 
(unb fo oud^ Säger) beruft fid^ für bie gegentlfieilige Slnnal^me auf bie Analogie 
anberer «Sinne, tt)o bie ^pxaö)t e« aud^ f:|)ät ober gar nid^t notl^toenbig befunbcn 
l^abc, ber 35crfdf)iebenl^cit ber Cualitätcn burd^ eine einigermaßen entj:|)rcd^enbc 
S'^omenclatur geredet gu ttjerbcn. @o unterfd^eibe bie ^olf^f^rad^e l^eute nod^ 
bloß l^ol^e unb tiefe 2^öne u. f. h). Hud^ i)aht man fid^ l^infid^tlid^ ber garben, fo 
lange ein befonbereö SBort fcl^Ite, im iRotl^fatt mit einem SJergteid^ bel^elfen f'önncn, 
tt)ic benn ^omer öon „rofenfingriger (So«" — „fafranfarbigem SKorgen" u. bgl. 
f^red^e^). OTein twaö öorab biefe l^omerifd^en Söenbungen betrifft, fo glaube id^ 
nid^t, baß fte Sluöfluß eine« SDiiangel« anbeföjeitiger genauer S3egeid^nungcn ftnb. 
(Sie l^aben übertoiegenb ben 3t»ed bie ^orflettung fd^öner gu mad^en, nid^t fte 
genauer gu beterminiren, al^ c6 etwa burd^ ein anbereö, nid^t t)on einer concreten 
(Srfd^einung l^ergcnommeneÄ garbentüort mbglid^ toar '). 

Slber aud^ bie Berufung auf ba« (Sd^idffal anberer (Gattungen toon ©inne««» 
qualitäten fd^cint mir nid^t gang bered^tigt. 



*) SJian fann eigentUd^ an^ nid^t, tpiffcn, ob gu ^ontcr'ö ^dt niäft grün 
unb Uan gefärbt unb gemalt »orben ift. 2)ie crtoä^inte @tette bei ^Untu« ifl 
burd^au« fein fidlere« 3^ttöni6 bagegen. $omer fctbjl \pxx(ift nid^t bloß toon „rotlfiöjan* 
gigen" iKeerfd^iffen, er nennt fte aud^ tivavonQooQoi. unb ergäljitt toon toSvs(pss 
slgog, toiolenfarbcner Sötte, ttytt^t für Helene in i^rem :|)räd^tigenl äg^^^tifd^cn 
©:|)inn!orbe um bie @^inbel gcttjidfclt bereit liegt (Od. IV. 135) unb r^la%ata 
aXiTtoQcpvQocj einem meer|)ur^umen ©ef^innft, toeld^e« Slrete gtoimt (Od. VI., 
53 unb 506, i>gl. Od. XIII. 108). @« gel^ört aber mit gu' ben flrittigen fünften, 
ob bamit nid^t garben i)om oberen @nbe bc8 @:|)ectrum gemeint ftnb. Sorban 
ioinbtcirt neueften« (a. a. O. p. 163) atten angegebenen @|)it]^eta bie 33ebeutimg 
bunfelblau ober ioiolett. ©ne alte Ueberliefcrung f^rid^t bafür, baß bie ©ried&en 
toorl^errfd^enb hhut ©eloänber trugen» 

') toömo« I. p. 272, 274, 496. 

*) 3(ud^ ©eiger l^ebt, frcilid^ in anberer %hft6)t al6 toir, l^eröor, biefe SBorte 
bätten bloß bid^terifd^e 3tt)cde a. a. O. n. 333. 



al8 für anberc ©attungcn öon ©inncSquaütätcn. 69^ 

3)te fogenanntcn nicberen ®innc hjcifcn erftlid^ nic^t eine fo xti^t^a\)l 
tool^l unterfd^eibSarer OuaUtätcn auf, tt>k baö 3luge. Unb obfd^on ha^ 
©el^ör hierin absolut genommen bem ©ejl^töfinn nici^t 6Iog el6en6ürtig fonbern 
öorauö i% fo QÜt bod^, bag bie unterfd^ieblid^en Xöne nid^t*fo atttäglid^ unb in 
ber vax^ umgeBenben Seit nid^t fo reiti^Iid^ verbreitet fmb toie bie garbenunter- 
fd^icbe. 3n jebe ber toid^tigeren 9'iüancen be8 garbenf^ftem« finben toir enthjcber 
öorübergelSjenb ober bauemb mandfjerlei Objccte gefleibet 2)ie S^afel ber ©eräufd&e 
unb Klangfarben bagcgen ober gar ber S^onl^öl^en ijl nid^t in ber Wct in ber 
Ü'Jatur re^räfentirt. 2)ie getoö^nlid^ »orfommenben Klänge ftnb balb ju äljjnlid^ 
um leid&t unterfd^iebcn gu ttjerben, balb gu toerfd^iebenartig um ol^ne übergroße 
Ungenauigfeit mit wenigen Flamen umfagt »erben gu fönncn, fo tta>a loic bie 
garben burd^ bie ^amm "Stoti), @rün, S3lou u. f. h?, 

3cbenfattö gilt aber ton ben X'6ntn unb cbenfo toon ben niebercn ©attun»« 
gen »on ©inncöem^ftnbungen, bag ioir ftc nur unter Umjlänben toal^melSjmen, 
bie fx^ i>id feltener realifiren al8 bie einfad^en SSebingungen, bie baju gel^iJren, 
baß toir bie gorbe eine« ©egenjianbeö bauemb 'oox un« l^aben. 2)iefe ift al« 
fid^bare« iD^erfmal am leid^teften ju öerificiren. 

2)a8 Wt9 tmp\df)i bei ben garben öicl mel^r al8 bei allen anberen ®af* 

•tungen toott @inne8qualitäten befonbcrc SSegcid^nungcn für fie ju j^ilbeit, loeil fid^ 

au« ben angeführten ©rünben garbenunterfd^iebe al« fel^r Üraud^Bare (Slafflfi* 

cationen ertoicfen, um 2)inge, fei c8 für ben SWoment unb unter bcfonberen Um* 

ftänben, fei e« fogar bauernb baburd^ ju fenngeid^nen *). 

2)a« »irb bcnn aud^ baburd^ betätigt, baß g. iB. in ben inbogermanifd^cn 
@t>radben fo toiele 9^amen red^t frülfien Urf^runge« toie bie mand^er äJietaltc (in«* 
befonberc be« ®olbe«, ©ilber«, ©tal^le«), Blumen, ^äume, (togl. ©eiger, Vorträge 
<S. 130 ff. über ^ir!e, „bie Söeige", 33ud^e, ,,bie dtot^t''), St^iere unb anberer 
!Dinge (3. 33. ©äße »gl. SBcife a. a. D. p. 82) toon garbenbegeidfjnungen l^ergc* 
leitet finb. 3lud^ über bie 2)a!ota fd^rcibt man mir, baß fie Blumen unb 355gel 
meift nad^ il^rer garbe benennen, ©nlgegen ftnb bie frül^cjlen garbentt)örter, in«* 



*) garbenunterfd^iebe jlanben l^icrin aud^ anberen @rfd^einungen be« ®e* 
ftd^t«finne«, ©efialten, ^etoegungen u. bgl. ntd^t nad^. 3df) erinnere mid^, tote 
einem SWäbd^en öon circa brei 3a](>ren in einer ©emälbegafierie gloei nebeneinanber 
angebradjite SJiabonna mit bem Kinbe gegeigt tourben unb man i^m bie grage 
fteßte, tt>eldf)e« ber beiben Kinber i^m beffcr gefalle, (g« antwortete rafd^ : „ba« 
blaue". 2)ie eine 3)^(;bonna trug nämlid^ ein rotl^e«, bie anbere ein blaue« Kleib, 
unb ba« lefetere beberfte bie ^eine be« 3efu«fnaben. 2)iefe meton^mifd^e S3egeid^nung 
toar felfjr gtoedhnäßig, unb äl^nlid^ mögen ftd^ einem finblid^en 3"fta«fe ^^^ menfd^* 
lid^en ^uffaffung unb (Bpvaö^t imter hm @efid^t«einbrüdfen in«befonbcre garben 
oft em^folj^len l^aben um ©egenftänbe gu fenngeid^nen. 



70 3)ic ^*^M feirnt ein Sort für «lau. 

Befotibcrc btcjenigen für ©runbfarBen, feftcn öcn gorBftoffcn ober üBerl^ou^)t 
t)on DSjecten, bcnett bic garbc d^arafterifüfti^ ijl, j^ergenooimcn, fonbcm ton SBurüeln 
fel^v attgcmeincr ©ebeutung, toit leud^tcn, Brennen, tocrbrannt u. bgl. @8 ijl btc8 
fo burd^gängig Der ^aU, baß ©ciger (Urf|5mng II, p. 327 ff.) meint, c« fei auf 
nieberen Sulturfhifen ber @ebanfen:|)roce§, tücld^er jener „mittelbaren" %xt ber 
garbenbenennung ju ®runbc liegt, nämtid^ „ein öon abfid^tlid^er SBergleid^ung Be* 
gtnnenbe« SJerfal^rcn", nid^t mbglid^ getoefen*), 3)tefc Unfäl^ig!eit gum Befugten 
S^ergleid^en Bepanb nun atterbingS nid^t. SlBer bie 2:i^atfad^c, bog bie frül^efien 
garBenBejeid^nungen feiten bon Befonberen 3)ingen, toctd^e jene garBe tragen, l^er^ 
genommen ftnb, ifl untcugBar unb erflärt fitB barau«, baß e« ein bringenbere« 
©efc^äft unb :|)ra!tifd^cr toar Flamen für bie toid^tigfien garBenbiffercnjcn loic 
SBeig, @(^toarj, 9lot]^, ®elB, ©lau u. bgl. gu Bilben, al6 für bic meiflen Oegen^ 
ftänbe, benen biefc garBcn d^arofteriflifc^ jinb. @rft feinere unb \pUtxt Unter* 
fd^eibungen fonnten allgemeiner unb öfter bon 9'iamcn d^arafteriflifd^ gefärbter 
©egenfiänbc il^re ©ejeid^nungen entlcl^nen. 

I. ÜDa« 3lßc« muß baju brängcn, btc ©atcn, ouf lüeld^c man bic 
Sc^auptung, bic §omcrif(^c ^tit ^abc no(^ feine Stu^brüdc für ®rfln 
unb ©lau gefannt, grünbct, nod^ einmal genauer ju befel^en. 

Dabei jeigt fici^ öorab , baß ber Sibct ein ©ort für Stau 
nid^t mangelt, öietme^r tekelet bie ^immelfarbe bejnd^net. SSSf)x 
(@t)mboIiI be« mofaifc^en Suitu« I , p. 304 ff,) bemerft borüber : 
bie LXX* geben e« an aßen ©teöen burc^ växw^og unb vaxiv- 
J^Lvog unb mit biefer Ueberfe^ung ftimmen aud^ ?^tIo, Oofe^jl^u^ 
unb bie Strc^enüater flberein, ja, lüie ber hierin guöerlaffige 53od^art 
(Hierozoicon II., 5, 10) fid^ au^brüdt: omnes veteres • nullo 
excepto. 3Ba« aber bie $t)acint^farbc betrifft, fo legen fie mit großer 
Uebercinftimmung bie öerfd^iebenften aften ©d^riftfteßer bem ^immet 
unb bem 9Weerc bei. 5Die« t^un nad^ bem SSorgang be^ 2^almub bie 
bebeutenbften SRabbinen *) } ^^ito nennt bie tJarbe ein av^ißoXov ober 



') @r leugnet auf ®runb beffen aud^ Bei ben toenigen ^tuSnal^mcn öon 
jener Siegel %. 8. Beim l^eBräifd^cn tekelet („bunfelBTau", öon tikla, Söurm), 
baß e« garBentoiJrter feien. # 

') (Sin raBBinifd^er ^n^]^vn6} au« ber 3eit ^abrian« erflärt il^re Zeitig* 
feit auSbrüdflid^ barau«, baß fie bem girmament unb biefeS bem 2^ronc ber 
©ottl^eit äl^nlid^ fei. (®eiger, Urf|)rung II, 319.) 2)arum fottte ber ganje ^eilige 
SC^^jarat be« S:em^>el8 in fte gefüllt fein unb jeber 3«raelite fte al« SWal^naeid^cn 
an ba« göttlid^e ©cfe^j am (Settjanbe tragen. S3ä^r a. a. O. I, 327. 



teilte f^äte (gntwtcfclung Bei xXcnQog. 71 

ix^ayBtov aagog; ü)m folflt 3ofe|)^u6 ; .bcibc arabifd^c Ucbcrfc^ungett 
^abcn ^immclf arbcn ; be^gtcid^cn bte ^rt^cnoatcr; fo ba§ ©od^art 
aW 9iefultat feiner geteerten Unterfud^ung angibt: Itaque nisi veli- 
mus veteres omnes ignorasse^ quis color esset hyacinthinus, 
illum fateri necesse est^ eundem esse cum caeroleo aut saltem 
illi vicinum. 

(5« ift ipeiter aud^ nicfit tDaf)x, ha^ x^g^qos bei §omer ge(b, 
xvavsog buntel ober fd^toarj l^eiße imb ba« erfterc int Soufe ber ^üt 
bie ©ebcntung üon ®rfin, bo« gtoeite bie mn S5Iau geiüonnen ^abe. Sben* 
fotoenig, ba§ caeruleus in ber loteinifd^en Literatur eine a^nlid^c 
Stttnndtelung burd^gemad^t ^obe »ie mon öon xvavsog be^on^jtet^ 
nod^ bag ngdötvog erft bunfel, bann bunlelgrfln bebeutet l^ätte ^). 

(Sei viridis l^at man — gegen bie Sonfequenj — nid^t öerfud^t 
einen ä^nöd^n Sebentung^toanbel toie bei ben gried^ifd^en SBortern 
für ®rün nac^gutoeifen.) 

a) J)ie änipenbungen t)on xltogog bei f)omer ^at ä. ©d^ufter 
(in mix^tm 3eitfd^rift fflr ba« ©^mnartaltoefen 1861, p. 721) in^ 
fantmcngefteüt* g« ^Ui)t: 

a) öon ber Dliüenfeule be« S^tto^jen (Od. IX., 320, 379). 

ß) 3Son ben frift^e^^pdften, nod^ mit biditem 8anb befe^ten 
3tt>eigen, an^ benen Sumän« ein Säger für Db^ffeu« bereiten toiö 
(Od XVI., 47 «). 

y) aSom $onig (IL XI., 631). 

d) Defter t)on ber fjarbe ber fidEf gflrd^tenben, meldte and) einmal 
(D. ni., 630) burj^ ba« ©ubftanttö dxgog («raffe, braggelbe garbe) 
bejeid^net iptrb. 

Sub « bebeutet eö ^oc^ft »al^rfd^einlid^ fM^**, ift bod^ 35. 379 
gefagt: „ate aber bie ^eule au« DHöcn^oIj anfing fid^ im §euer gu 
entjünben, ^Acipo^ nsQ ioiv u. f. ».: obfd^on fte nod^ frif^ mar. 

Stuf bie anberen f?fiöe jjaffen bie 35ebeutungen gelbgrfin unb 
bta§, unb biefe brei S5ebeutungen frifd^, gelbgrün (ba« nun batb mel^r 



») @o Bel^ai^Jtcn ©ciger a. a. D. p. 307 ff., 388 ff.; a}?agnu8 a. a. O. 
p. 21 ff., 27 ff., 34 ff., 38 ff.; SÖeifc a. a. D. p. 279 ff., 289. 

') (58 tji l^ter ntd^t t>on ber gatBe ber jungen @aat bie $Rebc, tote SWagnu« 
p. 23 au8 ^Serfeljien angt^t. 



72 ^ci^c f^äte @ttttt>icfctung bei xXcoqos, 

na6) ber einen, ba(b mti)v naö) ber anbeten ©eite neigen mag) unb 
Ma^ beplt baö SBort burd^ bie ganje gried|ifd^c Siteratnr. 

®Iei(^ im §omerifd^en Hymnus ApoUinis (223) nnb bei 
§eftob (Sc. HercuL 393) fte^t eö öon ber bta^grünen i^arbe ber 
jinngen ©aat nnb ber feimenben ©d^ößßnge. 5Diefe(be SSeriioenbnng 
aber finbet e^ and^ no^ bü 2l^ucl)bibeö, ber (4, 6) öltov hv x^g^qov 
ovtog f,al^ bie @aat nod^ btaggriln (inng) mar'' wie eine ^tiU 
bcftimmnng gebrandet nnb bei ^feuboariftoteteö de coloribus cap* 5, 
ber bie JJarbe ber inngen ^flanjen nnb be« in ben erften ©tabien 
be«-35ertt)e(!en^ begriffenen 8anbe^ fo nennt 5Woc^ entfcf^iebener in'^ 
©elbe gebrangt erfd^eint e^ bei SC^eocrit, ber bnrc^ (iskvx^iOQos ben 
fonnenücrbrannten Steint eine« fc^önen JKäbd^en« begeid^net (Sbtß. X, 
21); bei ©op^ocle«, ber tpäiia^og xXmgd fagt (2li. 1043), (iDa^-^ 
renb bie Sateiner üon fulva arena f^)red^en)j bei Snri^ibe«, ber ben 
„mx^tn'' SSSein, wetd^er bei ©opl^ocle« (fr. 257) gaiz-ö^os^eigt, ^Aco^d^ 
nennt (©t)c(. 67). J)ie ©eptnaginta toenbet ba« SBort öfter anf 
ba« ^ffanjengrnn an, aber 3ef. 27, 11 fte^t e« and| t)om SSermetfcnben 
nnb ^etgt entfdjieben gelblich, tüie aud^ toenn $«• 67, 14 xka^gotvig 
Don ber 0arbe beö ®otbe« gejagt toirb. -3n ber Dffenbarnng öol^. 
VI, 8 toirb ein ^ferb ^AcopoV genannt, »a« nnr ifabeüfarben fein 
fann n. f. 1ü. 

«tag ^eißt eö bei SEfinc^bibe« (2, 49), ber bie fa^te iJarbe be« 
franfen Körper« bamit befc^reibt nnb ebenfo öfter bei §ip^)ocrate«. 

SSiele biefcr ©teilen fü^rt SÄagnn« fclbft an (p. 23, ff.) nnb 
man mn^ fid^ nnr tünnbern, noie er babei baoon fpredien fann, ^^A. 
^abe einen Sebentnngöteanbet üon ®elb nad^ ®rün erfal^ren. SDian fie^t 
ja, baß e« bnrd^ bie ganje gried^ifdfie fiiteratnr SDiittettöne jnjifd^en 
©etb, ®rnn unb 2Bei§ bejeid^nete unb gu aßen 3^iten gelegentlich me^r 
nad^ ber einen ober anberen ©eite gejogen tourbe. 

b) xQccöcvog ^eißt in ber gangen gried^ifdjen Literatur lauc^farben 
ober bunletgrün, nid^t erft bunfet unb fpäter grün. §atte man ben 
8aud^ (Tcgdaov) einft bto« bunfel gefe^en, fo wäre man aud^ ft^ioer* 
lidö baju .gefommen, eine ©ejeidEinung Tcgdatvog ba^er gu nel^men; 
benn fo befonber« d^arafteriftifd^ wäre Ja jene« S)unfel laum getoefen. 
®unfelgrün l^eißt ngäöcvog bei ^(ato, Jim. 68. c, ^feuboariftotete« 



ngäifivogj Hväveog u* f . ti)» 73 

de coloribus cap. 5, aber autff nod^ bei ©atcn (131 — 201 n. S^r.), 
ber bie ©attenfarbe batnit bejeic^net. SÖiagnu« ernannt ba^ fclbft, 
fügt aber bei (utib ba^ ift Sitten, toa^ überhaupt tote eine Sebeutung^^ 
enttt)t(fefung au^fjel^t), man fd^eine ba^felbe ietjt bereit« and^ für ®rün 
f(|Ied^tl^in gebrandet jn ^aben, ba e« im J)io ßaffiu« an ben öerfef)ie* 
benften ©teßen bie Sebeutung üon ®run ol^ne ben §init)eiö auf 
einen befonberg bunMen fd^attcnreid&en 2:on \)ait ^). Slßein S)io ift 
ein jüngerer B^'^Ö^J^öffe be« ®aten unb fann fo jebenfalfö nid|t aU 
Vertreter etne« über biefen ^inan^gefd^rittenen ©tabinpi« in ber @nt* 
lüidEelung ber 5We^^aut gelten, 

c) ©otoenig toie bei xltogog unb ngdaivog ift enbtid^ au(^ bei 
xvccvsog unb feinem lateinifc^en Slnalogon caeruleus öon einem fo 
fpäten S3ebeutung#n)anbe( bk SRebe. @ö tagt \\d) faft feine SBenbung 
entbedfen, worin caeruleus nid^t bei ben Did^tern be« Slugufteifdfien 
unb f^jäterer 3cita(ter gan^ fo angemenbet Sorben märe, tüie avävsog 
öon §omer. ^araßelen anjufü^ren unb ben ganjen ©ebraud^ ju er== 
Wären toirb fi^ fpater ©elegen^eit bieten. 

(S« ift benn auc^ bejeic^nenb, baß ©eiger unb 3Äagnu« in öegug 
auf ben B^tpunft, too bie öermeinttid^e ®rün* unb Staubtinb^eit ber 
alten SSöIfer aufgebort ^aben foß, miteinanber, ja auc^ jieber mit fic^ 
felbft, ntd^t übereinftimmen. Salb finben toir fie fd^on ber ariftoteli* 
fc|en 3^it ^i^ (5m^3finblicf)feit für aße ®runbfarben jugefte^en, balb 
bi« an bie ®renjen bc3 SKittelalter« partieße Stinb^eit üermut^en. 
tein SBunber ! benn nad^ einem 3uf äßig meniger üerbad^tigen ® ebrauc^ 
ber ftrittigen garbenipörter beim einen ©djriftfteßer, finben fie fid^ bei 
einem fpäteren toieber ööflig in berfetben SBeife üerwenbet h)ie ba, too 
man um il^rettoißen für eine frühere 3^it ??arbenb(inbf|eit ftatuirt l^atte. 

IL DurdE) ba« SSorauöge^enbe ift aud| fd^on ber üerfud^te 9?ad^^ 
h)ei« erfd^üttert, bag bie ^arbenbejeid^nungen in b e r 9teif|enfo(ge ent* 
ftanben feien, toetd^e bie Sarben im ©pectrum öon rot^ nadf) öiotett 
einnehmen. Unb bei weiterer Unterfud|ung ge^t überhaupt au6 aßen 
bafür angefül^rten S)aten nur b a « mit einiger Söa^rfd^einfid^feit ^er* 
öor, bag im inbogermanifd^en ©prad^ftamm 9iot^ unb öießeid^t aud^ 



*) 5(. a. D. p. 27 ff. 



74 2)ic töirKtd^ flattgcl^abtc (gnttoitfclimg 

®c(b früher ate ®rün unb ©lau einen SWamcn fanb ')• ÜDaju ift aber 
ju bemerfen, ba§ ben öejetd^nungen für JRot^ unb ®elb nid)t, tote 
nad^ ®etger unb SÄagnu« gu erwarten toaxt, unb SBctfe 
oben bc^au^jtet, fotd^e für bie öerfd^iebenen §ellig!eit«^ 
ftufen (3Betg, ®rau u, bgL) vorausgingen, fonbern ber Segriff 
ber ^eöigleit mit {Rotl^ öerfd^mofg» dtotf) unb fd^toarj (bnnfel), ober rotl^, 
getb unb fd^toarj loaren, loie ®eiger felbft angibt (35ortr5ge p. 57), 
fd^tec^ttoeg bie frü^eften Sarbenbejeid^nungen^^ Unb ba« begreift ftd^ 
fe^r mo^I barau«, bag ^ier, lote überaß, bie grogten Differenzen juerft 
bemerft unb benannt tourben. 2lfö fold^e fteöten fid| ja beut finblid^en 
SSermögen naturgemäß baS J)unHe ober ©d^marge einerfeitö unb bie 
garben be« ©onnenlid^te« unb geuerS, rotl^ unb gelb, anberfeit« bar. 
SBie fe^r insbefonbere ba« glü^enbe, feurige JRotl^ für biefe primittoe 
Slnfd^auung ben 35egriff beö SidEjten oertrat, geigt aud| ber Umftanb, 
baß man rot^e SC^iere alö ®l)mboIe ber Sonne unb be§ geucrs 
anfal^^). 

2lud^ im Uebrigen ift bie Sntnjidfelung ber garbennamen ganj 
fo oor fic^ gegangen, toie eö nad^ un« gu erwarten ift, toä^renb auö 
ber ®eiger'fcf|en §t)pot^efe eine ÜÄenge S!)inge nic^t gu begreifen finb. 
3Böre, toie bie ®egner annel^men, bie ©jjrac^e ber abäquate Sluöbrudt 



*) S)od^ fül^rt %id auc^ eine Scjeid^nung für 53(au (kavana, tootoon g. 8. 
xvavoq) fd^on a(8 8cflanbt^etl ber ®runbf|5rad^c an (^ergtetd^enbeS 2Bi5rterbuci^ 
ber tnbogermanifd^en ®ptad)tn 1. SBb., p. 61) unb ferBfl ©eiger, l^ier getoig ein 
unöerbäd^tiger ^tUQt, \pxt(ift öon ber „Stcnbcng einiger inbogermanif<i^er SBörter 
in ben ^Begriff ber Bknen garJbc übergugel^cn", bie &tter fei afe bie @^rad^en* 
trcnnung (a. a. D. 11, p. 243). 

^) Huger man red^ne bagu bie Segeid^nungen für Sendeten, ^Brennen, ®Iän* 
gen unb SBcrBrannt*, S3cfd^mu^tfctn, tweld^e im 3nbogermanifd^cn aJ8 Söurgcln attcn 
^amm toie ^otf}, ©elB, ©d^hjarg u. f. to, ju ©runbe gu liegen fd^einen. 35gl. 
SGßetfe a. a. O. p. 276 ff. 2)erfe(6e jltmmt Oeiger^n barin bei, baß nod^ „im 
SRigöeba SBeig toon ^tt^ tavtm gefonbert fei", unb Befäm:|)ft bamtt feine eigene 
oben angeführte J©e]^au|)tung, e« liegen ftd^ in ben inbogermanifd^en '^pxa^m 
am frül^ejlen 3lu«brüdCe für @d^»arg unb Söeig nad^toeifen. ^gl. gu OTcm gid 
(a. a. D. I.), nad^ hjetd^em rudh, Stot^ein, ha^ frül^cfle inbogermanifd^e garben* 
toort gu fein fd^eint. 

') SBgt ©eiger a. a. D. n, p. 275, 276. 



^^xiäft gegen Ociger. 75 

für btc ©(ctd^^cit unb 3Scrf(^icben^ctt ber gmpfinbtttigcn unb l^ättc 
man, nad^bem etnft Mt^ btod ben (Smbruci üon l^eH ober bun!e( ge« 
mac^t f)aiU, erft bo« JRot^c, bann ba^ Drangef orbcne, ®ct6e, Orfinc u.f.f. 
in feiner eigentümlichen garbe gefe^en, fo tonnte e« j. ö. nid^t ge* 
ft^e^en, ba^ ein SWame, ber erft ®elb ober ®e(6 nnb ®rfln bejeid^net 
fiattt, ^paitt etttHi an^fd^tteßttd^ bie Sebentmig ®rfln erhielt nnb 5le^n* 
ßc^e«, toie e« öielfac^ öorge!ommen ift^)» ÜDod^, e« ift ntd^t not^ig 
Mcö toetter ju verfolgen. 



') «gr. ©ctger, 35ortragc p. 57. „3nt «erlaufe ber Sal^rl^unberte jtnfen bie 
SBörter, tod^t ®eIB Bejcid^nen, ju ®rün l^eraB" u. f. to. 5BgL aud^ Söcife a. a. O. 
p. 281. S3ei le^terem unb gicf fann man feigen, baß ein notS} öiel größerer Joe* 
beutmtgenjanbel in ben garBeuBejeid^nungen tocr jtd^ gegangen ifl. a^b. bläo 
(0d^mar^ iSlau) fomntt toon berfelBen SBur^el tote flavns. SDedfelben ©tantmed 
jtnb lieber xvavoff (fammt caesins, caemleus) fir. ^jdma f(^t9arj unb fYr* 
fyena n>etg. Seiter *ftnb fiamntt)em)anbt ce(t. melen gelb unb (islaVf bunlel, 
unb {old^e S&ti]pitlt liegen jtd^ l^äufen. ©enn bie <Bpxa(S}t in abüquater ©eife bie 
Sm^finbungen »iberf:|)iegclte, toa« niügten toir un« banad^ für eine SJorflettung 
feom 3(ugc unfcrer SJotfoäter mad^en ? iRad^ un8 finb bie Srfd^einungen njol^I Be* 
greiflid^. 2Bir toerben jtoor nid^t benfen, baß man toS^renb ber gangen 3«it too 
iene ^ittoidelungen ftd^ i^ollgogen (laBen, ©eiß, @e(B, ^dftoaxi, $(au begrifflid^ 
ober ff)rad(^Ud^ t)erta)ed^felte; tielmel^r l^aBen ftd^ geringere «ern>ed^d(ungen unb Un« 
genauigfeiten comBinirt, toon benen toir je^t Bio« ba« ©nbrefultat öor uns l^aBen. 
3)icfc SJorgänge toerben aBer auf beut OeBicte ber garBen baburd^ mcl^r a\9 anberStoo 
BcgünfKgt, baß bie un0 ioorfommenben @rfdf)einungen mannigfadj in einanbcr ÜBer=« 
gelten. Söir» feigen nie ein reines SBeiß ober ©d^toarg, fonbem fiet« ein ®rau, 
ha9 mtffx in ba« ©ne ober 3(nbere f^ielt 3ebe« ®rtin l^at tttoa9 ®elBe« ober 
^Uait9, iebeS $ku ettoaS ©rüned ober Stotl^ed, j[ebed fRotl^ ettoaS i^IaueS ober 
©elBeS an ftd^ vu f« f. S^d^^eid^ ift jebe im engeren @inne farbige C^rfd^einung enttoeber 
me^rbem ©d^toarg ober SBeiß toertoanbt Äein Söunber, baß baSfelBe ?autgeid^en, 
biefen UeBergdngen entlang f d^Ieid^enb, fd^Iießlid^ (Stationen erreid^en fann, bie fel^r 
toeit auSeinanber liegen, toie Söeiß unb «Sd^toarj, ®elB unb ©lau. 9Wan muß aBer 
nur ben 3Beg fennen, um bie SÄöglid^feit bat)on gu Begreifen. 2)a8 ©d^auf^iel 
l^t fid^, ba ber ^nlaß berfelBe BlieB, in ettoa« anä} Bei ber (Snttoidfelung ber mo* 
bemen @:^rad^en toieberl^olt unb 2)iej g. ©. mad^t in feinem etJ?mologifd^en SBör* 
tcrBud^ ber romanifd^en @:|)rad^en gerabefo »ie gidC in bem ber inbogermanifd^en 
auf ben tounberlid^en Jöebeutung«tt)ed^fel Bei mand^en garBeuBegeid^nungen auf* 
merifam. (Sonn 1870, L, p. 68 unb 94.) S)a8 lateinifd^e pallidus, Bleid^, fd^mu^jig«» 
toeiß l^eißt im ^panx\^zn pardo bunfel (a. a. D. n., p. 162); ba« lateinifd^e albus 
im italienifd^en albo trüBlid^, im f|)anifd^en albo fd^neetoeiß (I., p. 65). 2lu« bem 



76 Ungeiiauigfcit bei ©ried^cn unb 9lömeni 

SB^tiger ift^ bag notr ju ben Srfd^einungen in ber gried^ifd^en 
unb römifd^cn Sitcrotur no(^ einmal jurfidfe^ren. 

IIL 3ft e« auä) nic^t toa^r, bag bic SBörtcr, »eld^e bort in fpäteren 
3eiten grfin unb blau bebcutcn^ bei früheren ©(^riftftettern aui^^ 
fc^üeglid^ bunfet, l^cß u. bgl. be^eid^net pttcn, fo fd^eint bod^ im ®e* 
braui^c berfelben öon ben ältcften bi^ auf bie jttngften 3^^^^^ eine 
auffaUenbe Ungenau ig leit gel^errfd^t ju ^aben. Sßol^er tommt 
e« aber, lüenn bie 8Kten aße garben »ie lüir toal^rnal^men, ba§ gc^ 
rabe ®rün unb ©lau, bie iJarben am bunfteren Snbe be« ©jjectrum, 
an biefer üernoirrenben unb öagen Sejeid^nung^toeife leiben. 35iefe 
Sinfeittgleit lüäre ^aßerbing« auf unferem ©tanbpunite befrembtu^; 
aber fie fteßt fid|, toie nun f(^on SÖiani^eö, aU eine ^iction l^erau^. 
S)a« Sa^)itet ber lateinifd^en unb griec^ifi^en garbenbegeid^nungen 
»ar immer baö Äreug ber Sejilograp^en; aber nie l^aben fie bie 
©d^tt)ierigfeit blo^ auf ®rön unb ©lau befd^ränft gcfunben. 

SSorab lönnen tüir un^ l^ier auf einen SSertl^eibiger ber J^cirben* 
btinb^eit, ©tabftone, berufen, ber bei §omer in ben Sluöbrfldten 
trtoQtpvQsog unb (poivixostg ein fold^e^ ©d^tpanfen finbet, ba^ er 
um beffeniioißen geneigt ift gu glauben, ber S)i(^ter fei für beibe 
ßnben be« ©pectrum blinb getoefen^). Unb lüa^r^aftig! 333o^ er 
bafür üorbringt, ift nic^t beffer unb nidE|t fcfjted^ter, afö ttja^ man 
gegen ben §omerifd^en ®ebraud| oon xvcivsog fagt. 

Ueber n;og<pvQ€og Wagt nid|t blo^ ©(abftone. ®aö SBort, fomie ' 
fein lateinifc^e« Snalogon purpureus, »aren fd^on oft ©egenftanb 
flei^ger Unterfuc^ungen ol^ne bie auf Ätarfteflung i^rer öebeutung 
»erlaubte SWfi^e rec^t ju lofinen. Da« lateinifd^e äBort g. ©. fte^t 
nid^t b(o« t)om ©tute unb bem frifd^en 5Rotf| ber SBangen unb Sippen, 
fonbern aud^ öon ben paaren, lüomit nur btonbe unb go(bge(be (crocei) 
gemeint fein fönnen (SSirgO, öon SCrauben, oom SSeKd^en (^linO, 
öom aJieer (SSirg.), öom ^Regenbogen (bei ^roperg nic^t anber« ate bei 



lateinijd^en burrum (= rufüm nac^ Festus) fd^eint ba8 itaHenifd^c bujo, bunfel, 
gctüorben ju fein (L, 94). Blavo (tpic bleu unb biavo) toom beutfd^en „blau" 
ftammenb, l^cigt im 3lttf^anijd^cn rötlfind^ (ober lüciglid^ grau?}. 
') ^. a. D. p. 15 ff. 



aud^ in SBejeic^mmg ber tocttiger Bred^Barcn garBcn. 77 

(§orO unb 9lIbmot)atiu« (Eleg. in obit. Maec. II., 62) fagt: brachia 
purpurea, candidiora nive. 

^uä) puniceus, ba^ bcm gricd^tfc^en tpoivixsos ctitfprid^t, 
^at einen auffSötg toeiten ©ebeutung^frei^. ®o l^eißen bei Döib ba« 
S3tut unb bie Äleiber, womit man im Sircu« bie ©ticre reijte (bie 
»0^1 fd^ariad^rotl^ waren), aber an6) bie SDlauIbecren , bie ^oraj 
(sat. n., 4, 22) nigra nennt, ^rojjerj nennt bie ©rombeeren puniceos, 
änfoniu« bie SRofen (Sbi)«. VIIO- 

Tcv^^oq wirb t)on ber blonben ^arbe be« erften ©arte^ ((Surip. 
$]^oen. 32; Slefd^. ^erf. 308) aber aud^ öon ben rotl^en Sippen 
(a^eocrit 15, 130) nnb ber JRofe (aRof^uiJ II., 70) gejagt.. 

Flavus wirb ba^ golbblonbe §aar genannt, ba^ bie 3llten 
befanntlid^ atö eine groge ©d^ön^eit liebten, aber aud^ ber ©anb, 
bie Bweige be^ Delbaume«, ba^ SBaffer ^) unb (©en. ?)ippoI. 660) 
felbft pudor. Fulvus l^eijgt ba^ ®oIö, 'ber 8öwe unb SBoIf, ber 
©anb, bann bunlle SBoIfen (Eurus agat mixtam fulvam caligine 
nubem, SSaler. 6at. Dir. 38.) *) unb nad^ Oetliuö öerbanb e^ ©nniuö 
aud^ mit aer. 

33er ©ebeutung^frei^ öon ^avQ'oq reid^t, äl^nlid^ wie ber öon 
flavus, öom JRötl^Iid^en unb glad^^gelben bi« jum ©raunen, ^inbar 
üerbinbet fogar toov ^av^atöL xal TtafiTcoQtpvQcctg axttai, (Ol. 6, 55.) 
Unb fo fanbe wol^I ein Senner ber Literatur nod^ öiete ©eifpiele äl^n^ 
lid^er Ungenauigfeit im ©ebraud^ öon ^arbenwortern, bie bem unteren 
Snbe be« ©pectrum angeboren ^). ©ie ift offenbar gang öon berfelben 
Slrt, wie bie, wetd^e man an ben ©egeid^nungen für ®rün unb ©tau 
au^fteüt unb wenn bie eine, fo ^at ebensogut aud^ bie anbere eine 
SrMarung notl^ig. 

Um fie gu geben muß man, wie mir fd^eint, öor Slöem bid^te* 
rijd^en unb nid^tbid^terifd^en ©prad^gebraud^ au^einanberl^alten. 3« 



*) «gr. @emu«, Noct. Att. fl., 26, 12. 

') SJgt. anä) Sucrcj de rer. nat. VI., 469, Fulvae nubis caligine crassa. 
*) 3d^ erinnere nod^ an ba« frül^erem)äl^ntc luteus pallor Bei ©orag, njäl^* 
renb SSirgit viridis pallor fagt. 



78 3)iti^tenf(i^cr unb ^rofaifd^cr <BpvadfQthvaudf. 

bcm crften rcd^nc id) jcbc^ 2lu«bru(J«mittct, tDctd^e« auf ©d^onl^cit 
bot SSorfteUungen abjiett; ju bem testen älQe^, tt)a^ 3J2itt^eiCung t)on 
Srfentitniffcn gum ^mdt ^at SBer beibe« gugtcid^ gu crrcid^cn fud^, 
xomt eine gemifd^te 9lu^bru(fdtt)eife unb anäf ba mfiffen toir, toa^ 
au« ber einen unb anbeten Slbfid^t ber Siebe fliegt^ fd^eiben ^)- 
a) S33ir bleiben guerft bei ber poetifd^en Diction fte^en* 
aSeld^e SSBeifen bc« Slu^brudt« öor anbeten Wnftterifd^ finb, b* ff. 
bie fd^önften SSorfteltungen ertoedEen, muffen Srfa^rungen lehren, gu 
benen biejenigen am meiften beffil^igt finb, toeld^e (»ie ber geborene 
fiünßler) ba« lebenbigfte ©efü^t für ba« ©d^öne, ben gludtlid^ften 
©efd^madE, mitbringen, 35od^ !ann bie pf^d^ologifd^e ©ebuction ber 
gntpirie oft auf l^atbem SBege entgegenlommen, inbem fie au« ben 
aügemetnften Srfal^rungen über ba«, toa« eine SSorftettung wert^oolt 
unb fiftl^etifd^ too^tgefädig mad^t unb ben ©efe^en ber dbeenaffociation 
befonbere Siegeln barüber abguleiten öermag, loie bun^ bie ©prad^e 
©d^öne« gu ergeugcn ift, 2Bir »erben in einem änl^ang (Gelegenheit 
nehmen einige Siegetn ber poetifd^en 5Darfteöung , auf bie e« un« ^ier 
angulommen fd^eint, unb bie ber gute ©efd^madE empirifd^ gefunben 
l^at, an allgemeinere ©efe^e angufnüpfen. §ier mögen fie cinft weilen 
ol^ne eine fold^e Slnalijfe an^ ber Srfal^rung aufgenommen »erben* 

Diefe Se^rmeifterin geigt baß Farben, tt)ie übrigen« aud^ anbere 
p^^fifd^e unb |)f^(^ij'(^e Srfd^einungen, nid^t burd^ getgüebernbe« 3e^ 
fd^reiben unb ängftlid^e« Slaffificiren, überl^auj)t nid^t inxd) Segeid^nung«* 



*) 2)ic iBcrbinbung f^at toorgugötoetfc im oxatoxi^dftn @tile ftatt. 2)cr Slcbncr 
ttjitt übcrjeifgen, um babur(i^ ju (Sntfd^Iüffcn unb ^anblungen anjutreibcn. 3^ 
bem ^tt>tdt fu(i6t er ju Mtlfxtn. Slber er ruft ncBft ber tocrftänbigcn ©nfid^t aud^ 
bie SWac^t, totläft Sufl unb Unluji auf unfcre UeBcrgcugungcn üben, gu ^ilfc. (Sr 
rü^irt un« burc^ bie ©c^bnl^eit beffen, toa« er un« glauben machen toiff, um un« 
gum |$ürtt>al^r]^alten geneigter ju mad^en. ®o fül^rt tljin bie ^bft($t gu überzeugen 
bagu, ni(i^t b(o« Äkrl^eit, fonbern andi} (Bä^mnd ber 9icbe gu fmi^en» Unb ba« ifl 
ni(i^t gu tabeln, fall« c« nur bem ^au^tgmedc gemäß in feieren ©rengen bleibt, 
baß nie ber (Sd^mud al« fold^er angefhcbt crfdf»eint. 2)a« Ic^te iji nur in ber 
2)ic^tung am $Ia^e, toeld^er bagegen jcbe ^raftifd^e 2:enbeng fern Hegen f otC. @d^on 
^riftotele« (9tl^etor* III., 3, p. 1406, a. 12) erlaubt barum bem ^oeten mand^e 
3ier be« 2lu«brudf«, bie er beim 3lebncr a(« frojHgc ©d^önmaterci »erbammt 
^^l aud^ Ouintilian VIII, 6, 40. 



Stgentfiütnlid^Ieiten ber potti\6}tn 2)iction. 79 

mittet, bie afö „tcd^nifd^ genaue" gu begcid^nen to&tm, fifti^etifd^ bc* 
friebigenb bargeftettt tocrbcn lönnen* ©labftonc;. ©etger unb SUiagnu« 
l^aben bie« leiber bei Seurtl^eitung ber garbenbegeid^nimgen ber alten 
Siebter faft gänatit^ außer 2ld^t gelaffen. dm Sifer tenntniffe au» 
i^nen gu fd^öpfcn, »ergaben fie, fd^eint e«, bielfad^, bag bie 2lu«bru(J«* 
toeife be« 5Di(^ter«, toie Sitte« bom tünftler -Gebotene, nid^t blo« 
nü^t fflelel^rung anftreben barf^), fonbem nad^ ben cigentpmtid^en 
®efe|en be« fd^önen 3Sorftettcn« biefem ^xotdt oft gutoiberloufen muß. 
a) ^oetifd^ mirJfam finb öor 2lltem bie S3egeid^nungen, hit öon 
SSergteid^en hergenommen finb. ÜDie ®pxaä)c ber fiinber unb be« 
SSotfe«, bie unbeftritten potti\ä)tt ift ate bie ted^nifd^e, liebt barum 
Slu^brüde »ie ©d^neemeig, SRofenrot^ u* bgl* !Die barfteKenbe Äraft 
be« großen ©ic^ter« rul^t oorne^mlid^ in SSergleid^en* Ueberaü fud^t 
er aber babei, »ie fd^on Slriftotclc« l^eröorge^oben ^at^), anmögtid^ft 
©d^one« gu erinnern^; unb fd^eut fxä) nid^t um beffenmiüen eine Un* 
genauigleit gu begel^en* @r bertraut, bag ba« ©elbftoerftänblic^e unb 
aQgemein Sefannte ol^ne fein 3^^^^^ ^tgängt unb barum fein 9(u«^ 
brudE nid^t toörtlid^ genommen merbe^ äßenn ^omer (Db. VL, 90) 
Dom „l^onigfüßen ®rafe" ^pxid)t unb i^m bie ©enne am Sogen be« 
Db^ffeu« ,,fingt »ie eine ©d^malbe" (Db. XXI., 411), ifo toiK er 
gemig nid^t, baß man fid^^« genau fo üorfteQe, n)ie ber äBortlaut fagt« 



*) (g« fccbcrf ja faum ber SBcmcrfung, bag ba« 3ntcrcffantc, im ©innc 
bed ^elel^renben, fo toentg gum ©ebiete bed ^eftl^etifd^en geljiört, dd bie greube 
barübcr, bie ^amtn unb :|3l^i^ri!alif(3^cn ©igentl^üinUd^fciten öon SScrgcn unb glüffen 
IVL fennen, eine grcube an ber ©d^önl^eit ber 2anbf(i^aft iji. 2^enbenj|>oefie, bie 
und, n^äl^renb fie un9 angenel^m unterl^äU, nebenbei einen neuen ober alten ®Iau^ 
bcn ober irgcnbtoeld^e geleierte ^ntbedungen Beibringen loiK, ifl ein Stbfatt öon 
bem (Srunbgefefte aller Äunfl, blo« bie ©d^bnl^eit ber SSorfielltung anguflreben, 
unb ge^brt pm (Gebiete ber dil^etorit, too bie ^enbeng gu ^oufe ifl. 

») ^\}ttox. in., 2, p. 1406, b. 6. 

») 2Äatt fel^e toic Döib (a, <l ni, 174 ff.) bie farben^räd^tigen Äleiber ber 
9{önterinnen audfci^IiegHci^ burd^ ^ergleici^e fd^i(bert unb biefe ))on ben fd^bnfien 
@rfci^einungen, bem tooßenlofen $immet, bem 2ÄitteImeer, bem ©afran, ber SIRor* 
genrbti^e, bem Smet^^f^, ber toeigen 9lofe tu f. to. ^ttnxxtmU ^el^nlid^ed ftnbet ftd^ 
bei i^m unb ben begabtefien alten 2)i(^tern überall; oft fogar eine Häufung toon 
^ergleid^ungen gur 2)arfleKung einer (Srfd^einung. 



80 2)cr bic^tcrifd^c ^Bergleid^ Bejmcdt 

9l6er cbettfoiücmg , toentt er glanjetibe ©egenftänbc mit ©onnc unb 
SD?onb Dergtcid^t (Db. XXIV., 148), ober tDenit er unb anbere fo 
aSiele« ,,)3ur<3urn" nennen, »a^ öieöetd^t gar nid^t mit biefer gepriefe* 
nen i?arbc tbentifd^ »ar, g. SS. SSirgil bie §aarc be« SWfu« (tt)omit 
et»a golbblonbe gemeint toaren)* 

9n bem erftgenannten l^omerifd^en 35ergteid^e fiet)t ©labftone atfo 
mit Unred^t ein 3^^^^ unfrittfd^en Urt^eitö über 8t(^tftarfe*). SBer 
fo an bie t)oetif(^e ©prod^e einen ted^nifd^en 3Äagftab onlegt, müßte 
ja $omer audEi anftagenj toenn' er ^enelope (Db. XVIII., 195) toeißcr 
al« ©fenbein nennt, bemt aud^ ba« ift gegen bie S'laturtreuc, 
unb nii^t minber, toenn anbere üDid^ter im felben gatte ben frifd^* 
gefallenen ©d^nee unb 3JHId^ unb bie 8ilie gum SSergleid^e t)erbeijiet)en. 
Sreilid^ öerlennt ber genannte, fonft fo öerbiente ^omerlenner fo fel^r 
bie eigentpmlid^en Oefe^e ber fd^onen 35iction, baß er e« überl^au^Jt 
befrembttd^ finbet (p. 21 unb 43), baß $omcr fo oft SSergteid^e (öon 
JRofen, 3SeiId^en, öon ber 3)iild^, öom SBeine, treuer u. f. tt). ^erge= 
nommen) unb fo fetten abftracte t^arbcnbegeid^nungen antpenbe. 

Sfjtn bereitet aud^ ba« Seitoort ber So^, rr ^ofenfingrig'', ©d^toie^ 
rigleiten. Segie^t e« fid^ auf ben tt)eißen ober rotl^en ©d^immer ber 
SWorgenbSmmerung?'*). Slriftotele^ ift biefer 3^^ifrf ^W P^vXli^ g^* 
tt)orben. (Sr rüt)mt befannttid^ (SR^etor. IIL, 2, p. 1405, b. 19 ff.) 
ba« Q)piftjtton aU 3Kufter einer bilblid^en ©egeid^nung ,Jtatt purpur* 
ftngrig ober nod^ trodEener rotl^flngrig ". Unb id) motzte l^ingufügen, 
baß e5 aud^ öiel tt)irf famer ift, afö etwa ^^rofenmangig" ober bgl., 
obfd^on biefe^ Seitoort ©labftone'^ S^dfd fidlerer auöfd^töße. Die 
^ol^e ©d^önl^eit, bie burd^ „rofenfingrig^'bem unbebeutenben 2^^eite ber 
Oeftatt beigelegt »irb, »irft ein gang anber« Iraftige^ Sid^t auf ben 
3auber ber gangen Srfd^einung. 

2lm aügemeinften ®) l^at man aiß S^n^xd^ öon JJarbenblinb^eit 
^eröorgel^oben, baß §omer bie §aare be« Db^ffeu« mit ber §)jacintl|e 
öergleid^t (Db. VI., 231). 



*) 3)er garBenfinn p. 44. 

') ?t. 0. D. p. 23. 

^) ©cigcr, Urf^r. IL, 316, Wla^nu^ a. a. D, 16, u. 31. 



ntc^t ©enauigfcit, fonbcm ©d^önl^eit 81 

@$ ift aber bcm bereit« öon anberer ©eite entgegenBe^altett 

toorben, ber SSergleid^ begieße fid^ - öteüeid^t auf bie lodige geringelte 

5orm, »ofür bie frau« geroötett ©lütten ber ^^acintl^e fein un«* 

paffenbe« ®ilb finb^. On ber ST^at Idge e« getpiß na^er hieran gn 

bcnfen al^ an garbenbttnb^eit, toenn bie fjarbe ber genannten SInme 

gar nid^t mit ber öon paaren dergleid^bar tpdre, Slttein bem ift nid^t 

fo. 3Kan finbet nod^ ^eute in fiiblid^en Sänbern glänjenbfd^toarje §aare, 

bie entfd^ieben in'« Stahlblaue fatten. Slaubart ift feine öööige gäbet. 

„^^acintl^enf arbig §aar" ift bamm aud^ ffei ben ntobemen orienta* 

Iifd|cn !J)id^tem eine giemlid^ ^aufige äBenbung^) unb fo ift benfbar, 

baß ^omer nid^t blo« an bie gorm, fonbern auc^ an bie garbe ber 

bunfetblauen ^^acint^e badete, inbem er ben SodCenfd^mudC' be« 

Db^ffeu« mit biefer Slume öergtid^* Sbcnfo ift ^inbar'« ioßoatgvxog 

unb io3tX6xafM)g (öeild^enfodtig) begreiflicfi ; nennt bod^ aud^ ^afi« 

ben «art eine« fd|5nen Jüngling« „ein S3eifd^en auf JRofen"^). SSiet^ 

leidet »irfte ^ier unb bei ^inbar aud^ bie Erinnerung an ben ©uft 

ber 33 turne mit; bie ©ried^cn Rieften ja auf SÖol^Igerüd^e nid^t öiel 

toeniger al« bie l^eutigen Orientalen* 3ebenfatt« aber fam e« barauf 

an, mit ettüa« ©d^onem gu öergleid^en unb fo aud^, toenn mit ber 

??arbe be« aSeild^en« eine Queüe, ba« 3Reer unb Sifen (§omer), 

uiand^e 2lugen*) (^inbar) u. 21. bergtid^en tpirb. ®anj beuttid^ tritt 

enbtid^ biefe« ©treben gu S^age, »enn S^l^eocrit bie fonnenöerbranntc 

®efid^t«farbe eine« SKabd^cn« bamit entjd^ulbigt, „e« feien ja aud^ 

bie SSeild^en bunfel unb bie ^^acint^en" (X., 28) *). 



*) 3orban, a. a. O. p. 162 irnb Äraufe, Äo«mo« L, p. 273. 

') $laten unb S3i^ron l^aben, in jener Spanier bidbtenb, c« toiebcr aufge* 
nornmen* 

^) «gt. bie 9fJad^birbung toon «ßtatcn, ©efammettc 2öer!c. ©tuttgart 1820* 
L «b. 341. 

Ste^nlici^ f^rid^t $aft« öom ^ap^ix beS «lid«, a. a. D. 339. (g« der- 
ben Beibe^mal tiefblaue 3(ugen gemeint fein, iöießcid^t anäf f(3^tcd^ttt)eg bunfle. 

^) 'äti)nü^ SMrgü @c(. 2, 18. fiiXav ^eigt an ber obenertoäl^nten @teßc 
unb oft „bunfel", nid^t „fd^marg". S^iennt bod^ aud^ ©orner ben Obt?ffeu«, bcm 
atl^cne feine ©d^ön^eit tt)ieber]^erge|lettt l^at, (AsXayxQOf^s (Ob. XVI., 175). 

SWattl?. gfartenflnn. 

6 



82 Uebertrci^ung. 

ß) SBir fommen ju einer gleiten Wct don fjfiöen, m oft bie 
poettfd^e traft be« 9lu«brud« Ungenauigfeit forbert unb entfd^ulbtgt. 
!Da bie ^l^antafie ftct« l^inter ber Sebenbigfeit ber Sfnfd^auung gurüdf^ 
bleibt unb ber ÜDid^ter nioglid^ft biefer &f)nüä)t, lebenbige S3ilber er^ 
jcugen »iß, toSt)it er, too er feinen SSergtcid^ gebraucht, unter ben 
eigentlid^en gern ftarle äu^brüde, 2lud^ l^ier ift e« nid^t feine 
Slbfid^t, baß man, toa« er fagt, genau ne^mc; er »ifl nur, bag bie 
^^antafie in gemiffer SRid^tung etwa« Snergifd^e« ti^m unb fibt einen 
möglif^ft frSftigcn 35ru(J in biefem ©inne auf fie au«- ©al^er treffen 
wir äßenbungen toie: atra cypressus, silvae nigrae^ nigra myrtus, 
caligans nigra formidine lucus, mare nigrum (t)Om IDunlelgrau ber 
aufgetoül^tten SBogcn), nigerrimus imber (ton ber ®ett)ittertPotfe) 
unb ä^nlid^e unter Umftänben fe^r »irlungdöofle Uebertreibungen» 

y) ffüd)t fetten ift beim ©id^ter aud^ bie ©cjeid^nung ber Farben 
burd^ ©tjnelbod^e. @r toäl^tt gerne unb gum 35ortl^eiI ber poctifd^en 
traft bie am meiften d^aralteriftifd^e ober prdc^tigfte ©pecic« aU 
9teprfifentant ber (Sattung. 

©0 fte^t purpureus al« Jöeitoort be« f^ü^tingö (Döib), beö 
^Regenbogen« (^omer *) , ^roperg) , be« ßid^te« , eine« B^^eige« (pur- 
pureus ramus fagt 6atutt für ba« \^omerifd^e aylaog ogo^), Ja aud^ 
be« Slmor unb ber SSenu« ftatt farbenj)räd^tig, anmutt)ig, t)otb* STel^n^ 
lid^ bebeutet in ©oetl^e'« bef anntem : „ ®rau, mein greunb, ift aKe 2:^eorie, 
®rün ift nur be« geben« golb'ner S3aum" golben offenbar lid^ifd^im-- 
mcrnb, freubig*, fd^ön, toie ba« aud^ §omer im ©inne l^at, njenn er 
t)on ber „golbenen Slp^robite" fprid^t, !X)er fonnige, »o^tt^uenbc ®tanj 
be« ®oIbe« vertritt Jeglid^e 2lrt be« ®Ianje« unb ber ©d^ön^cit. 

§iet)er gehört nun nad^ meiner Slnfid^t aud^ bie S5ertt)enbung öon 
xvdv€ogj caeruleus für buufel. 



*) ÜJlagnuö fielet l^ierin einen beutUcä^en SBemet«, bag ^onter am Siegen* 
bogen Bio« ba« rotl^e @nbe gefeiten l^abc. 2Äan fann aber an ^omer, unb »ie 
mir fd^eint, aud^ an ba« lOel^rgebtci^t be« 3£eno:|}l^ane« (t)gL barüber SD^agnu« 
®t]df, Sntt». p* 16) m(i}t benfelben SWagjlab anlegen »ie an bie ariflotetifc^en 
üJleteoroIogica. 



^tfndbodft, 83 

5Dte aSörtct feigen junfid^ft, nid^t bto« bei ^rof aüern ^) f onbcrn aud^ 
bei Did^tem unjmeifell^aft blau* 5Da« ge^t unter Inberem iaxaM l^erdor^ 
ba| fte biefelben auf beu^iuimel (caerulacaeli), ba«2Äecr^ (Curip. 
3. SC, 7; bei ben Sateinern oft aequora caerulea u. bgl., bei Snn. 
aud^ blo^ caerula), bie SKeere«* unb gluggötter unb Sitte«, toa« gu 
i^nen ober ju i^rem (Slemente gel^ort*') (currus Neptuni, Virg.; 



') gür bie ^eurtl^eitung ber te(i^ni{(i^en ^ebeutung Don caeraleus tmb 
%vdv8og l^aben tmr bie ungtoetbeuttgflen Snl^attö^untte. SttruD Sendetet und (de 
architectura lib. IV., cap. 2, §. 2) über bie Xx\Ql)i)p^tn an ben ültcflcn todca* 
nifd^en ^ol3tcnU>c(n (JBretter, bie an bie 53al!en genagelt unb fo geformt toaren, 
luie f:päter bie 2^rigt^|)^en) : et eas cera caeralea dipinxerunt etc. Sin ben UeBer* 
reflen gried^ifd^er Semmel, bereu <StiI jene todcanifci^en beutUd^ nad^gebttbet finb, 
treffen toir aber, too immer ftd^ garbenf^uren erl^alten l^aBen, bie Srigl^^l^en faft 
ol^ne SCudnal^me hlavu 2)ag ber caeruleum genannte, guerfl in Stleyanbrien, J^ä* 
tcr cai^ in bem l^eutigen ^u^jucU unb anbemjärt« erzeugte göi^bfloff Äu:pferblau 
toax, gel^t an9 $. 2)aöi?^8 Unterfuci^ungen über bie 3WaIerforben ber Sttten bertoor. 
<SgI. ©ticgiift, «rd^äotogifci^e Unterl^attungen p» 130 ff.) SBei ben ©ried^en bie^ 
er %vccvog (2^eo|)]^r. Fragm. IL, 8, 55) unb tl^eifte biefen ^fiamen mit einer gan* 
jcn 9lei]^e öon ®egen|länben, benen bie Uaut garbc (i^arafterijlif(i^ ijl, mit bem 
Uan angetaufenen ©tal^I, ber Kornblume (bereu l^immelblaue geberfrone jebem 
Befannt ifl), bem Safurflein (togl. ?rato Phaedon, 113 B.), ber blauen 2CmfeI 
(?[rijlot. Hist. anim. IX., 21, p. 617, a. 23). 

^ef^($ erHürt nvavovv atd sldog xQ<o(Ji^tog ovgavosiSig. 9lad^ attebem 
farni biefed SBort unb fein ^nalogon caemleum aud^ , toenn ed toon 5S)id^tem 
unb ^rofaifem auf ha9 SWeer angeh)enbet toirb (toon le^tercn \)ergteid^e man Slriflot 
frobrem. XXVI., 37, p, 944. b. 21, ber audbrüdflid^ yLvaveog aU 2Weerc«farbe 
Beim ©übtoinb toon iocpoidiig [bunfel] al8 berjenigen beim S^Jorbtoinb unter* 
1(i^eibet; (Sicero, apadNon. Qnidmare? nonne caemleum ?u. bgl.), nur bie blaue 
garbc bc3eid^nen,.bie nad^ ben ©erid^ten affer fReifenben ba« SWittelmeer bei l^ei* 
terem ffietter jeigt ®g(. @oetBe (3taften, 9leife), ber jte oft mit bem himmelblau 
öcrgteid^t. S5om atlantifd^en Ocean berid^tct ^umbolbt (SÄeifc in bie Slequinofäal* 
gegeubcn, im „ÜÄufeum ber neueflen unb tntercffanteflen 9leifebefd^reibungcn" Söien 
1827, 18. «anb, p. 173), ba§ er oft blau bleibe, toenn Ui fd^önem SBetter meBr 
al8 toier günftBeilc be« $immel«gett)blbe8 mit leidsten toei^en unb gerflreuten Söol* 
fcn bebedft pnb. 

') 35ergleid^e f^xtin bie vorige 2lnracrfung. 

*) ^tti9 Beißt bei ^roiperj ((glcg. IL, 10, 16) caerulea mater. Unter 
caemleus deus ijl fiets 9le))tun toerfianben. 2)ie gefräufelten 2Äeere«tt)effen bilben 
lein toattenbe« ^aar, »eS^alb er fd^on bei $omer %vttvoxalxrig genannt toirb. 

6* 



84 Hvdvsog unb caeruleus 

equi Tritonis, Ovid; puppis, Ovid) unb auf bic äugen ber ®er* 
ntancn*) anmcnbcn, 

2lbcr »ie »enn nun bie genannten Sluöbrüde aud^ öon ber 
unl^eimtid^en ®mxtttxxooltt (^ontcr, 3SirgiI) unb öon bem il^r äl^nlid^ 
fid^ l^crantt)äljenben ^eere^juge ber ©ried^en ober S^roer, don ber 5Waci^t 
{^ap. ©tatO,'öom SBatbeöbidid^t (^inbar), öom Sobcn in ber SEiefe 
ber ß^ar^bbi^ (§onter), t)on Oegenftänben ber S^obtentrauer (caerulae 
vittae, S^rauerbinben, 3Strgü) unb ©d^attentt^elt (puppis Charontis, id.) 
gejagt »erben ^) ? §ier [teilen fie , \d)mt mir , in 5t)nHd^er 3Betfe aU 
SieprSfentant ber Dämmerung unb J)unlel^eit, »ic in ben oben an* 
geführten Seifpieten ,,goIben" S3ertreter alte« freubigen Std^tgtange« ift, 
unb biefe S5crtt)enbung ift »o^I begreiflich* 3ft bod^ ©lau bem 3)un!el 
fet)r Dertoanbt, Ja faüen aüe aufgejäfitten bunllen ©rfd^einungen, toetd^e 
ba« ©eitoort xvdvsog ober caeruleus erl^aften ^aben, beuttid^ in'« 
»lautt^e«). «taufd^tt)ar3, fta^Iau, ift bie 2Bettern)oIIe; fo 
blidEt un« aud^ bie SEiefe eine« Slbgrunb«, ba« ÜDämmerlid^t in 



Slm^l^itrite ifl tivocvmnig* Döib fagt aßgetncm: Caeruleos habet unda deos 
3Retam. II., 8. SJgt. S^riji. I., EL IV., 25. Parcite, caerulei, vos parcite, numina 
ponti ! 2)anttt l^atte man gufamntcn, baß toix bie iRilgöttcr in 3(c9^:|3tcn, Narajan 
(b. t. „ber auf bcn Soffcm [i^ Setoeöcnbc") in 3nbicn blau bargejlcttt pnben. 
(S5gl. ©ammer in ben Wiener 3al^rbüd^cm 1818, 3. S5b., p. 197.) 

^) Germanorum pubes caerulea (blauäugig), $orag, Epod. 16, 7. $gL 
aud^ Hufon. 3bJ?a vn., 10. 

') ©eiger a. a. O. 307 ff., SWagnu« a. a. D. 34 ff. Scfetcrer l^ätt für bc* 
benflid^, baß Birgit ben Sfla6)tn be8 (Sl^aron aud^ femigineus nennt. Dl^ne @nxnb. 
Stud^ ferrug. Bcbeutet eine bunßc garbc (Oöib fagt atra femigo, S^ibutt picea) 
näntK(]^ bunfelbraun unb bunfelrot^ (^ur^ur, ^\facmtf)t, SJirg.), unb fielet 
barunt l^ier toie caerul. per synecdochen für bunlet überl^aupt 

*) Man fann barunt fogar fireitei?, ob SBIau l^ier @^ncfbod^c ober cinfacä^c 
Ucbcrtrcibung, flatt „2)un!cl, toeld^e« in'« S3tauc faßt", fei. Sum legten ifl jcbcn- 
fott« gu rc(3^ncn, tocnn ^onter bic Slugcnbraucn be« S^u9 unb ber $era, ba§ 
^auptffaax be« ^ector, bcn S3art bc8 öcrjüngtcn Ob^ffcu« unb bic 'SR^nt M 
SRoffcS, in totläft^ fxä) SBorca« öcrtoanbclt, xvav. nennt; überall um ber @r* 
fd^cinung eine ungc»5^>nli(i^c ©d^bnl^cit ju öinbiciren. %u6f $einc fingt ja barum 
in feinen f:|)anifd^cn Sltriben öon einem gelben: „@cinc ^aare toaren fd^toari, 
bläuli(]^f(i^tt)arj, öou feU^nem ©lanjc." 



d« S3ctn)ort bunficr @rf(i^etnungcn, 85 

einem bid^tcn gorfte unb bie buftige i^erne an. ^&ä)tlxä)t Sc* 
leud^tung geben bic WlaUx ftet^ mit btäulid^em SEon. ^^n fübtid^en 
©egenben erf^einen aUeim ©d^atten ficgenbcn tlüfte unb 9tiffe bcr 
Serge, je nad) bem ©tanbe ber ©onnc, blau ober öiolett^). SWmntt 
man j^ingu, ba§ Sfau unb SSiotett unö falt unb traurig berühren, fo 
ba^ beibc gu öerfd^tebenen ^dUn ate SErauerfarbe öertoenbet toorben 
fitib unb nod^ tperben, fo tft aud^ nid^t ntel^r ju öertounbern, baß man 
©egenftänben berS^obtcntrouer biefe t?arbe gufd^rteb unb bic Seren, 
bie trauernbe 3)cntcter {xvocvoTcsnkogy H. h. C. 320), $Iuton unb 
feine ^ferbe {xvccvoxccitrjg H. h. C. 348) unb bie gejammte Unter«^ 
toett in fie gepKt dorfteüen fonnte. SBir lönnen freilid^ fotd^e SÖen^ 
bungen nid^t tportlid^, j, S. equi caerulei Plutonis (Ovid. Fast. IV, 
446)ntc^tmit„bläuad^e ^ferbe^' fiberfe^en«). allein »ic oft verbietet 
VM anä) auf anberen ©ebeutung^gebieten ber ®eift ber ©prad^e, b* ^. 
bie in i^r au^ge))rägten ÜDenlgetoo^n^eiten eine ©^nclbodie, Ueber*= 
treibung ober äßetapl^er bud^ftäblid^ gu fibertragen! Sotole^ l^at öon 
$inbar ßefagt, toenn öemanb il^n n)örttid^ fiberfefecn »ottte, fo »urbe 
man glauben, ein SRafenber ^abe benSlnbernfibcrfe^t^). ÜDen ©rieften 
l^at ^inbar'^ ©prad^e fid^erlid^ nid^t biefen SinbrudE gentad^t> 

Sä) toiU aber tociterl^in nid^t leugnen, bag, »enn bie Slntpenbung 
tro^jifd^er äluöbrftdte unb Uebertreibungen — unb baöfelbe gilt oon ben 
SSergleidEien — im Sittgemeinen n)o^Ibegrflnbet unb au« bem SBefen ber 
^oefic JU red^tfertigen ift, bod^ eine jartc, bid^terifd^c ßmpfinbung bagu 
gel^ort, um eö fteti^ in ber geeigneten SBeife ju tl^un, unb bie« ben 
alten !J)id^tern aud^ l^infid^tlid^ ber iJcirben nid^t immer gelungen fein 
mag, 35en Sateinern öietteid^t toeniger at« ben großen ©ried^en, unb 
e« möcf)ten ^ropergen« caeruleus cucumis (EL IV,, 2, 43), 3u^ 



*) .iBgl. Äraufe a. a. D. p. 273. ©oet^e, ^taUeiu Steife, öfter. 

^) 3lber freilich aud^ mä)t mit „^^felfd^immel", toit SWagnu« öorfd^Iägt, 
a. a. D. p. 39. 

») 3ln0cfül^rt bei Sefftng „©riefe , bie ucuejle Literatur bctreffenb", @rfier 
X\)di, 1759, 3iper SSrief. 3c^ erinnere an^ baran, bag im Stalienifd^en l^eutc 
bruno neben bunfelBraun, ](iftoav^ mib traurig (alö ©ubjlantito anä) S^raucranäug) 
bebeutet. %u6} unjer 0^)ife fagt „braime 9^ad^t". 3ßir lönnen e8 nid^t mel^r. 



86 ^om SBcd^fcI 

öcnal« caeruleus panis, sat. XIV., 128 *) uitb Slcl^ntid^c^ ate fjcl^ler 
gegen ben guten ©efd^mad anju^el^en fein* ©ei ben Oried^en ift mir 
feine fotd^e SSemenbung t>onxvdv£ogittarmt^). (Slnd^ flavus pudor 
(®en, ^\ppol) l^Stten too^ biefe nid^t gefagt, mag e^ nun bei bem 
ßateiner afe Uebertreibung anjufel^en ober bem SSerömag gu lieb ge* 
toafilt fein.) 

d) gin anbete« 2Äittet gut Belebung ber 35iction, tpomit gleich* 
falte oft ©d^öntieit auf Soften angftlid^cr ©enauigfeit erreicht »irb, 
ift ber SBed^fel in ben ©cjeid^nungen. ©omo^I bie äußere ©d^on* 
^eit, be« Stange«, al« bie innere, ber ©ebanfen, forbert il^n. Deftere 
Sieberle^r be^felben SBorte« unb Silbe« erzeugen ben (Sinbrudf oon 
2trmut^ unb ©ntönigfeit, Sed^fel gett)fit)rt ben 9feij ber SWeufjeit unb 
bie ßmpfinbung größeren 9teid^t^um«. Da« einmal- ®e^orte öerft^minbet 
ja nic^t fofort ganjlid^ au« bem Setoußtfein, öielmel^r f daließt fi4 »ie 
tt)ir frfil^er gelegentlid^ bemerften, an jebe @mj)finbung unmittelbar 
eine ^l^antafieöorftellung an, bie i^ren Snl^att reprobucirt, inbem fie 
i^n nur jeittic^ öeränbert (at« frül^er gemefen) erfd^einen lägt. Slud^ 
fann biefet, nad^bem jene ^^antafietptigfeit ertofd^en ift, im ©ebSd^tnig 
öon 5ßeuem auftaud^en. @o gefd^ie^t e«, baß ein 3Bort unb ©ilb, ba« 
gum gioeitenmale tpieberfe^rt, nid^t mcf|r ba«felbe ®efü^l ertoedft. 2Ran 
l^at, tpcnigften« »enn fein erfte« 2luftreten nod^ frifd^ in Srinnerung 
ift, ein öeranberte« 3Sorftetlung«<)Pnomen, eine Sintonigfeit öor fid^. 

. ^) Ucbrigenö l^cigt biefe ©teile: mucida (fd^ttnmelig) caeralei panis . ♦ . 

frusta, unb begeid^nct alfo caeral. öietteid^t nid^t \ä)Ud)ttotQ „©c^toargBrob", n?ie 

aWagnu« (p. 40) uictnt, fonbcrn ben hl'dnixdftxt Xon beS ©d^immcl« an bem* 

fetben. 

*) 3in Uebrtgcn jtcl^t man au8 ben obigen (Sitaten, baß, toit loir frill^er 

bel^au^teten, Hvavsog unb caeruleus nid^t bie angeBIid^c ©cbeutungSenttütdfcIung 

öon 2)unfel nod^ ^lau crfal^rcn, fonbern in frü^ien unb f:päten Seiten ber alten 

Literatur biefclbe ^crtoenbung gefunben l^aben. gür2)unfel mürben jte übtx^aupt 

nur bic^terifd^ gcBraud^t. ^ä) fonnte toenigften« feine @teße auepnbtg mad^en, 

töo fte ted&nifd^ biefe SBebeutung ge^iabt ^tten. S)a6 bie alten ?cj:ifogra:^]^cn für 

yivttvsos neben „l^immelfarben" {sldos xQ<o(iocxos ovgavosiStg , $efi^d^.) unb 

„mecrfarben" {nvavovv yag ro Tavtrjg, sc. d'aXdaarjqj vdcoQ, (Suibdö) aud^ 

furjtoeg bunfel (juiXas, anoreivog) angeben, iji nic^t gum ^ertounbern. ^it pfit^ 

gen ^joetifd^en unb ted^nifd^en ©ebroud^ nid^t auSeinanbergul^alten. 2)a« bcbenfe 

man aud^ bei il^ren 3(ngabcu über ^octdij?, olvoilj unb nogqiVQeog. 



in ben ^itl^eto. g7 

©agegcn »irb umgelc^rt ba« Stcuc im BJ^f^^ßiin^nl^ang mit bem, ma^ 
nod^ im ©cbSd^tniffe öorfc^toebt, ate 9tcid^tl^um em<)funbcn. 

35cm SBed^fcI juficb toirb nun ber !Di(^tcr aud^ ben Sid^tcinbrud 
bcr ©cgenftänbe, fotocit c« ol^ne aWißöerftfinbnig moglid^ ift, balb bicfcn, 
batb ettt)a^ anbcren Umftfinbcn entfpred^cnb fd^ilbern, unb i^n, toenn 
er fi(^, wie bie meiftcn garbenerfd^einungen, and) o^nc ba^ mit ettpetd^em 
9?ed^te öerfd^icbenen in ber ®<)rad^e ausgeprägten Staffen fubfumiren 
lägt, balb nad^ ber einen, balb nadEi ber anberen benennen. SÄan l^at 
aud^ in folc^em SSorgel^en 3^td^^n üon fjarbenblinbl^eit erblidEt*- ©o 
fd^Iiegt ©labftonc, bajs §omer nal^e baran n)ar JRotl^ mit ÜDunfel ju 
öcrtoedifeln, »eit er baS Slut igvd'gog {igv^aivBi)^ <polvtog, 
noQfpvQsog, bann aber aud^ mieber xskocivsfptjg^ xsXccivog unb feljr 
häufig iislag (bunfet) nennt» 

S5a« aJieer l^etgt bei §omer olvoil^ (toeinfarben), noXiog^ 
iioQg)vgsog^ ioeidi^g (öeild^enfarben), fiiXag n. f* »♦ ^nä) fjkx, meint 
©labftone, lonne bem Did^ter fiberatt blo« bie Sebeutung bun!el flar 
öorgefd^toebt ^aben*)* 

SWan l^at Don anberer ©eite barjutl^un gefud^t, ba§ bie le^t* 
ertoäl^nten öeitoörter iebeömal ber momentanen ©efd^affenl^eit be« 
3Weere^ entfjjred^enb geioä^U feien ^- 3n ber S^l^at ift feine ber mäf^ 
fefnben Segeid^nungen fo, bag fie nid^t unter Umftänben auf bdö 3Keer 
paßt^); aber bag jener oottige ^araüeliSmuö beftet)e, ift mir öon öom* 
herein untoa^rfd^einlif^ unb tagt fid^ aud^ tl^atfäd^Iid^ nid^t ungejioun* 
gen nad^ioeifen. 5DiefeIben (Jorfd^er, bie biefen SSerfud^ mad^ten, finb 
fo weit gegangen ju bel^aupten, §omer ^abe aud^ bie öerfd^iebenen 



1) p. 28, 30. 

«) % mUl, ba« SÄccr in ben ^lom. ÜD^tungcn, in Wi^tW^ 3eitf(]^rift 1855, 
p. 531 ff. 

, 3) @cl6ji bie „pur:|3urne" Soge ifi unter Umjiänben tt)«Jrt(i(]^ toal^r. $uut= 
Bolbt \}at (ÜJeife in bie 3lequinoctia(gegenben, a. a. O. p. 173) bcmerft: „®egcn 
3lBenb, toenn bei* SRanb ber Settcn, toon ber @onnc txltn^ttt toon @maragb* 
grün glängt, toirft bie gtäd^c bcrfelben, öon ber @cite be« @di>atten§, einen :pur* 
^urfarbenen Sleffejr." ^gL an^ (Soctl^e in ber ©c^toeigerrcife öom 3al^rc 1797 über 
ben SRI^einfaß; ja fd^on ^feuboarifiot de color. 2, 792, a. 20. 



88 $om ^e^fel in ben @)}it]^eta. 

9tamen be^ ^eere^^ xovtog^ ^dkaa6tt^ akg, nikayog^ kattfiaj 
ki^vTj ftet« mit einer beftimmten Slebenbebeutung ben augcnblidtid^en 
Umftänben gemag angctoenbet. 

Dfinfeer ^) l|at aüeö bieö öertoorfen afö ettoa«, tia^ bem Söefen 
bc^ apo^ »iberfpredie. 

§ier fdieint ntir bie SBa^rl^eit in ber SÄitte gu liegen. 3d^ fann 
nid^t gngeben, ba^ eg bem SBefen e<)ifcl^er ©eitoörter fd^led^ttoeg »iber* 
f<)red^c, ben n)C(^j'eInben Umftdnben angepaßt gu fein* SBenn ©ün^er 
bafür anführt , bie 9iafd^^eit be^ 6^)0^ geftatte nic^t auf fold^e gein* 
l^eiten gu ad^ten, fo fd^eint mir ba^ nid^t üötlig ftid^^attig. Bwfl^ß^f^^i^^ 
e^ »erben im rafc^ l^injie^enben SSerfe mand^e ©d^ön^eiten be^ ©etail^ 
überfeinen, fo folgt barauö, bag ber ÜDic^ter, ber feinen Si^td, ein 
toert^öolle^ ©emalbe gu bieten, nid^t öerfe^Ien toitt, um fo mefir fd^one 
3fige einfled^ten muß, bamit, tpenn aud^ jiebe^mal etlid^e fiberfe^en 
»erben, bod^ anbere unb bei SBieber^oIung mehrere unb immer me^* 
rere gur SCßirfung fommen. SBenn ba^ im dpo^ nid()t am *^Iafee fein 
follte, »0 bennfonft? 3m®rama ober I^rifc^en ©ebid^t? 3^^^^ ^W 
IBitber nid^t ebenfo rafd^ vorüber ? Slud^ bie großen 3Rufi!er ^aben bie 
53eredntigung öon ©ünfeer^ö ©efefe nid^t gefül^It, obfd^on aud^, »a^ fie 
bieten, rafd^ üorübergie^t. Unb aögemein rechnen »ir e^ gu ben SSor* 
gügen cfaffifd^er SBerfe ieber 2lrt, baß fie un^ bei n)ieberI)oIter 93er* 
gegentDärtigung in i^rem 3)etail immer neue ©d^öntieiten geigen. S^ 
»irb atfo au6) beim S^jo« bloö ba« fid^ fragen, »ie »eit ber 2)idnter 
in ber ß^arafterifti! be^ ©ngelnen ge^en fann o^ne gu übertaben, 
b. \). tpie »eit bem, ber auf Jene ijein^eiten ad^tet, barauö ein 
®enuß txtoa6)% »elc^er^cit unb SÄü^e ber aufgetoenbeten Slufmerf* 
famfeit gebü^renb lo^nt. Unb ba tt)ill idE| nid^t leugnen, baß e^ aüer* 
bing« ermübenb unb ungenießbar »erben lann, »enn man mit bem 
apxöftton ornans jebem SBed^fet ber Umftänbe entfprc^enb med^felt. 
3n fold^em gatte ift e^ eine SSoöfommenbeit ein ftc^enbeö Spitl^eton 
angutoenben, baö, o^ne au« ber momentanen Situation gu fließen, bem 
SWamen (inöbef onbere lal^Ien Sigennamen) bod^ einen ©d^mud tei^t unb 
gu größerer Stnfd^ouUi^feit öer^ilft. Unb »eil, »ie gu 2lnfang gefagt 



*) ^omtxi\6)t ^IBJ^anblungcn p. 507—565. 



mdfi^t ouf S5cr8ma6 u. bgl. • 89 

iDurbc, gu pufige SBtcber^oIung be^felben Buge« mißfäCt, mögen 
nicl^rere fotd^e ftel^enbe dpitiftta ol^ne angftlid^e Siüdfid^t auf eine pa* 
raöcle Slenberung ber UmftSnbe toedfefetn. 

SBa6 nun föntet betrifft, fo l^abe iä) an i^m erntübenbe Stein* 
maierei nie beflagen ^oren, unb xä) fänbe e« feiner anbertt)eitigen 5)arftel* 
Iung6tt)eife nW entfpred^enb, »enn et j. SO. beim 3Äeere j^ben SBed^fet 
ber garbe Keinlii^ angcmerlt t)ätte, 3Kan fann i^m, fd^eint mir, auf 
atten ©cbieten el^er öortoerfen, baß er f|ie unb ba einen ^n^ gu fteif 
unb einförmig gelaffen unb mitunter öieltei^t aud^ in bem öort)in 
ertofil^nten toiüfürtid^en SBed^fel ber Spit^eta gu weit gegangen fei* 
e« ift ba« nad^ meiner Slnfid^t ein ©tüdE Sleginetif, eiuv ^n^ jener 
-finbtid^en Unbe^otfen^eit, bie ber ^)rimitiöen Sunft auf aßen (Sebieten 
anl^aftet. 

Spätere 5)id^ter ^aben §omer öietfad^ nad^gea^mt. Slber aud^ 
abgefel^en baöon führte fie bie bid^terifd^e Slbfid^t not^toenbig baju, 
oft, obfd^on bie ßrfd^einung »ed()felt, baöfetbe unb umgefe^rt, o^nc 
ba§ fie fid^ üerdnbert, ein neue« ©eitoort angutoenben» ©etoig tpar e« 
im ©roßen unb (Sangen gum SSortl^eil be« lünftlerift^cn ®enuffe«j in 
einjelnen gSKen mag e« au^ weniger gtüdlid^ au«gefaKen fein. 2lud^ 
l^ier ^at man atfo Singebungen t^eit« eine« guten, t^eil« eine« man* 
gel^aften aft^etifd()en ©efd^made« mä)t mit Slngeid^en öon garbenbtinb* 
f)dt gu öertoe^fetn. 

e. SBir f^)rad)en bi« je^t öornel^mlidEi üon ber inneren gcban!* 
lid^en ©d^ön^eit, bie ber 35id^ter anftrebt; aud^ bie äußere ©d^önl^eit, 
bie angenehme unb ^aralteriftifc^e SBir!ung be« Stange«, 
xoiü bead^tet fein unb aud^ i^r muß gumeiten bie ®enauig!eit gum 
Opfer gebrad^t werben. £)ie 2)iobernen, in«befonbere ©eutfd^e, finb 
freilid^ toenig geneigt, bem 35id^ter um ber äußeren IJorm mitten große 
grcil^eiten gu öerftatten. ©te SHten maren hierin na^fid^tiger* ®ie Der* 
trugen toie an Slbfürgungen, veralteten formen, Suöerfionen u. bgl., fo 
auc^ an SSertaufdiung öon ©^non^men ober Quafi^®^non^men mel^r al« 
mir. Syiid^t gang o^ne Orunb. ©tettten fie fid^ bod^, menigften« in ©egug 
auf ben JRl^^tl^mu«, audf) öiel fd()mierigere 2lufgaben, a(« man öielfadf) in 
neuerer 3cit gu tl^un pflegt. @ie übten, mie man meiß, in ber SSBal^f paffen* 



90 Sarum nennt ^omcr niemals 

bcr äWetrcn große ^dnffdt unb fd^cutcn im 3ntcreffe bcr S^araftertftif 
feine ©d^toierigfeit unb ßünftlid^feit berfelben. 5ßici^t immer freilid^ 
entfd^ulbigt bic« anä) bei ben alten 3)id^tern bie jjoetffd^en Sicenjen 
unb mag namentttd^ t)on ben Sateinern gelten, baß fie gutoeüen bie 
©renjen be« öom guten ©cfd^mad Erlaubten fibcrfd^ritten ^aben» äudi 
auö fold^er bered^tigter unb unberechtigter Siccng ift »o^I bie eine ober 
anbcre befrcmblid^e Sarbenbcjeid^nung gu begreifen 0* 

^ (g^ bleibt un^ nod^ ju erßären, »arum §omer nie ben 
§immel blau unb bie (Srbe grün nennt unb tparum er, wie 
t)on öerfd^iebenen Seiten l^eröorgel^oben toorben ift^), überl^aupt t)er^ 
pitntgmäßig fetten ^^ötben im engeren ©inne, bagegen öfter ®tanj, 
©<f|immer u. bgL fo toie ©eftalten unb Setpegungen matt* 

Unenttoidelte« ©effil^I für garbenjd^on^eit fann ber ®runb nid)t 
fein^), 3)ennba^ SSSol^Igefaüen an Farben tritt überaü frül^er auf a(ö 
baö an formen, unb ber Did^ter l^atte unbeftritten einen feinen ©inn 
für bie festeren* S^er fönnte man beulen, neben ber »eitgel^enben 
Sntmidelung beö ©inne^ für ^taftil ^abe ber i^arbenfinn ber (Sriedien 
feine urfprünglic^e Sebenbigfeit frül^jeitig »ieber öerloren. Slöein biefer 
©laube ift burd^ neuere gorfd^ungen auf bem ©ebiete ber alten S'unft* 
gefd^id^te »iberlegt »orben. 5Die ©ried^en »arcn »eit entfernt öon bem 



*) ^ic^^cr mag c« gcl^ören, tocnn caeruleus jutocticn au^ für ©rünitdbc« 
fielet, baS einen @ttci^ in'« SBIan geigt j.58. caeruleus cucumis (?rü:|)erj), arbor 
Palladis caerulea (D^ib, toogu aud^ caerula olearum plaga bei i^ucreg, de rerum 
natura, V., 1371 ju öergleid^en ifl). SWbgUd^ertoeife aBer fmb hit Söenbüngcn au« 
bem sub ß unb y ©efagten ju erüäven. Unb boß toir un« nic^t für ba« ©ne 
ober Rubere entfd^eiben, fd^abct unferer ^ofition gegen ®eiger nid^t Senn mehrere 
fotc^e @rflärungen gur $anb jtnb, toerben toir um fo njeniger on garbenblinbl^cit 
benfen muffen. 

^) 93[ud^ \ol(i}t, bie nici^t an gartcnblinbl^eit glauben, l^oBen barauf l^inge* 
toiefen, g. SB. SSifd^er, ^e^etif ni., 2, p. 1192; 31. ©d^ujier a. a. O. q. 724 ff,; 
3ovban a. a. O. p. 162. S5gl. ^iegu htn Slnl^ang II. 

*) ®erabc ber Umjionb, baß ^omer fo toiele Sorte öon ber Sebeutung 
,,Ieuci^tenb'', ,;glän8enb" u. bgf. öermenbet, geigt, bag man längji nid&t me^ir in 
finbifd^er Seife Bio« an eingclncn garben n)ie ^ütff u. bgl., fonbem an allen 
lebenbigen (grfd^einungen beS üüd^tfmne« Oefattcn fanb. 



ben Fimmel Hau unb bie (Srbe grün? 91 

aftatifd^n ©cfd^mad, ber fl6cr bcr tJar6cn<)rad^t öielfad^ bie ©d^Snl^eit 
bcr iJoruten (tnöbcfonbcrc an bcr tlctbung ein paffenbe« SSerpttni^ 
ju ben Proportionen be« ftor]jerö) öernat^täffigte ; aber f o loett ^axbtn 
bie fjorm nid^t fd^äbigten, l^abcn fie feine SSerunreinignng barin gc* 
feigen beibe miteinonbcr ju Derbinben* ®o loar benn nid^t Mo^ il^re 
Src^iteftur burd^an« ein f orbig belebtet ©ifb , fonbern felbft ®tatnm 
lourben farbig gefd^mfldtt. j^&x bie ©erfe ber erften Sübl^aner beforg* 
ten and^ bie beften aWaler ben farbigen Slnftrid^. Slud^ würben farbiger 
SWarmor, ®oIb nnb farbige (Sbelfteine öermenbet nm ben ©ewän* 
bern, ja aud^ ben Singen, ben 9leij ber r?arbe ju geben. 

SBarnm fd^ifbert alfo §omer nid^t baö Slan be« §imnieW nnb 
ba« ®rün ber Srbe, bie gen)ig il^ren JReij für ba« griedE|ifd^e 2luge 
niemate eingebüßt l^atten? 

35a§ er bie eriüä^nten fjarben nid^t gn ftel^enben Spitfieta ber 
Crbe nnb be« §imntel« ntad^te, »irb man nid^t tabeln. Der „meite 
^immel" nnb bie „bunffe ßrbe" finb allgemeiner jjaffenb unb bot^ 
and^ nid^t o^ne Seben nnb SBirfnng. Slber »arum ertofil^nt er jene 
ßrfd^einungen nid^t »enigften« mand^mal ate SKomente in ber ©(^5n* 
l^eit ber Sanbfd^aft? §ier liegt nnn na^e baran jn erinnern, baß, menn 
10 ir un« bie ©d^ilberung eine« fd^önen 8anbfd^aft«bi(be« faft nid^t 
benfen fSnnen, o^ne baß babei bie garbe be« reinen §immel« an«* 
brüdlid^ gefeiert toirb, ba« fid^ gum guten S^l^eil au« bem Ungeiool^n^ 
ten unb ©eftenen begreift, »a« ber SlnblidC eine« fd^Snen himmelblau 
für un« im Slorben l^at. Die ©ried^en unb JRomer al« ©übfanber 
mußten anber« entpfinben. Entgegen feigen loir oon i^nen unb ben 
Orientalen anbere ©inne«einbrfldEe, »efd^e fie öfter ju er f eignen unb 
^erbeijutoünfd^en ®e(egcn^eit Ratten, mit ä^nlic^em Sifer betont. ®o 
j. So. bie S'ü^fe be« ©Ratten«, ©ie greifen l^ier ju ftarfen 2lu«brüdCen 
toie gell dum nemus unb ä^nlid^en SBenbungcn, in benen mir i^ncn 
nid^t folgen fönnen. Sm Orient fe^en mir toeitfd^attenben S3aumen bie 
Sönige oerglid^en unb „im ©(Ratten be« 2ltlerl^od|ften toeilen'' brüdt 
bie Süße ^immlifd^er ©cgnungen au«. Dot^ erflärt biefe ©emerfung 
nid^t aQe«. 2lud^ gried^ifd^e unb romifc^e Did^ter fül^ren boc^ guweilen 
ben »olfenlofen f)immel au«brudClid^ at« 2:^eil einer fc^onen ©ceneric 



92 30Barum nennt ^omer 

auf ^); aber fic nennen i^n auc^ bann nic^t blau^* Sr ^etßt at^gri 
{dviq>BkoQ Db. VL, 44), Zsvq at^giog, caelum purum, apertum, 
suduniy lucidum (S^nßc^ n)ie t^n nod^ l^eute bte SSod^fprad^e 
ntand^erort^, g. S.in alemanntfd^en ©egenben, „®Iangl^immeI" nennt). 
SBarum bie«? 2Btr fc^eint btefe SBal^t eine gtüdtid^e Singcbung be^ 
fluten ©efc^mad« unb einer öottftänbtgen JRed^tfertigung fällig ju fein. 
<S^ tt)urbe fd^on ernja^nt, bag §omer mit richtigem funftterifc^em 3n^ 
ftincte überhaupt fetten abftracte gcirbenbejeid^nungen anmenbet; faft 
immer finb fie finntid^ lebenbig, t)on einer concreten (Srfc^einung l^er* 
genommen, ©o ift nur gu ermarten, bag er auc^ bie l^o^e ©d^on^eit 
be^ fetten ^immel« nic^t burc^ ba^ Iraftlofe ' Sieimort btau an* 
ft^aulic^ ju machen fudite. 3Q3a« ^at aud^, au^er in einem ??aüe ttjte 
in ®oet{)e'« aJiignon, bie "^Iiantafie für einen befonberen Stufen baöon?^) 



*) ®ag fic c« tl^un, BctDcifl, ba§ er aud^ ilf^ncn nid^t al« bunttc« (Srau cr^ 
jd^icncn ifl, tDtc c« nad) bcr ©cigcr'fd^cn ^^^otlSjcfc fein müßte. 3n bem gatte 
^ätte er ja bem fhtrmumnad^teten an büftercr Unl^eimlid^feit »enig nachgegeben 
unb ber leic^tbenjölftc l^ätte jcbenfatts einen öief freunblid^eren (Sinbrud gemad^t. 
2)tefer hjar bann ju greifen, nid^t ber h)oI!enIofe. §omer (>ätte nid^t, ttjo er bcn 
Ol^m:^, bie Söol^nung ber ^immlifd^en, fd^ilbert, auSbrürfüd^ ^eröorgel^oBen, bag 
bort „heitre beftänbig fid^ breitet »olfenlo«" (Ob. VI., 44). Ueber^au^t l^Stten 
bie feinfül^Ugen ©ried^en ben ^immel, hjenn er il^nen in ber angegebenen un^ 
fd^'önen SBcifc erfd^ienen n^ärc, foum jum @i^e ber ©btter gemad^t. 

') 2)a8 (ateinifd^e caerula caeli ging jtDar urf^rüngUd^ toon ber bjtaucn 
gorbe au0, tourbe aber bann flel^enbe SSenbung für ben $imme( überljiau^t, nic^t 
bIo8 für ben reinen, ^ux SSal^l be«felben mag aud^ ber ©Icid^flang beigetragen 
l^aben, tote »ietteid^t äl^nUd^ beim ^omerifd^en ovgavog evgvg. S3emerfen8n>ert^ 
ift aber, ba§ eö, toie ©eiger (a. a. D. 360) l^ertoor^ebt, bei ben großen 3)id^tern 
be« augujieifd^en 3«it<*^ter8 feltener ifl at8 auf einer ^rimitit)eren (Stufe ber Äunft, 
%. SB. bei (SnniuS. 

^) Oeiger (a a. D. p. 355) l^at bcmerft, baß ©oetl^e ben „blauen $imme(" 
ijiel toeniger oft ertoäl^ne al« 3can ^au(. (Sr bringt bieg bamit in ^n^ammtn-' 
l^ang, ba§ ber erfte nai\>er, ber jnjeite fcntimentaler 2)id^ter fei. (Sin anberer @runb 
liegt toiel näl^er; ber nämüd^, bag ©oetl^e über^au:^t mit benSöorten beffer ^au8^ 
^ält als 3ean ^aul. Senn j. 33. TOgnon fingt: „Äennft bu ba« 2anb, tt)o . . . 
ein fanfter Söinb toom blauen ^immel toel^t", fo tfl ha9 garbcne^itbeton 
tool^I gercd^tfertigt. @ie \pxi(i)t ju einem Ü^orblänber unb e« fd^toebt il^r ber ©e^ 
genfa^ be« füblid^en, tief blauen, jum grauen unb mild^igcn Fimmel iWittelbcutfdb* 
lanb« i)or. 



ben ©intmeC niejnale hlau7 95 

9Iur ein glänjcnbcr aScrgfeid) fattn ber SinbUbungöfraft bc^ 
©fiblonber^ einen Iraftigeren Slnftoß geben al^ bie einfädle 6rtt)ä^=» 
tiung ber SBoIIenlofigfett. aöetn ba ba« 33 (au be« f üblichen ^tmmel^ 
felbft gttm ©d^onften gel)5rt, »a« »ir in biefer ©attung fe^en, teo foüte 
ber SSerglctd^ gefunben »erben, ber nic^t matt unb abfd^toäc^enb »irlte? 
Snber, ^crfer unb Hebräer *) öergleid^en e« ber garbe be« gafurfteine* 
(töODon ja aud^ neuere ®pvad)m ben SWamen bafflr hergenommen ^aben). 
aber biefe SBal^f »ar nur bort am ^(a|e, »o ber genannte ^alb^ 
ebelftein allgemein befannt »ar. §omer fonnte l^öd^ften« SSeifd^en^ ober 
^^acintl^en * §immel fagen (»ie „ t)ei(d^ena{|nlid|e^ aWeer")/ ^tih id^ 
ffinbe baö feiner ganjen Sluöbrudt^meife angemeffener ate „blauer 
^immet"^), S)od^ ^at er tool^I, »ie mir, empfunben, bag anä) biefer 

*) <So fagt 2Ro{e« (II. SWof. 24, 10) : ,,Unb fic f(^aucten ben ® ott 3«rael«. 
unb unter feinen gügcn toax c8 n)ic ein Söcrf toon bur(j^p<^tigcm @a|)l^ir unb toic 
ber ^imutcl felbft, h)cnn er rein ifi." ^g(. oud^ ©jed^iel 1, 26. Uebrigcn« barf man bie 
33ibel, unb fo auä) bie SBebcn unb ben ^(toefia nic^t auf eine iOinie mit ^omer [teilen. 
2)a6 in ben erfigenannten ©üd^crn bie garbe be8 §immel« feiten ober gar nid^t 
ertoä^nt tfl, crflärt ft^ fd^on barau«, baß fie 3(u8bru(f einer finblid^en @tufc re* 
ligibfer $ocfie ftnb. @ie finb tooll toon ^ere^irung unb gurd^t für hit Orbße unb 
bie in $eil unb <Bä)xtdm ma(J^tt>oIIen Sirfungen bed ^immeld unb gebenfen 
barum nt^t feiner fiitten ©d^önl^eit. @rh)ä^nen bod^ bie Sieben aud^ bie @tcmc 
auffattenb feiten (togl. bagegcn 3Iia8 VIII., 555). ^ud^ in ber @bba unb bem 
Äoran(!) ift öon ber garbe be« girmamentö nid^t bie 9iebe, unb bie 5lraber 
toaren bod^ gu SWa^omet« S^it faum blaublinb, ba fd^on im neunten 3a]^r^unbcrt 
einer il^rcr $^iIofo|)]^en (IWfinbi) eine Slb^anbtung „Ueber bie ^pffäxt unb bie 
Bcfl&nbige lafurartigc garbc, hit in ber SRid^tung beö ©immcl« tDa^rgenommcn 
toirb" fd^ricb (®cigcr, Vorträge, p. 52). ettoa« 5lnaIoge« gilt batoon, baß ber 
9iiö\)eba unb 5löefta bie @rbe nid^t grün nennen. 2)er 3nber Mttt ju i^ir at* 
einer ^itlfreid^en ©öttin, unb barum l^eigt ftc im crfleren S3ud^e bie „frud^tbare, 
milc^reid^e, famenfhoftcnbc , fütteflrbmenfc SÄutter". 3)ic $ocfic ber reifen grud^t 
(iSered, Sacd^ud) tfi ber 3ugenbgebanle ber Golfer, unb t9 ifi nid^t gum ^erioun^ 
bem, bag über bem ^rei« ber ©egcnöfüttc be« (grbrcic^« fein garbenficib »er* 
geffen toirb. äBte ©eiger fclbfl bemerlt, ifi im 9tigtoeba unb ^toef)a aud^ nic^t 
ton Vogelfang, lieblichen Blumen unb reigenben gemftd^ten, ja felbfl {toU caiä} in 
ben frü^cfien biblifd^en ©üd^em) nid^t toon SBo^itgerüd^en bie 9tcbc. 

') xWfsog mod^te gum |)oetifd^en ^eitDort be^^tmmeld au9 bem befon«» 
beren ©runbe nod^ weniger geeignet fein aU unfer „Slau'', n>eil e9, n>te toir oben 
fallen, oft jur ^ejeid^nung bed büflcren Stau ber 2)&mmerung unb «^d^attemoelt 



94 (BpQixtid}Uit ber garl&enWitberungcn 6ci $omer. 

iBerglctd^ ju bcfd^ciben unb olinmad^ttg ift. 3n fold^cm fjalle tft aber 
titd^t« fo fel)r bc« guten ©efd^macfe« tofirbig al« jieben SSerfud^ ju 
fd^ilbem, »aö \xti) nid^t fd^itbern (ägt, aufjugeben, unb ba« etnfa#e 
ift ba^ poetifd^ SBirIfamfte. 5Die fpoteren gried^ifdfen unb beften latet^ 
nifc^en Did^ter (Dötb/ SSirgil) finb, toie fc^on angebeutet, bartn §o^ 
mev'« Seifptcte gefolgt. @ie öerfud^en nid^t bte garbe be« ^immete 
gu fd^tlbern, »eifen aber auf fie I)tn, um burd^ SSergleid^ mit t^rer 
©d^önfieit Sluberem ©d^imudt gu leiten, ©o öergteid^t Düib bamit bie 
Ißrad^tlleiber ber ^Römerinnen: aäris ecce, color, tum quum sine 
nubibus aör, a. a. IIL, 174. 

SBie Stau auf ben ^immel angemenbet, fo fc^eint mir aud^ 
Orun ate Seiwort be« ©efitbe« »enig ^joetifd^. 5«id^t blo« (Salberon 
brandet barum lieber ben9lu«brudt „fmaragbeneSBiefen", fonbern auc^ 
^eine fprid^t in feinen JReifebriefen öon ben „Sergen in i^ren fma* 
ragbenen Äleibern". Sann ober toitt man fein fo ftarfe« Silb an^ 
n)enben, fo mag biegarbe unerteä^nt bleiben. 3Benn oon „gra^reid^en 
Slriften" bie 5Rebe ift, tt)ie bei §omer, wirb iebe ^Ijantafie fie o^ne* 
bie^ in uijpigem ®rün oorfteüen. 

©0 mod^te e« nod^ öfter nur eine Eingebung be« guten ®e* 
f d^madfe« fein, wenn §omer irgenbwo gur Serwunberung feiner neueften 
Äritifer entweber überl^aupt fein i^arbenepitl^eton anwenbet, fonbern 
ftatt beffen auf ©eftalt, Setoegung u. bgL l^intocift, ober an ber Sid^t* 
erfd^einung, ^eüigfeit ober ÜDunf ellieit , ®tanj, ©d^immer u. f. ft). 
]^ert)orI)ebt , wofür er eine t^ülle einbringüd^er unb pxaäfÜQtx Scjcic^^ 
nungen weig. SBo ber ©egenftanb eine befannte ^Jarbe f|at, ba wirb 
ntan ol^nebie« an bie JJarbe benfen unb Jene Seiwörter fügen bann bem 
Silbe einen neuen 3^9 ^^i*)« $omer'« Sptt^eta finb immer bewun* 

"tocrttjcnbct tuurbc. @8 mod^tc il^m 'oon ba^er in ä^nftd^cr Sßctfc eine iRcbenbcbcu* 
tung anl^aften tt)tc unfcrcm „®clb". SBir l(iaBcn btcfc« Söort fo oft jur SBejeid^nung 
fd^muljigcr mtb falztet 2^bne tocrtocnbet, baß c«, h)tff man eine »o^ftl^ucnbe (gr* 
fd^cinung malen, nid^t angejeigt ifi, pe gcIB ju nennen, olbgleid^ ha9 reine ®ttb 
<mä) und ben angenel^mflen @inbruä mad^t. ^ir Ibnnten j. SB. aurora lutea nid^t 
tioörttid^ überfetjen. 

*) ^ud^ ©octl^e fagt: „3m bunften 2aiib bie ®oIb*Drangen glül^n." 2)ic 
gange Sifd^einung n>irb burd^ ben (Sontraft ber Beiben garBen gel^oBen, unb bag 
ta« S)un!et eigentlich bunletgvün ijl, crgänät 3eber toon felBfl. 



®ie ted^nifd^e garbenl^e^eid^nunj bei ®vk^tn unb 9lömern. 95 

bert töorbcn. Slriftotcte« fagte öon i^m, er aücin öcrftc^c c« tebenbigc 
^ejeic^nungen {xivovfiBva ovofiata) ju bttbm^). S)a^ ©el^etmnig 
ücgt aber (»te bei ®octI)e , ber i^m t)on ben äRobernen in ber Sin* 
fac^l^ett unb 9(nfd^auß(j^leit am nSAften lommt) fidler mit barin, bag 
ein giflrf üd^er Oefd^macf e« iijm eingab, bic ^^antafie be^ f)orer^ ftet« 
am richtigen Ort unb im ricj^tigen SWage ju unterftütjen, 
mtb e^ nie ba gu k)erfud^en, n)o e^ nic^t nöt^ig ift ober ni(^t gelingen 
farai. „3n bem, »a« er toeife öerfc^toeigt, geigt ft(j^ ber SKeiftcr be« 
©tite. " Sluc^ bie ©eftatt feiner gelben unb bie ©d^önl^eit ber fjrauen 
unb toeitcrl^in bie formen ber ganbfc^aft fc^itbert §omer mit merl- 
mfirbig geringem 9(ufti)anb Don befd^reibenben SDi^ittetn, unb bod^ fonnte» 
mit ©cjug auf bic lefeteren ©oetl^e, ate er füblid^e ©egenben fa^, 
fd^reiben: „Sa« ben §omer betrifft, ift mir tüie eine !£)edfe öon ben 
äugen gefallen. S)ie JBcfd^reibungen, bie ©teic^niffe u. f. to. fommen 
utt« |)oetifd^ öor unb finb bod^ unfäglic^ natürlid^, aber freiließ mit 
einer SReinl^eit unb Snnigfeit gegcic^net, öor ber man erfd^ridtt." 
{ntcipti, 17. a»ai.) 

b) e« erübrigt un« bie profaifc^e SÖeife ber garben* 
begeic^ttung bei ©riechen unb 9{ömem gu betrad^ten, unb bagu red^ne 
i^ »ie man mx% afit äuöbrudf^mittel , bie nid^t auf ©d^on^eit ber 
SSorftcttungen, fonbern auf ÜÄittf|ei(ung üon Srfenntniffen ober einen 
hierauf gegrflnbeten ^md abgielen, 

Sasa^renb bie SRegeln ber poctifc^en Diction, wie wir fallen, oft 
Ungenauigleit forbern, muß man an bie |)rofaifd^e ober ted^nifc^e, menn 
nid^t immer (»ei( e« bie angcftrebte Sefe^rung nid^t immer er^eifd^t), 
bod^ gutoeilen bie Slnforberung fteüen, bag fie eine öorlicgenbe färben*» 
erfd^einung, fo njeit bie feinfte Unterfd^eibung reicht, Don jeber anberen 
unterfd^ieblidf lenngeic^ne. (Sine öoüfommene ©prad^e mußte alfo bie 
äWittel befifecn jebem in biefer JRid^tung üorlommenben Sebürfnig gu 
genügen, ©nc JJarbe ift aber nur baburc^ ejact beftimmt, bag man i^r 
genaue« SSerl^ältniß guben früljer (p. 19) genannten fec^« ©runbqualitäten 
ober t^ifd^en fünften angibt, bie felbft ©rengen bitbenb, aüt anberen 
Qualitäten be« ®efid^t«finne« gwif^en fic^ ausgebreitet fe^en. ®ie mei=^ 



*) ©et $rut de Pyth. Orat. 8, 398 A. 



96 2)<*^ Satctnifc^c unb (Sricd^ifd^e Bcpfeen nid^t 9'iatnen für atte ©runbfarbcn, 

ftcn (ganj ftrengc genommen »ol^I aße) un^ öorfommenben gid^t^ 
erfd^einung fpielen in brei ober öier biefer 2:^pcn ^), 35a« SIou j. ®. 
^at fe^r pufig einen ®tid) in'« 8Jot^e ober in'« ©rflnc unb immer mel^r 
®(^n)ärjlid^e« ober SBeißüc^e« beigemifd^t ®a« fog, ®rün fpielt meift 
entnjeber in'« ®e(b ober SSlan unb betoegt fid^ immer in einer 
ginie gtt)ifd^en SBeiß unb ©d)tt)arj. Um alfo bie Srfd^einung genau 
3U bejeidinen, mügte man il^r SSer^Itnig ju ben fünften angeben^ 
gwifc^en benen fie liegt, unb eine jebcr n)finfd^en«tt)ert^en ©enauigleit 
fS^ige Slomenclatur mflgtc auf biefe Srlenntntß be« natftrlid^en ®t)* 
ftem« ber t?arben gegrünbet unb auf biefer ® runblage confequent unb 
in genugenber ©lieberung au«gebaut fein. 

-5)a^ bie ©^jradfe ber (ateinifd^cn unb gried^ifd^en Slaffifer biefer 
fjorberung nid^t genügt, njirb öebermann gugeben. öefi^en fie bod^ 
nid^t einmal ein^eitIidE)e Slamen für aße Orunbfarben. Unjiücifcl^aft 
öon ber 9lrt finb ja auger ben S3egeic^nungen für SBeig unb ©d&marj 
blo« igvd'Qog^ ruber ober rnssus unb viridis* Slße anberen latei* 
nifd^en unb gried^ifd^en Sarbenau«brödte bcjeic^nen genau genommen 
9lüancen; fo gav^og, l^ov^og unb bie lateinifdfen Slnaloga flavus 
unb fulvus, xliDQog unb ngatstvog^ yXavxog unb xvdvsog^ cae- 
sius unb (obfc^on nid^t fo fidfer) oieüeid^t aud^ caeruleus ^). ßbenfo 
galbus, helvuS; gilvus, (oxQogy pallidus, venetus, ravus, (paiogy 
fuscus, pullus, Ttohog^ lividus, furvus, oQtpvivog u. f. tt). 



*) SBarum feine garBe jtd^ gtuifd^en atten fcd^« fünften juglctd^ bctoegt, 
toiffcn xoiXf Xoxt oBen fd^on bemcrft tourbe, Bi« jctjt nit^t; aber tl^atfäc^Ud^ tft e« fo, 

*) 3)a6 caeruleus nid^t fd^tcd^ttöcg „SB(au" Bedeutete, h)itt ©cigcr (Urf|>r. 
II., p. 364) u. %. aud^ barauö erfd^Iicgcn, bag bie romanifd^cn @|)rad^en bie 
^cjeid^nung für jene garBe nid^t au8 bem 2atcinifd^en entnahmen. (2)a6 Stalicnifd^e 
unb (S^anifd^e IjjaBen ceruleo, aBer nur für $tmmcIBIau.) Mein biefer S3e* 
tt)ci« ifl meine« @rad^ten« nid^t jHd^^aläg. SCud^ albus, \i<x^ jtDcifcKo«» ^ilamc einer 
©runbfarBe »ar, l^at bicfe (Stellung in ben rcmanifd^en <S|)rad^cn an \>(ji^ beutfdte 
„BlanI'' aBtreten muffen unb Bejeid^net, h)0 e« p^ erl^olten ^at (im Staticnifd^en 
unb ©^anifd^cn), je^t S^üancen. Umgcfc^rt \)ertrat galbinus fo ftd^er ^^ caeru- 
leus einp nid^t einen reinen 2:i?^u8, öietmel^r äRitteltbne gh)ifd^en @eIB unb @rün 
(äl^nlid^ toie x^^9^^)t ««i^ tourbe bod^ im grangbjtfd^en jaune SBejeid^nung für 
äffe« (Selbe. (SBenfo jlel^t bie SafurfarBe im ©^anifd^en azul f d^Ied^ttueg für „©lau", 
unb äJjjnlid^e SSeif^iele ließen fid^ öiele anfül^rcn. 



ipiantoflgleit ber (gutflcl^ung attcr ^pxa(fy^, 97 

J)ag ba« ©tiftetn ber latetmf^en unb gricd^ifc^cn fjarbcnbcjet^«: 
mmgcn ftd^ fo toemg confequettt an bic notflrfi^e Slaffification ber 
Sorben anlel^nt, crftSrt ft$ 

a. gunt 2:]^ctt au« ber ^lanlofigfett ber SntfteJ^ung aller 
^olU\pxadft. Die ®))rac^c tft, mie fie l^eute no(^ öon iebem burd^ 
))f^d|tfc^e X^fitigfett crtoorbcn totrb, aud^ bürd^ fold^e gebitbet toorben. 
aber tocTin jcbe etnjelne §anbretd^mtg an tl^rem ©au eine bewußte 
J^Stigfeit »ar, fo l^atte bo$ ber, t)on »eld^em fle ausging, fein S3c* 
tougtfem öott bcm enblü^eu ®anjen, moju er bettrug, ©ein ©litf ging 
nur auf ein nSd^ftlicgenbe« Sebürfnig, unb er fud^te i^nt, t)on ben 
©efe^en ber Oetool^n^cit nte^r al« öon ©d^arfftnn unb Sinfid^t ge= 
leitet, nac^ Analogie gu ben bi^l^er afö brauchbar befunbenen SDWtteln 
ab}ul^eCfen. @o o^ne ©ered^nung unb üorau^beba^ten $tan finb aud^ 
bie t?arbenbejeid^nungcn entftanben. @ie »aren ba unb toenige i^rer 
Silbner »ußten etwa« baDon, bag fie ein ©Aftern bilben unb l^atten 
einen UeberblidE Aber bie ©teüung jeber einjelnen in bemfelben* 3n golge 
beffcn tt)urbe aber jene« ®t)ftem notl^njenbig unöoöfommen, ein ®e* 
ntift^ t)on äRangel unb Ueberflug, einem ^an Sl^nlid^, ber nic^t beut 
?Ianc eine« ßopfe« entf^jrungen ift, fonbem an beut 95iele gebaut 
unb umgebaut SBenn barum aud^ irgenbtoo, toSl^renb eine ©prad^e 
nod^ tebte unb fortgebilbet würbe, 3D?and^e bie t)otte Srienntniß ber 
natürlid^en Elaffification ber Farben gewannen, fonnte e« gefd^el^en, 
bag biefe bod^ lange ^üt nid^t, ja aud^ überl^aupt nie, in t)oüig ein*= 
l^eitlid^er unb confequenter SBeife in ben ©ejeid^nungen gum 2lu«* 
bmdC fam. 

ß. äüein biefer gfinftigfte ^aü lag in ber alten 3eit nic^t t)or. 
6« l^at t>xcimtf)t faft burd^weg an ber Srlenntniß ber Orunb* 
färben gemangelt, wie man au« ben t)on ben ?l^iCofo^)]^en öer* 
fud^ten eiaffificationen beutlid^ erfiel^t @ie jäl^Ien meift öier elemen^ 
tare Quaütäten auf, barunter inuner: weiß, fd^warj unb rot^ ; ate öier^ 
te« ©tieb balb ^Arapog, getbgrfin^), balb dxQos^ blaßgelb ^), balb 

*) @c bic ^^tl^agorcer, togt ©tob. Eclog. phys. et, etK lib. I., cap. 16 
(p. 362 ed ©ccten) — ebettfo 3)emocrtt, togl. WhlUa<if Fragm. philos. graec. I, 

p. 363. 

«) @o (§mpthocU9, togL @tob. 1. c. p. 364. 



98 Unffarl^eit ü6er bic rid^tigc (Slaffiflcation bcr garBen. 

Xa^itQog^ glängcnb^). ©ei 2lulu« ©cttiu« (Noct. Ätt. lib. II., cap. 
26) bereinigt ^ronto bte iJarben im engeren ©inne unter bie jmei 
©ottungen JRotl) unb ®rün. 5lu^ JRot^ (rufixs) entfte^c, je nad^bem e« 
t)erfd)arft unb gleid^fam entjünbet ober mit ®rün öermifc^t ober burd^ 
®d)\s>axi öerbunlett ober •aümäüg mit . einem lebl^aften SBeig erfietit 
tt)erbe: fulvus, flavus ^), rubidus; poeniceus, rutilus; luteus, spadix. 
Sbenfo ^nge glaucus, caesius unb caeruleus mit Oriln (viridis) 
jufammen» Slriftotele« bagegen lelirt befanntlic^, bag ou« SBei^ unb 
©d^toarj alle Serben entfte{)en, tl^ite au^ bem SWebeneinanberliegen 
beiber, tl^eite au« bem ^inburd^fd^einen be« einen burd^'ö anbere, tl^eitö 
au« ber 3)lift^ung beiber (De Sensu et Sensib. cap. 3, p. 439. b. 
18 flf.)- '^^^ ^^^ Sejilograp]^ ©uiba« bejei^net, bem ariftotelifc^en 
©ebanlen folgenb, ate einfädle Farben: S33eig unb ©d^marg, unb be^ 
merlt, öon ben gufammengefefeten lägen bie einen näl^er bei 3Bcig, toie 
ba« ®elb (^av^ov), bie anberen nSl^er bem ©d^toarj, »ie ba« ©tau 
(xvavovv) ; bie übrigen nal^men eine mittlere ©teüung gmifd^cn biefen 
ein, tt)ie ba« Sfotl^e unb ba« ®raue {<pai6v). SJian fie^t an atfebem, 
baß bic 2ttten öon ber rid^tigen ßfaffification ber f^arben atterbing« 
tpeit entfernt waren. 

äüein biefer 3Ranget begreift fid^ ol^ne bie 2(nnal^me irgenb- 
tpetc^er t?arbenblinb{)cit. 2lriftoteIe«' Seigre, baß aüe Farben burc^ üWi* 
fc^ung t)on §eü unb SDunfel entftel^en, l^aben nid^t b(o« bi« lurj t)or 
3^ett)ton f ef|r 33iele f eftgel^alten ; fie l^at audf nad^ il^m belanntfic^ noc^ 
in einem Sarbenfunbigen tt)ie ®otti)t einen ^artnädfigen SSertl^eibiger 
gefunben. 2lud^ wer bie, einem öottig fremben @int^eilung«princip ent^ 
te^nte unb barum »iöfürlic^e 5Wett)ton'fd^e ©iebenjal^t öon Farben für 
®runbctaffen plt (mie ®eiger unb aWagnu« ju t^un fdieincn), ftel^t 
ber natürüd^en Slaffification faum nä^er ate®oet{)e unb älriftoteteö^) 



@o Simäu« Socvu«, togl. Winüati} U., p. 44. 2) er 'än\i6)t fd^cint and} 
^(aton gctocfcn gu fein. 2;im. 68. 

*) SJon flavus n)irb auSbrüdHi^ gcfagt, e« fei: ex rufo et viridi et albo 
concretus, toon fulvus, e9 fei : de rufo atque viridi mixtus color. 

^) 2)iefe l^oBcn hod) für [xd^, bag in ber X^at auc^ öon ben reinen gar* 
ben, bem ibealen 9lotl^, @clb, ®rün, S3(au, bie eine mel^r bem Sßciß, bie andere 
mc^r bem ©d^toarj toertoanbt ifi. SJgt. ben 2(n^ang I. Sßer aber bie belanntcn 



@ie begreift fid^ ol(inc bic Slnna^me toon gavBenblinbl^eit 99 

unb in et»a« gilt bie« aud^ öon ?)oung'« 3lnl^5ngcrn, bic 5Rot^, ®rfln 
unb aSioIett aW einfädle Farben bcjcid^ncn. gcl^ferliaftc Staffificationen 
vertragen fidf alfo nid^t blo^ mit SSoüfinnigIcit, fonbcrn toie au« bcn 
angeführten ©eifpiclen offenbar ift, and) mit einem in feiner 2lrt fcl^r 
entwidetten Unterfd^eibungßüermogen für Farben. 

3Ba« bie 33ertt)irrnng ^erbeif ül^rte , war einmal bie SSermen» 
gung ber garbencrfc^einungen mit il^ren Urfad^en, !Die 
Sßüdtfid^t auf biefe festeren ^at man ber Söetrad^tung ber (Smpfinbun* 
gen in alter unb neuer ^txt t^eilmeife unterfc^oben. S^l^eilmeife; benn 
irgenb eine JRotte fpiette bie SSergleid^ung ber em^jfunbenen Ouatttaten 
immerhin. @ie führte geioig frfil)e auf bie SBal^rnel^mung, bag ein 
getüiffer ijarbeneinbrudt mefirere (SIemente enthalte, bie man bereit« 
getrennt erfahren ^atte, a^ntid^ »ie man bei einem 3iifttittmenflang 
auf feine Som^jonenten aufmerifam toirb, ©tatt nun aber au^ft^Iießtid^ 
unb confequent @mpfinbung«in{)a(te gu t)erg(eid^en unb bieienigen ju 
fud^en, in benen fid^ feine Seftanbt^eile me^r erfennen laffen, unter* 
fud^te man öietfad^ Urfad^en ber Smpfinbungen unb nannte bie letj* 
teren einfad^ ober jufammengefefet, je nod^bem man bie erften für ba« 
eine ober anbete f|iett» 

!Diefen i^el^ter begef|t, toie gering einbringüc^ fieröorgel^oben 
^at'), »er mit ?)oung SSioIett für eine einfädle, ©ei^ für eine ju* 
fammengefefete garbe erflSrte, njeit jene« unter ber Sintoirlung öon 
©tral^Ien einer, biefe« unter bem Sinfluffe öon ©traljlen öerfd^iebener 
333ettenlänge gefeiten toirb. liefen iJorfc^er be^errfc^te bie SRüdffidft auf 
bic Urfad^en fo, bag »ir il^n f|infid^ttic^ ber au« i^nen refultirenben 
©mpfinbungen aud^i, toenig ängftlic^, 3nl)a(te für gleich nelimen feigen, 
bie e« gar nid^t finb. ^etm^otfe, ber belannttid^ bie 3)oung'fd^e §^* 
pot^efe al« bie wal^rfd^eintid^ftc aboptirt l^at, gibt fetbft gu"), au« 



fteben ^^arben für ©runbquaUtäten nimmt; ^ä(t itid^t blod fold^e für gemifd^t, bie 

einfach jtnb unb umgefe^rt, fonbcrn mad^t anäf njittfürlid^ eine $Äci^c öon Unter* 

fd^ieben im ^putxma gu $au|)tfarbcnfhifen, toä^rcnb er anbere, bic tobttig ba« 

gleid^e SÜcd^t l^ättcn, c8 gu Bcanf^rud^cn, nid^t gu biefem S^iangc crl^cbt. 

*) 3^^ ^e^rc i)om ^id^tftnn, IV. unb V. 9Jiittl^ciIung, in bcn ©iljungö* 

bcrid^ten ber SBiencr 5lfabemie, 69. SBanb, IIL Ibt^eitung, p. 91 unb 180. 

') ¥tU?rtot- Optif p. 290. 

7* 



100 Unfcnntntg bcr ©nmbfarben crflärt fld^ ol^nc ©linb^cit 

öiolctten unb grflnctt ©tral^Icn fSnttc man aöcrbing« ein SSian nttfd^en; 
aber ntd^t ba^ gefSftlgte bc« ®ptctxnm. ßbenfo ergebe ®rün unb 
diotii nur ein matte« ®elb, ba« fid^ auf ben erften SSlxd öon bem 
gtänjenben ®etb beö ©pectrum unterfd^eibe. Unb — mug man ^inju* 
fflgen — roie fd^mufeig ift ba« ©ciß, ba« (öermeintti^) an^ S5ioIett, 
®rfln unb'SRotl^ entfte^t! 2Bcr e« a(fo mit ben empfinbungötn^altcn 
genau nimmt, fo gut »ie mit ifiren Urfad^en, fielet fofort, bag an» 
ben brei 2)oung'f^en ®runbem<)finbungen gar nid^t atte öorlommenben 
ju combiniren finb^), 

S)iefelbe JRfldCfid^t auf bie Urfac^en herleitete öor SWetoton baju, 
aBe garben im engeren ©inne ate SDKft^ungen au« JRotfi, ®etb unb 
©tau JU bejeid^nen, inbem man babei ®rfln für eine SSerbinbung öon 
®etb unb ©lau erflärte ; nur fetzte man jugleid^ bie ©etrad^tung ent* 
f ernter p^tifilaCifd^er ©ebingungen (Pigmente) an bie ©teüe bcr nä(^^ 
fien (©ettenftufen), Sluc^ in gried^ifd^er 3^* l^atte offenbar bie ))]^^* 
fifaCifd^en Urfad^en ber garben im Singe, toer im ^iifammeul^ang 
mit ber Se^re öon ben öier (SIementen öier ®runbfarb^n annahm ^). 
SWan f(^tog a priori, baß auö ben eigent^ümlid^en Qualitäten be« 
tjeuer«, ffiaffer« u. f. to. aüe anberen l^eröorgel^en mflgten. 

attein andf abgefe^en »on jenen mißtit^en 95ertt)ed^«Iungen fonnte 
bad natürlid^e Softem ber fjarben, fo einfad^ e« erfd^eint, nid^t ol^ne 
tauge unb aufmerffame SSergleid^ung ber mannigfaltigen ßrfd^inungen 
erlannt werben, ©pätere lonnten aber felbftt)erft5nbli(^ ^ier ttne anber* 
»ärt« oon ben J^l^eren lernen, unb fo ift nic^t gum Sermunbem, 
baß, »ie tt)ir jugeben »otleu, bie ailten (inbem fie tttoa mit gtonto 
®rfln unb ©tau einerfeit«, {Rotl^ unb ®elb anberfeit« ober mit 2lri* 
ftotele« aüe l^eüen unb »ieber atte bunllen fjarben al« öertoanbt in 
eine ßlaffe red^nen ju mflffen glaubten) »eiter öom rid^tigen SBege 



*) %näf $e(ml^oI4 txttp^nbtt, fd^etnt e9, nid^t ba9 ^tfd^eibenbe biefe« $or« 
»urf« gegen bie ?)oung'Me ©i^^otl^cfe. 

') S^gt. ^feuboariftot de color. 1, 791, a. 1 ff., aud^ 5t^top^xa\t (gragm* 
L, 12, 59) über (Smpebocle«, Sfud^ bie Snber ließen 9lotl^, Seiß, ®eIB unb 
^äftoaxi, unb nod^ f^ät bie mmtv 9tot^, Setg, ®rün, $Iau (bie garben ber 
t>ter 9iotten ))on Sagentenlem Bei ben ctrcenftfd^en ©fielen) ben (SIementen ent« 
fpred^en« 



Äcinc <Bpxatift begegnet bic garBcn toötttg rationett. 101 

ab toarett; atö man im ©ro^n unb ©ongen ^eute tft. SBad auc^ 
bem, bcr bc^arrlid^ auf btc Scl^nlit^fcit unb SScrfd^iebenl^cit ber Sm* 
^ipubungen ad^tet, bic Sricnntntß ber ©runbctaffen fd^mterig mac^t, ift 
bcrUmftanb, ba^ bicfc un^ faum jcmal« in öölltgcr JRcin^cit 
gegenftb ertreten, ©ctbft ba« ©pectrum, ba« gemeimglid^ afö aWufter 
bcr ©atttgung ober SRetnl^ctt ber görbcn gilt, bietet fein öoütg ibcöle« 
®clb, ®run, 33 lau ober SRotl^^); nodf weniger begegnen fie un^ anbcr*^ 
toärt^. ®c»ol^ntic^ fpicft, tote fd^on einmal bemerft »urbe, baö ®clb 
tn'^ 9?otl^e ober ®rüne unb jugCetd^ mel^r tn'^ SBeiße ober ©^»arjc; 
ba^ Stau ift immer \d)Xoäxiü6) ober meigUc^ unb l^Suftg gugleid^ grün^ 
ü(ö ober rot^Iid^ u. f. f. !Darum entftanben fo gerne ßtaffen tote 
flavus uub iav^og; x^^9<>s unb ba^ äg^^tifd^ älnatogon tehen; 
caesius, ykavxog u. f. to. 

Slu« bcn beiben angegebeneu ®rünben, tocH e« an bcr ©rfennt* 
utg bcr ®runbfarben mangett unb tocil, aud^ fo tocit fic oorI)anben 
ift, bei ber ^lanlofigfeit ber ©prac^bitbung fd^toer ein barauf gebaute« 
eintieitttd^c« ©^ftem iu ben Sejeid^nungen gu ©taube ISmmt, ift auc^ 
feine ber neueren ©prad^en gu einer oöüig rationeücn SBcife ber f^arben^ 
benennung gelangt. 3^m !Deutfd^en j. ©. fiaben toir abftracte SWamen 
für aüe ®runbfarben unb Iel)nen uu« aud^ in ber Sejeid^nung ber 
Siuaucen in cttoa« an biefefben an, inbem toir 9lbleituugen (tote xU\^ 
I^)/ ' 3«f <^ininenf e^ungen (rotl^gelb) unb Umfd^rcibungen (9tot^ mit 
einem ®tid^ in'« ®etbc) au« il^uen bilben. Stber baneben braucht man 
auc^ einfache, abftracte 5Wamen für äJitttcltöne : @rau, ©raun, fjal^l, 
SBIag, Stonb u. f. to., unb l^at in uoc^ au«gcbel^nterem STOage l^icffir 
Hiittelbare 2lu«brü(fc oon SWaturobjectcn ober öon bcr ^igmenterjeugung 
l^crgcnommen. ÜDie ted^nifd^cn unb toiffenfd^aftlit^en Greife ^aben ber 
SSoII«f:prad^e i^r buntfd^edtige« Äfeib gclaffen unb nur ftcßcntocifc barau 
crgfiujt unb gebeffert. 3n«befonberc tourbe je nad^ bem SSebürfnig be« 
gad^« ber 3Sorratl) öon mittelbaren ©egeid^nungen au«giebig oermel^rt^)^ 



*) 55^1 barüBcr auc^ gering a. a. D. VI. ilÄitt^cirung p. 175 unb 182. 

') (£in glürflid^er ©cbanfc toar c8, ba8 ©t^flcm bcr garbcn gcometrifd^ 
bargufictten. ^c^räfeatirt eine gigur jene« ©Vf^ca, fo tagt fid^ burd^ ^intoci« 
auf einen ?ßunft bcrfetben eine garbc genauer al« burd^ irgenb ein onbere« 3ÄitteI 
betenninircn. ^ttein, gering aufgenommen, i^at iRiemanb babei bie rid^tige 



102 SGBirflid^c unb fd^cinBarc größere Ungetiauigfeit 

attoa^ öoüig 5Rattoneüe« unb Sittl^eitÜd^e« mangelt nod^ im »iffcn^ 
fc^afKid^en unb ted^nifd^en iDte im poputaren ©proc^gebraud^« SCffe 
Sarbcnbcjcidtinung ift bt« jur ©tunbc ein ®emtfd^ öon Ueberftuß unb 
SKangel. Slu^brücfe »ie ©raun, 3Stolett u, f. tt). »Sren \a entbehr* 
lid^, tt)enn toir ein mäßig reid^e« ®t)ftem Don ©egeid^nungen l^ätten, 
ba« fid^ confequent [an bie ©runbfarben anlehnte, unb ein fold^e^ 
würbe unö jugleid^ einen @rab üon ©enauigfett ermSglid^en, ben eine 
Diel größere ^af)l Don Su^brfldten, tt)ie bie eben angeführten, nit^t 
geftatten, 

©teilen toir unö nun aber einmal auf ben ©tanbpunft biefer 
inconfequenten ©ejeid^nung^toeife, bie burd^ aüe S^itm üblid^ gemefen 
ift unb nod^ ^errfd^t, unb Dergleid^en toir ben ®rab Don ©enauigfeit, 
ben bie 2Hten in iljr Dertoirflid^ten mit bem, ma« bie neuere ^txi 
hahnxä) erreid^t, fo ift aüerbing« gujugeben, baß bie aRobernen Dorau^ 
finb. 3ft e« auc^ nid^t »a^r, baß bie gried^ifd^en unb romifd^en ©d^rift* 
fteßer nod^ ®rün, Stau unb 5)unfel fprac^Iid^ Dermengt Ratten, I)aben 
fie Dielme^r (man Dergleit^e inöbefonbcre bie naturn)iffenf(^aft(id^cn 
©d^riften be« Slriftotele« unb S^eop^raft, bie SBerfe be« ^liniu« u, bgf.) 
fd^on eine er^eblic^e ^a^ Don Mancen biefer Farben too\)t au«ein== 
anbergel^alten , fo ift bod^ feine Sr^g^/ baß »ir ^eute eine be* 
beutenb größere B^l^t Don JJarbenunterfd^ieben alter ärt 
^pxa6)ii6i in fc^eiben unb ju fenujeid^nen Dermogen. SBir 
befi^en unb Dernjenben gelegentlich, Dor Slßem in Söc^freifen, Diet me^t 
SWamen Don Mancen. !Cer ®runb bafür liegt auf ber §anb, 5ßeben 
ben ^orlfd^ritten in ber S^ec^nif l^at inöbefonbere bie @ntn)idEetung ber 
befd^reibenben SWaturtoiffenfdJiaften ein erl^ol^teö Sntereffe für feine 
Unterfc^eibung unb ejacte SSegeid^nung Don tjarben mit fid^ gebrai^t 
unb mand^erlei baDon ift felbff S^^eil ber allgemeinen ©ifbung unb 
bed popnlitm ©))rac^gebraud^^ geworben. 

@6 ift aber toid^tig nod^ au«brüdEIid^ gu betonen, baß neben 
biefer teirllic^en größeren Unjulänglid^leit ber SBeife unb 3Äitte( ber 
ted^nifd^en Sarbenbejeidfuung bei ben 2Wten Dielfad^ aud^ — toenigften« 

(Slaffiflcation im Stugc ge^aBt 3)er genannte gorfd^er l^at anä) eine Söeife t>or* 
gcf dalagen, burd^ numerifdje SBejeid^nung garben genauer gu d^arafteriftren 
<a. a, O. VI. SÄittl^eilung, p. 178 ff.). 



in bcr garBeiiBescid^nunö bcr %lttn. 103 

fureincobcrpcf|ttcl^e©ctrad^tuiig — bcr ©d^ctnbcftcl^l, al« »ärc 
man einft ungenauer getoefen al^ mir e^ finb. S35a^ t^n 
erjeugt ift tl^eit« btc ÜÄac^t bcrSewol^nl^eit, %tfö ber Umftanb, 
bag bie ®pva6)t ber ©rted^cn unb 9?ömer au^geftorben unb t^re SBeft 
unß üieffad^ fremb ift, alfo unferc Unfenntntß. 

3öcr l^eute nic^t toü% toaö S^fabeKfarben, ^fingftrot^ ober 59er^ 
linerblau ift, ber fann ftd^ barüber leidet gang ungtoeibcutig tnfor=^ 
miren. gaffen wir jttjei öal^rtaufenbe öergel^en, fo toirb e^ öieüeit^t 
fd^toieriger unb »citfäufiger fein, toeil bie Sebeutung moglid^ermeife 
nur au« einer SSergteic^ung ber Objecte gu eruiren ift, auf bie mir 
l^eute in unferen Schriften bie fraglid^en 5Wamcn anttjenben. 35iefen 
langtoierigen 2Beg ^aben wir in SSejug auf bie aüermeiften garbcn- 
begeid^nungen bcr ©ricd^en unb JRomer gu befd^reiten. SBol^I finben 
tt)ir bei ben ?^i(ofoj)l^en *) Srffärungen für öiele öon i^nen, aber biefe 
angaben taufen geioSl^nlid^ barauf ^inau«, bag gefagt wirb, wie man 
fid^ bie fraglid^e garbe entftanben, au« Welchen einfad^cren man fie 
gentifd^t benft ©o {|eißt e« g, 59. bei ^lato (Jimae. 68. C.) ütvggov 
fei bie ??arbe »cld^e au« einer 2ßifd^ung öon lavd'ov (®e(b) unb 
®rau {(paiov) entftel^e; xvuvovv werbe l^eröorgebrad^t, wenn SBei^ 
mit ©länjenb (kafingöv) gufammengelommen unb auf geffittigte« 
©d^warg gefaßen fei unb Sle^nlidie«, unb fotd^en ^Definitionen liegt 
in ber SRegef eine ßlaffification ber JJarben gu ®runbe, in bie wir 
un« nid^t me^r genugfam l^ineinbenfen lönnen, oft aud^ eine 35er* 
wed^«Iung ber Smpfinbungen mit il^ren Urfad^en. SBir finb alfo nad| 
wie öor an bie 3SergIeic^ung ber mit ben fragtid^cn 5ßamen bcgeid^ineten 
Dbiecte gewiefcn unb migtid^, wenn biefe nid^t mel^r genau aufgeigbar 
finb, wie e« g. So. bei concreten SWamen gefd^e^en mag, weld^e öon 



*) 3)ic aftcn Scjrifogro^l^cn bieten Bin« ^Rohmaterial gu Srftärungcn unb 
oud^ biefe« erf^cint oft unguöerläffig gufammengetragen. 3ä) flnbe g, SB. bei 
@uiba0 unter iovd'og angegeben: Isntov (tenue), idnvgov (fervens), agyvgovv 
(argenteum), ^avQ'ov (flavum), yiaXov (pulchrum), nvKvdv (densom)) ojv 
(acntam)f rof;^« (velox), noinilov (pictum), Siavysq (pellucidum) u. f. tD. 3)a8 
Etymol. magnum fül^rt unter beuifelben SBort an: Unxov (tenue), ocnaXov 
(tenerum), iXccq>Q(jv (velox), x^oiQov, vyqov Ommidnm). 2) er frühere $efJ?d^ l^at 
aßc8, Wa8 ©uiba« unb ba8 Etym. magn. gufammen vorbringen. 



104 (SrIISrung ht9 (Sd^eined gri^gerer Ungenautglett 

einem lünftlid^ bereiteten tJarbftoff l^ergenommen finb» Da« ölelum* 
ftrittene noQtpvQBog nnb purpureus ift ein nofieliegenbeö ©eif|)iet^). 
Slber aud^ iDenn e^ fid^ um Staturgegenftfinbe ^anbelt finb xovc 
mand^mat unfid^er^ tDad bie Sitten bei Snttel^nung ober Slnmenbung 
eine« Sarbenworte« eigenttidf t)or äugen l^atten. SDa« lann [id^ treffen, 
toenn jene Dbjectc je nad^ Umftänben öerfd^iebene garben geigen, unb 
toenn mir ben Umfang eine« Slaffennamen« ber SHten nid^t fidler f ennen, 
mie e« bei mand^en ©lumen, Sbetfteinen, 2:^iert)arietfiten u/ f. ». ber 
5aß ift. 95on ©d^toierigleiten biefer Slrt ^at Sag. (Seiger einige au«* 
fül^rCid^ bargefteQt, unb e« n)&re ba« an i^m at« Unparteilid^feit gu 
rühmen, wenn er fid^ babei (»a« nidft ber Satt gu fein fd^ieint) be* 
tougt gewefen wäre, wie fe^r er bamit gegen fic^ fetbft arbeitet- -Se 
größer unfere Untoiffen^eit über bie ©egenftanbe ift, auf welche fid^ 
bie Scirbenbegeid^nungen ber ältten begogen, befto weniger (|at ja tine 
fo beftimmte unb überbie« neue Slnnal^me über ba« Sarbenfel)en ber* 
felben, wie e« bie ©eiger'jd^c ift, 2lu«fid^t bewiefen gu werben'*)* gür 
eine fold^e muß man bod^ fiebere ©elege forbern. 

Söei ben abftracten SWamen ift eine Unwiffenl^eit über bie ®e* 
genftänbe, auf bie fie angewenbet finb, bann befonber« bebauerlic^, 



') Emati, de restitutione purpttranim (atigcfül^rt bei ©cercn, 3becn Ü6cr 
bie ^olitif , ben SScrfel^r unb ©anbei ber toornc^mflen ^blfcr ber alten SBclt L, 
2, p. 71), gäl^It neun einfädle ^^Jur^urfarfcen auf, nämUd^: ©d^toarj, ©taugrau 
(lividus), SJiorett, 9lot^, ©unfelblau, ©ettbtau, ©elB, 9iöt&ad&, SBeiß unb ouger* 
bem fünf gemifc^te. $ur^ur bebeutete banad^ eine ©attung ber gärberei, ttjoju 
animalifd^e ©toffe (@eemufd{>dn) toertocnbet tourben im ®egenfa<5 jur gärberei 
mit «Pflanjenfloffen. («gl. auc^ «pttniu« IX., 3© unb @em|)cr, ber @til I., 206.) 
2)er rotl^e $ur|)ur, ben bie |)l^önifi{d^en unb fübüd^en SÄeere gaben („bie t^rifd^e 
garbe")/ unb ber, bo:|)^cl0efärbt, tiefbunfel (nigricans aspectu $Un. 1. c), fafl 
fd^toarjem ©lutc ä^nlid^, tourbe, fd^cint jebod^ ben fhittigen 9^amcn toorjug^toeife 
getragen ju ^aben. SBärc ba«, fo erflürtc ftd^ ©omer'S „$ur|>umer 2:ob", »elc^e 
Senbung feit ber 3eit ber alten Searifogra^l^en fo toiete ©i^^otl^efcn ]^ert)orgcrufen 
l^at, al« ©intoei« auf ba« fd^märslid^e ©lut ber £obe«tt)unbe. 2)od^ mel^r al« 
toal^rfd^etnUd^e ©ermut^ungen fann man Ijiier ber ißatur ber @ad^e nad^ nid^t 
me^r au«f:|}red^en. 

') 2)a« l^at il^m oud^ ©tetntl^al (Urf|>r. ber @^rad^e p. 205) entgegen* 
gel^atten. 



in bcr garBcn^ejcid^nung bcr %lttxu 105 

tmn utt^ aud^ bie 9(na(ogie t^erCJIgt^ b. ^« ber [tritt ige Slu^brud 
im Umfong feinem ber un« geC auf igen flbereinftimmt. ®a« 
trifft aber in unferem ??aße öielf ac^ ju. S33ir ermähnten fti^on oben, baß 
im fiateinifd^en unb ©ried^ifc^en bie mciften abftracten garbennanien 
nid^t ©runbfarben, fonbem äRitteltöne bejeid^nen unb fic^ fo i^r S3e^ 
3ci(^nung^f^ftem »eniger ate ba^ unfrige an ba« natürtid^e ©Aftern 
ber Sorben anfd^Iießt^). ^Ut unb ntoberne fjarbcntoorter bebedfcn 
in fjolge beffen , auf ben garbenfrei^ angetoenbct , oietfad^ ®tMt, 
»etd&e fid^ gegenfeitig burc^fd^neiben. ©o umfaßt j. SS. xlogog nid^t 
aße grünen S^one, unb greift ftarf in'« ®elbe f|inein u. h^L ÜDiefe 
©ifferenjen in SSerbinbung mit ben eben ertöfil^nten ©d^ioierigfeiten 
tragen große ©(^utb an ber Slage über „Unfaßbarfeit" ber lateinifdfen 
unb gried^ifd^en äu^brüdte, bie man aud^ früljer, aber neueften« fo 
laut erl^oben l^at 

5Äod^ in einer jtoeiten 333eife bringt bie eben angebeutete 35er* 
fd^ieben^eit SKand^e baju, ben daffifdien ©prad^en ungerec^termeife 
größere Ungenauigleit öorguwerf en, nämlid^ oermöge be« ®efefee«, baß 
un« ba« ©emolinte ftet« aU ba« ©elbftöcrftanbtic^e unb 
9iic^tige, baö Ungetool^nte bagegen anftößig unb munber* 
üd& erfc^eint. 3n mand^en gäßen mag, mo beibe bifferiren, bie 
33ejeid^nung«tt)eife ber Sitten felbft genauer fein al« bie unfrige (tt)ie 
»enn »ir oft atte« ni^^^" nennen, xoa^ \k in x^(O90gVLx(b7CQacfivog 
fd^eiben), in anberen tjäßen toirb e« umgelel^rt unb jumeifen fo fein, 
baß bie Ungenauigfeit ^ier unb bort gleid^ groß,^ nur eben oerfd^ieben^ 
artig ift. 2lßein bie eine SBeife.^at ben SSort^eil be« ®e»ol^nten un* 
bebenflid^ {jingenommen gu »erben, loä^renb bie anbere unerljort unb 
gesagt gefunben »irb. 

"änä) unabhängig Don ber oerfc^iebenen ©teßung ber atten unb 
mobemen garbennamen jum ©^ftem ber ©runbfarben ^aben fid^ 



*) @tnc toxxtlx^t größere Ungenauigfeit Bcgrünbet ba« md) meiner 3lnfid^t 
für bie ©egeid^nungSttjeife ber Stltcn nid{>t, ha h)ir im gemeinen ®eBraudf> 
unfcr „9lot]^", „35 lau" vl f. »., oi^ne jebe ober ol^nc ejactc 2)etermination, 
auf gar SJcrfd^icbeneS antoenbcn , unb too eö auf feinere (ffiaraftertftil anlommt 
ju concrctcn garbcnnamen (?ila, 9iofa u» bgL) greifen. 



106 C)ft ifl ba6 öermeintltd^ Ungciiaucrc 

®ctt)ol^nl^eitcn bc« ungenauen ßfaffifictrcn« unb benennen« f|ter unb 
bort gebifbet, ml6)t öielfat^ einen ©c^ein größerer Unfid^erl^ett auf 
latetnifd^e unb gried^ijd^e S3esetd^nung«töetfen »erfen. 2Bir flnben c^ be^ 
frcmblic^, baß (guripibc« bcn l^eüen SBein mit x^^gog, ©opl^ocle« 
mit ^av&dg bcgeid^net ; e^ ift aber nid^t ungenauer , aU »enn toir 
tl^n „toeig" nennen- ^lautu« fagt atnim vinum (SWen« 5, 5, 17), 
SKanc^er fänbe fidler auti^ ba^ tounberlid^, tocnn nid^t guf allig aud^ 
bie Italiener, vino nero fagten. Unb fo ließen fid^ öiete Söti\pitU 
aufgSl^fen, too ba^ Dcrmeintlid^ Ungenauere eigentlid^ nur ba« Unge* 
tool^ntere ift« 

S« mag enbüd^ aud^ afö eine S^Sufc^ung in golge üon ®en)o^^ 
nung, obfd^on öon anberer Slrt, bejeid^nct »erben, toenn 3Kagnuö ben 
Sitten insgemein, j. 33. aud^ bcm Slriftotele^ t)orn)irft, baß fie ben 
SRegenbogen loeniger genau befc^rieben l^ätten, afö wir tl^un. SBir l^Sren 
öon 3ugenb an t)on fieben ??arben im ^Regenbogen rebcn, unb ®e== 
mol^nl^eit bringt e« bal^in, ia^ man fid^ einbilbet fo t)iele Ouafitäten 
an ber SWaturerfc^cinung gu untcrfd^eiben. 3n SBa^rl^eit fe^en toir nid(|t 
mel^r al« brei ober öier. ©d^on ^elm^olfe ^at betont^), toenn man 
ein ©pectrum oon geringer Sänge betradE)te, fo baß man bag ®anje 
gleic^jeitig öor 2lugen l^at, fo crfc^eine e^ nur au« öier fjarbenftreifen 
guf ammengefefet : ^oti), ®rün, Slau unb SSioIett, mä^renb burdi ben 
Sontraft mit biefen ^auptfarben il^re UcbergSnge faft ganj öcrfd^toin^' 
bcn. ^öd^ften« crfenne man nodi, baß ba« ®rün an ber ©eite M 
^otij gelblid^ wirb. ÜDiefer Beobachtung entfprid^t bie ariftotelif^e 
©efc^reibung be« ^Regenbogen« gang gut. (Sr nennt i^n tgixQG>s, i«' 
bem er nur bie brei fjarben gwLWKovvy ngdaivov, älovgyov für 
objectit) gegeben ^ält, fügt jebod^ au«brüdttid^ ^ingu, e« erfd^eine itou 
fd^en SRotl^ unb ®rün oft ®elb, nur fei ba« bto« fubjicctit), eine Sofge 
be« 5«a^eaneinberftoßen« öon 9tot^ unb ®rün^). ÜDiefe lefete aWeinung 
beeinträchtigt ben SBcrtl^ ber SSefd^reibung afö fold^er natürlid^ nid^t, 



>) ^f)t)l Opt p. 236. 

») SRctcor. ni., 4, p. 376, a. 1 ff. 



eigentlid^ nur baö Ungetool^ntere. 107 

I 

unb man fann fie mit gutem 9it(i)t jutreffenber nettnen a(^ bte (|eute 
ublid^c, mld)t t)on ficben tJarben ^pnäft^). 



^) uXovQyov ifl ein SluSbrucf, bcr ©lau unb Violett gugletd^ gu umfaffcn 
fd^cint. . 

3m UeBrtgen ^at man fd^on in alter ^tit i}ttoexQii)oUn, ber 9tegenbogen 
entl^alte eigentlid^ mel^r aU bret, ja unjä^üge garBen, aber fte gingen in etnanber 
über, fo baß man jle niAt Begrenzen lönnc. @o toergleit^t Dtoib (Wlttam, VI., 
65), toic iKagnu« felbfl (bie @ntn>. p. 16) anführt, ein lunfhjotte« ©etocbe mit bem 
iimmlift^en SBogen: 

In quo diveisi niteant cum mille colores, 
Transitng ipse tarnen spectantia Inmina fallit: 
Usqae adeo qnod tangit idem est, tarnen ultima distant. 
3!$gL aucB (Seneca Quaest. nator. L cap. 3. 



^nfammenfaDfung unb ^^n^. 



^ie üorau^gel^enbe Unterfud^ung l^at gejeigt, ba^ birecte ®rünbe 

tl^ette bebuctiücr SBlrt (tn^bcfonberc bic S:i^atfacl^c, baß l^cutc attc Wlm^ 
fd^cnracen unb ütelc S^j^iergcfc^led^ter Farben feigen), tf)til^ j^iftorifd^cr 
iflatax (üorncl^uittc^ Ucbcrrcftc farbiger ÜDccoration) in entfc^cibenbcr 
fficife baffir fprec^en, baß bic garbencnH)finbung bcn öorc^riftlid^m 
<SuIturt)öHern, ja tool^I atlcn frfll^crcn mcnfd^tid^cn ©cfd^Icd^* 
tcrn in feiner SBeife jie gefehlt ^at 

^Dagegen mögen niebere Drbnungen ber S^l^iere einft 
aömätig nnb fc^ritttoeife baö SSerniögen jur äßal^rnel^niung ber t)er* 
ft^iebenen ßtaffen üon Qnatitäten gewonnen l^aben, nnt e« bann con** 
ftant an alle festeren 5Wacl^fommen jn vererben. 

9tor ift bie^ laum in ber SBeife gefc^el^en, baß bie fjarben in 
ber JReil^enfotge be^ ©pectrnm t)on 9totl^ nac^ SSioIett 
tt(^tbar geworben tDärtn, tt)ie ®eiger nnb äDtagnn^ gtanben. 3)ie l^entige 
Organifation be$ 9[nge^ tSßt etma^ ganj 9[nbere^ ermarten, 

5Iu(^ bafür fanben »ir feine ?fnl^att^<)nnfte, baß, tote biefetben 
%ox\ä)tt meinen, jene SSeröoBfommnnng be^ ®efi(^t«finne^ burd^ 
i)irecte SBirfnng be^ ©el^en^ ober beö Sid^teinftuffeö (in* 
bioibnette Slnpaffnng) entftanben fei» ffiir toerben un« einfttoeilen 
tjorfieöen muffen, baß anbertoeitige SSariation unh natflrlid^e 
^u^tefe (generelle a[nt)affnng) bie $ebet ber fortfd^rittlid^en 
€ntn)ide(ung »aren, 

3Ba« bie ©rfd^einnngen betrifft, bie man für JJarbenblinb^eit 
nnferer menfd^tic^en SSorfal^ren vorbringt, fo erftären fte fic^ 

tl^eitö al^ gotgen aümaliger 5In«bitbnng be^ Urtl^eite für Farben nnb 

beö 3ntereffe^ für il^re genaue Sejeid^nnng; 
tl^eitö pnb fie äu^fluß ber ©efefee ber poetifc^en Diction (bei ben 

alten I)id^tern); 
t^eite enbtid^ »urjeln fie in einer Umtoanblung bed ^arbengefül^Ö, 



3ufaimnenfaffung- 109 

1. a^ gibt, fa^en loir^ beim ®c\d)Ud)tt foioöl^t aU beim eitt^ 
gelnen 3nbit)ibuum aöerbinfl« eine ffintoidelung be« „tJarbetifttme«", 
fofeni man barunter ba« SSermögen jur ©eurtl^eilung, jur öer^ 
gleid^enben ©d^fi^ung unb Slaffification ber t^arben, üerftel^t, unb e^ 
finbet fid^ etoad 9(naIoge9 auf aQen ©inne^gebieten. UeberaQ loerben 
ßrfd^einungen, bie man crfi öemed^felt ^atte, \p&ttx unterfd^ieben^ 
nid^t inbem bie Unterfd^iebe in ber (Smpfinbung größer 
geioorben toitcn, fonbem inbem man fie je^t in t^olge 
anbertoeitigcr äenberungen beffer bemerlt Srtid^t aüe glei^ 
d^en (Sm^ftnbung^in^aUe werben notl^tvenbig g(eid^ beurtl^eitt, ni^t ade 
migleic^en ungleid^; m* a. S. man mu^ in Se^ug auf (Smpfinbungd« 
unterfd^iebe ©efe^e ber 9}2erIIid^Ieit anerlennen, bie nid^t ein Sludftu^ 
ber ©cfefee be^ 9ieije« finb, »eld^er bie Smpflnbung ergeugt*), 

®a^ man biefe fpecieUen ©efe^e ber ^eurtl^eitung t)erlannte^ ^ 
^at baju gefä^rt, SDJfingel unb ^ortfd^ritte in ber t)erg(eid^enben 
©d^fi^ung ber ijarben, bie fid^ (»eit ba« Staffiflctren SSorbebingung 
be^ Senennen^ ift) in ber ®ptad)c ber alten SJoffer funbgeben, mit 
mmoQIommenen 3uß&nben unb fottf(^tt(id^er (Snttt)idre(ung ber ^t^^ 
ffant ju t)ern)ed^fe(n« On ber genaueren (Srforfc^ng jener ©efe^e ift 
noc^ 93iete$ 3U tl^un. Sdf mied auf bie loic^tige 9{oQe l^in, miäft bie 
©efe^ ber Srinnerungdtl^fitigleit l^ier \piüm unb fuc^te (mad mir 
befonbcr« nötl^ig fc^en) eingel^enber ben ©nfluß bc« 3ntereffe« *) auf 
bad Schalten unb dteprobuciren üon SSorfteQungen unb bamit auf bie 
8eurtl^eilung Kargulegen« 

S3ie bad Urt^eU über Sarben überhaupt, fo l^at aud^ fpeciett 
bie Srienntnig bed natürtid^en ®t)ftttn^ berfelben eine ©e^ 
f(^te. !Z)o(^ bringen ed befonbere Umftfinbe mit fic^, baß man fS^ig 
fein tann, im (Sinjelnen feine Unterf^iebe jioifc^en Si(^« ober f^arben^ 



■) (Sd märe ober i»er!e^Tt }u leugnen, baßond^ fie julefetH^d^^P^^f^^^ fcnb. 
2)te tbtffaffmtg, al9 oB bie Seurt^eilung ober 9lu9(egung ber (Entt^finbungen einer 
freien (bieSei^t gar gefe|Iofen?) <9eifledt^atigf eit angehöre, hdSaapft gering (a. 
c O. IV. aRittl^Ig., p. 102) mit ^tdft 

^ Jim ha» 3tttereffe ifl t», toa» j. ». bie üBertegene ©eurtJ^eUnng »im 
2:a1ten})fhibungen Beim ©finben, t)on ^efliglcittnnterfd^ieben Beim ^ü^romoto* 
B(e)>tif(^en tu f. to. Begrftnbet 



1 10 3wfömmcnfaffung 

crfd^cinuttgcn ju bemcrfcn, o^ne auf bie Srlcnntnig ber rid^tigcn ®runb* 
claffcn gu ücrf allen, in bie fid^ il^re unenbtid^c aKannigfattigfcit ein* 
orbnen läßt. Die ätten »aren üon,biefer Srfenntnig toeiter al« bie 
heutige 2Bdt entfernt, unb aud^ toa^ l^ieüon in i^rer ®pxad)t unb 
Literatur }unt 3(udbrud fommt, l^at man fSIfd^tid^ ate ^(njeid^en üon 
garbenblinbl^eit aufgefaßt. 

2/ 35o(^ man tt)ürbe irren, toenn man glaubte, baß aüe an^ 
fängtid^e UnjutSngtid^feit unb aUmStige SSerDoQfommnung in ber Se^ 
geid^nung ber färben burd^au^ einer anatogen Slu^bitbung bed Urtl^eit^ 
paraöet gel^e. 5Die ©prad^e ift nid^t notl^toenbiger Ausfluß bcö I)en^ 
len^, fonbern gum ^totdt ^ ber SKitt^eitung entftanben unb barum nur 
fo tt)eit,genou, atö e^ biefe^ 3ntereffe erl^eift^t, toeld^e^ felbft einer 
fortfd^rittlid^en Snttoidfelung auö befc^eibenen Slnffingen unterliegt. 3« 
allen Briten, in früher am meiften, lonnte e« geft^el^en, baß man 
ajiel^rere^ in ©ebanlen al« f<)rad^lid^ fd^ieb, toeil für bie genaue 
S3egeid^nung ber antrieb fel^tte. 

35aß in ben S^tamen für bie Farben ba« natürliche ©Aftern 
ber festeren nic^t ju confequentem Sluöbrudf gelangte, n)urbe außer 
üon allem öorl^er (sab 1 unb 2) @rtt)äl^nten nodt) burd^ bie ^lan- 
lofigfeit üerfd^ulbet, toeld^e ber ®<)rad^entftel^ung eigen ift. 3egtid^e« 
in ber SSolf«f<)rad^e, »ie im anfänglid^en Staat«* unb 9ted^tött)efen, 
ift burd^ einen Srflnber geftiftet »orben, ber nur ba« nfid^fte S3ebfirf* 
niß im Sluge l^atte, ba« fleinere ober größere ®anje aber, »oju er 
beitrug, nic^t überblidtte. 

3. @ine anbere große 9teil^e üon @rfd^einungen in <Bpxaäft unb 
Literatur, »eld^e man auf garbenblinb^eit gebeutet ffat, finb bei ®ic^* 
tern gefunben unb entfpringen im ®roßen unb ®anjen au« rid^tiger, 
gumeilen aud^ au« einfeitiger Befolgung t)on ®efe^en ber poeti' 
fd^en I)iction. SBir toerben in einem Slnl^ange begügtic^e, oben nur 
empirifd^ aufgenommene Siegeln au« ollgemeinen äftl^etifd^en ?rin* 
cxpxtn gu erftaren fut^en. 

ÜDaß man jene 9Ser»ed^«lung beging , mag un« aufmerffam 
machen, roie, mä^renb in ©egug auf anbere Äünfte, namentli^ bie 
SDiufil, ®efefee be« äBo^tgefallen« toenigften« em»)irif(^ in großer älu«* 
be^nung feftgeftellt finb unb i^re Äenntniß felbft ®emeingut ber @e^ 



bcr «Refultate. 111 

bilbcten geiporben ift, btc SRcgcIn barübcr, »a« poctifdb fei, noc^ üicl* 
fac^ nic^t adgemein belannt unb in il^ren Sonfequenjen getoürbigt finb. 
4. 3Bie baö bcgtcitcnbc Urtl^cil öon bcr SnH)finbung ju unter«» 
fd^eiben ift, fo aud^ btc barauf bcjügtic^c 8uft ober Unfuft. Slud^ biefe 
3(nlagc, burt^ färben, Jone u. f. »• ju ®efü^fen beftimmt ju 
tpcrbcn, loirb oft „JJarbenfinn", „ Jonfinn" u. f. to. genannt, unb au(i| o 
üerftanben gibt e« eine Snttoid elung unb Umbitbung bcö Farben*, Ston^ 
finne« u. f. f* 6« lann un^ eine crl^ofitc SWeigung ober anäf ®teic^* 
giftigfeit für reine Suftgefül^fc anerjogen, ber Oefd^mad fann ücr=' 
feinert ober ocrbilbct »erben. 35ergtcic^en gefc^iel^t beim 3n^ 
biöibuum unb tft auc^ beim ®t\ä)Uä)tc gefc^el^cn. 5Im einge^enbften 
fjat man bi« jefet bie ^iftorifc^e Sntmidefung unb mannigfad^en 2Ban* 
betungen bc« inftinctiüen SBol^Igefaöen^ an fttängen unb Ätangfotgen 
erforfc^t, Die ®efd|i(^te be^ garbengefufit« ift »eniger gefannt. Sinjelnc^, 
m^ man baoon toei^ unb ju miffen glaubt^ ^aben unfere ®egner 
irrtpmlid^crmcife ate 3lnjeid^en einer SIenberung in ber 5arben»a^r* 
ne^mung angeführt. 



§at fo unfere Unterfuc^ung junäc^ft ein negatiüc^ JRefuItat, bie 
Un^altbarleit ber §^pot^efc t)on bcr garbcnbtinbl^ett unferer (menf^* 
litten) SSorfal^rcn, fo wirb man üietteic^t barin, bag fie auf mannig^» 
fad^e Sücfen ber inbiüibueüen unb SSöflcrpf^c^otogic bringenber auf* 
nterifam mac^t unb felbft ben einen unb anberen Beitrag 3ur Sluö* 
füttung berfefben oerfuc^t, au^ ein mel^r pofitiüc« Srgebnig erblidten. 



%An itu $($ttf( $e0t$ii(it unik |ntrn|itiit itct ir)tif|t5rin]i]iiiikHsgtii. 



L ^n ber üorigen Slb^anblutig tourbc gdcgcntt«^ (p. 11) ertoäl^nt, 
ba§ «tan ijtutt aud) in »iffcnftiiaftncl^en Steifen fcl^r allgemein bie ber* 
fc^iebene §ettigleit ber Smpfinbungen be^ ©eftd^töfinne« atö bie bie^ 
fem ©ebtete eigent^fimti^e ©ottung ber Ontenfitat, atö baö SBlnalogon 
ber SEonftärfe, betrachtet. 

©0 fagt ein gead^teter ^l^^fiologe »ie SB. ^re^er in feinen 
üor m6)t langer ^txt erfc^tenenen „Elementen ber reinen (Smt)finbung^* 
le^re"^) (p. 10 ff.): ,,Die Steigerung ber 3ntenfität einer 8id^t* 
empfinbung gibt bie Sntpfinbung beö |)ellen . . . ober ber gid^tftSrfe, 
bie §erabfefeung berfelben bie be^ 35unfeln . . . ober ber Sid^t* 
ft^toäd^e . . . 5Da^ l^ellfte SBeiß, »eld^e^ man fiberl^aupt empfinben 
lann, ift bie fjoäf^t, ba« bunfelfte ober tieffte ©d^ioarj • . ♦ bie ge* 
ringfte Sid^tintenfitSt^empfinbung . . . B^if^^^n biefen Sjtremen lie* 
gen aüe anberen ^eüigleit^empfinbungen (ba^ mittlere ®rau, SBei^tid^* 
grau, SBeiggrau, ©(^»ärglic^grau, ©c^toarjgrau u. f* to.) 

8[u(^ ^elml^ol^ fd^eint biefe Sluffaffung ju tl^eilen. Sr be^ 
geidinet (^fj^fiol. Optil p. 281) ®rau afö lid^tfd^toad^e« mx% Sraun 
aU lit^tfc^toad^e« ®elb unb fagt p. 280, bie aSorfafefilbe ^ett bei ben 
ijarbenempfinbungen bebeute genau genommen eine lid^tftarfe garbe. 
«efonber^ beutlit^ ibentiflcirt er and) p. 317 ^^eßigleit mit „©tfirfe 
ber 8i(^tempflnbung" unb biefen mit ,,@mpftnbung^ftärfe" überhaupt'). 

"Uviä) SBunbt faßt bie ^eöigleit^ftufen al^ eine ©cala öon 
3fntenfitäten unb 2Bei^ atö i^ren ^o#en ?unft. 3n feinen ,,®rttnb* 



©ammlmtg ^]^i?jto(ogtfd6er ^Ibl^anbtungcn, ^erau«gcgeBcn toon 2B. ^rc^er. 
L "Sttx^tr 10. $cft, 1877. 

*) Uthtt anbete ©teilen, bie bamit nici^t im ©nllang pnb, togt. unten. 



35ertt>eci^8lung öon 3ntett|ttät unb ^cHigfcit. 113 

aflgen bcr pj^^fiologifd^cn ^f^ofogic" p. 380 bcjeicl^nct er ®rau unb 
©d^toarj ate Ontenfitfitöabftufungcn üon SSSetß unb p. 393 ©d^iDarg 
afe bicjenigc (gnH)ftnbung , »etc^e bcr gcringftcn 3ntcnfität be« 3Bei§ 
entfi^red^e, 

3a überall begegnet man biefer Slnfd^auung unb S, gering 
toar ber erfte, ber fid) (in feinen früher ermähnten SKitt^eilungen gur 
Seigre öom Sic^tfinn IV.) gegen fie erWärt unb fie mit ben triftigften 
©rflnben beKnH)ft ^at. 3n i^rer Sonfequenj Hegt e« offenbar, mie 
SBeig afö SKajimum, fo ©d^toarj ate SKanget ber ®efi(^t«em<)flnbung 
iu begei^nen^)- äßein gering ^at treffenb gefagt, man fSnnte mit 



') 2)iefe (Sonfcqucnj l^at unter Slnberen ©raßmann auöbrüdHid^ QtlOQtn, 
(Sx fagt (in einer bricflici^cn SKitt^^ctlung an $rei?er, toeld^c biefer ©ele^rte feinen 
,;@Iementen ber reinen (gm|)flnbung6le^re" beigegeben l^at, p. 86): ,,©et ber 3n* 
tcnfttät 5Rua ^ört jebe Oualität ouf. ©d^löarg ifl eben feine OuaKtät, fonbem 
ba« ^uU beö leid^teö/'" 

^ret?er feifcfi fd^rcibt bem @^toarj ^ntenjität unb garbenqualität gu, nur 
fei jene „unter allen Umflänben fd^toad^", biefe „unbeutKd^" (p. 13). (gr fd^cint 
baBei bie ^^atfad^e im 9uge }u ^aben, bag tt>ir tool^I nie ein reine9 ^äftoaxi feben, 
fonbem ibui ftet« etn>a8 SBeiß unb eine ®^ur ^on garbe im engeren @tnne Bei* 
gemifd^t \% ^anad^ toäre toenigfiend ba9 ibeale ^äftoaxi eine @!m|>ftnbung o^ne 
Sntenptät unb Oualität, alfo feine (Sm^finbung. 

^el^nlid^ fiettt ftd^ $ret;er gu einer anberen (Sonfequens feiner ^b^orie. Senn 
bie ^eUtgfeit bie eigentbümlid^e 3ntenfttSt ber @eftd^tdem^ftnbungen ifi, bann ftnb 
offenbar SBeiß unb @rau reine 3ntenfttäten. ^re^cr fd^reibt nun oud^ ber SBeiß* 
em^)finbung eine Oualität gu, nur fei fte „unbeutKd^" (p. 13). (gr fd^cint fid^ aud^ 
l^iebei auf bie ^atfad^e gu ftüt^eU; bag un9 faum je eine tobttig farblofe @rf(^eitmng 
Begegnet, greiftd^ genügt biefe ?öfung feinen eigenen fonfligen ©runbfäften nid^t. 
©agt er bod^ p. 9: „^on ben Beiben @tüdfen einer jeben (gm|)finbung, nSmlid^ 
bcr @tärfe ober 3ntenfttät unb ber Wct ober Oualität fönne M\}t jebe« für ftd^ 
Betrad^tet toerben, aBer e9 laffe ftd^ feinet fortgenommen beuten, o^ne bag bie gange 
(gm^finbung mit üerrfd^toinbc, eBenfo »ie ber 33egriff ber (SBene toerfd^toinbe, toenn 
man eine i^rer 2)imenftonen tocgbenfe. @r Be^au^tet alfo, toie toir (p. 8), eine 
logifd^e Unmöglid^feit ber Trennung tton 3ntenfttät unb OuaUtät. 2)agegen ifl 
bie Unmöglid^feit ein toöttig farbtofe« SBeiß ober @rau i)orsuflenen blo« eine ^^J?» 
fiologifd^c, gang toon berSlrt, toie ettoa bie Unmöglid^feit ein 9lotb öorgufietten, ba« 
nid^t enttoeber in'« S3(aue ober ®elbe f^ielte u. f. to. SBer mbd^te aber ben @a^ 
aufflellen: 3ur 9lotbenH)ftnbung gehöre fo notb»enbig ©elb ober ©ku, toie 
jur ®bene g»ei 2)imenftonen? ©enn bie 3ntenfität mit ber ^ettigfeit gufammen^ 
9lattl7. gfati^eiiflnn. 8 



114 gering gegen bic 6t«]^erige 3luffaffung öon ^ntenfitöt. 

eben fo i)ict 9tcd^t unb Uttred^t ©d^mara al« SWajimum unb SBctg 
al« 9lutt<)unft bcr entpfinbung bcjeic^ttctt. 35ie SBa^r^eit ift, bag bei- 
bc« pofitiöc (Smpfinbungcn finb uttb ®rau eine au^ beiben gemif(i|te. 
aJtan mfiffe alfo, fä^rt gering fort, mnn man bie toat^fenbc §cllig^ 
feit afö junel^menbe Ontetifität bejcid^nett tooUc, anä) bie mad^fenbc Dun^ 
M^eit fo nennen unb bie üerfc^iebenen ©tufen be« ®rau burc^ ba$ 
öerfd^iebene SSerpItnig t)on jn)ei 3ntenfi taten, ber ©tSrfe ber 
äBeig* unb ber ©tärfe ber ©d^toargempfinbung, ju ©taube lommen 
taffen. SBlber noci^ tt)eiter]^in forbere bann bie ßonfequeui aud^, baß 
man g. 33. bie Uebergänge t)on SRotfi nad^ ®etb burd^ ba« üerfc^iebenc 
SSer^Sftniß 3»eier 3ntenfitSten bebingt benfe, nömlid^ bie ©tärfe ber 
9totf|* unb bie ber ©efbempfinbung. SBoüe man aber, »ie eö t^aU 
\&äfLiä) ber gaß ift, bie UebergSnge t)on $Rot^ nad^ ®elb ate Qua^ 
litätöunterfd^iebe bejeid^nen, bann muffe man aud^ ben Uebergang t)on 
3Öeig nad^ ®rau afö eine qualitatiüe 5Ienberung gelten laffen. ®a^ 
SBefentlid^e be« aSer^ältniffe« fei ^ier unb bort ba^felbe ^). 

I)agegen unb gur SSertl^eibigung ber alten 5Infi(^t ffat fjed^ner*) 
bemerft: „Die Slnalogie ber fd|»arg»ei§en Smpflnbungen, toeld^e §e^ 
ring mit ben blaurot^en, rot^getben u. f. to. flnbet, ft^eint mir »enig 
gutreffenb, »enn anber« man ba« ^rincip, bag gleichen Sebingungen 
gleiche, ungleichen ungleiche SBirfungen ober folgen entfpred^en (in 
fo meit nid^t 5ßebenbebingungen ba^ 9tefuttat änbern), in SIntoenbung 
auf ba^ äußere Sic^t ate SBebingung üon innerer 8ic^tem^)flnbung gel^ 
ten faßt. SSon öfau gu 9tot^, t)on 9tot^ gu ®efb gel^t man burd^ 
eine Sfenberung ber ©c^toingung^gal^f be« äußeren Sid^teö, t)on 
@(^tt)arg gu SBeiß burc^ eine Slenberung ber Quantität ober Stm- 



fällt, fo Ifiättc offenbar löcnigflen« ein Sld^romato^tifti^er reine 3ntcnjttät«cm:|>ftn* 
bungen. 

Sie ftd^ $e(ml^o(^, Sunbt u. ^. ju btefen QEonfequenjen fteHen, tfi 
ntd^t Kar. Sunbt fd^retbt jeber ©m^finbung 3ntenfUät unb Oualität aU urf|)rüng* 
li^t SBeflanbtl^eite ju, toon bcnen jtci^ nid^t ab jhral^iren laffe (a. a. D. p. 273). 
3[ud^ nennt er ©d^toarg eine (Sm^finbung, tt>te bieö aud^ ^ttmffol^ (a. a. O. 281) 
audbrücfUd^ t\)nt 

') IV. gjhtt^g. p. 87 ff. 

») 3n (Sad^en ber <Pf^«o^l^i?ftl 1877, p. 124. 



Prüfung bcr @intt)cinbc gcti^ner*« gegen bie ©crmg'fd^c Äritü. 115 

Ijlitübc be^fetben über; xä) !ann ferner bie ßmpfinbuttg be^ reinen 
SBeig nur burc^ eine 3wfammenfe^ung öon minbeften« jtpei, aber 
ani) üon üief me^r homogenen obiectiüen ??arbenftra]^Ien erjielen, bie 
ber reinften gefattigtften Sarben hingegen nur burd^ einfatii homogene 
©tral^Ien- SWag man nun bie 8i(^tenH)finbungen t)on einem p^qfifc^en 
ober (in ^ering'^ ©inne) c^emifc^en ^roceffe abpngig machen, fo 
(äffen fid^ bod^ üon fo gar nic^t analogen ^ebingungen nid^t analoge 
folgen in bem ©inne üorau^fefeen, »ie e« üon §)ering gefd^ie^t," 

Slüein »enn aud| bie fc^tt)orjmei§e Smpfinbung^rei^e burd| Ur* 
fachen erzeugt »irb, bie benen ber rotfigetben nid|t a^nfic^ finb (toa^ 
toir nic^t »eiter unterfud^en tooöen), fo folgt barau« bod^ nid^t« gegen 
bie Sel^auptung, baß biefe Smpfinbnngöreil^en fetbft einanber analog 
feien. 2Äag man gugeben, bag gleichen öebingungen gleiche SBir^ 
fungen cntfpred^en, ungleichen ungleiche, fo ift bod^ iebenfatt« nid^t rid^tig, 
bag auc^ äl^hlid^eober analoge SBirlungen ftet« äl^nlic^e ober 
analoge Urfadien ^aben müßten, alfo üon ber Unof|nIid|Ieit ber Ur- 
fad^en auf bie Unäl^ntic^Ieit ber SBirlungen gefdtiloffen merben !önnte. 
©0 tt)itt aber S^c^ner fc^Iießen. 

®erfelbe üerbiente gorfdtier f|at nod^ einen jtpeiten Sinmanb 
gegen gering erl^oben, fpeciett gegen beffen ©el^auj)tung, ©c^marj fei 
afö (Smpfinbung ganj eben fo pofitiü tt)ie äBeiß. Sr fagt (p. 126) 
^iegegen, man muffe bei ber SSergleid^ung ber Sinbrüdte ©dtitoarj 
(®rau) unb SBeiß gmeierfei unterfd^eiben , bie finnlic^e §eßig!eit^* 
empfinbung, mld)t üom ©d^tparj jum SBeig continuirlid^ anfteige unb 
ben erregenben Sinflug auf ba« Hllgemeinbemußtfein; bie anjie^enbe 
Äraft auf bie Hufmerffamfeit, metrfie ba« ©c^tparj jtoar nid^t in räum* 
lid^cr ober geitlid^er Kontinuität für fid^, aber in Sontraft mit SBeiß 
aufgefaßt, ^abe, „"Sflaä) erfter Sejiel^ung nimmt, meint i^ec^ner, ba« 
©d^marj in ber ©cala finnüd^er ßmpfinbungen bie un^ jugängfit^e 
niebrigfte ©tufe gegen ba« SBeiß af^ l^öc^fte ©tufe ein, gleid^üiet ob 
mit ober ol^ne Sontraft aufgefaßt, nur baß ber Sontraft bie §ellig== 
leit be« ©(^toarj nod^ erniebrigt, menn fie für fi^ nid^t bie niebrigfie 
©tufe erreid^t ^at; in jtoeiter Segiefiung miegt ba« ©(^»arg burc^ 
feinen ©egenfafe gegen SBeiß fo t)ief al« ba^ 3Beiß burd^ feinen ®e* 
genfa^j gegen ©c^toarj, unb fann infofern ate gleidipofitiü »irlfam 

8* 



116 Prüfung i>on gcd^ncr'« ^Jert^eibigung bcr ^Infi^t, 

auf bic ©ecfc angcfel^cn njerben. ^erittg marfit biefcn Untcrfc^icb nti^t, 
fonbcrn . ; . fc^eint mir ba« jtoeite 3Romcnt mit bcm crftcn ju öcr^ 
mifc^en, inbcm er bem ©c^toarj fdbft eine gfei^ pofitiüe SBirlung auf 
bic ©ecle jufc^reibt, atö bem SBet^. 3Ber aber möd^te bel^aupteti, ba^ 
er \iä) t)om S)unfel ber gefc^Ioffenen Slugen ober bem SSM in ftod* 
flnftere 5Wad^t, njo ber Sontraft »egfattt, t)l^^fifc^ ober t)f^dE|if(l^ ebenfo 
ftar! angeregt finbe, afö öom SSfid in eine gleichförmige $elle. SBenn 
3emanb öon l^ettem Sichte ermübet ift, fud^t er bie 3lugen im Dunfeln 
ober in bämmernbem 2\ä)tt „auöjuru^en", verfangt hingegen na(^ 
„Anregung" burd^ ba^ Sic^t, toenn er lange im ©unfein fteden mußte. 
35a$ finb geläufige Slu^brüd e, bie nic^t baju ftimmen, baß bem ©e^toarj 
an \id) felbft ein gleid^ ^)ofitioer ßl^arafter jufomme at« bem SBeiß, 
9Sor fe^r ftarlem Sichte fc^Iießt man bie 2lugen, »ie man fic^ oor fe^r 
ftarfem ©c^aöe bie Dfjren ju^ältj märe ba« ©c^iparj gfei^ pofitiö 
anregenb ate baö 333eiß, fo fiele man bamit nur au^ einem ^n\)xd 
ber Srregung in ba« anbere." 

2{ßein ^ier möd^te i>o6) bie SSertoec^^fung nic^t auf g^^ring'«, 
fonbcrn auf gcdtincr'« ©cite fein, gering oertocrfifctt in feinen Unter* 
fud^ungen nirgenb^ ben Sinbrud t)on ©c^toarj an unb für fid^ mit 
bem Ontereffe, baß biefe (Smpfinbung, im Sontraft ju SBeig aufgefaßt, 
gewinnt (obfd^on er IV. p. 97 ff. behauptet, baß njir o^ne Sontroft 
fein ctgenttid^eö (Sd)toaxi feigen); aber ged^ner fprid^t, inbem er ber 
Srmübung ober Srl^otung unb ber <)f^(^ifrf|en „Slnrcgung" ober be« 
ÜJJanget^ berfetben gebenft, offenbar nic^t t)on ben Smpfinbungen be^ 
SBeißen unb ©c^toar^en an unb für fic^, fonbcrn üon ben biefdben 
begteitenben ÜWitempfinbungen ,unb affociirten SSorftettungen unb tjon 
ben 8uft^ unb Unluftgefül^fen, toett^c an bie SSorfteöungöppnomene 
gefnü^3ft finb. ÜDcr 83tidt in'^ ^cllc ertoedtt un« mant^ertei 2lffo* 
ciationen, einen SRcid^t^um öon SSorftellungen, ber gefatft; ber 
«lidf in ftodtfinftere SWac^t ^at nic^t biefe äBirfung. 35ie« ^eißt: jener 
„regt an", biefer nirfit. Slnberfcit« erjeugt fc^r ftarfem Sid^t neben ber 
Sic^tempfinbung ÜKitempfinbungen t)on f^merjfid^er Quati* 
tat, toa^ mir ©efü^t ber „Srmübung'' ober Ueberreijung nennen. 
'Der 33tidt in'^ ÜDunfte befreit bat)on, gemährt „Sr^otung''; ä^nli(^ 
mt Slu^ru^en oon geiftiger ober förperlid^er 2lrbeit gemiffe äWitempfin-^ 



totidft 3ntcnfttät unb ©cßigfcit ibcnttficirt, 117 

bungcn unb baran gelnfl<)fte Untuftgefü^Ic aufboren Ifigt, btc mit bcr 
änftrcttgung. ber aÄu^IcIn ober bc^ ®c^irn« »erbunben marcn. 2lü' 
baö barf ntan bei ber Srage, ob ©d^marj aH (Smpfinbung ebettfo 
})ofitit) fei toit SBeig, fo loenig l^ereittjie^en qI« etma beim ©treit um 
ben ßinbrud ber lateinifd^en unb beutfd^en Settern bie SRüdfitiit auf 
bo^, ma« man in i^nen gebrudt gefe^en ^at'). 

gering behalt 9te(i|t. 3Wag man SBei^ unb ©c^ioarj mit ober 
o^ne ßontraft auffaffen ^), fo ift ©c^marj ganj ebenfo pofitio ju nennen 
tt)ie SBeig. 

getaner mac^t enblid^ (p. 125) nod^ ben Sinmurf: SBenn man 
tt)ie gering bie Smt)ftnbung oon ®rau au§ jmei Smpfinbungen, ber 
eine« abfoluten Sei§ unb ber eine« abfoluten ©d^toarj befte^enb ben!e, 



^) ®cm Umftanbc, bag (Sd^toarg gegenüber SSeig ben 3Jiitem^finbun* 
gen unb ben biefe begleiten ben ©efül^Icn natif tt)ie eine (Svl^olung er« 
fd^eint, ^at gering übrigen« in feiner Stl^eorie öon ber ©ntfiel^ung ber beiben @in« 
brüdfe 9ied&nung getragen, inbent er ber ©m^finbung beö ©t^njargen einen Slffi* 
milimngö*, ber beö SBeigen einen 2)iffimiIirungö^roceg in ber ©el^fubftang ent* 
f)>red^en lagt. 

*) 2)arum ttjeil toir, »ie ©ering (a. a. D.) nad^gemiefcn l^at, ol^ne allen 
(Sontrafi genau genommen nie ben (Sinbrucf eine« eigentlid^en @c^n)arg crl^alten, 
fann man bod^ nit^t ettoa fagen, bie „angicl^enbe Äraft auf bie Slufmerffamfeit", ttjeld^e 
al[o ba« @d^tt)arj flete burd^ ben (SontraP üben muffe, fei ber ganje |)orttit)c (Sin* 
brudt, ben e« un« ma6)t. 3enc SBirlung auf bie 3tufmerlfamfeit, tueld^e ©d^marg 
neben ober nad^ Söeig f)at, ift ein gatt ber allgemeinen Xl^atfad^e, bag überl^au^t 
ber SBcd^fel (bie geitlid^e ober roumtid^e (Sontoure) bie Söead^tung auf fid^ jiel^t. 
Mtxn ftenn @titte mit ©eräufd^ »ed^fclt, toirb jte barum nid^t in ber SBeifc 
^oftti» »te ©d^toarj neben Söeig. (5e ttjol^nt eben bem S)unfel an unb für fid^ 
eine ^ojttiöe Dualität bei; bie (Stiße bagegen ift eine bloge S^iegation, toie bie 
©renje be« ©eftd^töfelbee. ^gl. baju ba« im Xtict golgenbe unb ©elml^ol^ p. 281. 

2)ie öon gering Uffanptttt Stl^atfad^e, bie man, angcftd^l« ber ungtoeibeu* 
tigen Belege, bie er bafür vorbringt, nid^t mit ged^ncr (p. 127) al« „^arabojie" 
ablcl^nen fann, i|t aber not^ fofern intcrcffant, M barauö flar löirb, bag bie 
©d^tt5arjem:|)finbung fo gut tt)ic bie Sßcigem^finbung cigentlid^ nur unter* bcr (5in= 
toirfung beö äugeren Sid^treije« gu @tanbe lommt, bIo8 mit bem Untcrfd^ieb, bag 
fid^ Seig unter bembirecten, ©d^tuarj unter bem inbirecten ?it^teinflug ent* 
njidfelt; ber le^jterc l^at beim (Sontrafte ^att (^gL gering a. a. D.) 3e^t 
mug alfo, felbft löer auf bie äugeren Urfad;en fd^aut, ©d^toarj fo gut toie Sßeig 
a(8 ^optito. bejctd^nen. 



118 ©ntfd^cibung für gering gegen gcc^ner. 

bie je ttac^ bcr Hbftufung be^ ®rau in ücrfc^icbcnem SScrl^ättniffc baju 
gufammcntrctcn, fo taffe firf) biefc Sluffaffung nic^t auf anbere ©trnie^* 
gebiete fibertragen. „S5enn, bemerlt er, mer möchte g. 33. bie öer^ 
fc^iebenen ©tärlen einer ©c^attempfinbung afö ajiifc^ungen au^ ber 
abfoluten ©tiße unb einer abfotut ftärfften ©(^aöem^)finbung repra^ 
fentiren?" 

©emiß möchten njir ha^ niiji; aber barum, »eil ba^ ©tiüe^ 
Igoren burc^au« !ein Slnalogon be« ©c^toargentpfinben« ift. 35te ©d^toarj* 
empfinbung ift eben nic^t blo« baö Semugtfein eine^ SKangetö ber 
8i^tenH)finbung , ift nid^t auf gleid^e Sinie ju ftellen mit ber SBeife 
et»a, »ie tt)ir bieSrengen beö ©efi^t^fefbe^ fe^en. ÜDiefem „©el^en" 
aber ift baö „§ören" ber ©tttte entf^3red^enb. 

©0 bleibt benn, »ie mir fc^eint, gering'« Sintoanb gegen bie 
biö^erige SBluffaffung üon 3ntenfitfit unb ^elligfeit burc^auö unerfd^üt* 
tert. äBenn man bie 3lenberung t)on ®rau nac^ SSßeig »ad^fenbe 3n^ 
tenfität nennt, muß man gerabe fo gut auci^ bie Slenberung nac^ 
©c^marj fo auffaffen unb ebenfo bie Uebergange jtoifc^en 9tot^ unb 
®etb u. f. U). burt^ baö unterf^ieblic^e SSer^Itniß jn)eier 3ntenfitäten, 
ber 3n tenfität beö SRotl^ unb be« ®elb, ju ©taube !ommenb beuten. 

II. Siic^t ganj lann ic^ bagegen ber Seigre beipflid^ten, bie er nun 
felbft an bie ©teile ber bi^l^erigen fefet. Sr meint, menn id^ red^t 
üerftefie, fo: 

1. 35er t)erf(f|iebene ®rab ber §eßigfeit, maö man bi^^er bie Sn- 
tenfität ber ®efi^töempfinbungen genannt ^at, ift nid^tö anbere^ al« 
ba^ ajiaß ber Steinl^eit ober 35eutti(^feit , toomit bie einfachen Qua* 
litaten SBeiß unb ©c^tparj in einem Smpflnbung^gemifc^ (unb folc^c 
finb alle un« öorlommenben Srfd^einungen) l^eröortreten *). ®ci ben 



*) 3n Segug auf bie Beigemifd^te farbige @m|)finbung (^fJotl^, ®cI6 2C.) l^at 
man c8 anä) Sättigung bcr Ic^teren genannt. @« möchte bcr tlar^eit gum 
55ort^eU gercic^eu, tucnn man btefcn febr cinfcttig locrmcnbetcn 5lu8brucf ganj 
fallen fiefc. gering fd^Iägt i>ox, bie Uebergönge jtoifd^cn einer tbeaC reinen garbc 
einerfeitö unb einem beliebigen (Stiebe ber fd^Äarjmeißen @m:|)ftnbungerei^e an^ 
berfeitö bie iWäancen ber garbe, bie Uebergange gtuifd^en ber einen unb anbe* 
ren ibealen garbe (j. SB. gtoifd^en $Äot^ unb @elb, ©etb unb ®rün) garben^ 
töne gu nennen. 



Prüfung ber neuen 2:^eone ^ertng'd Ober 3ntenfUat nnb $e%feit 119 

etnfad^en (Smpfinbungen diotf^, ®xun, ®tlh,SSlan, tocm 
fie Dorfamen, f&nben bie Flamen |)e(( unb Dnnfel feine 

äntoenbnng')- 

2. Da ber 9{ame ^tUxitüt bemnad^ offenbar bie Cnafitat 
einer gentifc^ten Smpfinbnng bejeic^et, f^at man bi^er, inbem man bie 
oerfc^iebene ^Qigfeit 3nten{itdt nannte, biefen ißamen qnoIitattMt 
Unterfc^ieben gegeben. 3ßan fann aud^ fagen, er ^abe ein Ser^fittnig ein^ 
fad^er 6nt))finbnngen (Sktg nnb ©c^mar)) )u ber fte ent^oltenben 
SJhfc^ung bejei(^et. 9bgefe^en oon biefem 9Ser^a(tnig f^at ber fßome 
feinen ©imt. (Sine 3ntenfitat, bie ieber, }nfammengefe|ten 
tote einfad^en, Sic^tempfinbnng jnffime, gibt ed nidft*). 

!Dementgegen vm% man, fc^t mir, boc^ 

bei jeber Srfc^einnng bed ®eft(^djtnned eine 3ntenfttSt, in 
analogem <Sinne mie bei jeber ZonoorfteQung ein 8ant nnb Seife, 
nnb an^ beim ibealen 9tot^, @rnn, @e(b, 9(an einen Untere 
fc^ieb ber ^edigfeit anerlennen. 

äBir bleiben beim einen nnb anberen ^nnfte befonberd fielen« 

1. ^ttt nic^t iebe Si(^teni))ftnbnng eine ©tSrfe, in ber i^re 
eigent^fimlic^ Cnalitat auftritt, fo bilbete Med eine SCndna^me oon 
bem, mad anf alten anberen Simteegebieten ber ^aü ift^). S(^on 
bad mn§ bie Snna^me in ettoad bebenflic^ erfd^en (äffen; »enig« 
ftend gur forgfSitigften Prüfung anfforbem. Se^en n)tr a(fo naiver ya. 
gering §at eingetoenbet : 

„SBemt ben einzelnen ©tnfen ber fc^marjmeigen ßnqninbnngd^ 
rei^e eine dntenfitat im je^t fib(i(^ @inne bed Sßorted jugefc^eben 
koerben tonnte, fo mnnte ed bentbar fein, bag biefe OntenfttSt ftd| 
anberte ; bemt anbemf alte ^atte bie Sntoenbung bed Segriffed ber dn^ 
tenfttat ^ier feinen Sinn. Sie aber fod fid^ }. 9. ein beftimmte« 
@rau feiner dntenfttat noc^ anbem? (Sine SCenbemng ift, abgefe^en 
oon einer Seimifd^nng onberer Farben, nnr bentbar bnrd| ein bent« 



*) »gL VL SKitt^eü. p. 175 ff. 

») «gL IV, 3Ritt^eiI. p. 90 unb VL p. 179. 

^ lud^ getaner M (p- 125) auf biefe 3nc0Utenien) t^ingeniefen. dt ifk 
ahtt fretlid^ felBß inconfequent, inbem er bie Si^tvai^enM^finbung aid ftegoticn 
fagt, i^r alfo offenbat feine 3ntenfttät ^eflel^en fonn. 



120 @« ift 0^9^ gering aufredet gu crl^alten, 

(id^ered $ert)ortreten bed in il^m entl^altenen ©d^mat} ober föetg ; ba- 
burc^ aber »ürbc ba« gegebene ®rau in ein anbcre« ®rau bertoan* 
bett, »eld^e« in ber fd^toargiDei^en (gnqjflnbung^rei^e- toeiter nac^ bem 
SBei§ ober mä) bem ©d^toarj l^in liegt" ^). 

ajian muß bem gegenüber jngeben, ba§ »enn ®rau eine Sn-^ 
tenfität l^at (toie jeber !£on eine ©tärfe, nnb ba« öerfte^t tool^I gering 
nnter bem „ie^t übtid^en @inn be« äBorte«"), fie fid^ mnß finbern 
lönnen. ÜDenn e« ift nnbenibar, bajs aüe ®efid^t^em<)finbungen ftetö 
biefelbe 3ntenfität l^ätten, bei aller SSerfc^ieben^eit ifirer pl^^fiologift^en 
nnb <)^^fifatifd^en SBebingnngen. 3(^ gefteje and^ jn, ba^ ein beftimm* 
M ®rau nid^t geller ober bnnKer »erben fann; benn baburt^ »flrbe 
e« eben ein anbere^ ®rau. 

äüein qnalitatio baöfelbe ®ron fann un^ ftfirler 
ober fd^toSd^er gegenioartig fein nnb bad nenne id^ eine 
S(enbernng ber 3ntenfitfit 

SBaö bamit gemeint ift, toirb oießeic^t am beften Kar, »enn 
idd anf bie ^ßl^antafie* ober Srinnernng^oorfteßnngen ^inioeife. ®ie 
Srinnernng^oorftettnngen unterfc^eiben fic^ in ber Sieget burc^ il^re 
geringere Sntcnfität oon ben (Sm<)finbnngen. (Sine beftimmte 
Sorbe, j. 33. bie eine^ 35eifd^enö, bie mir irgenbeinmalin einer Smt)fin* 
bnng^oorftellnng gegenwärtig mar, fann id^ mir and^ pl^antafiren*). 

') IV. mttf^exl p. 90. 

*) 3)a6 mx in ber (Erinnerung nie eigcntUd^ bie Oualität öiotett, grün 
ob. bgl. toorfleflten, fonbem, toie man begüglid^ be9 aUgemeinen begriff 9 gefagt 
f^at, nur ben Sflamtn, unb er jene ^orftettung ^oflulire, totläft^ $ofiu(at aber nid^t 
erfüllt toerbe, f}at meinet Siffend nie 3emanb be^au|)tet. (S9 tDäre aud^ l^ier burd^ 
bie einfod^e S3cmer!ung »iberlegt, ha^ tocrfd^iebenc Sflamtn ^crfd^icbcnc« ^ofhiliren 
unb n>ir biefen Unterfd^ieb nid^t beulen fi^nnen, o^ne ba9 ttorsufietten, tva^ ^ofhtlirt 
n>irb. ÜRand^maK gefd^ie^t t9 aUerbing^, bag tt>ir einen 'Slamm braud^en, ol^ne 
eigentUd^ on feinen @inn gu beulen. Jlttein ein fold^er ®ebraud& ber @^rad^e 
räd^t ftd^ fofort burd^ ungenaue^ unb unrid^tiged Urt^eil^ ba^ bie golge ifl, unb 
man mad^t ben @d^aben nur gut burd^ eifrige« 3(uffrifd^cn be« jebem Stamen ent* 
f^ret^cnbcn ^orjtettungSinl^alte«. S^hir auf bem Bcfd^ränlten ®ebiete ber Saf^ttti^ 
tjorfiettungen l^at man auf ®runb einfad^er 3^1^a(te, bie eigentlid^ au«gebad^t 
»erben, SfJcgeln für bie Operationen mit ben S^^^^ au^gebilbet, burd^ bcren 
©efolgung man ©rlenntniffe aud^ über fold^e Orößen gewinnen fann, hxt man 
nicmal« in ftd^ felbft toorflcttt, mcil e« ungemein fd&wierig ober ganj unmiJglid^ ift. 



baß jcber ©cftd^töem^finbung eine Sntcnfttät jufommt. 121 

®ic ^l^antafieöorftcllung ift [tarier ober . fd^tpatiier, tcbenbiger ober 
matter, aber in ber SKel^rgal^I ber gätte loentger fcbenbig atö bte 
(Sittpftttbung^. ÜDod^ gefd^ie^t e« gutoeilen, unb ba« ift für utt^ ^ier 
befonber« belel^rcnb, ba^ il)re 3ntenfität (im lieber, SBa^nfinn u- bgt.) 
»äd^ft, bi« fie bie ®retije erreicht unb flberfteigt, über toeld^er bte 
(Smt)finbung5ft5rlen fid^ betoegen. häufiger ift ber ebenfo le^rret^e 
umgele^rte gaß, ia^ eine Srinnerung^oorfteßung t)on einem ©tärfe* 
grab, ber an ben ber (Sm<)finbung grenjte, ganj aßmfifig auf tiefere 
Stufen ber 3ntenfit5t ^erabfinlt STn iebe Smpfinbung fc^tiejst fi(f| ja, 
toie früher (p. 44) getegentlici^ ertool^nt mürbe ^), unmittelbar ein 
^^antafiebilb an, toelc^e« ba« gmpfunbene ate jüngft ober früher unb 
frfll^er »ergangen, aber augleidi ft^mat^er unb fd^mäd^er erfd^einen 
tagt, um nad^ fürgerem ober längerem ©eftanbe gang gu erlofd^en. 

3^n bem Sinne nun, »ie fic^ oft quatitatio gleiche ^^antafiebitber 
unter fid^ unb oon einer gmpfinbung berfetben Qualität unterjc^eiben, 
tonnen auc^ gleid^artige Snnjfinbungen i. SS. bie eine^ quatitatio gleid^en 
®rau, nod^ oerfc^ieben fein, unb ba« aWoment, morin ber Unterfd^ieb 
tourgelt, nenne id| il^re 3ntenfitat ©ei S^onempflnbungen , ®erurf|«^ 
emt)finbungen u. f* », ift e« aßgemein anerlannt. S« befte^t aud^ 
bei benen be^ ©efid^te«. 

3a e« läßt fic^ au(^ l^ier fo toenig ignoriren, bag gering felbft 
im Verlaufe feiner angeführten Unterfud^ungen eö, na^ Slßem, ma« 
id^ fel^e, mieber^olt anerlennt, nur ol^ne e« 3ntenfit5t ju nennen. 



*) 3(rijlotele« l^at fie borum eine „abgefd^toät^te @m:|)finbung" genannt. 
SJl^etor. I, 11, p. 1370, a. 28. De insomn. 3, p. 460, b. 32. 2)ie garbenqua* 
fttät toirb in analoger Sßetfe toeniger lebenbig ^l^antajirt, toie aud^ ein 2^on (g. 8. 
ein Äanoncnbonner) in ber (Erinnerung löeniger flarl (leifer) erfti^cint. Sftux in 
golgc frül^crcr (Srfal^rungen über bicfc 3lbfd^tt>äd^ung ber 3ntenjttät beö (Sm^fun* 
benen in ber (Erinnerung gcfd^iel^t e« ja, bag löir ben in ber (Erinnerung öor* 
gesellten (eifen 2^on toieber für Äanonenbonner nel^nten, alfo bei unferer ^e* 
urtl^cilung bcöfelBen ben Unterfd^ieb ber ©täric gegen frül^er eliminiren. Sßir 
toerfal^ren babci analog toie tocnn toir auf ®runb frül^erer (Srfal^rungcn bte ©röge 
be« entfernten S3aume8 bcrjenigen be« naiven glcid^fd^ä^jen. ^on biefcr Urt^eits* 
getoöl^nung f^rad^en »ir frül^er p. 42, Stnm. 1. SJgl. aud^ p. 41. 

') Bgt. aud^ ?3rentano, «ßf^d^ologie I., p. 177. 



122 ^Inerfennung beö toal^xtn ^atifüttf^alU bei gering 

Sr fpridit (VI. SWitt^eUung, p. 177) baöon, bog eine farbige 
(Smpfinbung i^rc 9tctn^eit baburd) minbern fonne, bag bic il^r btU 
gcmtft^tc fditoarjttjetgc Smpfinbung, o^ne babei il^rc §cttigfcit (SÖeiß^ 
lx6)Uit ober ©(^to5ra(icf)feit) ju anbern, ftärfer fieröortritt; tritt biefe 
nte^r gurüct, fo me^rc fid) bainxä) bie Steinzeit ober Sättigung ber 
i^arbe. Diefe^ ftarfcre ober ft^toüiJ^ere ^eröortreten ber ft^ioargtoeigen 
(Smpfinbung neben ber farbigen tft eine gofge ber ^n^ ober Slbnal^me 
ber 3ntenfität ber einen ober anberen. Slucf) ein 2^on tritt (unter fonft 
gleichen Umftänben) me^r neben anberen ^eröor (retattüer Ontenfität^* 
juttjad)^) ober gurüd (retatiöe Slbna^me), je nadibem feine abfofute 3n== 
tenfität größer ober geringer, je nadibem er tauter ober feifer ift. !ßiefetbe 
i^otge tritt natürücfi aud^ ein, loenn, »äl^renb er fid^ gteit^ bleibt, bie 
anberen, neben loetdien er in Setrod^t fommt, i^re Ontenfität tocdifetn. 

5Wocf| beuttidier erfennt gering, toa« ttjir »otten, in ber 5* SKit- 
tl)eüung (p. 193) an. ,,Die abfotute ®r5ge eine« gegebenen pf^o-^ 
p^^fifd^en ^roceffe«, l^eigt e« bort, beftimmt ba« ©ettjid^t ber ent= 
fpredienben Smpfinbung. Siegen einer ßmpfinbung, loie g. ®. bem 
®rau, jioei gteid^jeitige pf^d^opl^^fifdie ^roceffe üerfd^iebener Qualität 
ju Orunbe, fo gibt bie ©umme ber ®rögen beiber ^roceffe ba« 
©eloid^t ber refuftirenben ober ÜBifd^empfinbung. !Die 
2)cuttid^!eit, mit toetdfter in einer fotd^en iufammengefefeten (Srnpfin-' 
bung jebe einjetne retatiö einfädle (Smpfinbung ^erüortritt, ^ängt ab 
üon bem 3Serl^ättniffe, in wetd^em il^r eigene« ©eioid^t jum ©efammt* 
gen)idf)te ber refuttirenben ober jufammengefefeten (Smpfinbung fte^t." 
!Ca« loa« l^ier ©eioit^t ^eigt unb toa« gering bem Smpfinbung«* 
gemifdfi fo gut ttjie ben Somponenten jufd^reibt, ift nicfit« 2lnbere« at« 
loa« loir 3ntenfität nennen, ba«3lnatogon ber Jonftärfe^. 3cf| möd^te 



*) (S@ iß eine @igent^ütn(id^!eit be@ (Seftci^tdftnnef, bag, tütxi er aud^ beim 
BIoö inbirecten Sid^tcinpug, ja o^ne jebe Sintoirfung eines önßeren Sleijee, (Sm* 
ppnbungen f)at, bie 3ntenfuät ber gcmifd^ten (Srfti^einnng, bie er in jebem Singen* 
bUdC erfäl^rt, nid^t in fo anffättiger Söeife »ie j. SB. bei ben Älängen »ed^felt. 2)ic 
3[ntenfilät«änbernng bewegt fid^ in engeren ©renjen unb »irb 
barnm »eniger leidet bemerft. 

Wogegen tjl e8 nid^t ol^ne Slnalogie, baß ^ier 3ntenfttät8änberungen (ein-- 
fad^er @mpflnbungen) für qualitatit)e (im ®emifd^) genommen tt?erben. 2)a« gc* 



unb Bei SJertl^eibigem ber alten 5lnftc]^t 123 

r 

i^m aber bcn Slamen 3ntenfit5t »a^rcn, ttjtc fc^r er ani) auf bem 
©ebiete be^ ©cfid^t^jtnneö mi^raut^t worbcn ift, »eil cö bie Slnalogie 
ju anbercn ©inne^gebieten empfiehlt. Dort ift er einbeutig unb flar. 
Sr mu§ e« anö) in ber äntoenbung auf bie ijarbencrfd^einungen ttjerben* 

S)iefe^ SÄomcnt l^atten aud^ aSert^eibiger ber alten Slnfic^t ^in 
unb ttjieber öor Singen, inbem fie öon 3ntenfität fprat^en» ©o ^e(m^ 
§oIt toenn er (?^^fiot. Dpti! p. 289, ügL auc^ 282) fagt, alle aSer- 
f(^iebenartigfeit beö Sid^tetnbruct^ fönne äfö bie (Function breier un* 
abhängig öeränbertidicr Orögen betracf^tet »erben, nämlicfi 1. ber 
Sit^tftfirfe, 2. be« tjarbenton« unb 3. ber Sättigung, unb öJ^ntic^ 
SBunbt, »enn er (a. a. O. p. 392) fagt, bie 3ntenfitat ber Qi6)U 
empftnbung bürfe innerl^atb gewiffer ©renjen afö ein öon J^arbenton 
unb (Sättigung unabl^ängiger ^eftanbt^eil angefe^en »erben, ba eine 
nad^ garbe unb ©ättigung^grab bcftimntte (ämpfinbung öerfti^iebene 
®rabe ber ©tärfe befifeen fonne. (SSgl. oud) ©ragmonn, a. a. £>. 
p. 880 3Kit ber Sättigung ift bie »ecfifeinbe §ettigfeit (53eimi{d)ung 
öon 2Bci§ unb ©dimarj) beftimntt Die 3ntenfität, bie fid^ unabfiängig 
baöon änbern fott, !ann fomit nur etma^ öon jener aSerfc^iebene«, 
ein Slnatogon beffen fein, toa^ »ir auf bem ®ebiet be« Jone^ ba^ 
taut ober leife nennen. 

2Benn man alfo jebcr JJorbe auger einem beftimmten ©ät^ 
tigungögrab (b. i. ber SBcigtid^feit ober ©(^»ärjtic^feit) nod^ einen 
beftimmten Ontenfitätögrab jufc^rieb, »ar bie^ nid^t, toie |)e^ 
ring meint (IV., p. 91), btoge Tautologie, fonbern eine unKare 2ln* 
erfennung beö »a^ren ©adiöerl^atte«, bag öntenfität nid^t mit f)ettig^ 
feit jufammenfättt, fonbern fetten »ie bunften Srfd^einungen in gleie^ 
fe^r öerfdiiebenen ®raben jufommen lann*). 



fd^iel^t auä} bei Älangmifd^ungen (bcfonberö beutlid^, toerat »irftid^ bie Älangfarbc 
auö ber t)erf(i^iebcnen 3^^^^ uno @tärfc ber Dbertöne refultirt) unb gemifd^ten 
®erud^8= unb ©efd^madöcm^finbungcn, 

') gcd^ner gibt (3n ©ad^cn ber ^fJ?c^o^]^J?ftf p. 133) in cttoaö anbcrer 
Seife, ober oud^ nxdft unbcutUd^, für unö Seugnig, inbcm er bcfennt: „SBenn 
f(3^on man bcn 3ntenfität«unterfd^ieb ber (5nt|)flnbungcn t)on ©d^'warj unb Sciß 
mtift burd^ einen qualitativen für eliminirt galten !ann, »irb bod^ nid^t ^u leugnen 
fein, baß ©d^warj unb Söeig bei il^rem Sntenfitätöunterfd^icbe ftd^ aud^ quatitatit) 



124 Prüfung bcr feiere gering'«, 

2. SBtr fommcn jum gttjeiten "ißunfte unferer Erörterung; jur 
t^rage mä) bcm Segriff ber ^ettigfeit. 

Oft ift, ttjaö man ^eßtgfeit nennt, nicf)t« Slnbere« afö 3Bei^* 
üäfitxt, beigemifd^te« SBeig unb bejeidinet ebenfo !Cunfet^ett nid^t^ afö 
Scimifd^ung öon ©d^warj ju anberen (Smpftnbungen. ©o tft §)eügctb 
meipt^cö, 2)unfetgetb ft^toarjtit^eö ®e(b u. f. to. S)a« i)at gering 
fe^r Kar barget^an (IV, unb VI.). iWad^ i^m märe bteö aber ber 
ganje ©tun öon S)unfct unb ^ett, unb mir toid bagegcn fd^einen, ba§ 
au(^ t)on ben reinen fjarben bie einen atö l^etler, bie an* 
bern al^ bunfter bejeid^net werben muffen. Dbfd^on jugeftanben 
werben mag, bag wir nie reine ijötben feigen, fonbern bto« Slnnä^erun- 
gen an fie, ift, glaube id^, bod^ aud^ bei biefen fd^on ju erfennen, baß 
cö j. SS, im SBefen be« ®etben liegt, bem SSJeig üerwanbter gu fein 
al^^oü), ®rün unb Stau; im S35efen be^ Stau, bemSd^warg na^er 
JU ftel^en atö aüe anberen ©runbfarben. 

^Dagegen wirb t)on gering (VL, p. 175) eingewenbet, Smpfin^ 
bungcn, bie gar nid^t^ ©emeinfame^ l^ätten, wären an 
fid^ incommenfurabet; gwei abfotut reine ©runbempfinbungen 
aber würben, abgefe^en öon i^ren geittit^en unb räumtid^en ©gen^' 
fd^aften wirftid) nid^t^ ©emeinfame« l)aben, unb fo fei eö eine togifi^e 
S^ot^wenbigfeit, bag fie f einerlei befonbere SSerwanbtfd^aft mel^r unter 
einanber geigen fönnen, g. SS, ba^ reine diotf) bem reinen S35eig ober 
©diwarj fo wenig ai^ bem reinen Stau ä^ntid^ fei u. f. w. 

5Dem gegenüber meine id^, bag ber ©afe : ^mi 5E)inge, bie nirfitö 
©emeinfame^ ^aben, finb incommenfurabet ober bieten feinen Stnl^att^* 
punft gur SSergteid^ung — in gewiff em ©inne ol^ne 3^^if ^t rid^tig ift. 
3ebe atetation fe|jt ein Sunbament, bie Slel^ntid^feit ober 3Serwanbt^ 
fd^aft gweier ©egenftänbe einen beftimmtcn Onl^att öorauö, ber beiben 
gemein ift Sltlein biefeö 3Äoment brautet nid^t immer ein 
in SBirftid^feit ober in concreter SSorftettung abtö^bare^ 



toer^d^icbcn für bie (Sm^ftnbung in einer SBetfc barfteßcn, »otoon ba§ ©cBiet ber 
©cl^bre*, Oejd^matf««, ®eh)i(3^t8cm^finbnngen nickte analoge« jeigt." SBenn Scig 
unb ©d^ioarj fiti^ qualitativ unb ber @tär!e nati^ unterfd^ctbcn, ioaS fann 
bann bcr Ctualität«unterjd^ieb anbcre6 fein al8 bie ©elligfeit unb S)un!cllSfeit, bie 
bann atfo m6)t mit beut 3ntenittät«grab pfammenf alten? 



baß bic reinen garben toeber l^ett nod^ bunfcl feien, 125 

,ju fein. SBäre bic^ not^ig, bann atterbing^ lonnte ba« reine @elb 
bem SBei§ niijt öertoanbter fein aU ba^ Säian; benn e« tagt \iä) 
fein beiben genieinfamer önl^aft öon il^nen abtöfen, ol^ne bag fie 
gSnjfic^ gerftört toürben. 5lber aud^ jtoei SCöne öon t)erf(3^iebener §o^e, 
fftangfarbe nnb 3ntenfitat l^aben fidler fein ablösbare« SSorfteünng^* 
Clement gemein, unb ho6) [teilen fie fi(^ nä^er ate ein 2^on einer J^arbe. 
Sorfe meinte fagen gn muffen, fie xo&xm fi(^ in nit^t^ a^nlid^ aU 
barin, ba§ beibe hmi)'^ Dl^r nnb ebenfo gtoei üerft^iebene Sarben in 
nic^t^, af«ba§ beibe bnrcfi'^ äuge entpfunben »erben \\ Slber bie un^ 
mittelbare (Srfa^rung fprid^t beuttii^ bagegen unb l^eute ftimrat i^m 
mi)l 9^iemanb mel^r bei. 3n altem wa« Jon ^eigt, finbet ficfi ein 
gemeinfame« (Stement, mläft^ aber bto^ burd^ 5lbftraction öon aüem 
Uebrigen gu trennen ift, ipa« bie 5Eone enttoeber unterfdieibet ober ein* 
anber nod^ nä^er bringt. Sbenfo finb aße Quatitaten be« ®efi(^t«* 
finne« einanber innerlid^ öeripanbt. Slber ba geigt bie Srfal^rung nod^ 
tpeiter^in, bafi öon ben rein unb unöermifd^t gebadeten Orunb* 
quatitaten: SBeig, ®e(b, dioü), ®rün, Stau, ©df^toarg, mand^e eine 
befonbere aSertoanbtft^aft unter fid^ geigen, bie nic^t ipeggubenfen ift, 
ol^ne bag fie mit üerft^minben. S6) finbe, mie fd^on gefagt, ia^ e^ 
gum S33efen beö ®e(b gehört unb barum nid^t öon il^m toeggebad^t 
werben fann, baß e^ bem S35eig na^e fte^e, me^r aU e« g. 33. t)on 
Stau, ja üon alten anberen ®runbfarben gilt. Stau ift feinerfeit^ 
am meiften bem ©d^toarg öermanbt unb ipürbe feinen eigentl^üm* 
tid^enS^arafter einbüßen, »enn bie« i^m genommen würbe. 5ßennt 
man ba« reine ffieiß bie ibeafe ^ettigfeit, ba« reine ©c^warg bie 
ibeatc Dunfet^eit, fo muß man bemgemäß unter ben reinen gerben 
®elb al« bie ^ettfte, »tau al« bie bunfetfte, SRot^ unb ®rün al^ 
Quatitaten öon mittterer |)ettigfeit begeit^nen. 

S« gereid^t mir, inbem id^ bie« btt)auptt, gur Seru^igung, babei 
einen fo gefdiictten Seobat^ter unb gerabe für bie ße^re öon ben Sid^t* 
empfinbungen fo too^t öerbienten Sorf^er , wie gering , bocf| nid^t fo 
entf^ieben gum ®egner gu ^aben, at« e« nad^ mand^en ©telten feiner 
9)?itt^eitungen ft^einen fonnte. ©eftü^t barauf, baß na^ il^m (VI., 



') Essay concern. Humaiv Understanding, B. III., Chap. 4, sect. 16. 



126 ^w^ ^ic reinen garben ftnb mc^r bem 2öci§ 

p. 176) bie abfotut reinen ^axhtn nt^t« mit 335et§ gemein ^aben, 
aU tttoa, bag aße miteinanber feine ©pur öon ©(J^toarj entl^aften, 
xoa^ aber aud^ öon ffl§ unb fauer gelte, mügte er, fd^eint e«, 
bie äntoenbung be« 335orte« §eQigfett auf biefetben furjtoeg aU un* 
jutfifftg bejetd^nen, @r räumt aber g(eicf|tt)o^t ein, baß man alle 
©efid^töempfinbungen , mit Sluönal^me be« abfotuten ©d^toarj, me^t 
ober minber l^eö unb ebenfo aße mit Slu^nal^me be« SBeig me^r ober 
mtnber bunfet nennen fönne. ©ie abfotute reine ijarbe fei bann in 
Sejug auf ^eßtgfeit unb (Dunfetl^eit gtetditDertl^ig mit bem neutraten 
ober mittleren ®rau, nämti^ gteid^ ^eß xok bunfet. ?Jrei(i^ fe^t er 
fogteid^ l^inju, bie reine ^arbe fei be^l^atb gtei^ ^eß toie bunfet, »eil 
fie öom SÖeiß fo toenig enthalte »ie üom ©d^ttjarj, nämtidi gar 
nid^t«, »äfirenb ba« neutrale ®rau be^^atb gleich ^eß xok bunfet fei, 
»eit e« gteic^ öiet SBeig »ie ©(^warj entl^atte. Slßein bei ber rfll^m^^ 
tid^en Sjactl^eit, bie, toie bie t^orfd^ungen , fo au(^ bie Darfteßung 
gering'« überaß auöjei^net, fann xd) eben nid^t gtauben, ia^ er ernft- 
tid^ ertauben looße, ettoa« eine ,,(Smpftnbung oon gtcid^groger ^efligfeit 
n)ie Dunfetl^eit" ober ,,glei(^tt)ertl^ig mit bem mittten ®rau" ober 
„toon mittter .^eßigfeit unb Dunfetl^eit" ju nennen, loeit il^m in SBal^r^^ 
l^eit Weber bie eine nod^ bie anbere (Sigenf^aft jufommt, fo wenig wie 
etma ben ®ef(^madt«empfinbungen. ®ett)ig miß er, bag man t)on $eß 
unb 5Dunfet flberl^aupt nur ba fpret^e, m eine pofitiöe 35 e r- 
wanbtfd^aft mit SBeiß ober ©^»arj in irgenb einem mittleren 
ober anberen ®rabe üor^anben ift, unb bag er jene ©egeid^nungen 
überhaupt auf bie reinen Farben anjuioenben geftattet, fd^eint mir 
bafür ju fpred^en, ba§ aud^ il^m bie SBa^rnel^mung fid^ aufbringen 
woßte, bag ®etb, 9Jot^ u. f. tt). io6) an unb ffir fi(^ ettoa« öon einer 
wal^r^aften Sle^ntid^feit mit SBeig unb ©d^ttjarg befifeen. ©inb wir 
aber einmal fo weit, bann wirb fid^ aud^ weiter nit^t woljt in 2lb^ 
rebe fteßen taffen, bag aud^ oon ben reinen iJarben nit^t aße gleich 
l^eß wie bunfet finb, fonbern eine bem 335eig, bie anbere bem 
©d^wara «ä^^r P^^t. 

gaffen wir ba^ (Srgebnig unferer Setrad^tung jufammen, fo ift 
banad^: 



ober <Bd}tt>axi öcrtoanbt b. i. I^cttcr ober bunfkr. 127 

^ettigfcit ottgcmein afö äJerwanbtfd^aft mit SBeig , ÜDunfct^ctt 
ofö SScriDanbtfcfiaft mit ©d^iparg ju beftniren. S^nx qualitottüen SSe- 
ftimmtl^eit jeber ©cfid^t^cmpfinbung gebort e^ öon ^aufe a\x9, mtfjx 
ober iDcnigcr l^eß ober bmifet gu fein. 3)ie §ettigfeit eine^ Sm^jfin* 
bung^gemifd^e^ Pngt öon ber ^eöigfeit bcr (Komponenten ob, atfo 
unter fonft gleiten Umftänben am entft^eibenften oon bem barin ent^ 
^altenen ©d^ioarj unb SBeig. 

Oebe ©eftd^t^empfinbung ^at ebenfo eine getoiffe ©tar!e ober 
Sntenfität, nnb wie bie ©tarle be^ 2:one« unabl^angig öon §o^e nnb 
ttangfarbe, fo fann bie SntenfitSt be^ Sit^teinbructö abfotut genom^ 
Uten nnab^Sngig oon aßen feinen qualitatioen Seftimmungen toet^feln. 

III. ©teßt man fid^ nnn nod^ gnm ®cf|(uffe bie JJrage, wie J^ful^cre 
baju gekommen finb, bie §ettigfeit für bie eigentpmtid^e Ontenfitat 
ber ®efi(^töempflnbungen gu l^aften, fo n)irb man oor Slttem an ba^ 
benfen muffen, tt)a« gering ^eroorfjebt (IV., p. 91) nnb toa^ and) 
bie Queöe fo mand^er anberer Unfiar^eiten unb 3rrtpmer in ber 
?f^cf|o(ogie unb ^^^fiologie be^ Oefid^töfinne^ würbe, an ben Umftanb 
nämtid^, bag bei ber Staffification ber ©efid^t^erfd^einungen biefen ein 
über baö anberemat i^re pl^^fifafifd^en Urfad^en unterfd^oben »orben 
finb. 5Da« fül^rte in unferem ^aüe junä^ft bagu, bie gmpflnbung öon 
©d^ioarj af^ eine btoge Sßegation be§ gierte«, ein 2lna(ogon ber 6m* 
pfinbung ber ©tiöe'), bei ©eite ju fc^ieben, loeil fie nit^t burd^ 
birecte (Sinloirfung objectioen ßic^te^ erjeugt wirb. Sinn l^atte man bto^ 
nod^ Smpfinbungen oon geringerer ober größerer §eüigfeit öor fid^ 
unb fanb, baß ä^nti^ wie ein S^on oon beftimmter §ö^e ftärfer ober 
lauter wirb, wenn bie Stmptitübe ber ßuftweüen gunimmt, jebe ®e* 
fid^t^erfd^einung l^eöer (weigtid^er) wirb, wenn bei gteid^bleibenber 8änge 
bie 2lmpOtübe ber Sletl^erwetten wäc^ft, burdf) bereu birecten @influ§ 
fie entfte^t, unb bunfter (fd^wärjtid^er) wenn jene abnimmt. (5Rad^ f)e* 
ring werben in fotdiem göKc eitle farbigen Smpfinbungen mel^r unb 
mel^r öon ber ftet« beigemifd^ten fd^wargweigen Smpfinbung übertönt.) 



*) @o begcid^net fie au«brüdf(id^ ^re^er a. a. D. p. 11 nnb aud^ gcd^ner, 
toic tDir oben gefeiten ^aben. 



128 ©rünbe ber 5Jertt)e(i^«lung, 

©0 ift c« in etwa« bcgrciflid^, baß man in bcr ^ettiglett ba« 9lna* 
togon ber Jonftarfe gefunben gn ^aben glaubte. — (3Kit ber 5lni* 
pUtübe ber StetJ^ertoeüen ^fingt aud) bte Ontenfitfit ber ©efid^t^entpfin- 
bungen in unserem ©inne jufommen ^). Snfofern fann man ^att 3n* 
tenfitSt ber Sid^tempfinbung au^ toie üßagnu« u. 2l. (ögt. oben p. 8), 
,,SBa]^rne]^mung ber D^cittation^ampfitübe" fagen. T>oä) toäre e«, 
toegen ber bro^enben SSeriped^^tungen, beffer biefen unb ä^ntic^e Stu«- 
brüde ganj falten ju taffen). 

Slttein auger ber aSermengung ber Smpflnbungen mit il^ren pl^^^ 
fifatifd^en Urfat^en mirfte öietteid^t noä) ettoa« Slnbere« barauf l^in, 
ba§ man bie §eßigfeit für bie eigent^mtid^e Ontenfität be« Oefid^t«^ 
finne« na^m. Si) meine bie 9iM\xi)t auf bie fogenannte 5De«tficf|!eit 
be« ©e^enö. 2Baö man {o nennt, l^ängt boöon ab, bag fid^ un« bie 
©egenftanbe burd^ groge (atfo teid^tmerflid^e) quatitatiöe ©ifferengen 
fennttic^ machen, ©teilen fid^ bie Qualitäten ju na^e, fo feigen »ir 
unbeutti^. Slßein biefer fatale 3"Pöii^ ^itt öiet Puflger unb leichter 
in ber Slrt ein, bag unö alle ©egenftänbe gu gtei^mägig bunfel, aU 
ju gteid^formig ^eß gegenübertreten, unb fo l^aben loir un« geioö^nt 
öor 5[ßem ^eltigfeit al« Srforbernig beö beutlid^en ©e* 
^en« JU betrad^ten, SBenn man gemeinhin fagt, biefe Seteut^* 
tung ift fetter aU bie anbere, fo l^at man bobei birect bie beut^ 
liiere Unterfd^etbung ber Sontouren u. f. »♦, loetd^e baburd^ ermog-- 
lid^t wirb, im ©inne. Sßun finbet man aber gugteid^ auf aütn SSor^ 
fteöungögebieten, bag bie intenfiöere SSorfteUung unter fonft 
gleichen Umftänben beutti^ er ift at« bie fd^wac^ere* (Dieteb^of^ 
tere ßrinnerungööorfteüung ift weniger in ©efal^r migbeutet gu werben 
ober gang unbemerft gu bleiben al« bie mattere; bie ^^antafieöor* 
fteüungen finb in^gefammt unbeuttid^er al« bie Smpflnbungen , weil 
fie weniger intenfiö finb, unb unter ben (Smpflnbungen wirb g, Sd, 



2)a« Oenauerc bc« SJcr^ältniffe« gwifd^en bcr (Sncrgic ber 3(etl^ertt)dlcn 
{tüt\6ft ^tlmffol^ burd^ bie bei ber ^Bfor:|)tion entflel^enbe Sännemcngc mißt) 
unb bcr Sntenfttät ber (£m:|)flnbuitg l^arrt attcrbing« nod^ ber Unterfud^ung, Die 
natürlich fel^r fd^wicrig ift namcntüd^ tpcil c« ungemein fd^tDcr ^ölt bie Sntcnptttt 
quatitatito toerjd^iebener (gm:|)finbungen gu toergleiÄen. (S5gL bartiber p. 9.) 



ijon 3ntcnfttät unb ^cttigfcit 129 

ber tetfcrc J^on (unter fonft gleichen Umftfinbcn) leidster öcrfannt al9 
ber lautere. 

UcberaH erfjö^t alfo ba« aBacf)«t^um ber 3ntenfit5t bte grfennt- 
ßd^feit ber ^Pnomene; auf bem ©ebtete be^ @eft(i^t«finne« tt)irb fit 
gugtei^ aud) öon ber june^menben §ettigfeit begflnftigt, öon ber ftei^ 
genben 5E)uu!eI]^ett beeinträdittgt. 3)iefe ©teid^artigfeit ber SBirfung^* 
»eife ntad^te baju geneigt , 3ntenfität unb f)etttg!ett ju tbentificiren. 



Wlatttf, ^atBenftnn. 



IL Jlnßang. 

Iriier |efii|t$nii$ unit $(»d)ttgniig her ftt^t jut $i|Ulitrnn$ 

ooii rfiüti mit lotMea« 



3m aScrfauf unfcrcr Slbl^anbtung über bie Snttotdctung beö 
gorbcnfinne« (p. 90) »urbc crtoäfint, baß §omer im SScrPftnig gu man^ 
6)tm anbcren 3)t(^tcr nidit eben oft bie garbc ber ©egenftänbe naml^aft 
mad^t unb toir fud^ten bafür eine Srftärnng au^ äft^etifd^en ©efetjen. 
Sluc^ anbete, bie nic^t an garbenblinbl^eit beö griet^ifd^en ©fingert 
glauben unb benen jene (Sigent^mtid^feit feiner Darfteüung^weife auf^ 
gefallen ift, ^aben eine fold^c SrflSrung gegeben, aber in anberer SBeifc 
al^ tt)ir nnb barunter finb eminente Sleft^etif er , bereu ^Behauptungen 
in jebem Solle eine 53erüdtfid^tigung beanfprud^en fönnen. 

%. 2^. SSif d^er ^at (Sleft^etif, IIL J^eil, 2. Slbfd^nitt, p. 1192) 
bemerft, obfc^on über §omer'^ SBelt fid^ ber tiefblaue §immel be^ 
©üben« wölbe unb atte^ geben im ^lü^enben ©onnenlid^ gtänjc, fei 
e« boc^ mel^r Umriß* afö J^arbenfreube, toa^ toir bei feinen ©ebilben 
genießen. Unb er gibt al^ ®runb an, baß, »enn alle 3üge ber @r* 
fd^einung, toie fie ber innerlichen ©innlic^feit öorfd^weben, unbeftimmter 
werben, bie^ boc^ öiel mel^r öon ber t^arbe gelte aU öom Umriß. 
,,3)iefer geid^net fid^ beutlidier unb ft^ärfer öor baö 2luge ber @in* 
bilbung^fraft, weil er 8inie ift"^). 3ft bie« allgemein wal^r, bann 
i)attt ^omer, inbem er fid) feiten mit ben ijctrben gu fd^affen mad^t, 



') ^uf bicfen @afe SJtfd^cr^ö beruft ftd^ anöf %. ©d^uficr (in aÄüfeefi'« 
äcttfd^rift 1861, p. 725) um ju crftärcn, tDarum ft(i^ bei $omer tt»enig garBen^ 
Bejcic^nungen ftnbcn. 



Scffing'ö @cfcfe bcr ^octifd^cn 2)arfieaun3, 131 

eine Oruttbregct bc« guten ©efd^mad^ befolgt, nämtid^ nid&t^ fd^itberti 
ju tooßen, toa^ ben 3Äittetn ber ^oefie nic^t anftel^t ^). 

SWod^ weiter ge^t Seffing, gr ttjttt finben, bag §omer „nid^t« 
üU fortfd^reitenbe ^anblungen unb aüe Körper nur bur^ il^ren Slutl^eil 
an biefen §anbtungen" ma(e unb fud^t bie^ baburc^ ju rechtfertigen, 
bag bie ©prad^e „atö 3Kittet ber ^oefie" nur jeittid^ r^ortfdireitenbe^, 
Setoegungen u. bgL, bagegen Weber Farben nod| JJormen gu fd^ilbem 
öermöge. §anbtungen finb nad^ i^ni ber eigenttid^e Oegenftanb ber 
^oefie unb Sörper fott fie nur anbeulung^weife burt^ jene fd^ilbern^). 

!♦ 2öir matten unö naturgemäß juerft on bie Prüfung biefer »ei* 
tergcfienben Se^auptung, unb um feften ©oben ju gewinnen muffen wir 
einig werben, toa^ bie ©pradfte ate SWittef ber ^oefie gu feiften l^at, mit 
onberen ©orten, wann il^re Slu^brucfömittef poetifd^ befriebigenb finb. 
3um ®iM f}txx^ä)t hierüber, wenigften« toa^ bie attgemeinen ©runbfäfec 
anbelangt, Sinigfeit. 3Kan begeid^net gewol^nttd^ 3lnf(^aulicf|leit 
a(^ bie au^geid^nenbe (Sigenfd^aft einer wal^r^aft poetifd^en ©d^itbe^ 
rnng unb barauf fommt aud^ bie f?orberung Seffing'^ l^inauö, bie er bei 
©egrünbung ber obenerwähnten Siegel ou^fprid^t. Der ^oet, bemcrft er 
bort, woüe nid^t Mo^ Hare unb beuttid^e 3Sorfteßungen erwedEen, fonbern 
fo (ebl^afte, bag wir in ber ®efcf|Winbigfeit bie wahren finntid^en @in^ 
brüdfe il^rer ©egenftänbe gu empfinben glauben unb in biefem 2lugen=^ 
bU(fe bcr SCauft^ung un^ ber 3Äitte(, bie er bdgu anwenbet, feiner 
ffiorte, bewußt gu fein aufboren ^). Slud^ nad^ Seffing foß atfo ber 



') 9^nr h)äre c« jum SJerwunbem, bag, »ic (St^uflcr fclbft mit onberen 
^crtjorl^cbt (a. a. O. p. 724), in bcn l^omerifd^en Ocbiti^ten „ auger orbcntliti^ oft" 
^cjcid^nungen bc8 Sid&tglangc«, ©d^immcr« u. bgl. toertocnbet jtnb, wä^rcnb ju 
ertoarteix ftänbc, bag alle Ouaütäten beö ®ejtd^t8jtnne« bie Unmögliti^feit fräftig 
re^jrobucirt gu tt)erbcn mit ben garben im engeren @innc tl^eUten. 

^) Saofoon cap. XVL 3n bcr JBad^mann'fd^en Ausgabe toon ?cffing'8 fämmt* 
li^tn @c{;nften 1854. VI SB. p. 438 ff. %n\ ba« @cfetj beruft ftdb ^m 9eed^tfer= 
tigung bc« @tt(^ ber alten 2)id^ter u. 31. aud^ ©torti^, baö Epitheton omans. 
Programm be8 ©i^mnafiumö gu 9latibor. 1858. p. 21. ÜÄit SBefd^ränfungen fHmmt 
il^m übrigen« au(^ SJifd^er bei. 35gL unten. 

') SBitt man öottflänbig fein, fo muß aud^ tmä\}nt loerben, baß in ber 
^l^antaftc fe^ir heterogene«, ja gBiberf^red^enbc«, gufammen öorgeficttt tocrben fann, 
toä^renb bie 5tnfd^auung ftct« nur Sn^alte bietet, bie p^ ^armonifd^ gu (Sincm 

9* 



132 Möcmctnflc gorbcrmtg an bcn ^octifd^cn Sluöbrud, 

^id^tcr SSorftcüungen erzeugen, bie mögttt^ft ber wirfHci^'en 5tnfc^auung 
&finl\(S) finb. Scgrünben läßt fid^ btcfe« ©efefe Ict^t auö bcn allge* 
mcmftcn ^rincijjtcn ber Slcftl^elif. 

35te ainfd^auungcn untcrfd^eibcn ftd^ t)on ben ^l^antoftcöorftc^ 
lungert in ber SReget boburd^ *), bag fie 

a) tntenftöer finb aU bie ^^antafiebitber (bie fettenen gäße 
ber ^attucination aufgenommen). Unb nid^t bto« tritt jeber cingetne 
3ug tebenbiger in ba^ 53ett)ujitfein, 

b) ed finb il^rer aud^ mel^rere» Die Smpfinbung ift reid^er 
at« bie Srinnerung^öorfteßung. Sei ber (enteren finb in ber 9?egel 
mand^e ^&Qt be« ©egenftanbe« aufgefallen. 

Darum nennen toir unter ben ^l^antafieüorfteüungen biejenigC;. 
bie an Sieid^tl^um unb Sebenbigfett bie anberen übertrifft, anfd^an* 
Ud^er, bie mattt unb tüdfenf)afte unanfd^autid^, ©otpol^t 9?eid^t]^um al^ 
9ntenfit5t aber erl^öl^en ben SSJertl^ einer SSorfteüung at« fot^er unb 
finb barum t)om Mnftter anjuftreben^), @o mad^t man atfo mit 



Silbe bereinigen. 3(^ jage, bie ^l^antafte fleße mand^mal 2ßtberj:^rcd^cnbe8 üor. 
2)enn ber (Sa^j: SEßibcrf:^reci&enbeS fann ntd^t gebadet »erben — toiä Bfo« fagen^ 
c« fönnc nid^t in einftd^tigcr SBcijc für tt)o^r gcl^alten unb nid^t in ber einl^citlid^en 
2Betfe von ^fMd^ttoiberf^red^enbe« toorgeficßt toerben. Slber irgenbloie ift e« uii0 
bod^ gegennjärtig. Söenn toon einer edfigen ^gel bie 9lebe ifi, l^aben toir offenbar 
bie 55or|leßung ber einen unb anberen Oeftalt, unb benfen jte in einer gen)iffen 
^Jerbinbung, fonjl öerftänben »tr ja jene SBorte nid^t (SBgL aud^ (Stumpf a. a. 
O. p. 107). Mein bie ©^ntl^efe ijl toon anberer Wct al« loie tüix rot^e Äugel benfen 
unb fie ifl eminent unanfd^aulid^ , eine fold^e, bie in feiner 3lnfd^auung je ge* 
troffen toirb, 

Slber aud^ bie %xt tt)ie tt)ir ^Rot^eS-SBarmeö öorfletten unb tt)te tt>ir an bie 
jed^« leiten eine« (Subu« benfen, ifl nid^t bie etn^eitlid^e Söeife, in toeld^er ba« 
^ngefd^aute gujommen toorgeflettt loirb. S)od^ ifi biefer Unterfd^teb gtoifd^en ^l^an* 
taftc unb ^nfd^auung ^ier toon geringerem SBelang. 

') p. 446. 

^) tof bem @efe^e, bog bie reid^ere SJorfteßung äfll^etifd^ ttjol^lgefättigcr 
ift al8 bie ärmere, berul^t too^I jum guten ^dl bie 2:^atfad^e, bag (ginl^eit in 
ber aWannigfaltigfeit (31naIogien, regelmäßige Proportionen u. f. to.) gefällt, tt>a« 
man oft al8 le^te« ®efe^ fce8 @d^bnen ^ingeftettt ^at. (SJgt. p. 47, ^nm. 2.) 
(Sine SBicIl^cit i)on ©orflettungeinl^alten ift ja nur baburd^ ^on äjll^etifd^em SBert^, 
bag toir fie genießen, unb toir genießen fie nur, fo toeit tt)ir fie Bead^ten. S3eac^ten: 



gcffing'« 33cgTiinbung feine« Ocfefec« u. f. to. 133 

^ec^t bcm !Did|tcr gum ©efefec, bag er anfd^autie^e SSorftettungcn er* 
mit, unb toenn nur jeitüd^ gortf^rettenbe« burd^ feine ÜWittet an* 
fc^aulid^ ju mad^en ift, foü er ntd^t derfud^en Körper gu fd^ilbern. 
©e^en toir gu, ob bie« ber t?aQ i% 

geffing fül^rt ate ®runb bafflr an, bag bei ber ©d^itberung 
etne^ Sörper« burd^ bie ©prad^e notJ^menbig ba« Soefiftirenbe 
be^felben mit bem Sonfecuttöen ber 9tebe in Sottifion 
fomme. „SBie gelangen toir gu ber beuttic^en SSorftettung eine^ Dinget 
im staunte? Srft betrauten »ir bie J^eite be^fetben eingefn, l^ierauf 
bie 35erbinbung bicfer SCl^eife, unb enbtid^ ba« ®ange." ®efefet nun 
aber, „ber ®icf|ter ffil^re un^ in ber f^onften Drbnung öon einem 
J^cile be« ©egenftanbeö gum Slnberen; gefegt, er »iffe un^ bie SSer* 
bmbung biefer 2!^eite ani) nod^ fo ftar gu machen: toie üiet ^txt ge* 
brandet er bagu? SBa« ba« Singe mit einmal überfielet, gäl^lt er 
Hn« merflid^ langfam nad^ unb nad^ gu, unb oft gefd^iel^t eö, bag mir 

bei bem legten ^n^t ben erften fd^on »ieberum öergeffen l^aben 

Unb bleiben fie fd^on ba gurfldf: toeld^e SKül^e, »eld^e 3lnftrengung 
foftet eö, il^re ©nbrüdfe aöe in eben ber Drbnung fo lebhaft gu er^ 



«ober fiJnnen tt>ir — toie eine getoö^nlid^e (grfal^rutig jeigt — gteid^geitig nur Sine« 
ober toa« ^äf in eine (ginl^cit faffen I&gt, @ott)eit e« fi^ um bie ^ro:|)ortionen 
^nbelt, mn^ üBrigen« jugcfianbcn »erben, bag neBen bem je^t ertüäl^nten ©efe^e 
be« Sleid^tl^um« aud^ blinbe ©etDo^n^eit ba« Wohlgefallen BefHmmt* 

geibnife meint, ba« ©cfallen an Proportionen (unb at« titoa^ 2lef>nlid^e« 
Betrad^tet er jebe Snft an @d^bnem, »enigflen« ?]^i^fifd^*@d^bnem) ttjurgle in einer 
«nBewngten (grfenntnig ber regelmäßigen ©erl^ältniffe ber betreffenben (3Äf>(en* 
*ber ?Raum»)®rögtn; e« fei ein verworren aufgefaßte« intellectnetle« ®er* 
^nügen (plaisir intellectael confus^ment connu). ^on ber ^rt fei aud^ ber 9lei} 
ber 2Knfif, er muffe anf ein nnBetougte« 3ä^ten ber ©d^toingungen tbnenber 
tör^er unb bie (grfenntniß einer getoiffen SRegelmägigfeit in biefen 3o^>l«u gurüd= 
^efü^rt »erben. (Principes de la nature et de la grace §. 17.) ^Hein biefc 
Sbtftd^t ift au« mel^r al« einem ©runbe unl^altBar. 

S)arin, baß eine i^Jorflcttung burd^ i^ren 9leid^t^um ben ^rei« l^öl^erer 
^d^ön^eit t)or «Inberen erringt, mbd^te aud^ «ifd^er« gorberung i^re SBal^r^eit 
J^aBen, baf jebe« fd^öne ©eBilbe eine SnbiöibuaUfirung (einer 3bcc) fein 
fottc. 2)ie concrete ^orfletlung ift ja reid^er al« jebe allgemeine. 



134 ©ifd^er üBcr ben Stocmg, 

neuern, fie nur mit einer maßigen ®ef(^tt)inbig!eit auf einmal ju fiber* 
benfen, um ju einem etwaigen Segriffe be« ®anjen ju gefangen!"*) 
©d^on SSifd^er «l^at biefen 8effing'f(3^en ®eban!en einer Äritif 
unterjogen^) unb er leugnet, ba§ bei ber ©d^itberung eiue^ for|)erfi(^ett 
®anjen ba^ Soejciftirenbe beöfetben mit bem Sonfecutiöen ber JRebe 
in Sottifion fomme» "Dagegen fei bie f?orberung, ba§ ber Dichter 
nicfit« Ä5rperlid£|e^ Xifdi für S^l^eif ausmalen foüe, barum bered^tigt, 
meit bei foft^em beginnen fid^ eine Sottifion ergebe gtoifd^en ber 
„minbfd^netten, eine 3Sief^eit öon ^ÜQm auf ©neu ©ditag t)or fic^ 
au^breitenben ©etoegung unb greitieit ber ^^antafie" einerfeit« unb 
anberfeit« ber „Sangfamfeit, womit bie 9tebe fortrfldft unb bem S^^nge, 
ben i^r Slu^maten auferlegt". „ÜDer Diditer »erfährt bann, tabelt 
aSifd^er, at« ftänben feine ^n\)oxct öor einem aufgefjängten ®Ubc, 
fagte nad) bem erften UeberbUdE unter feiner Anleitung S^^eit für Zfftii 
in'« Sluge, o^ne gurd^t, baß i^m bie 3iiftttt^i"«^föffung entgelte, benn 
ba« ®ange bleibt ja im 9taume feft öor il^m, unb enblid^ ginge er 
bann ju biefer über, bie nun ein gefüttterer, burd) Siujelbeobat^tuitg 
öottfommenerer Slct »Sre, al« ber erfte Ueberblict. Sr öergigt, bag er 
eö mit einer bewegten Rraft gu tl^un l^at, weldie bal^er biefem 3«' 
gä^len unter ber |)anb entfd^webt, entweicht, inbem fie, auf ben erften 
©d^lag fd^on, mit il^rem Silbe fertig, bei bem Slufreil^en ber folgenben 
fc^on über Serg unb Il^at ift, ba§ fte, wäl^renb öorne jutt)a#, 
hinten vertiert, ba^er f^tiepd^ nid^tö übrig l^at, wa« fie ^ufamuten- 
f äffen fonnte, fo baß e« ift „„al« fa^e man ©teine auf einen SJerg 
wSlgen, au« weld^en auf ber ©))i^e be«felben ein pr5d|tige« ®ebSube 
aufgcfül^rt werben foQ, bie aber atte auf ber anberen ©eite öon felbft 
wieber l&erabroöen""^); eine trefflidie SSergleid^ung Seffing'«, nur bo§ 
bie öemommenen Jl^eite nit^t nur, wie er fagt, bem Dl^re, fonbern 
öietmel^r ber öorau«geeitten ^l^antafie, weld^ burd^ ba« D^r in 



*) 21. a. O. p. 445 unb 448. 

') ^udf Softe, ®t\6>iö}U ber ^eji^>ctif in 3)cutfd^ranb, 1868, p. 689. Um 
ben &anQ ber ©anblung nid^t aufjul^aUen fott nati^ x\)m ber ©td^ter 
f|)arfam {ein ntit ben ntalenben ^räbifaten. ©ir toerben auf biefen ©ebanfcn 
jurüdfonimen. 

^ 8ao!oon p. 464. 



bett ber ntdenbe ^iäfttv ber ^l^antafte antlj^ut 135 

^C^fitigfeit gerufen tft, öerf oren gelten — 35er Did^ter l^at a(fo ntc^t 
cigentfid^ unb fi^fed^tl^m ba« Soe^ifttrenbe bt ein ©ucceffiöe« gu \>cx^ 
»anbetn, er fann un^ Soejiftirenbeö öorfü^ren, obtoo^t fein aSe^ifet 
nic^t coejiftirenbe J^orm l^at, aber er muß e^ fo t^un, bop er ben 
bctoegten S^arafter ber ^^antafie berüdjt^gt, er muß bal^er mit 
toenigen SÄittetn bem Sefer ober 3«^Bi^^ «^^^ ^^^ nöt^igen 2lnfto§ 
geben, unb er muß ba« dt&nmliäft, ba« er fi^itbert, an gef(3^ttberte' 
Setoegunfl fnflpfen; benn bie ^l^antafie, »eit fie fetbp betoegt ift, 
toiU fold^e« fe^en, wa^ fid^ betoegt" ^). 

©oipol^t in Seffing'^ Slrgumentation ate in 85if(3^er'« ©emer*» 
!ungen jit berfetben finb k)erf(i^iebene beai^ten^mertl^e ®eban!en aud^ 
gefprod^ti, bie wir un« eingefn öorfü^ren tüoUm. 

1, aSifd^er fprid|t baöon, baß bie ^^antafie, mit fie fetbft- 
jc^offenb auf ßinen ©d^tag eine SSietl^eit tym 3^9^« öor fid^ ausbreitet, 
langfame« S^i&f)itn ber JE^eile eines ®anjen (unb langfam ift, toeil 
CS mit ber 5Rebe fortrfldft, notl^wenbig jebeS fotd^e SluSmalen) als 
aiuf^attung unb S^artQ empflnbe. 

3lä) möd^te baS nid^t für |eben i^aQ behaupten, ausmalen mirb 
gennß öfter a(S unangenel^mer 2^axi% entpfunben; aber bocf) nur ia^ 
m baS, toaS man uns bietet, nicfits 9{eueS gu bem Sitbe ^injuffigt, 
bas bie ^^antafie öon felbft ergeugt, ober ttjo es fflr bie ©d^önl^eit 
ber aSorfteöung leinen erfjebtid^en Unterfd^ieb macfit ob man ber freien 
(Eingebung ber ^^antafie ober bem in'S Steine hinein beterminirenben 
SSort beS ©id^terS folge. SD?an benfe l^ier an bie ermflbenbe 5trt, toie 
mand^er mobeme 9ioman uns bie äußere @rfcf|einung feines §etben 
unb beS ®d^u<)tafees fd^ilbert. 3n fold^en fjäöen jtoingt uns ber 
Did^ter fanger bei getoiffen aSorfteüungen ju öerweiten, afs fie es öer^^ 
bienen^, unb biefer 3^<^tt9 iP ^^ß ^^^ ««^ fcfimergt, nid^t bie be^ 
f^rfinfte greil^eit ber $l^antafie. SBir finb banlbar für 53e^ 



*) ^ a. O. p. 1201. a)tefc ©teile »irb t^eiltoeifc aud^ t)on ©d^uftcr jur 
(SrHSrung beö ^omcrtfd^cn ©til« angefül^rt. «♦ a. O. p. 730 ff« 

') 2)arin ^at ?o^e'8 frül^er angcfül^rte ©cmerfung tiSfr gute« 9lcd^t. Sßir 
fhäuBen mtd in ber 9(egel bagegen burd^ audfül^rUd^e 8efd^retBung t)on ^ör^em 
m ber ^ergegentoärtigung einer $anblung aufgel^alten p b>erben, toeil biefe grö« 
geren 9leia \fat 



136 ^ift^er^ö 53cmcrfungcn ju ?effing'« ©cgrünbung beö ®efe^ed u. f. to, 

fd^rSnlung, menn fie un^ n)ert]^k)oQere 93orftetlungen einbringt, at9 
nnfere (Sinbilbungdhraft ol^nc bte 9lötl^ignng bed S>t(l^tertDorte^ erzeugt 
l^ättc. Dagegen Raffen ttnr bie Slrntntl^ unb fonftige 9teijtofig!eit 
nnfere^ äJorfteüen«, bie Sangtoeile; nnb biefe Uninft ber (Sntbe^* 
runj ju erregen ift bie größte ©flnbe be« Dieter«. @ic lann aber 
nic^t btod bei @(^i(bemng k)on (Soe^iftirenbem fonbern and^ don ©nccef^ 
ftt)em unb nid^t bto^ bei ^^^fifc^em fonbern auc^ bei ^{^ifd^em 
begangen »erben. 53eim festen ift bie ©efa^r nur borum geringer, 
weif beffen aSorftettungen übtxljavapt unter fonft gteid^en UmftSnben 
einen diel größeren Sert^ l^aben a(^ bie be^ $l^)|fif(i^en, koodon fpöter. 
3)0(1^ fann man aud^ in anatomifd^er ^tt^üthtmni don ©eelen« 
guftänben judiel t^un*). 

2. gttoa« änbere« ift e«, toenn fotoo^t Seffing at« 85ifd^er ^er-- 
dor^eben, unfere erinnerungöfraft dermögc, »enn ber Dichter un^ ein 
raumfid&eö ®anje 2:i^eil für 2:i^eit fd^ifbert, ba« ©ebotene nid^t o^nc 
^SJtäi)t, ja }Utdei(en über^au^t nid^t, feftjul^qtten unb fd^tteß(id^ ju 
einem (ebenbigen unb Maren Oefammtbilbe ju dereinigen. 

35a« ift ol^ne B^^eifet toa^r. Stüein gilt e« nid^t aud^ don ben 
2:f|eilen eine« ©angen, ba« fid) jeittid^ entfaltet, g. SS. ben fucceffiden 
ffllomenten einer compticirten ^anbfung? 3R5gen fid^ biefe immerhin 
fo folgen, loie bie J^l^eite ber 9Jebe, »eld^e fie erjSl^tt; ba« Seben!^ 
lid^e ift, baß bie ÜDarfteUungdmittet tranf itorifd^ finb, tofil^renb 
bie nad| unb nad^ burd^ fie tvmätm ^orftetlungen bleiben 
unb vat» fd^Ueßlid^ jufammen gegentofirtig fein muffen, tdenn tdir einen 
@enuß don ber ©d^ön^eit be« ©anjen l^aben foQen. @o, fdieint e«, 
bietet bie ©d^ifberung einer jufammengel^origen gotge don Sreigniffen 



*) äBie ber S)i(^ter, fo famt oud^ ber 3Ra(er in feiner Seife bie ^enauigleit 
in ber ^arfiettmtg ber 9latnr toetter treil^en, atö fie birect ober inbirect (burd^ fCffo' 
ciattonen) für bie ©d^önl^eit einen ©etvinn Bringt, unb bann ifi fie anäf Betifftn 
tin geiler. 9)'htroffo|)ifd^e SD^alerei ifi fidler eine ©efc^maddtoerirrung* 2)ag bie 
greube an ber toollenbeten SCel^nlid^fett (oti oitog insivog Arlst. Poet. 4. 1448. 
b. 17) unb über bie ®efd^id(i(^feit be« ^ünfiler«, bie fid^ in ber 9^ad^al^mung 
geigt, nid^t äjil^etifd^er iRatur ifl, Bebarf »ol^l !aum ber (Erinnerung. (Srftere« ift 
jagreubc über eine (grfenntnig, Untere« über eine ®üte ober 2:üd^tigfeit; feine öon 
Beiben toirb an ben 35or jieltungen um il^rer fclBfl »iUcn gefunben. 



Prüfung ber Scffing'fci^cn «cgrünbuug feine« ®efc(jc« u. f. h). 137 

eben biefclbc ©d^toicriglcit, um bcrcntoiöcn man bcr ^ocfic öcrbictcn 
ttjitt Socfiftircnbc« barjuftcücn. 

©egen biefen (Sintourf mfire meinet (Srad^ten^ nid^t aufgulommen, 
wenn fid& nid^t nad^iDcifcn Hege, baß »tr ST^ettc, »cld&e fid^ in SBirf* 
li^feit folgen, bei einer {ucceffiöen StufgSl^Iung leidster in ßrinnerung 
betoa^ren unb gu einem anfd^aulid^en Oanjen vereinigen, aU S^^eite 
eine« Soejiftirenben. IDod^ biefe 3Reinung ift nic^t ol^ne ^alt ^tiU 
Ud& fjortfd^reitenbe« J^eil für SCl^eil gu erjagten ent= 
fprid^t me^r bem natürlid^en Soruf unferer SSorftellungen 
at« eine fi^nlid^ ©d^ilberung i>t^ ©leid^jeitigen. !3)er naturtid^e Sauf 
ber SBorfteQungen ift aber }ugleid^ ber ))oetifc^e, b. f). er ergeugt am 
mä^elofeften bie anfd^auüd^ften 93orfteIIungen^). 

t>a^ in ber Xf^ai bei ber ©arfteüung öon ©ucceffiöem teid&ter 
ate bei ber Don 9tebeneinanberUegenbem ber natürtid^e ®ang be« 9Sor^ 
fteßen« getroffen loirb, ift unfd&mer eingufe^en. J)ie ^^antafie lauft 
am naturUd^ften, tt)ie bie SSorftellungen getoö^nlid^, aud^ bei ber SBa^r^ 
nel^mung, laufen, ^anbette« fid^ nun um SSorgänge, fo fd^reitet bie 
^a^rnel^mung notl^toenbig i^nen paxaM fort unb bamit ift atö natür^ 
tid^e Drbnung ffir bie Steprobuction ber Sl^eile be« (Sreigniffe« ba« 



') (Sd geid^net ben ed^ten 2)td^ter aud t^n überall gu ftnben. ©oetl^e'« 
Wonftt Sieber: SKignon, ber gtfci^er, ber @änger, 2Cn ben Wlont>, ^uf bem @ee, 
2Biß!ommen unb Slbfd^ieb, ©ci^Sfer« Ätagelieb, 2:ifd^Ueb u» f. h). ijcrbanfen eö 
mit einem gewiffen natürltd^en gluß ber SJorflellungen, baß fie un8 mit bem 
eigenflcn ^anhtx ed^ter ^oefte anmutigen. 2)iefe« |)oetifd^e S^retben ber SJorflellungen 
lägt jxd^ überall nid^t ijorl^er auöred^nen, aber feine Söirfung bod^ l^inter^er in 
ctttja« au9 ben ©efetjen ber 3beenaffociation begreifen. 

2lu8 bem obigen ®mnbe ifl aud^ ba« ^nbUd^e i^oetifd^. ©eim ^nbetöirb 
ber Sauf ber ^orfleHungen nid^t f o fel^r n>ie bei und burd^ ben @!inf(ug ber Siegeln 
t>t» Urtfieilend (@efe^e ber Sogil) burd^brod^en unb in ed^ge SBege gelenit, bie 
i^m an unb für fid^ fremb ftnb. UntoittfürUd^ al^men barum bie SDid^ter j. ©. in 
ber @^ntaje bie finblid^e unb :|)rimitiöen @:|)rad^flufen eigentl^ümlid^e Söeife ber 
©a^fügung nad^. Qt9 ifi aud^ eine belannte ©rfa^rung, bag miffeufd^aftUd^e« 
SDenlen bie ©efä^igung gu ^oetifd^em ©d^affen fd^mäd^t unb menigflenS für bie 
näd^fle 3eit aufgebt ©efd^Sftigung mit guten bid^terifd^en @!r)eugnif[en Ruberer 
ftefit bie eigene ^robuctiöität »ieber l^er, inbem fte ber ^ß^antafte il^ren natür* 
lid^en %tni gurüdgibt. 



138 Prüfung bcr gcfflng'fd^cn SBcgrünbung 

fortfd^rettenbe ^ad^ctnanbcr öorgcjeid^net» !Diefe SBcife ber (Srjofjtung 
tft ber ^l^antafic am angcnefjmftcn unb crmöglid^t, mit ber geringftcn 
Snü^e ein reid^e^ unb Ilared Sitb bed ©angen aufzubauen. Sollte 
man bagegen rüdläufig ergfifjlen, ifo »firbe e« einen unangenefjmcn 
Sinbrucf matten unb in ieber SGBeife nid^t befriebtgen; fo fel^r, bag 
man, ani) fprungtoeife jurüdge^enb, bod^ iDenigftend bie ^l^eile jebe^ 
Slbfd^nitted notl^toenbtg fortfd^reitenb erjSl^It, SBenn nü^t bcnfelben fo 
bod^ einen irgenbttie S(|nU(f|en S'^^^9f ^i^ ^^^^ rudtfd^reitenbe (Sr^ 
jdlllung öonSreigniffcn, tfjut man aber öfter ber ^^antafte an, inbem man 
bie SCtieile eined Soejtftirenben einen nadi bem anberen ausmalt. 
!Denn bei Soejiftirenbem gefd^iel^t e« nid^t immer, ba^ toir, ed toal^r-- 
ne^menb, I^l^eil nad^ S^^eil burd^muftern. üRandimal, ttjenn bie ©r^ 
fd^einung etwa nur furjen Seftanb (|at, tft fold^ed fogar unmöglich. 
2Bo e« aber aud^ gefd^ie^t, tft fflr ben ttanbemben Slidt, ber naturgemäß 
öom SRdd^ften jum9lad^ften gel^t, nid^t »ie bei ber Sluffaffung 
öon jeitlid^ ??ortf(^reitenbem blod (Sin SGBeg offen, fonbern nad^ meljreren 
JRid^tungen ein 5Wäd^fte« geboten. Die SBa^rne^mung birb batb biefc 
balb jene SRic^tung verfolgen unb fo bietet fid^ bem, ber und S^^cif 
für SCl^eil re^jrobuciren t&^t, nxä)t ein fo fidler burdi ©rfal^rung unb 
®ett)ol^n(|eit geebneter $fab. Ob er ben einen ober anberen 2Beg bc* 
fd^reitet, immer toirb man ed in geiDiffem aWa§ ald Unnatur empfinben, 
bag er nad^ ber einen ®eite getjenb, Slnbered t)emad^ISffigt, h)ad nad^ 
einer anberen ebenfo nal^e lag, um ed bann öieüeid^t geitlid^ fern 
nadiju^ofen* Sr mu§ barum ffir feinen 3Beg ein frembe« HÄotiö 
fud^en, 3. Sß. eine ^anbtung in feine Slufjä^Iung öerfled^ten, bie fic^ 
fucceffiöe auf bie nad^ eiiianber ertodlinten S^^eite bed Soejiftirenben 
begie(|t. Died fd^cint mir ein ^auptgrunb »arum §omer ben Knig- 
li(^en 9lnjug bed Slgamemnon fd^ilbert, inbem er i^n t)on bem ^elbei 
©tüdC für ©tfidt anlegen läßt unb ben SBagen ber Suno, inbem ^ebe 
il^n öor unferen äugen jufammenfflgt*). 9tor juipeilen gelingt e« bie 



*) @d^on ?o^c (a. a, D. p. 592) l^at mit ©ejug auf btefc« unb Äc^nlid^e« 
f^ttoox^t^ohtn: „2)tc SBcfd^retBung bc« gertigen fann toon jebe^i ?Junftc au« unb 
mä) bcUebiger 9li(i^tung fortgc^n » . . 3nbem »ir ben ©egenftanb ent|lc^n laffcn, 
i)crfnü^fen fi(^ feine SKerfmalc in bicfer burd^ einfe^bare fad^lit^c @rünbe bc- 



feine« ©cfc^c« ber ^octifd^cn 2)arficllung. 139 

{Reihenfolge and) ol^ne ba« bcfriebigcnb ju motiöiren, burd^ bie bfoge 
naturtid^e Drbnung ber SBu^tiglett unb ben inneren Bwf^^tnen^ang 
ber ©egenftanbe; inbem man atfo ettoo }nerft ^auptgebiete angibt nnb 
fpfiter in jebe^ einjelne ober in biejenigen, auf »eld^e eö befonber« an* 
iommt, eingebt. Unb f(f|Iiepd& bleibt e^ trofe jener §ilfen bod^ im 
®rogen unb ©angen natürlicher ©ucceffiöe« 2:^eit für Xi)tH in er^ 
jäljlen al^ bie Xfftxlt eine« rfiumßci^en ©anjen, unb »eil, tt)ie fd^on 
bemerft tourbe, ein mögtidift natfirltd^er Sauf ben 3Sorftettungen bie 
größte anfd&aulic^e Äraft gibt , gefc^iefjt eö , baß »ir bie Streite eine« 
Sreigniffe« aud^ leichter feftjul^atten unb ju einem anfd^auftd^en ®e^ 
fammtbitbe gu öereinigen vermögen. 

©0 getoinnt, glaube xdf, ber ©afe ßeffingö, baß bei ftudtttjeifer 
©d^ilberung be« Soejiftirenben biefe« mit bem Sonfecutiöen ber 9iebc 
in Sottifion lomme, eine getoiffe SBa^rl^eit unb ift ntd^t mit 3Sifd^er 
abgufe^nen 0* Sl^^t c^ folgt au« biefer !Di«crepanj be« S^xi)m^ unb 
©ejeid&neten aüerbing« nid^t tt)ie geffing (p. 439) »ill, baß e« ber 
^oefie ebenfo unmoglidi fei Sor^ief ju fc^ilbem außer anbeutungöioeife 
burd^ ^anblungen, al« e« berSWaleret unmöglid^ ift §anblungen bar* 
juftellen außer anbeutung^toeife burd^ Äörper. SBie er felbft (balb 
barauf, p. 444) jugibt^, finb bie Darfteüung^mittel ber ^oefie (loenn 



bingtcn 9lcil^cnfolgc bcutlid^cr unb fcflcr." 2)a5 $omev ben Slgamemnon bie Älei^ 
bung @tüdE für ©tüdf antl^un lägt, ^at aber nad^ go^e no^ ben ^orgug, ba^ 
toix fo, „jcbem @tüdf unb jeber S3ctt)cgung, burd^ bie c« angelegt njirb, t>a« Keine 
Clement bc« finnüd^en ©cnuffe« nad^fül^ten, ba« burci& feine 53erü]^rung mit bem 
St'6xptx bem ©emeingefül^l jutoäd^fi unb ba« am leBl^afteften ifi im erften Slugen* 
Uid feiner Sntflel^ung." 3ebenfafi« ijl nid^t ol^ne ißebentung, bag bie l^ineintoer^ 
fKod^tene ©anblung bie ©efammtöorflettnng burd^ Silber öon ^f^d^ifd^cm bereid^crt, 
bie immer töon befonberem SBcrt^e finb. 

*) ©toa« ^le^nlid^e« toie ba§ toon un« 3lu«einanbergcfettc muß bod^ aud^ 
biefem feinfül^ligen ?(ejll^etifer öorgefd^toebt l^aben, inbem er (p. 1202) fagt: „2)ie 
^^antafte, »eil flc felBfi belegt ift, hjittfold^e« feigen, h)a8 ftd^ betoegt" Srfd^eint 
aber ben S^Jang, weld^er ber ^^antafte bnrd^ 3umnt]^ung eine« unnatürlid^en 
?attfe8 anget^ian »erben !ann, ni(i^t ju fd^eiben öon bcmjenigen, b^er sub a be* 
f:|)r«d^en »urbc unb ber fte nbtl^igt bei getoiffen 35orfiettungen länger ju i)ertoeilen 
als il^r SBert^ e« öerbient 53eibeö bringt Unlufl mit ftd^, aber onf i)erf d^iebenen SBegen. 

') %n \p'dttxm ließen tcirb er fid^ barin freilid^ tcieber untreu, i)gl, g. 33. 
p. 452. 



140 Prüfung bcr Ücffing'fci^en ©cgrünbimg feine« @efe(5e« u. f. n>. 

• 

man bcn d^arafteriftifd^cn JR^^t^mu«, bie natfirUc^c Betonung, bte 
Dnomatopöe unb bic eben emäl^nte, ben SargSngen paraüel fort* 
fd^rcitcnbe SRctl^cnfoIge in ben Jljeilen ber ergä^tung aufnimmt) nic^t 
ejpreffit) ober nadia^menb, ttJte bit ÜRittel be^ SDlaler«, fonbern totü^ 
fürltc^^). ^eft&nbe atfo anä) eine DöQige Unmöglid^feit Körper bnrc^ 
bie ©^jrad^e ^joetifd^ befriebigenb gu fd^Ubern, fo »Sre fie jebenfoü« 
gang anberer 9lrt aU bie, »eld^e bem SKaler öerbietet ^anbtnngen 
bargnfteüen. Sefetere ttnrjelt barin, ba§ Farben nnb t^ormen mitSe* 
tt)egungen n. bg(. feine nngtt)eibentige 9(e^nlic^feit ^aben. @rftere fönnte 
nur au^ ben ©efefeen ber 3beenaffociation fliegen, ©ie ift aber in 
SBal^r^eit aud^ nid^t eigentüdi ©orl^anben. ©elbft in bem gatte, toenn ber 
©id^ter ben 3Äaler nad^aljmenb Äör^ier baburdi befd^reibt, bag er unö 
S^^eit für Streit betraditen läjst, fo mißlingt e^ i^m, »ie mir gefe^en 
l^aben, nic^t not^wenbig unter aüen Umftänben, Unb ttenn i^n biefer 
2Beg aüerbingö öfter nid^t gum getoünft^ten ^nU fü(|rt, fo ftel^t i(|m 
gum Srfafe eine 2lrt ber ©arftettung gu ®ebote, bie bem üRaler un* 
möglidi ift unb bod^ aud^ nic^t Soxptv bto^ ,, anbeutung^meif e burc^ 
^anblungen" fd^ilbert 3d^ meine baöSKalen burc^SSergleid^e 
unb meton^mif(^e ^egeid^nungen. SBeig ber !£)id^ter biefe i^m 
eigentl^ümtid^en ^xtttl gu benfi^en, fo getingt e^ i{|m andf Don lorper« 
lid^er ©d^on^eit lebenbige ©Über gu geid^nen, ol^ne „in ben Su§ftapfen 
einer t)erfd^tt)ifterten Äunft ängftlic^ l^erumguirren"^), aber aud^ o^ne 
fid^ an Seffing« ebenertodlinte 9tegel gu binben. 

ÜDie ^joetifd^e Äraft be^ 3SergIeid|« unb ber SJieton^mie ift feit 
atter 3^^* anerfannt. SBorauf fie aber eigentüd^ beruht, ift, fo öiel 
id| mx% nie genau unb gutreffenb anat^firt loorben, 

a) 3Baö öorab t)en SSergleid^ (Oleic^niß unb SWetapl^er — 
lefetere ift ja bto^ ein abgeffirgte« ©leid^nig, tt)ie fd^on ©reitinger ge* 



*) %nd) hjenn bcr 2)id^ter Bei ber Befd^reifcung i)on SläumUd^em bic 
^eifienfotgc im ^ufgä^Ien feiner £^eitc burci^ eine ^anblung ntotii)irt, toelci^e fte 
fucccffit)e Betrifft, fann man offenbar nid^t cigentUd^ faßcitf ^^ fci^ilberc ^'6xptv 
hutä) ^anblungen, in bem Sinne tüte ber SWaler ^anbtungen burd^ Äörper; 
cBcn totxi ber SWater bie tefeteren naci^al^mt nnb bic crfleren nid^t, tüä^rcnb ber 
2)id^ter bic ©ilbcr t)on Beiben Bio« burd^ Slffociation erlocdft. 

*) ?cffin0 a. a. O. p. 469. 



«nol^fc bcr ^octifd^cn Äraft bc« ^^crglcid^S. 141 

fagt ffat) betrifft, fo l^at man g. S. gemeint, er fei eine Unterfd^iebung 
einer (.befannteren, einbrncf^öotteren) SSorfteünng an bie ©teile einer 
anberen (unbefannteren, nnfd&einbareren)*)- äöeih ftrenge öerftanben 
ift ba^ gemig gegen bie ))f^o(ogifd^e @rfal^rung. @$ gefc^iel^t nic^t, 
ba§ bie SSorfteünng a, toctäft afö ®Ieid&nig für eine anbere ß ^erbei* 
gerufen tt)irb, nun biefe^ ß öertritt, ettpa in ber SOSeife »ie bei bem 
SSorftetten, ba^ mand^en Srfenntniffen gu ®runbe liegt, aüerbing« oft 
eine SSorpeüung bie anbere f^mbolifirt (g. ©, bie fd^einbare ®r5ße 
bie toirKid^e, ba« Beulen 100 ben ©ebanlen 1 + 1 + 1 + 1 u. f. ».). 
3SergIeid^ unb SSerglic^eö »erben eigentlid^ gebai^t. Oft folgen fic^ 
bie SSorfteüungen; oft aber finb fie andf gleid^jeitig im ©etougtfein 
unb ^iegu mag bie raumttd^e ober jeitlidie ©imenfion^, bie unfer 
3Sorfteüen l^at, benüfet »erben, 

aber biefe^ ^ingufügen einer gtoeiten at)ntid|en SSorftettung gu 
ber jenigen, auf bie e^ eigentUd^ anfommt, fliegt am^ nid^t blo^ au^ 
einem ©id^efatten ber ^^antafie in i^rem eigenen Steid^tl^um, tt)ie gu* 
»eilen gefagt »irb, nod^ ift fein 3Serbienft barin befd^Ioffen, baß »ir 
un« an ber Sle^nlid^feit ber öerglid^enen ®ebi(be freuen ^), f onbern eö 
bej»edCt birect unb öor 5lüem bie SSeröotHommnung berjeni* 



') 2)atoon ^px\6)t j. ^. ©cigcr, Urf^r.U., p. 333; bod^ ifl nid^t ganj ftar, 
n>ic c8 gemeint ijl. 

') 2ötr fönnen tncl^rcrc räumUd^c ©ebilbe, aud^ ol^wc jtc gu bt«Ioctren 
gleid^geitig im ^Senjußtfein ^ben, tomn toix fle al« fucceffitoe am fclben Orte fctcnb 
i)orjlclIen. 2)arauf beruht bie SKögüd^fcit bie (geitüd^cn unb qualitaticcn) 35cr^ 
änbcrungcn eine« rul^cnbcn Äbr:|)er« töorguftetten. 2)a6 ber 2)td^ter bicfc ©gen* 
t^ümltd^feit unferer ^l^antajic benutzen !ann, ttjäl^rcnb e« bcm TlaUx unmögtid^ 
ip mcl^rcrc Silber an berfctben <BttUt gu bieten, mod^tc aud^ !2cffing toorfdjircben, 
njenn er {2aot p. 396) fagt: ,,gür ben 2)id^tcr ifi ein ®ett>anb fein ®eö)anb; 
c« toerbedft nid^t«; unfcre (Sinbilbungöfraft fielet überall l^inburd^", unb S^fd^em, 
ber bem guftimmenb (p. 1173) bcmerft, bcr 2)id^ter l^abe fein beengenbe« Oebräng 
im 9laumc ju fd^enen, feine Silber bedften ftd^ nid^t. 

') darauf legt g. S, Sreitinger (^tifd^c 2)id^tfunft) gu groge« ©etoid^t. 
®oc^ ma^ immerhin biefc greubc, Dbfd^on nid^t äfll^ctifd^er ^rt, ben äfll^etifd^en 
©enug toerftärfen unb aud^ ber rigorofefic Äünfiter brandet fold^e UnterfHi^jung 
nid^t abgumeifen; nur barf fold^c unb anbernjeitigc ?ufl, bie nid^t an ber «Sd^bn* 
l^cit ber SBorflettungen gefunben xoixh, ba« SBo^lgefatten an bicfcr, tt»f!d^e« ba« 
eigentlid^e unb le^te ^itl aßer Äunfl ifi, nie übertoud^ern. 



142 SCud^fe ber ^oettfd^cn Äraft 

gcti aSorftellung, auf »cld^c bcr SScröIctd^ angemcnbct 
tD.irb, ©r crrcid^t biefc SBirfung öornc^mlidi burc^ juoci ©tage: 

Oft liegt fein poctifdier SBertl^ bartn, ba§ er, toenn bie öer^ 
flUd^enen ©egenftänbe fid^ nur in Sinem ^unlte ä^nlid^ ftnb, bie Sluf' 
nierffamfeit auf biefen beftimmten ^uq concentrirt (5r 
ttjirft atfo toie ein abftracter Slu^brud, ol^ne bodf in'« Sbftracte ju 
faöen, unb ber ©d^önlieit ber 3Sorfteöungen ift immer gebient, »enn 
e« getingt abftracte 9(u«brüde burdi concrete }u erfe^en* !£)enn obf(^on 
aud^ bie abftracten jebe^mat, toenn übertjaupt tttoa^ bei i^nen gebadet 
njirb, irgenb eine fpeciette 3Sorfteüung ertoedEen, fo »irb bocfi biefe ftet« 
abgeblaßter unb öerfd^mommener fein, ate bie burd& einen concreten 
Dramen ermedtte» ^ni) ber allgemeine iWame garbe erwedtt bie 9Sor^ 
fteüung öon 9?ot^, ®rfin, ©efb u. bgl. ; aber »eit bie ^^antafie burd^ 
il^n f efbft nid^t au^brüdtlidi bie eine ober anbere bief er 9tid^tungen er* 
l^äft (anbere Umftanbe beftimmen fie), »irb ba« befonbere Sifb, mh 
die« immer nun entfielen mag, »eniger lebenbig ju ©tanbe fommen, 
al« menn ber 5Wame feinen fpecieüen Onl^att marlant betont. 2lud^ 
ba« lommt in Öetrad^t, baß bie concreten SWamen toeniger getoölinfid^ 
finb aU allgemeine, bie naturgemäß öief l^dufiger angetoenbet »erben, 
©ei oft gebraud^ten 5(u«brüdten entftefjt nämlic^ leidet eine ®ett)o^n* 
l^eit rafd^ fiber il^ren ©inn ^intt^egjugefjen unb in iJotge biefe« gc* 
tt)o]^n(|eit«mäßigen üBinbcr* ober 92id|tbead^ten« tritt biefer aud^ nur 
tt)enig intenfiö unb unbeutfit^ in'«S3eiDußtfein*). @« gefjt ba toie mit 
einem ®emätbe, ba« mir im Bto^^^i^ Rängen ^aben unb nie beaditen, 
unb t)on bem un« barum ancS) b(o« ein t)erh)afd|ene« unb unfid^ere« 
SSitb bleibt. Sitte« UngemSfinüd^e, unb fo aud^ ber ungemo^nlid^e äu«-- 
brud, erjeugt eine lebenbigere SSorftettung. ®o bient, ba Sebenbigfeit 
©d^Snfieit ift, ber SSergteid^ baju, bie SSorftettung, auf bie e« eigenttid^ 
anlommt, ju öerfdionen. 

ß. 2luf ba«felbe 3i^t ^in mirft er aber anä) in onberer SBeife, 
fo oft er tjon ©d^önem hergenommen ift, ma« bod^ gemol^nlid^ 
ber gatt ift. ,§at bie "ip^antafie j. 33. ba« SBeiß ber iugenblid&cn 
Hautfarbe öorauftetten, unb merben i^r SSergteid^e öorgefüfjrt, bencn 

') 2)arutn t)crricrcn an^ Tlttap\)tTn burd^ l^&wftgcn ©cBraud^ i^re Äraft 
unb greift bcr ^x6)ttx ju neuen Sßenbungen. 



beö S5ctgtcid^c«. 143 

bie fc^onften @rfd|etnungcn jener Slrt am näd^ften liegen (@{fenbetn, 
frifd^gefaüener ©d^nee, ÜWü^ ßtlten u. bgl.), fo toirb fie babnrd^ in 
toirffamfter Sßeife gerabe anf bie fd^onften ©Übungen gefüfjrt. Sind) 
fd^on bo« ttJtrb auf bie ®efta(tung ber SSorftettung (Sinflug gewinnen, 
bag fi^ überhaupt an ©efalfen ©efätfige« affociirt^) 
unb ber 3SergIeid^, »eil auf ©d^one^ anfpiefenb, öon einem ?uftgefü^t 
begleitet ift. 

jDaju lommt no^ ttxoa^ Slnbcre^, toa^ toit ein Slequiöatent ber 
aSerfd^önerung ber 3Sorfteüung angefeljen »erben fann. 35iefe mag, in 
fid| felbft immer wenig fd^on, öorübergelienb gur STtieifnelimerin an ben 
SBitfungen ber ©d^onfjeit bc« ©(eid^niffe^ gemad^t werben» Söeil 
öerwanbt, fonncn beibe SSorfteüungen, ol^ne fid| gu ftoren, vereint ge* 
bad^t werben unb inbem fie öon einem ein^eitlid^en ©ewußtfein um* 
fd^f offen werben, verbreitet fidi ba^ angenehme ®cfü^t, ba^ bie eine 
crwcdEt, audEi über bie anbere. ©enauer: ba^ fd^wad^e SBol^Igefaüen, ba^ 
bie be« SScrgleid^c^ bebfirftige SSorfteßung erwedtt, wirb vermöge be« 
frülier (p. 61) erwähnten 3«fflwmenl^ang6 ber Oefu^Ie burd) bie 
gleid^jeitige intenfiöere 8uft an bem SSergteid^e öerftärft. ®o ift eö 
j. S» wenn ©l^afefpeare fagt: „35ie 2:^ore, eurer ©tabt gefd^Ioffene 
Singen ''. ®aö angenefjme ©efü^I, ba^ bie aSorfteüung be« menf(ftlid^en 
3lntlit5e« erWedft, t)erbreitet fid^ über ba« ganje 3Sorfteüung«p^cinomen, 
worin aud^ bie ©tabtt^ore öorgefteöt finb^). 

b) 2lu(J| bie meton^mifd^e öcjcidinung^) ift ein 3JiitteI, 
einer 3SorfteHung burdE) ^erbeigie^ung anberer gu größerer ©diSnl^eit, 

') ©ne SBirfung bicfc« ©efefec« ift e«, ha^ tt>ix unö fccUfd^e @c6ön^ctt 
jietö mit för^crlid^er ©(^önl^cit, eine fc^öne @timmc mit einem fd^bncn ©eftd^te 
öevbuttbcn benfcn u. bgt. unb tttbcm bie burd^ ?uji ober ©efatten gu fd^önen 
33i(bungen angeregte ^l^antafie in bie (Sm^)finbung l^ineinttjirft, am geliebten ®e== 
genftanb fd^IiegUd^ OTe« fc^ön finben. 

^) Me biefe Sßirfungen bc8 Sergteid^« fönnen eintreten, aud^ wenn \i)n 
bie toergUd^enc 35orfiettung im 33etDu6tfein ü6erbauert. (Sr mag cntfd^tüinben, toenn 
er "feinen S)ienft geti^an, unb bie« tüirb oft ber gati fein. 

') 3«^ gebraud^e biefen 5(uöbrucf in tüeiterem @inne, tt)o er aud^ bie fo* 
genannte @^nefbod^e, furg jebe "äxt uneigentlid^er ^^ejeid^nung umfagt, toeld^er 
nid^t eine ?(cl^nUd^!eit ber öcrtaufd^ten ©egenftänbe, fonbern irgcnb eine anbere 
53egiel^ung ju ©runbe liegt. 



144 3Cnalt?fc bcr ^octifd^cn traft bcr 3)icton^nne. 

in^befonberc Scbenbigfeit unb i?üüc, ju öer^elfen> ÜWan ^at c« auf bic 
SSorftettung bc^ SCl^eite abgefcljen wb tvmdt au^brüdlid^ anä) bic beö 
©atijcn ober umgcfe^rt; man »iü bic SSorftcüung bcr Sirfung rnib 
ruft eigene aud^ bic bcr Urfad^c toaä) u. f, to. !Dicfcr tunftgriff ocr^ 
banit, glaube id), feine pocti\ä)t traft int 2öef cntüdien *) beut ®efe^ 
bcr gufamntengefcfeten 2lff ociation , auf toctd^c« 31. ©ain aufmcrifam 
gcmad&t l^at. (Mental and moral science I., 2. chap. 3. Compound 
Association p, 151 ff.) Sine SSorftcflung tt)irb um fo fidlerer unb 
Icbcnbiger in'« ©ctDUjStfcin gerufen, mit je mehreren in bem ge^ 
gentodrtigen SSorftcüung^ppnomcn gegebenen ^ü^m fie burd^ ein Sanb 
bcr 5lffociation öcrfnflpft ift. SBcnn id^ aber ftatt ©d^iff Sier fage, 
fo crttjcdte id^ eine SSorftcüung, bie mit berjicnigen be« compticirten 
®anjcn öielfad^cr unb inniger öcrlnüpft ift ate bcr erftgenannte SWame. 
5lud^ f mag jene« ®efe^ feine traft bett)ä^rcn: 2luf bie aSorftettung 
bcö ©aujcn bringt bcr B^fammcnl^ang ol^ne^in; inbem ic^ nun bcr 
^l^antafie nod^ einen SBeg eroffne, bcr fie ju bemfelben Sitbc ffi^rt, 
toirb fie e« um fo Icbcnbiger ju ©taube bringen. 

SBie bcr SJergteid^, fo fann and) bic üBeton^mie enttocber nur 
angebeutet ober »eiter au«gefü(|rt fein. SBenn un«, t&k ßeffing l^cr* 
öorl^cbt, §omer bie ©dion^eit bcr ^clcna fd^ilbert, inbem er (3{. IIL, 
156—58) bie greifen ©cbicter tjon 2^roia ju einanber fageu lägt: 

9^ietnanb table bie Xxctx unb l^ettutnfd^ienten Sld^aicr, 
2)a6 um ein f old^c« Söeib jte f o lang' außl^arren im @(cnb ! 
©ner unpcrblid^cn ©bttin fürnjal^r gleid^t jene öon Slnfel^n — 

fo ift bie« nad^ meiner Slnfidfit eine au«gefponncne üneton^mie. (5« 
tt)irb bie lebenbige aSorftcttung oon ©o^lgcfattcn ertocdtt, an bie fid^ 
fräftiger al« an öiele SQBorte, bie birect SEBol^tgcfäHigc« bejeidEinen, 
S3i{bcr bcr gefeierten ©dfionl^cit fnflpfen. 

Slud^ l^icr enbtid^ mirb e« t^eil« fo fein, baß bie SSorftcüung, 
auf tocld^e e« eigentlid^ anfommt unb bie jU §iffe gerufene jugleid^ 
beftcl^en, tl^eil« bag fie fid^ folgen. 



*) 3n etnja« mag aud^ baö Ungetto^nte bc« ^uöbrucfö anf ScBenbigfeit 
ber SBorflettung l^intDtrten. 



Prüfung bcr Seffing'fd^en ©cgrünbung feine« ©efetje« u. f» to, 145 

Äel^rcn tt)ir gu unfercm ©cbanfcngang jurüd, um bcffcn @r* 
gcbniß jufammenjuf äffen. Sigcntl^ümltd^e, bcn natflrüd^en Sauf bcr 
SSorftcttungcn betreff cnbe ®efe^e, »eld^e ßeffiug üorfd^ttjeben mod^tcn, 
bebingcn c^, baj5 bte beut äJtafer eigcuc SSäeife ber ®d|ttberuug be« 
Sorpcrttt^en, bte uni^ ba^felbc 2:^eil für S^eil öorfü^rt, bem Dichter 
»enig anfte^t. 2lttem e^ finb i^m im ©fetd^nig unb ber mcton^mi^ 
fd^en SSegeic^nung anbere üDarftettungömtttel gegeben, miä)t jenen ®e* 
fe^en nid^t jutoiberlaufen, unb barum toare e«, »enigften^ nad^ bem 
©iöl^erigen, eine ungered^te ©dfimäferung beö ©ebieteö ber "^Joefie, 
»enn man il^r bie ©efd^reibung förperlid^er ©c^on^eit nehmen ober nur 
in ^orm einer ,,2lnbeutung burd^ f)anblungen" erlauben tooütc, Sd) hxm 
benn audi nid^t finben, ba§ btefe gorberung ber ^omerifd^en ^rayi« 
entfprec^e unb ber gro^e ®ried^e „alte Körper nur burd^ i(|ren 
Slnt^eil an ben f)anblungen" male. Unb baöfclbe gilt öon ber 
»eiteren JRege(, bie Seffing an bie ebenertoS^nte fnfi^jft: „S)ie ^oefie 
fann in il^ren fortfc^reitenben Skd^al^mungen nur eine cinjige Sigen* 
fd^aft ber Äorper nü^en . . . f)ierau« folgt bie 9tege{ öon ber ©in- 
l^eit ber malerifd^en S3eitt)orter^). ^omer toenbet, toie man 
tüti% nid|t fetten mefjr atö Sin Epitheton an unb tt)ie oft (|abcn bie* 
fetbcn gur f)anb{ung gar feine 33 egietjung ^ ! SStm ber ©eite beftanb 
alfo ffir il^n aud^ fein ®runb, baß er nid^t puflger bie garbe ber 



') %, a. D. p. 439. 

') Sf^atürUd^ x\t bie« ^effing nid^t entgangen, unb c« töerrät^ feinen fd^iefen 
©tanb^unft, bag er btefe 3lbtt)etd^imgen i>on feiner 9leget „aii^ S^ad^pd^t" erlauben 
tt)itt (p. 452 , ja gugibt, baß eine Häufung töon Beiwörtern „an »enigen fd^id* 
\x(i)tn ©teilen eine gute 2Öir!ung l^aben" fönne unb mir barum „bem 3)id(iter für 
biefe Ue|):|)igfeit 2)anl tt)iffen" müßten. 2)a« ^rinci|) töon ber „fortfdbreitenben 
^Rad^ajimung", bie ber $oejie eigent^ümlic^ fei, !ann ba« l^omerifd^e: aanida , . . 

ndvroo' i'OrfVy yiaXr,t, jaXyin'rjv, i^r^XaTov, rjv oga x^^X-nf^c tiXvOfv u.f.tl>. 

(„ben @(3^i(b i)on gerünbcter SööIBung, fd^önge^ämmert au« @rj, ben |)rangenben, 
»eld^en ber SBel^rfd^mieb jammerte, hjo^l inwenbig gefügt au« häufiger ©tier^aut, 
(Stäbe öon kuterem ®olb, langreid^enbe, ring« um ben Üianb l^er", 31. XII., 294 ff.) 
unb SCel^nlid^e« nid^t anber« benn at« geiler Begeid^nen, unb feine fc(;icflid^en 
©teilen angeben, too bergteid^en toon guter Sirfung unb barum al« (Siugebung 
be« guten ©efc^madf« gu begrüßen tväre. 

9)'{aTti;. (^arbenfinn. iq 



146 ^on bcr Seb^aftigteit btv (Sritmerung 

@egenftftnbe f(|i{berte^) imb beftel^t ein foU^er übetJ^au^^t ffir {einen 
X)td^ter« ©ei^n loir gu, ob tttoa^ Sinteret ed l^inberte. 

U. 93if^ l^at^ U)ie n)ir ftfi^er l^orten^ bemerlt, bag f^arben 
in ber ^l^antafie ftet^ unbeftimntt Dorgeftellt h)ärben, 
mniger fc^arf unb (ebenbig aU formen unb SetDegungen. 905re 
bem fo, t)ermöd^te ber ^\ä)itt and^ hmäf bie Dorl^in ematinten Iräf« 
ttgften SRittel, bie il^nt gnr Belebung unferer ^inbitbmtg gegeben finb, 
nur mattt unb fomit unfd^öne ^^arbenoorfteQungen gu erMden, fo mä^te 
er e^ nu^t anftreben* 

atdein eine eingel^nbere Unterfud^ung geigt, bag ba^ SSerl^alten 
ber ^^antafte gu oerfd^iebenen (Gattungen Don ©inne^inl^alten tnbiiri« ^ 
buea fel^r oerfd^ieben ift. do^. m&Utt (,,Ueber ))^antaftifd^e ©eftd^tö* 
erfd^inungen")/ ©oetl^e (in ben „Beiträgen gur SÄorpl^oIogie unb Srta« 
turwiffenfd^aft'Of ©rierre beöoi^ntont (Des hallucinations), §. äJte^er 
(^l)fiotogie ber Sleröenfafer) unb ältere Tutoren (Sarbanu^, ®tmU 
laufen) berichten über fid^ unb frembe ^erfonen, ba§ fie Srinnerung«* 
üorfteüungen öon Farben in au^erorbentltd^er Scbl^aftigleit 
erfuhren ^). Ueber anbere (g. SR. ajlogart unb aRufiler übtxffcoipi) 
fjixm tDvtf ba§ fie fe^r lebenbig 2^öne, betreff anberer, ba§ pe mit 
befonberer ©eutlid^feit ^Jormen ^jl^antafirten u. f. to., ol^ne ba§ niön 
ba^ Ueberioiegen bed (Sinen ober 9(nberen aU ha€ I^Sufigere unb bie 
burd^fd^nittfid^e SRegel begeid^nen lönnte. Sleuerbing« f)at getaner bei 
einer beträchtlichen 3^^! ^on ^erfonen öerfd^iebenen ältere, Oefd^ted^te« 
unb Serufeö Umfrage geljatten, mit toeld^er fiebl^aftigleit fie (SinbrüdCc 
öerfd^iebener Slrt : Stange, ® erüd^e, namenttid^ aber Serben unb ©cftatten 
reprobuciren unb bie Srgebniffe in feinen Elementen ber ^f^op^^fi! 
mitget^eilt (II., p. 478 ff.)* äud^ er conftatirte babei, bag „bie 8eb^ 
l^aftigfeit ber Srinnerung^bitber (jeber 5trt) bei öerfd^iebenen ^erfoncn 
au^nel^menb öerfd^ie6en" ift. SKan muß bie au«fü(|rlid^en Slngaben bei 
il^m felbft nad^fe^en. 3d^ citire blo« eine ©teüe, bie fpecieü über ba« 



') 2)a6 er ^ctttgfcit, ©lang, ©ci^tmmer u. bgL öfter malt, würbe fd^on 
ertöäl^nt. 

') angeführt b« ged^ncr, ^tcmcnte ber ^fvd^o))l^l?riJf n., 483 ff. 



für garl&cn im ^ßcrgleid^ pi gönnen u. f. h). 147 

JRe^robuciten Don färben bie 9?ef ultat^ bflnbig jttfanttnenfogt : ,,So^e ^) 
itettnt bie burd) Srimterung re))robucirten ^axbm>0x\tttian%m fd^tet^t« 
l^in forblo«, unb mir felbft (gcd^ner), fo »ic SBcij^ unb SSoßmann 
n^äftvatu fie angegebenermagen fo giemlid^ fo^); aber nidft mt bie 
übrigen ^erfonen, beren 9(ngaben xä) t>oxf)va fpecieU mitgetl^eitt l^abe, 
fonbem bei SBeitem b'ie grögte 9J2e^r}a^I ber oieten ^erfonen, bie idf 
getegenttid^ megen biefe^ fpecieUen Untftanbe^ befragt ^abe, Derfic^erten 
mit größter ^eftimmtl^eit , bie f^arben ber ©egenftSnbe benttid^ anif 
in Erinnerung reprobuciren gu fönnen. SDtand^e fd^iCberten bie ütb* 
]^aftig!eit ber f^arben il^rer Srinnerung^bUber, j. Sd. bom Siegenbogen^ 
ben ^lumen^ einer fonnenl^eQen ®egenb , felbft mit lebhaften f^arben 
itnb moQten gar nic^t glauben , ba^ man f old^e nici^t in iSrinnerung 
3U re))robuciren vermöge, 3a man f)at mid^ nneber^olt lebl^aft bebauert, 
iag mir mit bem ^Jarbenrcije ber (Srinnerung^melt ein §am3treig ab* 
gel&e, ben fie geioal^re" (p, 487). ged&ner, ber tJarben fo matt re* 
^robucirt, vermag aud^ ,fUaxt, fd^arfe Umriffe gar nid^t gu ermatten'' 
(p. 470). ebenfo ^rof. ©etße. ^rof. 5Drobif(^ »j^antafirt leidster 
garben ate tJormen^). 

ÜDanad^ fd^eint im Durd^fd^nitt ba« SSermögen iJarben gu pl^an* 
tafiren nid^t fc^S(^er gu fein ald ba^ für t^ormen unb man fann 
bafür fd^Ueßtic^ bie ^rofi« ber SDtc^er felbft ate »eleg anführen. 
!Da« ®enie trfigt, tt)ie Seffing fagt, bie ^robe aüer SRegeln in fid^, 
unb toa^ au(^ bie größten !£)id^ter einmüttjig tl^un^ entfprid^t fidler ben 
<Sefe^en be^ fd^onen äSorfteQen^^ Don benen fie bie rei(^fte unb (eben* 
bigfte (Srfal^rung l^aben. aide !£)id^ter aber^ ^omer ntd^t minber aU 
Äalibäfa, ®oet^e ober ©l^alefpeare, fud^en un« öfter, al« nad& aSifd^er'« 



") 3n Jctncm 3lrtifcl @cctc in SBagner'« ^onbtöörterbud^ ber ^^i^fiologic. 
@. 169. 

^) 2). \). bei geeignet, toie ftd& aud bem 3ufammen]^ang ergibt: fteftnbfel^r 
ioem>af<!^en unb unbeutUd^. 

*) 3äf pnbe an mir felbfl, bag ici^ fel^r lebl^aft gorben tröume. 3n ben 
<Srinnemngd))orfieSungen bed ^aged erfdfteinen fie mir toenigflend nid^t toeniger 
lebenbig a(d ©efiolten. 

ge(]^ner fu(bt ^an6ft9 and ©etobl^nung gu erllären^ erlennt aber^ toie man 
o^ne B^eifel mug, cai(i angebome Unterfci^iebe an. 

10* 



148 ®efe|? i)om ^er^orragenbcn SBcrtl^ 

SSorau^fe^ung ju crtoartcn ttjäre, (cbcnbige ßid^tcrfdicinungen , töte 
©onnejwuf^ oi>cr Untergang, STOorgcnröt^e (Mc „rofenflngrtge", „gol* 
bent^ronenbe", bie ®ötttn „im ©afrangcttJonb'O bte garbe be« ÜÄeere^, 
mancher fd^onen ©turne u. bgl. ju fd^ttbern. Sntpfänbe man babei 
nid^t in S33a^r^eit ttxoa^ t)on bem Sntjficfen, ba^ bie »irflidie ®t^ 
fd^einung gewährt, fo ^ätte fid^ biefe Srfa^rung frü^e aufbrängen 
muffen. SBenn jene größten 35i(J|ter gteid^mo^l fettener al^ anbete, 
jebenfatt« mit geringerem SBortaufwanb, (Farben fd^itbcrn, möd^te e^ 
nid^t barin feinen ®runb ^aben, bag e^ bnrd^ SBorte nie, fonbern baß 
e« jutpeiten ni^t in befriebigenbem 3Äage gelingt, unb öieüeic^t nod^ 
öfter nid^t notl^ig ift*). !J5er cä^tt SJid^ter fennt quafi^nftinctiö bie 
®e(|eimniffe be« SBeben^ unb S3Bir!en^ ber ^^antafie. 2)em minber 
glüdttic^en S^atente fe^tt biefe^ {Regulatit) unb fo ^auft er oft ba 
SBorte, »o aUer SBortaufmanb c^ unö bod^ nid^t geben !ann et»aö 
gu feigen ober »o öiel unfdieinbarere üBittef eine beffere SBirfung ge* 
l^abt l^ätten. 2)iefcr ßrflarung^grunb für eine getoiffe ©pSrlid^feit in 
ben garbenfd^ilberungen bei §omer mürbe in ber erften Slb^anblung 
(p. 95) bereit« geltenb gemad^t. S)od| i^abt iä) bem nod^ ein mid^tige« 
SDioment ^ingu^ufügen. 

IIL Sntfd^eibenber al« attcö S3i«(|erige gebietet ber Umftanb 
bem !Did^ter in ber ©efd^reibung öon garben unb formen aWaß ju 
(lalten, bag bie SBorfteflung öon ^f^d^ifdiem unter fonft 
gleidfienUmftänben mel^rtoertl^ ift al« bie oon ^l^^fifc^em. 

2luö biefem ®efe^e, ba« gu ben aügemeinften Erfahrungen ber 
äeft^eti! gehören mod^te, erllSrt fic^, »a« Seffing (p. 471) anfül^rt, 
baß bei ber ©diifberung menfd^tid^er ©dionl^eit bie 3^9^ |)oettfd^ am 
ergreifenbften finb, too {Reij b. f). ©d^6n(|eit in Setoegung gemalt 



*) 9Ran fbnnte bei $omcr allen Srnjle« cl^er bann (Srbimbung ober twemg* 
flen« auffällige ©d^toäci^e ber Erinnerung für gorBeu t)crmut]^en, toenn er pd^ fe^ir 
toicl mit i?rcr ©t^ilberung ju fci^affcn gemad^t l^ätte. 9Ran ftnbet immer, ha^ bei 
Sefd^reibung gen>iffer (Sinbrüde biejenigen am Keinlid^flen toerfal^ren unb bie mei« 
flcn SBortc matten, bie fel^r »enig (ebenbige (grinnerungsHIber bai)on ^aben. @ie 
fe^en bied naturgem&g aud^ toon anberen 'ooxau^ , unb ha9 fül^rt fte bagu eine 
SRenge t>on 3ügen au^brüdEIid^ imb ängfUid^ gu ermähnen, bie eine (ebenbtgere 
^](>antafie, o^ne auf biefen eintrieb gu hjarten, toon felbjl ergänjt. 



bcr S^orftcttungcn beö $fi?d^tjd^cn. 149 

tft*), er ffl^rt alö Scifpiet bie Sefd^rcibung an, »clt^c Slrioft Dort 
bcr ©d^ön^eit ber Sllcina mac^t unb tt)o unö unter atten bic ©tcHen 
am warmften anmut^en, tt)o er bie Singen \olä)t nennt, ,,bie l^otb* 
fettg um \x6) bliden unb \\ä) tangfam bre^en"^) unb dorn SDiunbe 
fagt: ,,S)ort bilbet fid^ jene^ lieblidie Sädieln, roetd^eö für fid) aüetn 
fd^on ein "^Jarabie^ auf Srben eräffnet/'^). 3n ben SSemegungcn, tt)ie 
Umfid^bttden, ßädjetn u. bgt. liegt eben nte^r pf^diifdEjer Slu^brudf al^ 
in btoßcn formen unb Farben» 2)ag überl)aupt ^anblungen ber 
öornel^nifte Oegenftanb aller großen 35id|ttDerfe ftnb*), rechtfertigt fidE) 
nur barau^, ba§ ber S3ItdE in bie innere SBelt, ben [ie eröffnen, t)on 
l^erDorragenbent aft^etifdiem Söert^e ift. 35ie SSorgüge be^ jeitlid^ ^Jort- 
fd^reitenben , öon benen oben (sub I, 2) bie 5Rebe mar, ^aben bie 
Semegungen tebtofer Sör^jer unb anbere p^^fifd^e SSeränberungen mit 
ben ^anblungen gemein. ÜDag un^ bennorf) bie beften S)idE|ter unöer* 
gleirf)tid^ mel^r ©emegungen beö ©efeetten, in^befonbere menfd^tic^e« SE^un 
(ba^ Slu^brud beö reidEiften ^^len^ unb S)enfen^ ift) öorfüfiren, fann 
nur in einem befonberen legten ©efefee feinen ®runb l^aben, baß bie 
35orftettungen beö ^f^d|ifdE|en bie be^ ^l^^fifdEien an Sieben^mürbigfeit 
unb äft^etifd^em 5Reije überragen* ®Ut nämUd^ biefe^ ®ef^fe, bann 
muß ber gute ©efdimadE öon jeber Äunft forbern, baß fie, fo. »eit fic 
c« oermag, |)f^rf)ifd^eö geben auöbrüdEe* So begrünbet aber bie äBürbe 



*) Sflid)t barauö, bag „hjir unö einer 8etocgung leidster unb teb^aftcr tx-^ 
inncrn" fönntcn „alö Btogcv gormen unb gavBcn", toit !i?effing meint. 

^) Pietosi a riguardar, a mover parchi. Orlando furioso. Canto VII. 
St. 12. 

^) Quivi si forma quel soave riso, 

Ch^apra a sua posta in terra il paradiso. (1. c. St. 13.) 

'•)' 3»nbcm Seffing fclbft bie« ber $ocjic pr $flid^t mad^t, erfcnnt er unjer 
®efe^ unBenjußt an. ©eutlid^cr fd^hjebte eö SJifd^crn i)or, inbem er (a. a. D^ 
p. 1204, i)g(. aud{> 1184 ff.) al« bic eigenfle Aufgabe ber $oe|ie begetd^nct, un« 
bie innere Söclt gu crfd^ließen. 2)ie ^cgrünbung aus feiner Tlttap\})9fit be« ©d^bnen 
(?lÖe« @d^bne ift Offenbarung einer 3bee, ift |)erfönlid^ u. f. n?.) toeid^t freilid^ 
i)on ber unfrigcn fel^r ab. Sir berufen uns blo8 auf bie attgemeinc ©rfal^rung, 
bag unter fonft gleid^en Umftänben bie S5orfteßung öon ^f^d^ifd^em niel^r gefällt 
aW bie toon ^]^i?|ifd^em, äl^nlid^ 'mit man aud^ beobad^ten fann, baß bic lebenbigc 
bcr matten, unb baß bie reid^e ber bürftigen öorgegogen »irb. 



150 ®^f«fe *>*>w j^etttorragenbeti SBcrt^> u. f. ». 

ber ^oefic öor attcn anbercn Äünftcn, bajs cö i^r in rctd^ftcm unb 
DoQenbetftem Wla^t oeltngt^ unb barum ift e^, gang abgefe^en bat)on^ 
n)ie i{|m bie @d^Uberung be6 J£ör))er(u^en gelinge , t)or allen anbern 
Äfinfttern ©ad^e beö !Di(^ter« un« reid^e Silber fcelift^en Sebenö gu 
bieten. Ser biefe ftraft ber ^oefie nic^t jnr ©eltung bringt, gibt il^t 
Sefte« ^rei^, unb mit ditäft f)at fd^on §oraj benjenigen att ©tümper 
öerfpottet, ber, mo i^n bie Srfinbung^gabe für 3^i^i^i^tt9 ntenfd^Iid^n 
2:i^un« unb Selben^ öerlägt, anfängt eine Sanbfd^aft gu malen: 

— lucus et ara Dianae, 
Et properantis aquae per amoenos ambitas agros, 
Aut flumen Rhenum, aut pluvius describitur arcus*). 

Seim ed^ten !£)id|ter mirb lorperlic^e ©d^önl^eit ))orne^m(i(^ im 
3>ienfte be^ ^f^d^ifd^en, ate beffen ®tt)aupia^ unb Präger, erfd&eincn. 
5Rur i^m gang gu verbieten, bag er bie rein <)^^fifd^e ^rad^tunb S5oß* 
enbung t)on färben, formen u. bg(. [d^Ubere, mfire unbered^tigt. 9lud^ 
fie ift nid^t otjue SBertl^, unb bie 8uft, bie fie für fid^ aüein ertoedtt, 
fonn ba^ ^S^ere S35o(|{gefoßen am ©eettfd^en, in Begleitung ober 
Sed^fel bamit, in banfen«n)ertl^er SBeife unterftü^en. ®enaue Siegeln 
barflber auf gufteüen , »ie öiel ber gute ®efd|madE in fold^er SWalerei 
erlaube, ift natürlich fd^toer. Slel^nlid^ to)te in ber Wtoval bebarf l^ier 
Jeber gaü einer befonberen Seurt^eilung au« ben fpecieüen Umftfinbcn. 



*) De arte poet. 16 ff. 



5 u f a I e. 



3u @. 5. ^ux Literatur unjcrcr gragc Jiabc id^ naci^jutragcn: 3. @ti(* 
Img, UeBcr garbenjüin imb garbcnblinb^cit, (Saffel 1878, unb gr, ^übcbranb, 
2)tc garbcn bcr SBIütl^cn in i^rcr jeftigen Variation unb früheren (gnttoiddutiß. 
leci^gig 1879. 

©tiHing befäm^ft bic ©eiger'fd^c ^\^potf)t^t i)om @tanb|)mi!t bcr 
SBcobad^tungcn über ba§ heutige SJcr^altcn bcr garbenblmbciu 2)te i)on gering 
bc]^au:>)tctc (t)gl. p. 14 unfercr SCbl^anbtung) unb fci^on 'oon ?. 5a))))c (Ucbcr bcu 
^>]^^fiologt|(^cn @nttt)tcfetung«gang ber ?c^re öon ben garbcn. it\p\xQ 1877) gegen 
@eiger gefeierte Sl^otfad^c, ba^ ^ot^btinbl^eit regelmäßig )don @rünbUnb(iett, ^(au« 
t)on ©elbbUnb^eit begleitet iß, l^at ©tiHing burc^ ^al^Ireit^e eigene ^eobad^tungen 
betätigt *) unb (tcic auci^ bic Wta^^^txiriQ'^äft (Slaffification bcr garbcn) gegcn= 
über bcn tt)iberf:|)rcd^enben SCnftci^ten gut in'« Sici^t gefegt. (^g(. in«befonbcrc 
p. 7—12 unb 16— 25 feiner ©ci^rift) 

S^ fül^rc eine begügtici^e ©tcttc an: „^ad) ber goung'fd^cn S^l^eorie (auf 
@runb bercn man ^iot^blinbe, ©rünblinbe unb ^iolcttbtinbc unterfd^eibet) mu| 



') 9(u(^ dt. !Ricco'9 garbenblinber (Studio di un caso di Daltonismo, 
Annali di Ottalmologia dir. del. Prof. Quaglino. Anno V. 1876. 35gl. 3a^re«' 
bcrid^te über bic gortfrf;rittc bcr Slnatomic u. $^bftotogic toon §ofmann u. @d^tt>albe. 
?ei^gig 1878, III. Slbt^cil., p. 176) fa^ im ®:|)cctrum nur ghjci garbcn : @c(b unb 
^lau. — ©titting benutzte gur Unterfud^ung farbige ©d^atten unb ttar in ber 
glüdtid^en Sage eine größere 9lei^e intelligenter unb gebilbeter garbenblinber fo 
beobad^ten ju fönnen. dx ^at ftd^ aud^ burd^ eine neue SKetl^obe jur SD^affen* 
:|)rüfung über garbenblinbl^eit befannt gemad^t: 2^afcln mit farbigen, au§ bi8= 
continuirtid^en Ouabraten gebilbeten, SBud^jlaben auf farbigem ®mnbe. ^mn ber 
ju ^rüfenbc bic ©d^rift erfennt, fo fann er e§ nur feiner 3?oßfinnigfcit i)erbanfen 
unb n)eber gufäUigem (Srratl^cn, nod^ bem ^n^alt an ein bic garbe regelmäßig 
beglcitenbcö frembe« SD^oment j;. 53. ben ©ettigfeitSgrab ber ettoa flatt ber garbe 
em^funbcnen farbtofen @rfd^einung u. bgl. Um bie Ortentirung an ber fettig» 
feit audguf daließen n^urben bie Ouabrate ber ^ud^flaben fotDol^I ald t>t9 ©runbed 
in biefer 53ejicl^ung rcgcßoS terfd^ieben gemad^t. — 2)ic SWet^obe ifl mit ^Jf^d^o* 
logifd^em ©lidf bered^net; nur möd^te id^ nid^t eigentUd^ mit ©titting (a. a. O. 
p. 29) fagen, baß babei bcr gu ^rüfenbe nid^t über garbcn urtl^citc. SBenigflcn* 
inbirect urt^cilt er genjiß über fie, um mittclfl ber Cualität«untcrfd^iebc bie (£on* 
teuren ju beuten. Slber er !ommt ntd^t baju an fein Sflamengeböd^tniß gu a^^etti«^ 
ren, unb ba§ fd^cint ©titting cigentKd^ im (Simte gu l^aben. 



152 

ba« f^cctrale 9lot]^ unb ®et6 bcm 9lot^bIttibcn grün, bcm (Srünblhiben t:|3cctra= 
Ie8 @elb unb @rün rot^> crfd^einen. 9liema(« aber tx\6)tint einem garbcnblinben 
f^jectrateö 9lot^ gtün, fonbern nur gelb, unb niemals erfd^cint f^jectrateß @rün 
rotlf» , fonbern nur gelb ober Uan, S5on ben SBiolettbUnben l^at man ferner be= 
^auptzt, bag il^nen f^ectrale« ®elb njetß unb f^ectraleö Violett grün erfd^eine; 
biejenigen 3lutoren, xotlÖ)t biefe 8e^au))tung aufftettten, ^ben eben bie ^bftrac* 
ttoneu am ©d^reibtifd^ gemacht, unb felbft niemal« einen ^iolettbUnben gefc^en. 
3n ber Zi^at gibt eö feine !?eute , bie nur toioletlblinb njären; fte finb blaugelb* 
btinb. 2)a8 f^ectrale SSioIett erfd^eint ii)nzn entnjeber gar nid^t, njenn, irie in ben 
meifien ber bieifier beobachteten gäüe, baö <Bptctxnm. l^od^grabig toerfürjt x% ober 
tt)enu ba« ©^ectrum bie normale Sänge l^at, erfti^cint baö SBioIett rotl^. (Sbcnfo 
erfci^eint f:|3ectrateö ®etb nid^t ton^, fonbern immer gtänjenb rotl;; bie^S^JatroU' 
linie irirb mit ber Sit^iionttnie ibentifd^ gefe^en. Seig, ref:|3, hellgrau, erfd^etnt 
biefen beuten ein fe^ir ftarf in'ö @rüne fatteube« ®etb" (p. 20). @o ttjeit bie 
eingaben über baß ^erf;alten ber garbenbUnben nid^t ttjie bie eben berid^tigten 
aus einer S^l^eorie abgeleitet |inb, fonbern auö unbefangener SBeobad^tung flammen, 
bereinigen fic fid^, toie ©titting {p. 22 f.) nad^njeift, hjol^l mit gering'« Slaffip* 
cation ber begüglid(;en @rfd(?einungen. SJian (lat nur ^u bead^ten, baß neben ber 
Unfä^igfeit beftimmte Oualitäten rot^ unb grün, ober blau unb gelb lu em^finben, 
oft nodi) ba« Unvermögen beftel^t l?idbt einer beftimmten SSetlenlängc , namentlid^ 
baö eine ober anbere Snbc be« ©^ectrum, über]^au:|)t iju feigen, ein 9)iangcl, ber »om 
erftgenannteu toolfil ju unterfd^eiben ift. (S8 em:|3finben g. 53. aüe fog. SÄot^iblinben 
ol^ne 5lu«natime bloö gelb unb blau, toeig unb fd^tüarg. Sittein ben einen, irelc^c 
nid^t blo« an garbenblinb^eit, fonbern aud^ an jener paxütüzn ^maurofe leiben, 
erfdfieint baö intenfiöe f:|)ectrale 9lüt]^ fd^t^arg, ben anberen bunfelgelb unb entf)jre= 
d^enb i>erfd^ieben erfd^einen il^nen aud^ objectitoe garbftoffe (a. a. O. p. 20 f.). 

31uf ©runb ber ^ering'fd^en S^lficorie mügte fonad;, fd^liegt ©titting, bie 
©eiger'fd^e ^^^ot^efe folgenbermageu umgeänbert iueiben: „?tlß fid^ beim 3Jlen^ 
fd^en bie Organe, meldte garbenem^finbung toermitteln, gu entnjideln begannen, 
traten ijuerfi biejenigen Elemente auf, njeld^e bie ©m^jfinbungen be« S31auen unb 
be« ©elben »ermitteln, f^äter traten für 9lot^ unb ®rün bie entf:|)red^enben (Sie* 
mente auf. @8 finbet biefe SSermutl^ung il^re @tüfee in ber überl^iegenben ©aufig- 
feit ber garbenblinb^eit für 9lotl{> unb ®rün jugleid^. ^lugerbem finb ^oti) unb 
(Srün (Sm^finbungen , bie einer gefteigerten, entnjidfelteren :|)]^^ri<Jlogifd^en j^l&ätig» 
feit entf^red^en unb mug man aud^ au« biefem ©runbe il^nen eine ]>p'dttxt @nt* 
ttjidelungS^eriobe juerfenncn" (p. 33). %n eine fold^e @ntn)idEelung beim 3Jien* 
fd&en toerben toir freilid) nad^ p. 16 ff. unferer Slbl^anblung nirf;t mel^r benfen. 

Gegenüber ben |)]^ilologifd^ett 3)aten, n>eld^e man für SBlaublinbl^eit ber 
(Srted^en unb 9iömcr anführt, beruft fidfi ©tiüing auf ©oetl^e/ tt>eld^er in ben 
SÄaterialien gur (Scfd^id^te ber garbenle^ire (l.^lbt^.) über il^r garbenbenennen fagt, fte 
^tten burd^ ba« ©d^ioanfcnbe in ben Slugbrüdten ba« glüd^tige, Unftätc, burd^ 



153 

«Steigerung unb 9lü(ffatt in cinanbcr Uebergel^cnbe ber garben angebeutet — 
(Sine 2Öa^>r^)eit liegt biefer Semcrfung fidler ju ©ruCtbe. Singer ber attgcmeiuen 
(grfal^rung, baß 9lot^ ^läufig tttüCiQ @elbcö ober ißlaue«, ®elB gern ettüa« ®rü* 
ne« ober 9fiot^>eö an fxÖ) t>at u. f. tt>. , mugte not^^Ujenbig ber f^eciette Umftanb, 
bag btc %{tm, toie @oet^>e, bie garben im engeren @inne ^iemlici^ attgemein al8 
Joed^fclnbe unb in einanbet übergc{>enbe (Srfd^einungen toon ^ett unb 2)unfet be* 
traci^teten, bie 53ilbung il^rer garbenbejeid^nungen unb beren ^ern^enbung beein* 
fingen. iWan ll^ut aber gut binsugufügen, ba§, inbem nun bei il^nen in gotge be« 
5lngefül^rten @eh)o^)nlSieiten in ber (S^arafterifinmg ber garben entflanben, bie toon 
ben unfrigen (auf eine ettoaö anbere (Slaffipcation gebauten) bifferiren, oft, o^^ne 
bag njirMid^ eine grögere Ungenauigfeit Ui ben %itm vorliegt , burd^ bie Tiad}t 
b er ©ehjol^nl^eit njenigftenö ber vSd^eii: einer fo(d;cn entfielt. (SSgl. p. 105 unferer 
5(b^anblung.) 

©el^r ptreffenb ifl ©titting'8 Semerfung (p. 30), bag toiete fd^toarjc ^ig* 
mente blaue @tra^>len reffectiren, bie gur SSal^rne^imung fommen, fobalb ettoaö 
©lang toor^anbcn ift, unb bag eg fo e^ier für feinen al8 mangelhaften garbenftnn 
]pxt(i)t, tDenn ferner ba« §aar beö §e!tor u. f. tty. ytvdv^os nennt. @ö f^rici^t 
bafür unb jugleid^ für ben guten ©efd^macf bed 2)id(>ter8, inbem burci^ ben $in* 
n)ei8 auf ben bläulid^en (Sd^ein aud^ bie Erinnerung an ben ©lang erhjecft tourbe, 
ber bamit öerbunben ift unb inebefonbere hü .paaren für eine groge @d^ön* 
l^eit galt. 

^ilbebranb ijl (a. a. O. p. 64) geneigt ber ©eiger'fd^en ^t)potf}t\t gu* 
guftimmen unb tt>itt fie aud^ auf bie blüt^ienbeftäubenben 3nfecten auSbel^nen. 
@8 toürbe fid^, meint er, auö ber f^äten @ntn)idfelung beö @m^finbunggöermögen8 
für S3lau, crtlären, njarum bie genannten S^^iere nod^ l^eut gu ^age bie blauen 
S3lüt]^en toeniger befud^en. 2)od^ fügt er fogleid^ felbft bei, e« fönne bie« aud^ 
blo8 baran liegen, bag |ie öon biefer garbe n^eniger angegogen »erben. 3)a8 lefete 
ift ol^ne S^d^d bie rid^tige (Srflärung. 2)ag jid^ ber garbenfinn hti üRenfd^en 
unb 3ufecten gleid^geitig in berfclben Söeife t>on '^oti) nacS) SSiolett fortfd^reitenb 
entmidelt t>abe, ift ein gu unh)al^rfd^cinlid^er galt öon Sonöergeng. 



3u <BtiU 19, 3"lc 20 toon oben. 3)er be!anntc ^frifareifenbe ^cd^ucl* 
2 ö f d^ c ISiat toor nid^t langer 3eit gragebogen an i)erfd^iebene unter n^ilben 95öltem 
njeilenbc gorfdfier gerid^tet, begüglid^ ber garbenunterfdfieibung unb garbenbenen* 
nung berfelben. S5on ben 2lntnjorten ift mir aber nod^ nidfitö befannt gen^orben. 



3u @eite 53, 3eile 25 toon oben. Sloö bie ÜWöglid^feit ber Unterfu* 
d^ung, ob nid^t „bie nod^ inbifferenten 9'ieröenenbigungeu öon ber f^jectfifd^en 
©inloirfung ber l?id^t^ unb ©d^allnjetten u. f. ttj. fo affidrt n^erben, um bie gorm 
unb 33efd^affen]^eit f^ecififd^er ©nborgane angunel^men", be^iau^tet in i)or|id^tiger 
SQSeifc aud^ D. ^d^mibt (2)e8cenbengle^re unb 2)arn)ini«mu«. 11. S3anb ber inter* 



154 

nationalen »iffenfij^aftlid^cn »tbliot^ief, Sei^jig 1873, p, 141). 2)icfc ÜRbgl^fcit 
fann man nid^t befirciten. 9^r bic 3RögIi(j^!eit bc« Vorgang« fclljfl ifl nid^t 
au«gema(3^t, fo lange, n>tc e« l^entc nod^ bcr gatt ifl, feine ejcacte ©col&ad^tung 
barüfcer vorliegt, bag tl^atfäd^licj^ Sidj^t ober ^d)aU n. f. tt). fcci Wltn^äftn ober 
2^iercn ein newe« @m^finbnng«tocrmögcn crjcugt l^ätten. Säre fie crtoicfcn, bann 
n^äre clJcnfotocit fernere Unterfud^ung nnnötl^tg, n?ic ftc, toenn ba« ©egcntl^eU 
fidler flanbe, »crnünftigcrnjeife unmbglid^ toäre. grage unb gorft^ung [teilen offen, 
tt)ei( h)ir cinjinjetlen auger @tanbe fmb, auf bie gragc, oB jene SGBirfungöttjctfc 
»on ?id^t unb ©d^att möglid^ fei, l&ejal^enb ober toerneinenb mit ^jinlänglid^er 
©td^erl^eit gu antworten. (@in ungenauer @:|)rad^geBraud^ fagt frcilid^ aud^ in 
fold^cm gatte: bic @ad^e fei mbgtid^ ober fie fei nid^t unmöglid^, g. 33. c« fei 
mbgUd^, bag eine« ber fogcnanntcn (SIemente ein gufammengefetjtcr ^iJr^er fei. 
Mein ba8 SÖort mbglid^ fccgiel^t fid^ bann nid^t auf eine objectiöe SBefd^affenl^eit 
beö gu er!cnnenbcn ©egenfianbc«, fonbern auf unferc fuBjcctiöe ©tcÄung gur (Sr* 
fenntnig; cö Bebeutet unfere Unrriffenl^eit. Tlan mitt bamit nid^t fagen: man 
toiffe, baß ba« ^etreffenbe nid^t unmbgHd^ fei, fonbcm: man hjiffe nid^t, 
baß e« unmögtid^ fei.) 

D. @d(>mibt ertoäl^nt bicfe« fünfte«, njo er bev gätte ber (Sonöergeng ge* 
benft, ber Sl^atfad^e, baß Bei toeitfd^id^tig ijernjanbten 2^^iercn mitunter nal^egu 
ober gang gleid^geBautc Organe toorfommen. (Sofdfier gätte ftnb g. 5B. l^infid^tlic^ 
bc« 3luge« mel^rere Befannt. SÖßirBeltl^iere unb Stintenpfd^c gel^Örcn fel^r biijer» 
genten 9lct]^en an; ber 8au i^jrcr 3lugen flimmt in S3egug auf bcn attgcmeinen 
§aBitu« auffattcnb üBerein. 2)ie 9ie|3augen ber l^ölfieren ^reBfc unb bcr 3nfccten 
finb Bi8 in ba« feinfte mi!roffo:|)ifd^e 2)etaU l[>omot)?:|3ifd^, unb oBfd^on biefe Beiben 
3lrt]^ro^obengru:|)|)en i^er^Itnißmägig enge ucrtoanbt fmb, ftel^en fte fic^ bod& nod^ 
fo fem, bag bie SCnnal^me ttjenig n)aBrf<^«tttid^ ift, i^^re S^^etjaugen feien gemein^ 
fam crerBt. @incn ber edatantejien gätte toon Sontocrgeng l^infid^tlid^ ber 3lugen 
l^at aBcr ncucftcn« ber Ifiiefige Biologe, $rof. 35. ©raBer, gefunben. S)ie ^un!t= 
äugen ber luftat^menbcn ®Ucberfüg(er (<Bp\nntn, ^^aufenbfügter, 3nfccten) unb 
getoiffer mariner 9lingeltüürmer geigen eine gang üBerrafd^enbe UeBereinftimmung, 
toäl^renb biefe S^^iierc im UeBrigen nod^ mt toeiter al« ^reBfc unb 3nfecten öon 
einanber aBflel^en. 3)a bic Betrcffenbcn 2)aten nod^ nid&t toerbffentUd^t fmb, fül^rc 
id^ pe mit ©rlauBnig il^re« @rforfd^r8 ^ier an. 2)ic crloäl^ntc UeBereinftimmung 
geigt fid^ 1. barin, bag Bei ben Singen Beiber 2:]^icrgru:|)^eu ber fogenannte ®Ia8^ 
fordet *), fo trie aud^ bcr iri^artige ^igmentgürtel au« me^r ober toenigcr mo= 



^) (Sine getoiffe 3)itoergeng in 33cgug auf bic integumentalc (bio^trifd^e) (Sd^id^te 
geigt fid^ nur barin, bag Bei bcn SBürmern eine Befonbere cuticulärc Sinfe, toic jtc 
Bei bcn genannten ©lieberfüglcm burd^ locale SJerbidfung bcr oBcrpäd^Iid^cn (Sl^itin* 
^ut entfielet, cnttoebcr gang fc^ilt (Nereis g. SB.) ober fid^ a(« eine ^uöfd^eibimg 
im 3nncm be« @Iaö!i5r:|3cr« (Eunice, Nephthys etc.) barftcttt. 



155 

biflctrtcn S^Utn bc8 ^auttpxt^tH (bcr ^i^^obcrmie) Bcjlel^t; 2. im 3Ji>r!ommcn 
einer glaSl^autartigcn Tlmbxan, tt^tläft ftti^ jtt?if(i^en ben ®(a«!öT^er unb bie 0?c« 
tüia ctnfd^ielbt unb unmittelbar mit bcr attgemeincjt ^lugcnl^üttc (@Hcra) jufam* 
mcnl^öngt; 3. in bcm Umflanbc, bag bie etn^clnen nekncinanber Ucgenben, fei^kmi^' 
artigen 9lettnaclcmentefeine«ttjegö, toie ©renat^er (Untcrfud^ungen über ba« Sir* 
tl^ro^jobenauge 1879) angibt, eine einfädle, b. 1^, einfemige ^tUt re^räfentire«, 
fonbem in ber Siegel ft(^ gliebern in einen jiäbci^entragcnben gum J^l^eile quer» 
fireiftgen ©nbtl^eit mit einem ober (Scolopendra unb Eunice), tt>ic eS ]dftmt, 
fogar jtoei fernen unb in einen gangliengettenartigen Safalabf(j^nitt ; 4. enblid^ 
barin, bag in ben 9ietitialfd^Iäud^en bcibcr 2^]^iergru^:|)cn ein befonbcrer, einerfeit« 
mit bem ©täbd^en unb anberfeit« mit ber ©anglienjette tocrbunbcner STjccnfabcn 
borjufommen f d^eint, toie einen f old^en aud^ ®reeff für baö Sllcio^ibenaugc 
angibt *). 

D, @(i^mibt u. %, »eifl nun barauf J^in, bag tuir eine fold^e Ueberein= 
fUmmung ber 3(ugcn an t^^ifd^ öerfd^iebenen S^l^ieren, bie nid^t au« (Sinl^eit bc« 
Ury:|)mng8 gu begreifen ifl, erflären fönnten, n>enn fxd^ nad^ftjeifen liege, bag burc^ 
SQßirfung be« l^id^te« eine gemeinfam ererbte inbifferente Anlage be« Organ« in 
glcid^er SÖeife bifferenjirt »irb, 2)ie« ifl rid^tig. S'^ur fbnnte man eintvenben: 
SSBenn bem Sid^te eine fc n>id^tige Flotte bei ber (gntttjidfetung ber @el^organe gu* 
fäme, mügten, ba e« bod^ überall ba«fer6c ifl, nod^ \iki mel^r (grfd^einungen t)on 
<£oni>ergeng gefunben toerben unb tüären bie fel^r auffadcnben gäUc ber 
©iöergeng fd^er begreiflid^, ©el^r na]^ei)ertt?anbte S^^iicre l^aben gang tocrfd^ie= 



*) ©renad^er ifl auger ber 9}?et>rfemtgfcit ber 9ietinalfd^läud^c aud^ ba« |jrä^ 
retinale ^tpinm entgangen. 9Kein SCuge ifl in mifroffo:|)ifd^er SBcobad^tung nid^t 
%eiibt 3d^ meinte aber, h)enn man barauf eth)a« geben tt)itl, an $rof. ©raber'« 
^rö^araten beutlid^ gu erfemxen, bag bie 3öir!lid6feit mit ber ©efd^reibung be« 
(enteren, nid^t mit bcrjenigen ©renad^er'« übereinflimmt. 

Sluf @runb feine« SBefunbe« glaubt ©renad^er anncl^men gu fotten, bag 
bie 9letinaelemente bcr ertoöl^nten Singen gleid^ bem ©la«fbr:|)er unb ben Pigment- 
geHcn au« ben gembl^nlid^en ^autgelffen abgulciten feien, ©raber betrad^tet e« mit 
9lÜ<ffid^t auf ba« SJcrfommen jener cuticularcn S^i^^tniamtUt ghjifd^en ©la«* 
tixptv unb 9ietina unb bie iKel^rfemigfeit ber Üietinalfd^läud^e »cm rein ana* 
tomifd^cn @tanb^unft al« tt)aW<^"nlid^er , bag bie 9letina au« bem ofen* 
traleniRcriJcnf^flem l{>ert)orgegangen fei, »eld^e« freilid^ in le^ter Snflang aud^ au« 
bem gftoberm l^ert^orge^it. (3)ie cntogenctifd^e Snttui (feiung fd^eint bei 
biefen 2:i^iercn fo gut toie unbefannt gu fein. S3egüglid^ ber Sirbelt^iere bagegcn 
betrad^tet man e«, it>ie unter Slnberen au« ÄöKüer'« (gnth)idfelung«gefd^id^tc be« 
iWenfd^en unb ber l^bl^eren '^itxt, iOei^gig 1879, p. 623 ff. ^er^jorge^jt, al« eine 
au«gemad^tc ^aä}t, bag bie ^Retina au« einer S(u«flül^ung ber il^rem Urf:|)mng 
nad^ atterbing« eftobermatifd^en $imblafe l^ertoorgel^t.) 



156 

htm klugen. ®o f)at 5. ©,, toic i^ in (Slauß (äoologic 1876, p. 638) Icfc, tjon 
bcn SBovjlcnfd^njänjeu bic Gattung Lepisma nur au8 ^unftaugen gufammcngcfetjte 
«Se^^tocrfjcuge, tüä^renb bic ©attung Machilis gacettaugen Ibcp^t. 3)ic erftcn cnt* 
f|)rcd&en akr nic^t, lüic ©rcnad^er glaubt, bcti ^-ßarcettcn ber legten. ®cnti bicfe 
fd^emen na6) ben bid(>engen Angaben gangliengeUenlod ju fein ; bie d^etinal{d^läu(i^e 
ber erpcn l^aben eine Befonberc ©angliengcUe. Sir ^örtcn bicö oben t>on ©raber, 
unb, tt)te mir biefer gorfc^er fagt, ^at e« 'cox ii^m fd^on Setjbig ($ifto(ogie) 
betf äugtet. Sic fotten h)ir nun eine foltä^c ©iöcrgcnj crflärcn, toenn auger bcn 
übrigen jcbenfattö fc^ir gleichartigen Gräften, bie bei Machilis unb Lepisma ba« 
Slugc aufbauten, aud^ nod^ baö i'id^t auf ^omoti^^ie be« Organ« f^intuirfte ? 

2lber obgteid^ bieö toon ^ornlfjercirt gegen ienc birectc organifatorifd^e 
^irfung be« iPid^te« auf baö 5lugc f^jrid^t , unb »enn fic öictteid^t aud^ au8 ber 
Srfal^rung nid^t criüci^bar fein fottte, geftel^eu njir barum bod^ ben (Regnern ber 
3)eeccnben3t^eorie burd^au« fein W6)t gu, jtd^ um ber 2^l^atfad^c ber (Sontjcrgenj 
n>itten gu über^jebcn. 2)ie Unterfud^ung atter biefer 2)ingc l^at erjl begonnen. ®ie 
Mrge ber 3eit unb ber unge^ieurc Umfang ber Slrbcit bringt e« mit |id&, bag nidfrt 
einmal bie 3)aten ber tocrgleid^cnben 5lnatomte irgenb t)ottftänbig unb burc^hjeg 
fidler finb. 2)ic ontogenetifd^c (Suttcicfelung ift bei mel^reren X^ierclaffen fo toiel 
hjie unbefannt. Sa« un« iSiier befonberS angelet, c« finb bic Urfad^en ber S5a* 
riation, h)ic mand^e ber erftcn gorfd^er, g. S. ^ujclcö, S^ägcli u. St., betonen, 
nod^ grögtcntl^eir« unerforfcf;t. 3)ic grage ift offen, ob nid^t nod^ unbefannte ^er* 
^ältniffc, ujctd^c tro(5 ber ^erfc^iebenl^eit be« attgemeincn "^t^pu^ bei gett>tffen 
S^l^icrcn übereinftimmcnb gegeben tearen, burd^ analoge 35ariation unb natürliche 
3ud^th)al^I äl;nlid^en S3au eine« ®inne«organ« ^^cibcifül^ren fonnten. 



3u @eitc 60, ^tiU 11 toon unten. 3d^ l^öre, baß nid^t blo« bei ben Xiix* 
fen (n>ic e« „flatt (5^>inefen" l^eißen fott) beute nod^ S3Iau Strauerfarbe ift, fonbcrn 
aud^ Violett mitten in (guro^a bi« öor Äur^em bei ben grauen §albtrauer bc= 
t)eutetc. ^a^ Sai^ (^nt^ro^ologic ber iRaturt)iJr!er I. p. 365) l^at S3vaun btercn 
€l^arafter bei ben Werfern, @rau bei mcl^reren arabifd^en @tämmen. ^uf= 
faßenb ijl, bag mand^erort« aud(> Seig bic 2:raucr fl^mboftfirt, nic^t Mo« bei 
mand&cn afiatifd^en Golfern, fonbcrn aud^ hti bcn ^o(en. 9Kan trägt in ^olnifd^en 
igänbcrn al« S^rauerfd^murf eine fd^malc tocigc Verbrämung bc« 9lodCe« auf ber 
^rup. 2)arauf]^in ttJtrftc tuol^I (»enn nid^t irgenbtoic ber Segriff ber ^Ictnl^eit 
^lineinf^ielt) ber nüd^ternc befd^cibcnc ©nbrud bc« garblofcn. ^in glanjlofc« 
Seig gctoinnt aud^ leidet eine getPtffe Äälte. 



-Gfr^ 



3 tt ßa t t 



gcite 

^ittleitttttg 1 

@t\6)i6)tt bcr gragc. ©cgentoärtiger ©tanb ber Untcrfud^ung. 

f tfter S^eir 
^atlegttttg bet ®riitibe gegen bie 9(itttatiiste einer ©nttoicfe- 
(nng bed ntenfd^Iic^en ^atbcnempfinben^. 

A. drijumcnte, Öie aus Öebuctioeu D5etrac0tunflcri JTießcn. 

I. 2)cbuctiöc 3(rgumentc gegen bie 5lrt ber ©ntiticfelung, lüclc^e ©eigcr unb 

SWagnu« annehmen 7 

1. Unmöglid^teit, bag ba8 menfd(;U^e 5(uge einmal nur Untcrfd^icbc bcr 
Sntenfttät, im ftrengen (Sinne beö SBorte«, iijal^rgcnommen l^abe» ©. 7 f. 

2. Unlüa^>rjd^einnd^teit , ha^ bie garbcn i^rer Drbnung im @^ectrum 
'con 9lotl? nad) Violett folgenb fic^tbar getDorbcn feien. @. 12 f. 

II. 2)cbucti^e Slrgumente gegen jebe Sntnjirfelung beö garbenem|)jtnbenö Bei 
unjeren menf(^Iid^eu ^^orfal^ren 16 

1. garbenunterfd^eibung ber toitben 9iaccn: 3(>v fc^^arfe« ©eficJ^t. @. 16. 
2)irecterc S^ugniffc für i^ire garbenem|)finb(i(^!eit (f^cciettc SDf^itt^^ci* 

hmg über bie 3)acota^ @. 17 f. 

2. garbenem^finbUd(>feit ber 2:bicre: ©el^fd^ärfc. 3(bf(3^recfenbe, anUdmht, 
erotifc^e, ©d^u^farben. @. 19 f. 

©d^tuß a) toom ©tanb^junft ber 3)egcenbengtl^eorie. @. 21, 
b) öom @tanb|)untt Suöier'«. (S. 22. 
B. Äruumcnte OiftorifcOer TtaXvLV. 
9lefle tocn SJialcreien unb S'iad^ric^ten über ben farbigen ©d^mucf toerfc^iebe* 
ner alter «b«er 2a 

^meifet ^$et(. 

Uttterfttd^nng ber ^rgnutettte^ bie für ©nttoicfelnng bed ^ar- 

^enfinned tiorgebrad^t toerbcm 

A. Cöfung ber aus bebuctioen jietraditungeti gefcOopfl^u Argumente. 
1. SBürbigung be« Slrgument« au8 bcm SSorfommen tocrf^iebener gormcn 
t)on garbenblinb^eit 30 



158 

6eite 

2. gragc mäf ben trcibcnben Äräftcu ber Snttöidelung 31 

3ufättigc S3anation unb natürlid^c Slu8(cfc !ann mit ®runb angerufen 

»erben, aber nid^t für @nth)i(felung fceini ÜWenfd^cn. @. 33. 
2)ag burc^ birectc SBirfung bc« ©ebraud^« ber Organe f^cciflfti^ neue 

Vermögen cntflelfien, tfi mäft crtoiefen: 

a) 9'iid^t auf ntotorifd^em ©ebiete. @. 36 f. 

b) iRtd^t auf fenfiäijem ©ebiete: SJericed^^lungcn, bie ben bcjtigli« 
(j^cn Berufungen ju (Srunbe liegen: 

I. 9iot]^h>enbigfeit ber Untcrfd^etbung tocn @m^)flnbung unb Se* 
urtl^cilung. @. 40. ©Übung be« Urtl^eit« burd^ ©ctoöl^nung. 
@eite 41. SWittDirhmg be« ©ebÄd^tniffe« beim Urtl^cil. @. 42. 
©efonbcre SBid^tigfeit be« Sutcrcffe« für bic (grinncrung. 
@. 43 f. 9icfultat. @. 46. 

II. Unterfd^ieb i)on (gm^pnbung unb ©efül^t. @. 47. «Übung 
unb Scrbitbnng be« ©efül^I« burd^ (Srfal^rung unb ©ctoblfi* 
nung. @. 47 f. 

B. ITrüfung ber Argumente aus Oi|lonfc$en Daten. 

1. Argumente au« ber ©cfd^id^tc ber SWalcrei: 

a) ©erufung auf ^lin.' XXXV. cap. 7, 60 (35icrfarbenmalerei) ... 63 

b) ^[rgument au« ber toermcintüd^en «crUcbc ber SWtcn für unb Sinti* 
^jat^ic ber ÜRoberncn gegen bie lid^tfräftigen garben .... 66 

^lotl^bemartc ®öttcrbi(ber. ©. 55. Ob «nti^atl^te ber äRobemcn 
gegen @ef6? @. 56. 3u toeld^cm @innc unb n>arum bctoorgugen 
tt)ir fd^mad^c garben? @. 57 f. 

Ueber SBku imb »iclett al« ^rauerfarbc. @. 60 f. 

2. Prüfung ber 3lrgumente au« ber attcn Literatur unb <Bpxaäf^ 

enttDtdelung 62 

I. @ntn)i(fe{ung ber garbenbegeid^nungen betoeift allgemetn gef^rod^en nid^t« 
für urf:|)rünglid^e garbenbftnbl^eit. @. 63 f. (Sinwanb au« ber befonbc* 
ren 9iid^tung ber ©nttoicfelung unb bem festen ©tattflnben berfelbcn. 
@. 66. Äraufc*« (Srttärung be« legten Umfianbe« genügt nid^t. (gür 
garbcn fmb, tt>c nic^t SBUnbl^eit l^errfc^t, toer^ältnigmäßig frül^ S3e* 
jeid^nungcn gu ertoarten.) ©. 67 f. 

II. SBerid^tigung ber 3)atcn, auf h)e(d^e ftd^ ber eben ertoäl^nte (Sintoanb flüfttc 70 

1. Sßtau ift ber ©ibcl nid^t unbefannt. @. 70. Äeine f^ätc (initoidt- 

lung bei x^^Q^^i ngddivosj nvtivsog unb caeruleus. @. 71. f. 

2. 2)ie 9lid^tung ber tl^atfäd^Iid^ flattgcl^abten @nttci(f clung f^rid^t gegen 
Oeiger unb gegen garbenblinbl^eit übcr^au^t. @. 73 f. 



169 

@eite 
III. @§ l^errfd^t auffällige Ungenauigfeit in ber ^cahmht^txäfnün^ ber ^(ten, 
bo(J^ niti^t nünbcr in ^c;iug auf bic njcnigcr Brechbaren al« bie fcred^* 
Bareren garten beS @^cctrum 76 

(Srftörung ber Ungcnauigtcit a) im bid^terifcj^en @^)rad^geBrauc^ ... 78 
2)er ^oetifd^e 2Cu«brucf Begtoccft ^ä}'6nf)tii oft auf Äoflcn ber (Senauig* 
feit. @o: a) ber bid^tcrifd^e 3Jergleid^, @. 78 f. ß) 2)ie UeBertret* 
Bung, @. 82. y) 3)ie ©^nefbod^e. %vdvsog unb caeruleus al« Sei* 
»ort bunfler @rfd^etnungen, @. 82 f. d) S3ont SBed^fel in ben Se* 
jeid^nungcn (^omer), @. 86 f. «) ^on ber 9lücffid^t auf Ätang* 
fd^önl^eit, @. 89. {) )8on ber ©^ärfid^feit ber garBenfd^itbemngen 
Bei ^onier, inöBefonbere toarunt er ben ^immel nie B(au, bie @rbe 
nie grün nennt? @. 90 f. 

b) SSon ber Ungenauigfeit in ber ted&nifd^en garBenBejcid^nung ... 96 
Sbealc 3lnforberung an bie ted^nifd^e SSe^eic^nung. S)a« ?ateinifd^e unb 
©ried^ifc^e entf:|)red^cn i^r nid^t, @. 95 f. 2)ie« erftärt ftd^ a) au^ 
ber ^IJIanlofigfcit aller S5oIf«f^rad^e unb ß) ber Un!(art>eit üBer bie 
rid^tigc Slaffification ber garBen, @. 97 f. %viä} aße ntobcrncn 
^ißxa^^m crmangefn au6 biefen (Srünben einer rationellen garBen= 
Bejeid^nung, ®. 101. 3nn)iefem bie neueren »irftid^ genauer fmb 
ai9 bie alten, ©. 102. ^iclfad^ Befielet aud^ Bio« ber @d^ein grö= 
ßerer ©enauigfcit. (gr erfiärt |td^ avi9 unferer Unfenntniß, ®. 103, 
unb ber SWad^t ber ©etijol^n^eit, @. 106. 

3ttf<»nmetifaffittig bet tRefttUate loe 

^xftet jm^ang. 

Uebetr bie üBegtiffe ^tUi^Uit ttnb ^tttenfltät ber ®ef!d^tdeisttifltt' 
bttttgen 112 

I. 3)te getoÖl^nUd^e Slnfd^auung, toeld^e Beibc« ibentificirt, @. 112. §e* 
ring'8 Äritif berfelBen, ©. 113. ged^ner'« (Sintoänbe gegen gering 
unb ©ibcriegung berfelBen, @. 114 f. 

II. Prüfung öon gering'« neuer ^l^corie üBer 3ntenfität unb ^cttigfcit. 118 

(5r Beflreitet mit Unred^t 1. bag jcbe ©efid^tscm^finbung eine 3n* 
tcnfität Bejtfet, @. 119 f. (SWe^rf ad^e SInerfennung be« toa^ren 
@ad^tjer^a(t0 Bei il^m unb Bei Sln^ängcrn ber alten Slnfdtfauung, 
@. 122 f.) 2. 2)a§ aud^ ben reinen garBen loal^rl^aft ^cttigfeit 
ober 2)unfel]^eit Beitool^nt, @. 124 f. 

III. (grnärung«grünbe für bie Ifiäufige 3Jertt)e(^«Iung bon Sntenfttät unb 
^ettigfeit ' 127 



160 

y Seite 

Ueber )Bef ätfi^ung ttnb )Bei;eci^tigutig bet ^oefle %Vit ^d^Ubeoind 

tioti {$atbeti tinb $ottnen* 

^ifd^cr unb iBcffing barübcr 130 

I. Prüfung öon Seffing'« %^t^ ber ^oetifc^cn SDarfteÄung 131 

Einigung über bte aQgemeinflen ^nforberungen an bie <S)>ra(^e dd 
SWittel bcr «ßocpc, e. 131 f. ißcffing'« «egrünbung feine« ©cfe^je«, @. 133. 
SJifci^er« ©cmerfungcn bagu, @» 134. 1. Prüfung berfelben, @. 135. 
2. Prüfung ber Seffing'fd^cn S3egrünbung feine« ©cfetje«. @ic betoeift, 
bag bie %xi be« iD^aler« ^Ör)>er ju fci^i(bem bem 2)i(j^ter n^enig anfielet, 
@. 136 f. ^Ittcin barau« folgt no(i^ nid(it bie Scfftng'fd^c 9legeL @8 flehen 
bem 3)t(^tcr 2)arfteIIung«mitte( ju ©ebote, bie bem 2Jia(er abgelten. 
3lnalJ?fe ber ^octifd^en traft a) be« «ergteic^«, @. 140 f., b) ber SWeto* 
ni?mtc, @. 143 f. 

11. Prüfung öon ^ifd^cr'« @a^, baß., garben unbeftimntter :|)ISiantafirt »er* 

ben al« gormen 146 

2)a« ^Jer^attcn ift inbiöibnett öerfd^ieben , bocä^ burd^fd^nittttd^ nid^t 
ungünfiiger bei garben al« anberen @innc«inl^attcn. 

III. 2)a« entfd?eibenbc 9fiegulatito für bcredtftigte S3cfd^reibung öon garben unb 
gormen ifl bie ^lürfftd^t auf b^n ^löl^eren S93crt^> ber ^orficttungen bc« 
?5ft?d^if(^en 148 

Sttfäftc '. 151 



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